Modell-Reset in der Bühnenklasse

Yamaha CP4 – Stage Stagepiano im Test

Anzeige
Yamaha CP4 Stage Stagepiano_010

CP4- und CP40 Stage heißen die beiden Stagepianos, mit denen Yamaha zugleich die neue „CP Stage“-Serie eingeführt hat. Zum Test schickte uns der Hersteller das größere Modell, das in der Oberklasse mitspielen soll – das Yamaha CP4.

Anzeige

Zwar bauen die beiden neuen Pianos auf der Klangerzeugung der bewährten Modelle CP5 und -50 auf, doch schon durch ihre eigenständige Optik heben sich CP40- und CP4 Stage gleich wieder von ihnen ab. Insbesondere beim CP4 Stage wird schnell deutlich, warum Yamaha mit den Novizen eine eigene Modellreihe einführt: Weder die Funktionsausstattung noch die Hardware sind direkt vergleichbar.

Das Yamaha CP4 Stage ist schnörkelloser, soll durch ein klareres Bedienkonzept ansprechen – und bleibt, Stichwort Transportfreundlichkeit, gewichtsmäßig unter der magischen 20-Kilo-Grenze. Die Preise beider CP-Stage-Modelle liegen unter den damaligen Einführungspreisen von CP5 und -50.

Hardware des Yamaha CP4

Bringt das CP5 über 25 Kilogramm auf die Waage, ist das CP4 Stage bei nur 17,5 kg für ein Piano mit gewichteter Holztastatur nebst Hammermechanik ein wahres Leichtgewicht. Eingespart wurden die vielen Pfunde nicht nur durch den Trick mit den beiden Hand – rädern, die über der Tastatur liegen, wodurch das CP4-Chassis recht kurz ausfällt. Auch ist das neue Stagepiano fast komplett mit Kunststoff ummantelt. Lediglich der Instrumentenboden wurde mit einer Holzplatte, die vordere Unterkante und die Seiten mit einer Metallstrebe stabilisiert.

>> Hol dir unser KEYBOARD-Special über Vintage-Keyboards, versandkostenfrei zu dir nach Hause <<

Zwar sorgt neben einer schmalen Alu-Zierleiste noch eine Art Leder- bzw. Tolex-Imitation über der Bedienoberfläche für optische Akzente; die Anfass-Qualität leidet aber durch diese Struktur auf dem Kunststoff eher. Seitlich und vorne ragt die Kunststoff-Ummantelung unterhalb der Klaviatur einige Millimeter über den Unterbau, was nicht ganz stoßsicher wirkt.

Yamaha CP4 Stage Stagepiano_01

Für ein Stagepiano der 2.000-Euro-Klasse ist die Materialwahl also gewöhnungsbedürftig, davon abgesehen ist die Verarbeitung aber völlig in Ordnung. Die Bedienoberfläche des CP4 Stage ist schon auf den ersten Blick sehr übersichtlich – die ersten Gehversuche dürften auch Yamaha-CP-Unerfahrenen ohne Bedienungsanleitung gelingen. An der Anschluss-Sektion stört mich die weitgehende Unzugänglichkeit aus der Position des Spielers heraus: Für vor dem Instrument Stehende sind weder Beschriftungen noch die Buchsen selbst treffsicher zu orten, sodass man sich zum Anschließen zwangsläufig hinter das Yamaha CP begeben muss – schon für die Kopfhörerbuchse, die hinten und dort noch etwas abseits der Mitte in ungewohnter Position liegt, gilt das.

Die Ausstattung jedoch, die unter anderem vier Pedal-Anschlüsse, XLR- neben den obligatorischen Klinken-Outputs sowie USB-to-Host und -to-Device sowie schließlich noch einen Miniklinken-Eingang für einen MP3-Player einschließt, überzeugt rundum. Das lange, schmale zweizeilige LC-Display kann zwar mehrere Soundnamen (bei Splits oder Layers) sowie verschiedene Parameter-Werte gleichzeitig anzeigen, wirkt aber auf der relativ leeren Oberfläche regelrecht verloren – das hätte man gerne in Groß.


