Bösendorfer to go

Yamaha P-515 – Portable Piano im Test

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(Bild: Dieter Stork)

Nachdem Yamaha den Generationswechsel für die Preiswert-Modelle der hauseigenen P-Serie bereits vollzogen hat, widmet sich der Hersteller jetzt dem Serienflaggschiff. Das neue P-515 löst den Vorgänger P-255 ab. Und hat vieles von den aktuellen Clavinova-600-Homepianos geerbt.

Mit einem neuen Design, das von angeschrägten Kanten anstatt Rundungen sowie deutlich sichtbaren Lautsprecherabdeckungen geprägt ist, ist eine Verwechslung mit dem Vorgänger schon mal ausgeschlossen. Aber vor allem in Kombination mit dem ebenfalls neu gestalteten optionalen Ständer und der passenden Dreier-Pedal-Einheit ist das P-515 ein Hingucker geworden.

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Bis auf zwei Tiefen-Zentimeter mehr haben sich die Maße gegenüber dem alten Modell kaum verändert; und doch ist das P-515 mit 22 Kilogramm (ohne Ständer) fast 5 Kilo schwerer als das P-255. Während das Gehäuse zwar stabil verarbeitet, aber weiterhin vorwiegend aus Kunststoff ist, bedingen eine andere Tastatur und ein neues Wiedergabesystem die Gewichtszunahme.

Die Anschlusssektion ist gleichgeblieben: Live-Spieler dürfen sich über MIDI-In und -Out, eine zusätzliche Sustain-Buchse neben dem Pedal-Unit-Anschluss sowie den Stereo-Line-Out freuen; das externe Netzteil dagegen hätte in dieser Preisklasse nicht sein müssen, gleichwohl ist es leider bei Portable Pianos üblich. Ansonsten gibt es zwei Kopfhörerbuchsen, USB-to-Device sowie -Host und einen Aux-In (Miniklinke). Im Gegensatz zum Vorgänger ist das P-515 darüber hinaus Bluetooth-fähig.

Yamaha 515 Display
Über das Bedienfeld mit 128×64-Pixel-Display ist die Bedienung
erheblich komfortabler als am Vorgängermodell mit LED-Display.
(Bild: Dieter Stork)

Kam das P-255 ehemals zu einem Listenpreis von 1.668 Euro auf den Markt, liegt der des P-515 bei 1.769 Euro. Erhältlich ist der Newcomer in schwarzer und weißer Ausführung. Im Lieferumfang sind ein Sustain-Pedal, ein Notenständer und das externe Netzteil enthalten.

Zwei Flügelsounds sind die Highlights unter den 40 Main Voices des 256-stimmigen Portable Pianos. Die Multisamples vom Yamaha-CFX- und vom Bösendorfer-Imperial-Konzertflügel kennt man aus der aktuellen CLP-600-Serie − es sind Yamahas derzeitige Top-A-Piano-Sounds.

Die Multisamples von CFX- und vom Bösendorfer-Imperial-Konzertflügel sind Yamahas derzeitige Top-A-Piano-Sounds.

Mit dem breiten, äußerst dynamisch reagierenden CFX-Sound ist man für sämtliche Solospielarten sehr gut gewappnet. Er klingt schon in den Stereosamples schön räumlich, und lässt sich voll und wuchtig ausspielen. Der Bösendorfer, dessen runder und singender Ton sehr gut eingefangen wurde, ist von ganz anderem Charakter. Er klingt direkter und entwickelt gerade in ruhigen Passagen eine besondere Nähe zum Spieler wie Zuhörer; gleichwohl lässt auch dieser Klang ein kraftvolles Fortissimo zu − der Originalflügel ist mit 2,90 Metern schließlich noch 15 Zentimeter länger als der CFX.

Drittens ist mit einem Multisample vom kleineren Yamaha C7 ein dritter hochwertiger Flügelsound (»Studio Grand«) an Bord. Im Spiel zu Arrangements oder in der Band könnte er manchmal die bessere Wahl darstellen, wenn einem die beiden anderen Klänge zu dominant erscheinen.

