Resonanzboden mit Zusatzjob

Yamaha Transacoustic Piano

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Yamaha hat bereits mit dem Disklavier ein innovatives Piano auf den Markt gebracht. Mit dem Hybrid-Piano (in Hause Yamaha Trans-Acoustic Klavier genannt) verfolgt der Hersteller eine andere innovative Technik. Was es aus macht und wie es funktioniert stellen wir hier vor. 

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(Bild: Jörg Sunderkötter)

Hybrid-Pianos − also akustische Klaviere mit Stummschaltung und elektronischer Klangerzeugung − sind eine bewährte und beliebte Kombination, wenn man beides will: ein echtes Klavier spielen und zugleich Zugriff auf elektronische Sounds haben, die man im Silent-Betrieb über einen Kopfhörer genießt. Aber Klavierspielen ohne Kopfhörer mit regelbarer Lautstärke − das ist eine Revolution!

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Okay − wenn man nun sagt, dass die elektronische Wiedergabe über das Innere des Klaviers stattfindet, dann mag das erst mal nicht nach einer großen Sensation klingen − es ist es aber eine, und man muss diese Instrumente einfach mal anspielen, um dahinterzukommen, welche Möglichkeiten sich durch Yamahas neue Trans-Acoustic-Technik ergeben.

Der unmittelbare Vorteil liegt auf der Hand: Wird bei den Silent-Pianos eine zusätzliche Wiedergabemöglichkeit gebraucht, sobald man z. B. zu einem Play-Along akustisch spielen möchte, ist es dem Trans-Acoustic-System völlig schnuppe, ob man akustisch, elektronisch, laut, leise, mit oder ohne Playback spielen möchte, denn alles ist möglich.

Tatsächlich bin ich beim ersten Anspielen des Trans-Acoustic-Flügels irritiert, da ich auf Anhieb den Digitalpiano-Teil für den akustischen halte. Ich schalte den Quiet-Modus aus und höre dann auch gleich den Klangunterschied, denn akustisch gespielt breitet sich vor mir ein herrlicher Klang aus, der noch breiter und transparenter wirkt. Dennoch sind Klangverhalten und -bild des elektronischen Flügelsounds verblüffend realistisch.


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Wie geht das ohne interne Lautsprecher?

Die Wiedergabe elektronischer Sounds braucht bekanntermaßen einen Verstärker und Lautsprecher, Letztere findet man in keinem der Trans-Acoustic-Modelle − egal ob Flügel oder Upright. Yamahas Ansatz ist es, den Resonanzboden des Klaviers selbst als »Lautsprecher-Membran« zu nutzen. Dafür muss man − und jetzt kommt der Trick − die elektronischen Signale in mechanische Schwingungen wandeln und auf den Resonanzboden übertragen. Dafür bedient sich Yamaha der Transducer-Technik (daher der Name »Trans-Acoustic«): Spezielle Schwingungsgeneratoren sind mit dem Resonanzboden fest verbunden und versetzen so das dünne Holz des Resonanzbodens in Schwingung.

Die Kombination aus Transducer und Resonanzboden hat sich bei den eher hochpreisigen Digitalpianos in den letzten Jahren zu einem beliebten Ausstattungsdetail entwickelt − die Technik eignet sich bestens, um die hier rein elektronische Klangwiedergabe um ein »akustisches Element« im Klangverhalten zu ergänzen. Vorteilhaft wirkt sich das auf die Schallausbreitung aus, aber auch das Spielgefühl gewinnt dadurch − als Spieler verspürt man durchaus eine gewisse Interaktion mit dem Klang.

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Yamahas Transacoustic Pianos basieren auf den Silent-Modellen. Auch hier werden die Hämmer im Quiet-Modus blockiert, und die elektronische Klangerzeugung übernimmt. (Bild: Jörg Sunderkötter)

Akustische Klangdetails.

Da die Trans-Acoustic- Instrumente in erster Linie natürlich akustische Instrumente sind, liegt es nahe, für die elektronischen Sounds auch den Resonanzboden zu nutzen. Aber das Ganze geht noch weiter, denn auch die akustischen Eigenschaften der Saiten erweitern den elektronischen Klang. Sympathetic Resonance − ein Begriff aus der Digitalpianotechnik, der das Mitschwingen der Saiten im harmonischen Kontext beschreibt − ist bei den Trans-Acoustic-Instrumenten sozusagen in »AnalogTechnik« mit eingebaut.

Im Quiet-Mode werden die Hämmer gestoppt, sodass die Saiten nicht angeschlagen werden. Wohl aber werden diese durch die Wiedergabe der elektronischen Klänge zum Mitschwingen angeregt. Man kann das sehr leicht ausprobieren: einfach einen Akkord im Quiet-Mode anschlagen und dann den Lautstärkeregler auf null drehen − man hört nun das harmonische Nachschwingen der Saiten! Außerdem werden typische Nebengeräusche, die der elektronischen Emulation aufwendig nachgebildet werden müssen, hier auf akustische Weise erzeugt, ganz einfach durch die Mechanik des akustischen Klaviers.

Flügel oder Upright?