Jetzt das neue KEYBOARDS Special 05/06 The Soul of Piano versandkostenfrei bestellen!

keyboards-titel-5-6-16-sm

  • GEWA: Digitalpianos Made in Germany
  • Get Real Piano: Piano-Recording via Yamaha Disklavier in Kanada
  • Greg Phillinganes & Chuck Leavell im Interview
  • Der Jazzpianist David Helbock im Portrait
  • Sebastian Krämer − zwischen Keyboard-Party und Disklavier
  • Dieter Falk verjazzt Luther
  • femaleJazz mit Julia Hülsmann
  • Bechstein Digital Grand
  • Italienische Innovation: Dexibell VIVO H7
  • Clavia Nord Piano 3
  • Online-Pianoschulen in der Praxis
  • Vintage: Kawai EP-608
  • Transkrition: Pinetop’s Blues

Bühnenflügel

Die Klangerzeugung basiert auf derjenigen des CP5. Im Rahmen des SCM (Spectral Component Modeling) wurden für die Flügel- und ausgewählte E-Piano-Sounds Sampling und Modeling kombiniert, alle anderen Klänge sind rein samplebasiert (AWM2 = „Advanced Wave Memory 2“-Synthese). Das CP4 Stage bietet neben den schon aus dem CP5 bekannten ausgezeichneten Flügelsounds „S6 Grand“ (vom Yamaha S6, 212 cm) und „CF Grand“ (vom inzwischen aus dem Programm genommenen Yamaha CFIIIS, 275 cm) drittens das „CFX Grand“ an – einen Sound vom gleichnamigen aktuellen Premium-TopModell. Obwohl die echten Flügel gleich lang sind, wurde der Nachfolger CFX für das Yamaha CP4 Stage noch „größer“ klingend eingefangen als der CFIIIS: Das neue CP liefert also von intimen, direkten S6- über vollmundige, brillante CF-Sounds die noch räumlicheren, sowohl bassbetonteren als auch helleren CFX-Klänge.

Alle drei Flügelsounds wurden ausdrucksstark eingefangen, die technische Umsetzung ist auf sehr hohem Niveau. In Verbindung mit der NW-GH-Tastatur des CP4 Stage (Natural Wood Graded Hammer) ist die Dynamik erstklassig. Sowohl die Repetition als auch die Gewichtung dieser Teilholz-Klaviatur (weiße Tasten) sowie die Umsetzung der Hammermechanik-Simulation überzeugen rundum und vermitteln ein tolles Spielgefühl. Die „Synthetic Ivory“-Tastenbeläge, die unter schwitzigen Fingern für mehr Grip sorgen, fühlen sich im angenehmen Sinne „unaufdringlich“ an. Keine Frage: In der Disziplin „Bühnenflügel“ überzeugt das CP4 Stage voll und ganz.

Yamaha CP4 Klangauswahl

Im Kern steckt im Yamaha CP4 Stage eine leicht veränderte CP5-Klangerzeugung mit dessen kompletten Sample-ROM. Die einzelnen Klänge heißen Voices, sind aber nur als Parts im Rahmen von Performances im Zugriff: In jedem der128 Performance-Speicher lassen sich die Parts „Main“, „Layer“ und „Split“ verwalten. 433 Voices sind als Presets in 16 Kategorien von „Acoustik-“ und „E-Piano“ über „Strings“ und „Synthesizer“ bis hin zu „Others“ einsortiert. Weil die Voices aber fest mit den Performances verknüpft sind, wählt man sie immer aus einer Performance heraus an; der Druck auf einen der 16 „Category“-Taster erleichtert dabei die Auswahl einer neuen Voice für beispielsweise den Main-Part.

Trotz, abgesehen vom neuen CFX-Sound, gleicher Multisample-Auswahl wie am CP5 stellt das CP4 Stage deutlich mehr Voices als Grundmaterial für die Performances zur Verfügung: Während es am CP5 zum Beispiel lediglich je eine „S6 Grand“- und „CF Grand“- Voice zur weiteren Bearbeitung in den Performances gibt, liegt am CP4 Stage jeder der drei Flügel bereits auf Voice-Ebene in 15 Variationen (etwa in speziell gefilterten, „Dark“-, „Rock“- und „Comping“-, in „Mono“- oder weiteren leicht im Timbre veränderten Varianten) vor.

