Der Bass-Boss

Vintage Park: Moog Taurus

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(Bild: Bernhard Lösener)

Mit dem 1976 vorgestellten Fußpedal-Synth Taurus zementierte Moog eindrucksvoll seine Hegemonie im Frequenzkeller; der Bass-Spezialist wurde u. a. von Acts wie Genesis oder Yes eingesetzt.

Der Moog Taurus ist ein Unikum im Synthesizer-Universum, denn er wurde nicht als konventionelles Tasteninstrument, sondern als Fußbass-Synth konzipiert. Der Analogsynth, der auch als Model 205A firmiert, kam 1976 heraus, kostete ca. 2.000 Mark und wurde bis 1981 gebaut. Er basiert auf dem Bassynth des legendären Moog Constellation Systems, welches nie Serienreife erlangte und von dem nur ein Prototyp existiert. Dieses 1973 gebaute, dreiteilige System besteht aus dem monofonen Solo-Synthesizer Lyra, dem polyfonen Apollo (aus dem der Polymoog hervorgegangen ist) und einem Fußpedal-Synthesizer, der ein Vorgänger des Taurus ist. Keith Emerson hat das System auf dem Album Brain Salad Surgery von Emerson Lake & Palmer und z. T. auch auf der Bühne eingesetzt. Der Lyra wurde von Bob Moog und Jim Scott konzipiert, der Apollo und der Taurus sind eine Entwicklung von Dave Luce.

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Äußeres

Der Taurus besitzt ein stabiles Metallgehäuse und bringt 13 kg auf die Waage. Die Fußpedale decken eine Oktave ab. Auf dem Bedienpanel gibt es große, auch mit dem Fuß gut zu betätigende, runde Taster mit zugehörigen Status-LEDs, mit denen man drei Presets und einen frei programmierbaren Sound abrufen kann. Rechts daneben liegen drei weitere Taster für Portamento, Decay (Aktivierung der Decay-Phase der Amp-Hüllkurve alternativ zur Release-Phase) und Octave. Darüber findet man zwei große Schieberegler für Lautstärke und Cutoff-Frequenz des Filters, die sich mit den Füßen mehr schlecht als recht regeln lassen; etwas Übung ist hier geboten. Zwischen den beiden Fadern liegt die Programmier-Sektion, die gegen unabsichtliches Modifizieren des Sounds durch spontane Fußtritte mit einem durchsichtigen Deckel gesichert ist. Aufgeklappt hat man Zugriff auf diverse Parameter wie Tune, Portamento-Geschwindigkeit, Attack, Sustain, Decay der Amp-Hüllkurve, Attack und Decay der Filterhüllkurve, Frequenz des zweiten Oszillators, Filtereckfrequenz, Resonanz, drei Oktavlagen sowie Verstimmung und das Lautstärkeverhältnis der beiden VCOs.

Taurus hinten
Rückseitig findet man beim Taurus I den Netzschalter, einen monofonen Ausgang und einen Regler für die Ausgangslautstärke.

Die monofone, analoge Klangerzeugung ist einfach aufgebaut, aber äußerst effektiv. Zwei gegeneinander verstimmbare Oszillatoren mit einer für Moog ungewöhnlichen V/Hz-Charakteristik erzeugen eine Sägezahnwellenform. Das Signal wird durch ein Moog-Kaskaden-Resonanzfilter und Lautstärke- und Filter-Hüllkurven geformt. Weitere Features wie etwa einen LFO sucht man vergeblich, es gibt lediglich eine Portamento-Funktion.

Aber mehr braucht es auch nicht, um die Hosenbeine flattern zu lassen; der Taurus bringt einen mächtigen, superfetten und schnörkellosen Bass-Sound auf die Waage, den so kein anderer Analogsynth liefert. Er wirkt vor allem bei subtiler Verstimmung der VCOs gegeneinander sehr lebendig und kraftvoll. Im Gegensatz zu anderen frühen Moog-Synths ist er äußerst stimmstabil. Bei 20 bis 25 Hz generiert der Taurus besonders viel Druck – auch auf die Magengrube, wenn eine gute Anlage mit Subbass zur Verfügung steht – und lässt sich im Konfliktfall somit auch als Schallwaffe etwa gegen feindliche Gruppierungen wie z. B. Nachbarn einsetzen. Von den drei Presets ist (neben Tuba und Bass) der Taurus-Sound der populärste und auf vielen Produktionen zu hören.

Hinter der Abdeckung hat man Zugriff auf die Klangparameterdes Taurus.
Das nur als Prototyp existierende Constellation-System vonMoog wurde von Keith Emersoneingesetzt.
Werbung für den Taurus II

User

Vor allem in der Prog-Rock-Szene fand der ungewöhnliche Bass-Synth Anklang und wurde zum Kult-Instrument: Acts wie Genesis, Rush, Marillion, Asia, Saga, Yes, aber auch U2 und The Police verwendeten den Taurus auf ihren Produktionen und auf der Bühne. Zum Userkreis gehörten außerdem Steve Hackett (Clocks), Don Airey, Ritchie Blackmore (Rainbow), Randy California, Phil Collins, Geoff Downes, Jean-Michel Jarre, Eddie Jobson, Alphonso Johnson, 10cc und Gary Wright (Dreamweaver).