Sieben weitere, zwar unaufwendigere, aber sehr gute Akustikpiano-Sounds vom »Bright Grand« bis zum obligatorischen »Honky-Tonk-Piano« bilden Klangfarben für diverse Stilrichtungen aus Pop, Rock und Jazz. Spezialität ist Yamahas »Binaural-Sample« des CFX-Flügels, das speziell für den Kopfhörerbetrieb gedacht ist: Dafür wurde der Originalflügel zusätzlich mit einem Kunstkopf in Spielerposition, in dessen »Ohren« Mikrofone platziert wurden, aufgezeichnet. Das Ergebnis ist eine ziemlich überzeugende Simulation des Klangraums eines echten Flügels.

Tuning ist im »Piano Room« möglich − so heißt ein Menü, das alle für die A-Piano-Klänge wichtigen Parameter versammelt. Neben dem virtuellen Flügeldeckel (»Lid«) für gedeckte bis offene Sounds oder einem einstellbaren Key-off-Sample betrifft dies Saiten- und Dämpferresonanzen, die sich in der Intensität, jeweils zehnstufig, regeln lassen. Im Hintergrund arbeitet Yamahas »Virtual Resonance Modeling«-Technologie (VRM). Zu diesen VRM-Parametern zählen außerdem »Aliquot Resonance« (Simulation zusätzlicher mitschwingender Diskant-Saiten) und »Body Resonance« (Resonieren des Flügelkorpus’). Anhand dieser Einstellungen und der Fülle an wirklich unterschiedlichen Flügel-Multisamples bietet das P-515 eine hohe Flexibilität bei den akustischen Pianosounds.

Über die hammermechanische Tastatur vom Typ NWX (NW = Natural Wood), bei der Yamaha einen Holzkern in den weißen Tasten verbaut, lassen sich die Piano-Sounds nuanciert und dynamisch spielen. In Repetition und Gewichtung ist dieses Manual, das in der Clavinova-500-Serie noch die Oberklassenmodelle besitzen, ausgezeichnet. Auch fortgeschrittene Spieler kommen damit am P-515 auf ihre Kosten. Die Klaviatur bietet zudem eine Druckpunktsimulation und mattierte Decklagen der schwarzen und weißen Tasten für den guten Grip.

YAMAHA P-515
Auf der Rückseite liegen alle für ein Portable Piano wichtigen Anschlüsse − auch der für das weniger praktische externe Netzteil. (Bild: Dieter Stork)

Sehr ordentlich und sauber klingen die A-Pianos sogar schon über das eingebaute Zwei-Wege-Wiedergabesystem mit vier Lautsprechern. Obwohl die Verstärkerleistung bei lediglich zweimal 15 plus zweimal 5 Watt liegt, kann das Portable Piano damit vom Volumen her bereits mit manchem Mittelklassen-Homepiano konkurrieren.

Die weiteren 30 Main-Voices versammeln E-Piano-Sounds vom Fender Rhodes, Wurlitzer und DX7, Hammond- und Kirchenorgeln, Clavinet, Cembalo und Vibrafon; des Weiteren gibt es realistische Streicher und Chöre, drei universelle Synth-Pads sowie Bässe und cleane Gitarren. Die Klangqualität ist auf gutem bis sehr gutem Niveau.

Zusätzlich den Hauptklängen besitzt das P-515 ein integriertes XG-Modul mit 480 GM-2-kompatiblen Klängen sowie 18 Drumkits. Sie dienen vor allem der Wiedergabe von General-MIDI-Files, lassen sich aber auch live über die Tastatur spielen.

Tastatursounds können als Splits und Layer kombiniert werden; beide Funktionen sind auch gleichzeitig nutzbar. Lautstärkebalancen und der Split-Punkt sind einstellbar. Als in der Intensität einstellbare Effekte kommen die beiden Masterblöcke Reverb (mit acht Typen) und Chorus (drei Typen) sowie ein weiterer DSP zum Einsatz. Einer von dessen Effekten, zu denen Delays, Phaser, Rotary und Distortion (zwölf Typen) zählen, kann bis zu zwei Tastatursounds gezielt zugewiesen werden. Den Gesamtsound können ein 3-Band-EQ und eine Sound-Boost-Funktion aufpeppen.

