Der Synthesizer-Soundtrack von Stranger Things gehört zu den markantesten Klangwelten der letzten Jahre. Kyle Dixon & Michael Stein verbinden klassische Analogsynthesizer-Ästhetik mit modernen Produktionsmethoden und erschaffen dadurch eine Atmosphäre zwischen 80er-Jahre-Nostalgie, Bedrohung und emotionaler Wärme. Die Basis besteht aus fünf Kernsäulen: Moog-artigen Basslines, prophetischen Arpeggios, Oberheim-Flächen, ARP-Leads und Jupiter-typischen melodischen Elementen. Ergänzt wird dies durch modulare Bewegung, digitale Glitzerschichten und instabile FX-Fragmente. Dieses Tutorial zeigt, wie sich diese Klangarchitektur mit einem modernen und bezahlbaren Hardware-Setup nachbauen lässt – bestehend aus Behringer Model D, Pro-800, 2XM, CAT, Crave, Wasp, JT Mini, JT-4000 und Model 15. Jeder Synth übernimmt eine klar definierte Rolle, die zusammen ein schlüssiges, Stranger-Things-kompatibles Gesamtsystem ergeben.
Für dieses Tutorial habe ich mir die MIDI-Files bei MIDI Show geladen und auf meinen Arturia Keystep Pro gezogen:
1. Der Grundstein: Der Model-D-Bass
Der Bass ist das Fundament des Stranger-Things-Themes. Er lebt von einer trockenen, dunklen, präzisen Klangfarbe, die an Roland SH-2 oder frühe Moog-Sounds erinnert. Der Behringer Model D bildet diesen Charakter hervorragend ab.
Der Ton basiert auf einem Sägezahn, ergänzt durch eine leicht verstimmte Rechteckwelle. Das Filter bleibt weit geschlossen und praktisch ohne Resonanz, wodurch der Klang eng und definiert bleibt. Die Hüllkurven des Model D geben dem Bass seine Direktheit: Attack = 0, kurzes Decay, volles Sustain und eine knappe Release-Zeit. So entsteht ein Bassfundament, das rhythmisch trägt, aber klanglich niemals im Vordergrund steht – genau die Mischung, die das original Score-Konzept verlangt.
2. Die Motorik des Themes: Prophet-Arpeggios mit dem Pro-800
Das Arpeggio in Stranger Things ist eines der bekanntesten Motive der Serie. Es wirkt gleichzeitig mechanisch und melodisch. Der Pro-800 eignet sich als Prophet-600-Nachbau ideal dafür. Ein Sägezahn in Kombination mit einer Pulse-Wave (mit leicht modulierter Pulsbreite) bildet den Grundklang. Die Hüllkurven arbeiten mit schnellem Attack, kurzem Decay und Null-Sustain – typisch für prophetische Arpeggio-Sounds. Attack = 0 ist beim Pro-800 nicht ultraschnell wie in manchen modernen Synthesizern, aber schnell genug für den gewünschten Charakter. Der interne Arpeggiator läuft im „Up“-Modus bei Achtelnoten, während ein externes 1/8-Triolen-Delay dem Klang sein charakteristisches „Nachziehen“ verleiht. So bildet der Pro-800 die rhythmische Struktur, zu der alle weiteren Schichten reagieren.