Mit dem Taurus II brachte Moog 1981 einen Nachfolger der Urversion an den Start. Dieser ca. 2.000 Mark teure Analogsynth ist leichter und besteht aus zwei Teilen. Die Fußpedal-Sektion bietet eine halbe Oktave mehr und wurde von der Klangerzeugung mit dem Bedienpanel abgekoppelt. Letzteres kann bei Bedarf auf eine Stange, die in der Pedal-Einheit steckt, montiert oder frei woanders positioniert werden, sodass man den Klang manuell problemlos auch während des Spielens editieren kann. Seine Klangerzeugung entspricht der des Moog Rogue; Letzterer ist ein gutklingender, kompakter und kostengünstiger Analogsynth, der 1981 vorgestellt wurde. Er arbeitet mit zwei Oszillatoren (Sägezahn und Rechteck), bietet Oszillator-Sync und ist mit einem LFO ausgestattet. Daher ist er im Vergleich zur Urversion klanglich flexibler und deckt eine viel größere klangliche Bandbreite ab. Trotz guter Bass-Sounds kann er aber im Tieffrequenzbereich dem Ur-Taurus nicht das Wasser reichen. Viele Musiker vermissen auch die kultigen Presets des Originals. Daher wurde der Taurus II kein großer Erfolg für Moog (obwohl er von einigen namhaften Keyboardern wie z. B. Rick Wakeman verwendet wurde), und Moog stellte die Produktion nach zwei Jahren wieder ein.

Der Taurus 3 wurde zur Überraschung vieler Keyboarder 2009 vorgestellt. Der 2.100 Euro teure Synth wurde bis 2012 gefertigt, die Produktion war auf 1.000 Exemplare limitiert. Beim Design hatte man sich an der Erstversion orientiert, allerdings ist er mit ca. 20 Kilo noch schwerer als das Vorbild. Pfiffig und leichter bedienbar als die Fader von Version I sind die Fußräder, die eine besser dosierbare Regelung erlauben. Die analoge Klangerzeugung basierte zum Teil auf dem Moog Voyager; man versuchte, dem Klangcharakter des Originals näherzukommen, und es gibt auch wieder Presets. Das neue Schwergewicht arbeitet mit zwei Sägezahn VCOs, Kaskadenfilter, VCA- und VCF-Hüllkurven; abweichend vom ersten Taurus gibt es einen LFO für Cutoff und Pitch, eine MIDI-Schnittstelle und zur Freude vieler User einen Arpeggiator. Er liefert einen durchsetzungsfähigen, überzeugenden und tiefen Bass-Sound, allerdings wird der lebendige Klangcharakter des Originals nicht wirklich erreicht, es gibt kleine Unterschiede, die auch der Volt/Oktave-Charakteristik (exponential) der VCOs geschuldet sein können.

Taurus 3
Der Taurus 3 verfügt über 48 Speicherplätze.

Minitaur

Wer es eine Nummer kleiner will, kann auch auf diese rückenschonende Taurus-Variante zurückgreifen, die Moog 2012 auf den Markt gebracht hat. Der kompakte MIDI-Synth-Expander ist ein echter Tipp für alle, die den gepflegten Moog-Basssound wollen, ohne die Brieftasche allzu sehr zu entleeren (ca. 550 Euro). Er klingt zwar nicht wie der Taurus I, generiert aber einen warmen und druckvollen Analogsound.

Minitaur 1
Die anschlagsdynamische Klangerzeugung des Minitaur ist mit zwei VCOs (Sägezahn und Puls), Kaskadenfilter, VCA und VCF-Envelopes (Moog-typisch mit Attack, Sustain und alternativer Decay- oder Release-Aktivierung) und LFO (mit verschiedenen Wellenformen) ausgestattet; Oszillator-Hardsync ist auch möglich. Sounds lassen sich via Software-Editor speichern.

Eine Variante des Minitaur ist der Moog Sirin, der über einen stark erweiterten Oktavbereich (E0 – D8) verfügt und sich auch für Leadsounds eignet.

Der Moog Taurus wurde uns freundlicherweise von Manfred Büchel zur Verfügung gestellt.


Fragen an den Keyboarder und Taurus-Spezialisten Manfred Büchel

Was schätzt du am Moog Taurus?

Er bietet einen fetten, warmen Basspedalsound, unvergleichlich mit allem, was auf dem Markt ist, breathtaking … siehe Asia, Genesis, ELP etc.

Hast du ihn mal auf der Bühne oder im Studio eingesetzt?

Ja, sehr oft. Superklasse z. B. für Saga-Sounds!

Welche Nachteile hat das Instrument, und ist es aus deiner Sicht noch zeitgemäß?

Es ist schon groß und sehr schwer, vor allem im Case. Zeitgemäß wäre ein Roland MIDI-Pedal plus Taurus 1 im Minikästchen.

Manfred Büchel mit Bob Moog

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