Aufzeichnungs- und Player-Werkzeuge hat das P-515 ebenfalls an Bord. Aufgrund der XG-Kompatibilität besitzt der MIDI-Recorder/Player gleich 16 Spuren. Audio-Songs können im Wav-Format aufgezeichnet und wiedergegeben werden, was über einen USB-Stick oder ein Mobilgerät möglich wird. Mit aufgenommen wird bei Bedarf ein über den Aux-In eingeschleustes Signal, etwa ein Play-Along-Arrangement.

YAMAHA P-515
Erst richtig lässig lassen sich alle Parameter über Yamahas App »Smart Pianist« in Verwendung eines iPads einstellen.

Zu 40 Schlagzeug-Rhythmen aus Pop, Rock, Jazz und World kann eine automatische Bassbegleitung aktiviert werden. Auch das Jammen dazu lässt sich als MIDI-Song aufzeichnen.

Zum Üben bietet das Piano 50 klassische Klavierstücke, deren Parts für rechte und linke Hand separat abgespielt und begleitet werden können. Taktgeber dafür sowie beim Recording ist das integrierte Metronom. Und auch an den Duo-Modus für vierhändige Sessions hat Yamaha gedacht.

Die Bedienung über das mehrzeilige, grafikfähige Display und die vorhandenen Buttons ist durchdacht und funktioniert prinzipiell gut, manches ist aber auch umständlich gelöst. Nicht gerade komfortabel sind zum Beispiel das Einstellen von Split und Layer oder der Brillanz. Leider gibt es auch keine Schieberegler mehr für den Master-EQ wie noch am P-255.

Abhilfe schafft die App »Smart Pianist«, die Yamaha für das P-515 momentan ausschließlich für iOS (ab Version 10) anbietet. Via iPad oder iPhone erfolgt die Steuerung über grafikgestützte Menüs, wobei der Spieler die veränderbaren Parameter aus einer Listenansicht wählt. Große Grafiken visualisieren die Auswirkungen einzelner Einstellungen. Zwar wünscht man sich hier schnell auch eine »Profi-Ansicht« mit mehreren Parametern pro Screen im Direktzugriff, doch der Bedienkomfort ist auch so deutlich größer als an der Piano-Benutzeroberfläche. Über Bluetooth funktioniert die Tablet- oder Smartphone-Anbindung auch kabellos.

Nebenbei bringt die App Notendarstellung für unterstützte MIDI-Songs wie die 50 Übungsstücke des P-515 sowie eine Akkorderkennung und -Anzeige für Audiosongs mit. Vor allem aber auch Registrations: Die lassen sich in der App beliebig anlegen, um diverse Split- oder Layer-Konfigurationen inklusive aller Sound-, Effekt- und MIDI-Einstellungen abzuspeichern und auf Knopfdruck wieder parat zu haben. Am P-515 selbst gibt es lediglich ein einziges Backup-Setting.

Fazit

Mit den hervorragenden Flügelsounds aus der Clavinova-600-Serie, einer ausgezeichneten Tastatur, sehr guter Zusatzausstattung und einem überzeugenden Wiedergabesystem bringt das P-515 ein starkes Niveau in die eher dünn besetzte Oberklasse der Portable Pianos. Sowohl gegenüber dem ähnlich ausgestatteten Kawai ES8 als auch dem Live-orientierteren Roland FP-90 ist das P-515 sehr gut aufgestellt. Yamaha setzt vor allem auch auf die Qualitäten seines Newcomers als frisch designtem Homepiano-Ersatz.


Hersteller/Vertrieb: Yamaha

Internet: www.yamaha.de

Preise:

P-515: 1.769,− Euro
Ständer L-515: 166,− Euro
Pedaleinheit LP-1: 80,− Euro

Unsere Meinung:

+ hervorragende Flügelsounds
+ ausgezeichnete Tastatur
+ flexible Ausstattung
– externes Netzteil

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