Yamaha CP4 Stage Stagepiano_05
Die „Categorys“ beziehen sich auf die 433 Voices (Preset-Single-Sounds) des CP4 Stage, die wiederum selbst schon Layer wie „Piano/Strings“ bilden können. Voices sind aber grundsätzlich mit Performances verknüpft und stehen als Speicher- bzw. Edit-Ebene nicht im Zugriff des Users. Wichtiges Werkzeug für das Stagepiano ist, last but not least, der komfortable Master-Equalizer, über dessen fünf Frequenzbänder der Spieler mittels der Slider ganz rechts stets die volle Kontrolle hat.

 

Auch in sämtlichen anderen Categorys gibt es solche neuen Alternativ-Voices. Der Spieler kann also ohne großen Programmieraufwand viele Nuancen aus den CP4-StageSounds herausholen und beispielsweise schnell den passenden Pianosound für eine Ballade oder eine jazzige Nummer vorhalten, ohne erst länger in den Performances suchen zu müssen. Neben den Flügeln zählt auch im CP4 Stage die E-Piano-Abteilung zu den Klang-Highlights. Mit Fender Rhodes (Mark I und II sowie Dyno), zwei Wurlitzer-Klängen, CP80/88- und einer guten Bandbreite von DX7/II-Voices setzt sie, wie heute wieder angesagt, auf einen realistischen Vintage-Sound. Hier gibt’s viele Klangdetails und eine sehr gute Dynamik-Umsetzung – und das hat Oberklassen-Niveau. Das gilt im Grunde auch für die große Mehrzahl der übrigen Klänge; nur selten, vielleicht beim ein oder anderen Ethno-, Glocken- oder Solobläser-Sound, die auch zum Klangrepertoire gehören, hat man den Verdacht, hier könnte sich schon mal eine schlichtere XG-Voice eingeschlichen haben.

Den überwiegenden Teil machen aber neben gut ausgestatteten Orgel- und Clavi-Abteilungen universell nutzbare, natürliche wie synthetische Strings-, Brass-, Pad- und Choir-Voices sowie Synth-Lead- und FlächenKlassiker aus, die allesamt den Yamaha Motif-XS- und -XF-Workstations entstammen. Auch gute Gitarren und Bässe, Letztere ergänzt um synthetische Sounds, findet man in den Categorys. Da das Sample-ROM des CP5 übernommen wurde, gibt es andererseits auch im CP4 Stage 14 Drumkits. Deren Klangqualität ist zwar auf gewohnt gutem Niveau, nur machen die Drums an sich wenig Sinn im neuen Stage: Es gibt hier nämlich weder integrierte Drum-Pattern, noch eine MIDI-Recording-Funktion. Und da es auch MIDI-seitig bei nur dreifacher Multitimbralität bleibt, darf man sich bei der Ansteuerung eines Drumkits per externem Sequenzer zu Playback-Zwecken auf das klassische Pianotrio beschränken.

Effekte

Die Effektstruktur im CP4 Stage wirkt klarer als die des CP5. Mit einer Performance werden die Einstellungen zweier „Insert“- Effektblöcke sowie die der anteilig zuzuweisenden System-Effektblöcke „Reverb“ und „Chorus“ gesichert. Jeder der beiden Inserts stellt zwei unabhängige Typen A und B bereit – zwei Insert-Effekte für die Main-Voice und zwei für die Layer- und/oder Split-Voice. Alle Typen des Chorus werden auch noch einmal von den Inserts bereitgestellt; darüber hinaus sorgen die Inserts für zusätzliche Delays, Flanger, Tremolo &Rotary-, Compressor-, Distortion- und Modulations-Effekte. Spezialitäten sind die virtuellen Preamp-Simulationen für Fender-Rhodes-Sounds; und auch die „Damper Resonance“ für die Flügelklänge findet man hier, des Weiteren einen Ringmodulator und einige andere „Tech“-Effekte.