3. Die harmonische Umgebung: Oberheim-Pads mit dem 2XM
Der 2XM liefert die warmen, weichen Oberheim-Flächen, die Stranger Things emotional zusammenhalten. Zwei leicht verstimmte Sägezähne, ein offener 12-dB-Filter und weiche Hüllkurven definieren diesen Klang. Während Prophet-Pads eher körnig und klar sind, besitzt ein Oberheim-Pad eine breite, etwas diffuse Klangsignatur. Der 2XM bildet das sehr überzeugend ab. Die Attack-Zeit liegt im Bereich von 500–800 ms, das Release ist lang, und optional moduliert ein langsamer LFO das Filter oder die Pulsbreite. Diese Pads bilden die klangliche Wolke, in der Arps, Leads und FX eingebettet werden.
4. Modularer Atem: Drones im Model 15
Viele Stranger-Things-Szenen leben von einer subtilen, organischen Hintergrundbewegung. Der Model 15 eignet sich hervorragend, um diese modulare Tiefe zu erzeugen. Mehrere leicht gegeneinander verstimmte Oszillatoren, ein tief gestimmtes Filter und sehr langsam arbeitende LFOs erzeugen eine Drone, die über viele Takte hinweg lebt, ohne sich aufzudrängen. Diese Schicht verleiht dem Setup seine „Atmung“ und macht die Klangwelt weit und unruhig zugleich.
5. Schneidende Vintage-Leads: ARP-Sounds mit dem CAT
Der CAT liefert die schärferen, ARP-Odyssey-ähnlichen Lead-Sounds. Die beiden Oszillatoren laufen auf Sägezahn, werden minimal verstimmt, und das Filter öffnet weit genug, um sich durch Pads und Arps zu schneiden. Ein sehr dezentes Vibrato erzeugt die typische 70er-Jahre-Instabilität, die dem Lead Charakter gibt. Diese Leads treten nicht dauerhaft auf, sondern setzen melodische Akzente oder kleine, brennende Motive.
6. Die große Melodie: Cinematic Jupiter-Leads mit dem JT Mini
Der JT Mini übernimmt die Rolle der cineastischen Jupiter-Leads. Seine digitale Engine bietet Sägezahn- und Rechteckklänge, die sich gut für warme, expressive Lead-Linien eignen. Obwohl er nicht wie ein echter Jupiter-8 über zwei unabhängige analoge Oszillatoren verfügt, kann er Jupiter-ähnliche Klangfarben überzeugend nachbilden. Wichtig sind weiche Hüllkurven, ein moderat geöffnetes Filter und ein sehr subtiler Pitch-LFO. Reverb und Delay müssen extern hinzugefügt werden, da der JT Mini keine eigenen Effekte besitzt. Diese Leads schweben über allem und sind das melodische Herz des Setups.
Die Macher des Soundtracks Kyle Dixon und Michael Stein im Interview
7. Digitale Lichterschichten: High-Texture-Layer mit dem JT-4000
Der JT-4000 ergänzt das System um eine gläserne, synthetische Obertonschicht. Seine Supersaw-/Unison-Engine erlaubt flirrende, digitale Klangfarben, die sich perfekt über Pads, Arps und Leads legen lassen. Der Filter wird weit geöffnet, das Detune moderat eingesetzt und ein dezenter LFO moduliert Tonhöhe oder PWM. Während analoge Synthesizer Körper und Wärme liefern, bringt der JT-4000 die „Luft“ – jene hochfrequenztönenden Layer, die im Score vor allem in atmosphärischen oder spannungsreichen Momenten hörbar sind.
8. Mechanische Bewegung: Der Crave als sekundäres Sequencer-Element
Der Crave erzeugt eine unterschwellige, mechanisch wirkende Sequenz, die unter dem Pro-800-Arpeggio arbeitet. Sein Step-Sequencer erlaubt flexible Schrittfolgen, Akzente und Slides. Echtes Ratcheting besitzt er nicht, kann aber durch Step-Wiederholungen oder externe Clock-Manipulation simuliert werden. Der Klang selbst basiert oft nur auf einem einzelnen Ton oder kleinen Pitch-Variationen, die durch ein modulierendes Filter zum Leben erweckt werden. Diese Ebene erinnert an pulsierende Maschinen, die die Atmosphäre permanent in Bewegung halten.

9. Elektrische Instabilität: Upside-Down-Effekte mit dem Wasp
Der Wasp Deluxe liefert die flackernden, nervösen FX-Sounds, die im Stranger-Things-Universum ständig präsent sind. Durch das Zusammenspiel von Noise, Filterresonanz und langsamen LFOs entstehen kleine elektrische Funken, Klicks und modulierte Impulse, die deutlich an die Unruhe der „Upside-Down“-Welt erinnern. Diese Sounds treten punktuell auf und verstärken die Dramatik der Szene.
10. Zusammen fügt sich alles zu einem kompletten Stranger-Things-Klangsystem
- Model D und Pro-800 liefern Fundament und Rhythmus.
- Crave und Model 15 erzeugen modulare Tiefe und mechanische Bewegung.
- 2XM, JT Mini und JT-4000 bauen das melodisch-harmonische Zentrum.
- CAT und Wasp setzen Akzente und FX.
Die Mischung dieser Elemente entspricht exakt der Ästhetik des Scores: eine Kombination aus warmen Poly-Synths, prophetischen Sequenzen, Jupiter-Leads, modularem Flimmern und digitalem Schimmern.
Parameter in der Übersicht
| Rolle | Synth | Charakter | Technische Hinweise |
|---|---|---|---|
| Bass | Model D | dunkler SH-2-Stil | 2 OSC detuned, fast geschl. Filter, schnelle Envs |
| Haupt-Arp | Pro-800 | Prophet-artig | Attack = 0 ist schnell, aber nicht ultrakurz – dennoch perfekt fürs Arp |
| Pads | 2XM | Oberheim-Flächen | 12-dB Filter, weiche Envs |
| ARP-Leads | CAT | scharf, nasal | leichtes Vibrato, weit geöffnetes Filter |
| Cinematic Leads | JT Mini | warm, digital-jupiterähnlich | externe FX nötig, digitaler Oszillator |
| High Texture | JT-4000 | digital, gläsern | Supersaw/Unison, leichte Modulation |
| Secondary Seq | Crave | mechanisch | kein echtes Ratcheting, aber simulierbar |
| FX / Noise | Wasp | instabil, flackernd | Noise + Filterresonanz |
| Drones | Model 15 | organisch, modulare Tiefe | sehr langsame Modulationen |




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