Sprachtalent

T.bone MB 7 Beta – Dynamisches Mikrofon im Test

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(Bild: Dr. Andreas Hau)

In den letzten Jahren erfreuen sich dynamische Broadcast-Mikrofone zunehmender Beliebtheit. Allen voran das Shure SM7B, das sich vom Geheimtipp zu Everybody’s Darling mauserte. Von Thomann – inzwischen zum weltgrößten Musikalienhändler aufgestiegen – gibt es nun ein Broadcast-Mikrofon in ähnlichem Look zum verführerischen Preis von 99 Euro. Billigkopie oder ernsthafter Konkurrent?

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Dynamische Broadcast-Mikros sind die Krisengewinner. Dabei reden wir weniger von Corona als vom Niedergang der großen Studios. Denn in beengten Home- und Projektstudios heißt die Devise: Raumklang minimieren und Nebengeräusche unterdrücken. Broadcast-Mikros sind typischerweise für einen geringen Besprechungsabstand ausgelegt; zudem gelten dynamische Schallwandler als »kurzsichtig«: Weiter entfernte Geräuschquellen werden verschluckt. Aber auch der kernige Sound dynamischer Broadcast-Mikros hat einen ganz eigenen Reiz. Legendär ist, dass Michael Jacksons Gesang auf dem Millionenseller Thriller mit einem Shure SM7 aufgenommen wurde. Brad Delp, der Sänger der Gruppe Boston (More Than A Feeling), verwendete häufig den anderen großen Broadcast-Klassiker, das RE20 von Electro-Voice. Unser Testkandidat tritt also in große Fußstapfen!

Inspektion

Die Typenbezeichnung deutet bereits an, wohin die Reise geht: Die magische »7« verweist auf das SM7B, und auch die Bezeichnung »Beta« kennt man von Shure. Das Metallgehäuse in satiniertem Schwarz wirkt edel. Wie sein Vorbild lagert das t.bone MB 7 Beta in einer Gabelhalterung und wird frontal besprochen. Somit ist die Konstruktion für Broadcastübliche Tisch-Mikrofonarme optimiert, kann aber auch auf einen üblichen Mikrofonständer montiert werden. Das Mikrofon hat eine zylindrische Form von 140 × 49 mm; damit ist es rund ein Drittel kleiner als sein großes Vorbild.

Akustisch gibt es Unterschiede: Beim Shure SM7B ist ein Mindest-Lippenabstand fest eingebaut, denn die Kapsel ist 50 mm zurückversetzt. Beim t.bone MB 7 Beta befindet sich die Kapsel, von etwa 5 mm dickem Schaumstoff umgeben, unmittelbar hinter der Einsprechöffnung. Unterschiedlich ist auch die Platzierung der XLR-Ausgangsbuchse. Beim MB 7 Beta ist diese rückseitig eingelassen. Beim Shure SM7B befindet sich die Ausgangsbuchse, über ein dünnes Kabel verbunden, an der Stativhalterung. Das minimiert die Übertragung mechanischer Geräusche und schafft Platz auf der Rückseite für zwei Schiebeschalter zur Klanggestaltung per Bassabsenkung bzw. Präsenzanhebung. Das MB 7 Beta verfügt über keinerlei Schalter.

Das t.bone MB 7 Beta flankiert von seinen großen Vorbildern: links das Shure SM7B, rechts das Electro-Voice RE20

Klang & Praxis

Das t.bone MB 7 Beta hat einen auf Sprachanwendungen optimierten Sound. Was sofort auffällt, ist ein sonorer Bass, der Stimmen voluminös erscheinen lässt. Gleichzeitig sorgt eine feste Präsenzanhebung für ausgezeichnete Sprachverständlichkeit. Meine Messungen bestätigen diesen Eindruck: Der Frequenzgang des t.bone MB 7 Beta ist alles andere als linear. Bei etwa 230 Hz werden die oberen Bässe betont. Gemessen wurde in einem Abstand von 33 cm; bei kürzeren Lippenabständen, wie sie in der Praxis ja üblich sind, werden durch den Nahbesprechungseffekt auch die tieferen Bassfrequenzen angehoben. Interessant ist eine breitbandige Senke um 500 Hz, die vermutlich bewusst so »gezüchtet« wurde, um »pappige« Klanganteile herauszufiltern. Ab 1.000 Hz folgt eine langsam ansteigende Präsenzbetonung, die bei etwa 5 kHz ihr Maximum erreicht. In diesem Bereich ist das menschliche Ohr besonders empfindlich, daher sorgt eine Anhebung dieser Frequenzen nicht nur für bessere Sprachverständlichkeit, sondern auch für gesteigerte Lautheit. Bei 10 kHz folgt eine moderate Höhenanhebung für zusätzliche Brillanz. Zwischen Präsenz- und Höhenanhebung liegt eine schmale Senke, die Zischlaute abmildert.