Insgesamt gibt es 62 Insert-Typen. Alle Effekte besitzen eine sehr gute Klangqualität und sind im Rahmen einer Performance umfangreich programmierbar. Dabei können Parameter auch Fußschaltern oder den Handrädern zugewiesen werden. Wer diese Arbeit scheut, dem helfen auf die Schnelle knapp 280 Effekt-Presets mit sinnvoll vorkonfigurierten Parametereinstellungen. Die Performances durchlaufen anschließend noch einen Master-Kompressor sowie zuletzt den Master-Equalizer mit fünf Frequenzbändern. Beide konfiguriert man im „Utility“-Menü des CP4 Stage.

Yamaha CP4 Stage Stagepiano_03
Die Funktionsausstattung beschränkt sich auf ein Metronom und einen Audio-Player/Recorder: Aufgezeichnet und wiedergegeben wird im WAV-Format direkt auf bzw. von einem USB-Stick. „LiveSchalter“ gibt es für alle Effekte. Man erahnt an den Menütastern „Edit/Store“ (Performance-Programmierung), „File“ (dateibezogene Vorgänge für den internen sowie USB-Speicher) und „Utility“ (Systembezogenes) die simple Struktur des CP4 Stage — da war dann sogar noch Platz für die „Transpose“-Buttons darüber.

Editing und Funktionen

Auch wenn sich nicht auf ihre einzelnen Oszillatoren zugreifen lässt, können User aus den Voices in den Edit-Menüs für die Performances noch einiges herausholen. Neben den Effektprogrammierungen darf am LFO, an den Lowpass-Filter-Parametern „Cutoff“ und „Resonanz“ sowie an der ADR-Hüllkurve geschraubt werden. Und Solo-Synth-Sounds klingen umgeschaltet auf monofon und mit Portamento versehen gleich noch besser. Neben diversen MIDI-Einstellungen wie für Program-Changes gibt es noch einen „Master Keyboard“-Bereich, der in jeder Performance auf Wunsch aktiviert und individuell programmiert werden kann. Etwas gewöhnungsbedürftig: Vier (!) unabhängige Tastaturzonen, jeweils frei definierbar, darf der Spieler zum Ansteuern externer Klänge einstellen; dem gegenüber stehen die drei Zonen für die internen Sounds, die sich auch nicht überlappen können, sondern allein durch den einstellbaren Split-Punkt definiert werden.

Yamaha scheint hier den Masterkeyboard-Bereich des CP5 übernommen zu haben, obwohl der Keyboard-Part-Bereich zugunsten einer simpleren Bedienung um einen Part reduziert und hier dann auch die freie Zonenwahl gestrichen wurde. Das ist sicher keine perfekte Lösung. Den Masterkeyboard-Modus im Auge, wünscht man sich am CP4 Stage unweigerlich den vierten Tastaturpart inklusive viertem Slider, über die ja auch die externen Sounds ein- und ausgeblendet werden können, zurück. Der integrierte Recorder/Player des CP4 Stage beschränkt sich allein auf die Aufnahme und Wiedergabe von Audiosongs im WAV-Format; dazu muss stets ein USB-Stick angeschlossen sein. Einstellen lassen sich ein Metronom für die Aufnahme sowie die Wiedergabelautstärke des Playbacks. Performances kann man ebenfalls auf einem USB-Stick sichern und von ihm aus laden – entweder einzeln oder en bloc.

Fazit

Yamahas CP4 Stage klingt ausgezeichnet, spielt sich noch besser und bietet eine große Soundauswahl, an der man lange seine Freude haben wird. Trotz hochwertiger Tastatur ist das Piano leicht genug, um den Rücken des Spielers zu schonen, wenn dieser zugleich Roadie ist. Auch wenn Features wie die Drumsounds und die unterschiedlichen Strukturen von Tastatursound- und Masterkeyboard-Setups konzeptionell nicht ganz stimmig wirken, dürfte auch das neuste CP vielen Spielern wie gerufen kommen. Die drei Yamaha-Grands und die „Natural Wood“-Klaviatur an Bord „beflügeln“ geradezu zu expressivem Spiel.

Plus/minus

+ ausgezeichnete Soundqualität
+ große Soundauswahl
+ hervorragende Klaviatur
+ erstklassige Effekt-Sektion
+ einfache Bedienung
+ transportfreundlich

– kleines Display
– kleine konzeptionelle Unstimmigkeiten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.