Welches Instrument man sich anschafft, hat natürlich erst einmal mit dem Budget zu tun. Aber auch der verfügbare Platz spielt eine Rolle. Nicht jeder kann sich einen Flügel in die Wohnung stellen, dessen Klangentfaltung einfach auch den entsprechenden Raum braucht. In dem Konzertsaal der Yamaha-Zentrale in Rellingen, wo ich die Instrumente testen darf, klingen natürlich beide Instrumente Spitze und können mit einem ausgewogenen, vollen Klang begeistern. Der Flügel, ein GC1 TA mit 161 cm Länge, begeistert mich mit seinem offenen Klang und seiner spritzigen Dynamik. Das Upright (YUS 3 TA) mit 131 cm Höhe gefällt mir ebenfalls sehr gut: klar und transparent, die Bässe schön straff und nicht zu wuchtig − ein typischer Upright-Sound, der kleiner dimensioniert als der Flügel rüberkommt und daher intimer klingt.

Hochwertiges Sample.

Das Tolle am Trans-Acoustic-System ist, dass man über den elektronischen Teil einen hochwertigen Digitalpiano-Sound dazubekommt. Es handelt sich um den CFX-Flügel, der auch im Silent Piano und im aktuellen Disklavier von Yamaha zu finden ist. Dank der hohen Polyfonie von 256 Stimmen verspürt man beim Spielen keine Einbußen zum akustischen Teil − der Sound lässt sich vollpolyfon spielen. Der Klang: eine Wucht!

Der Unterschied zu den Silent- und Disklavier- Modellen ist übrigens die zweifache Ausführung des CFX-Flügels: Für den Kopfhörerbetrieb gibt es eine binaurale Version mit einem tollen dreidimensionalen Sound. Da die Transducer-Technik für sich bereits dreidimensional über Resonanzboden und Saitenresonanzen wahrgenommen wird, gibt es in diesem Fall eine stereofone Variante des Klangs.

Akustitronisch.

Eine tolle Möglichkeit ist es, den akustischen Teil mit den elektronischen Sounds gleichzeitig zu spielen. Dabei möchte man nicht unbedingt zwei Flügelsounds, wohl aber Kombinationen mit den verbleibenden 18 Sounds spielen, Strings, Chor oder Harpsichord − hier gibt es eine gute Auswahl an klassischen Zusatzsounds eines Digitalpianos. Diese nun mit dem akustischen Sound gleichzeitig zu spielen ist eine völlig neue Erfahrung − am meisten Spaß macht das natürlich, solange der akustische Teil vernünftig gestimmt ist.

Und möchte man dennoch mal die elektronischen Sounds über eine externe Anlage spielen: Sobald man ein Kabel an den Kopfhörerausgang stöpselt, wird die Transducer-Wiedergabe ausgeschaltet.

MIDI-Klavier.

Die Bewegung der Tasten wird von einem Sensorsystem aufgenommen und an die elektronische Klangerzeugung weitergeleitet, die unterhalb des Spieltisches angebracht ist. Am Elektronikteil findet man gleich auch MIDI-Ein- und Ausgang − praktisch, wenn man externe Klangerzeuger anschließen oder die Verbindung zu einem Software-Sequenzer herstellen möchte. So wird das Trans-Acoustic-Instrument zum Mittelpunkt eines MIDI-Studios: Akustisch aufnehmen, Einspielen in den MIDI-Sequenzer über eine echte Hammermechanik-Tastatur. Nur den akustischen Teil kann man nicht vom Sequenzer aus steuern. Dafür bräuchte man dann ein Disklavier …

Eine für Heimpianisten äußerst praktikable Anwendung ergibt sich durch die Audio-Eingänge. Über diese lässt sich z. B. Yamahas iPad-App Note-Star integrieren, die das Spielen zu Play-Alongs bei gleichzeitiger Notendarstellung erlaubt. Eine tolle Möglichkeit zum Üben: Man kann den Song komplett hören, die Begleitung abschalten oder den Leadgesang. Im Bildschirm laufen die Noten während der Wiedergabe automatisch mit.

In der Praxis sind die Trans-Acoustic-Instrumente zunächst einmal gute akustische Klaviere, das sollte man bei allen technischen Finessen nicht vergessen. Die zusätzliche Technik schließlich macht aus den TA-Modellen sehr flexible Instrumente, die sich an verschiedene akustische Situationen anpassen lassen. Wer nicht ständig akustisch, also laut spielen kann, darf auf hochwertige SampleSounds zurückgreifen, die über den Kopfhörer oder den Resonanzboden gespielt hervorragend klingen.

Von der Klangwiedergabe über das Transacoustic-System sollte man allerdings keinen Hi-Fi-Sound erwarten, was bei zugespielten Play-Alongs etwa durchaus irritierend sein kann. Dem Resonanzboden sind in der Rolle als »Lautsprecher« physikalische Grenzen gesetzt. Im Zusammenspiel mit dem akustischen Klavier aber darf man den riesigen Vorteil genießen, dass der komplette Gesamtsound im Instrument zusammengeführt und als eine Klangquelle wahrgenommen wird. Tolle Instrumente − tolle Technik!


 

Hersteller/Vertrieb

Yamaha

 Internet

www.yamaha.de

Preise  (alle Modelle in Schwarz Hochglanz)

U1 TA: 13.364,– Euro

YUS1 TA: 14.874,– Euro

YUS3 TA: 16.781,– Euro

YUS5 TA: 17.904,– Euro

 

GC1 TA: 26.010,– Euro

C1X TA: 31.011,– Euro

C3X TA: 38.714,– Euro

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