Für Sprache und Gesang macht das t.bone MB 7 Beta eine wirklich gute Figur. Der Sound ist bereits vorgefertigt und bedarf keiner weiteren EQ-Bearbeitung. So universell einsetzbar wie ein Shure SM7B oder ein Electro-Voice RE20 ist das t.bone indes nicht. Die beiden gut vier bis fünf Mal so teuren Broadcast-Klassiker haben weitaus neutralere Mitten, die für viele ihrer typischen Nebenanwendungen wie E-Gitarre und Bläser entscheidend sind. Zudem reicht ihre Bassübertragung bei deaktiviertem Low-Cut so tief, dass sie sich auch für Kickdrum und Bass-Amp empfehlen. Diesen Wumms erreicht das t.bone MB 7 Beta nur bei sehr naher Positionierung.

Der Frequenzgang
des t.bone MB 7
Beta ist vorgeformt
für Sprachanwendungen.

Zum Vergleich: Das
Shure SM7B ist
weitaus linearer.

Auch das RE20
agiert über einen
weiten Bereich
linear; die starke
Höhenanhebung ist
Geschmackssache.

Die teuren Vorbilder sind außerdem weniger empfindlich für Popplaute und Körperschall. Hingegen werden beim t.bone MB 7 Beta Handling-Geräusche von Stativ und Kabel hörbar auf die Kapsel übertragen. Vorteile verbucht das t.bone bei der Unterdrückung von Nebengeräuschen wie Lüfterlärm, denn es fokussiert sich stark auf den Bereich unmittelbar vor seiner Einsprechöffnung. Gerade in akustisch suboptimalen Umgebungen ist das ein echtes Plus. Allerdings muss man aufpassen, nicht seitlich einzusprechen, denn abgesehen vom Pegelabfall klingt die Stimme dann auch hörbar verfärbt. Das ist beim teuren EV RE20 ähnlich; das Shure SM7B hat dagegen einen weitaus breiteren Sweet-Spot. Beim t.bone MB 7 Beta liegt der ideale Lippenabstand bei etwa 5 bis 10 cm. Geht man näher ran, steigt die Poppneigung, entfernt man sich zu weit, wirkt die Stimme dünn.

Mit einer Empfindlichkeit von –57 dBV (entspricht 1,41 mV/Pa) ist das MB 7 Beta etwa 2 dB »lauter« als das Shure SM7B. Gerade wenn man die in Audio-Interfaces eingebauten Preamps verwendet, die oft nur begrenztes Gain bieten, ist das ein echter Praxisvorteil. Allerdings ist die Impedanz des t.bone MB 7 Beta mit 320 Ohm etwa doppelt so hoch wie beim Shure-Vorbild.

Außer für Sprache lässt sich das t.bone MB 7 Beta auch für Gesang einsetzen. Sein vorgeformter Sound schmeichelt vor allem männlichen Stimmen und passt stilistisch besonders zu Rock/Pop. Andere Anwendungen sind eher Glückssache, da die Frequenzkurve ganz gezielt auf Stimmen optimiert ist.

Die Grundkonstruktion des t.bone-Schallwandlers gleicht Shures Unidyne-III-Kapsel, die in verschiedenen Variationen im SM7B sowie im SM57 und SM58 zum Einsatz kommt.

Fazit

Das t.bone MB 7 Beta ist ein solide konstruiertes Mikrofon für Sprachanwendungen und erzeugt mühelos einen sonoren Sprecher-Sound amerikanischer Prägung: Die Stimme klingt satt, voll und voluminöser, als sie eigentlich ist. Dabei ist die Sprachverständlichkeit ausgezeichnet. Diese Klangeigenschaften können auch für Gesangsaufnahmen interessant sein; als Vocal-Mikrofon ist das t.bone MB 7 Beta jedoch kein Allrounder. Tendenziell eignet es sich eher für männliche Stimmen im Bereich Rock/Pop als für zart gehauchte Balladen.

Das t.bone MB 7 Beta ist stark auf den Nahbereich fokussiert; das kommt besonders Podcastern entgegen, die mit den Lüftergeräuschen des Laptops zu kämpfen haben und in akustisch suboptimalen Räumlichkeiten aufnehmen. Gewisse Abstriche gegenüber den teuren dynamischen Broadcast-Klassikern wie dem Shure SM7B muss man in Kauf nehmen: Außerhalb der Aufnahmeachse kommt es zu hörbaren Klangverfärbungen, und Handling-Geräusche werden weniger effektiv unterdrückt. Auch ist die Poppneigung etwas höher als beim großen Vorbild. Das t.bone MB 7 Beta erfordert daher etwas mehr Disziplin vom Anwender; wer diese aufbringt, wird mit einem angenehm satten »fertigen« Sound belohnt.

Preis: 99,– Euro
Internet: www.thomann.de

Unsere Meinung:
++ angenehm satter »amerikanischer« Sprechersound
++ robuste Konstruktion
++ preisgünstig
– Handling-Geräusche

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