Viele Knöpfe für eine Handvoll Dollars

DAW-Controller iCon Platform Nano im Test

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(Bild: Dr. Andreas Hau)

Wer träumt nicht davon, die Maus links (bzw. rechts) liegen zu lassen und zum Mischen einen Hardware-Controller zu verwenden? Leider sind umfassend ausgestattete Modelle recht teuer, während preisgünstige Controller meist nur wenige Funktionen bieten. Der Platform Nano von iCon verspricht einen attraktiven Mittelweg!

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Der Name sagt es bereits: Der Platform Nano ist der bislang kleinste DAW-Controller aus dem Hause iCon. So ganz »nano« ist er dennoch nicht; auf dem Arbeitstisch nimmt er eine Fläche von 198 x 216 mm ein. An seiner höchsten Stelle ist das Gehäuse samt Gummifüßchen 43 mm hoch, bzw. 60 mm, wenn man die aufragenden Regler mitrechnet. Das Gehäuse besteht vollständig aus Kunststoff, wirkt aber durchaus robust.

En Detail

Insgesamt bietet der Platform Nano 40 Buttons, fünf Endlos-Dreh-Encoder sowie ein Jog-Wheel und einen berührungsempfindlichen 100-mm-Motor-Fader. Ein Großteil der Buttons ist keinen festen Funktionen zugeordnet, sondern wird passend zur jeweils verwendeten DAW-Software belegt. Der Hersteller legt deshalb Overlay-Folien mit den Tastenbelegungen für 13 DAW-Programme bei. Als da wären: Pro Tools, Logic Pro, Cubase/Nuendo, Abelton Live, Bitwig, Reason, Studio One, Samplitude, Digital Performer, Reaper, FL Studio, Audition und Sonar. Damit wären alle populären DAWs abgedeckt; für den Fall der Fälle liegt aber eine 14. Folie zum Selbstbeschriften bei.

Eine gewisse Orientierung bietet darüber hinaus das eingebaute Display. Dieses zeigt am linken Rand Kanalnamen bzw. gerade aktive Funktionen an; den weitaus größten Teil des Displays nimmt aber eine Positionsanzeige in großen roten LED-Ziffern ein. Optional kann der Platform Nano (wie einige andere iCon-Controller) um das LCD-Display-Modul Platform D2 erweitert werden.

Mit dem Computer kommuniziert der Platform Nano über USB. Auf der Rückseite befindet sich eine entsprechende Buchse im Format USB 3.0 Typ-B. Anderswo bezeichnet iCon den Platform Nano jedoch als USB-2.0-Controller. Die Wahrheit liegt wohl dazwischen: Für die Datenübertragung sollte die Geschwindigkeit von USB 2.0 locker ausreichen. Allerdings arbeitet der Platform Nano bus powered, und weil u. a. sein Motorfader einige Energie verbraucht, benötigt das Gerät einen USB-3.0-Anschluss, da dieser mehr Strom liefert als ein üblicher USB-2.0-Port. Falls der Strom, den der USB-Bus liefert, nicht ausreichen sollte, lässt sich über eine zusätzliche Micro-USB-Buchse ein externes Netzteil anschließen, das aber nicht zum Lieferumfang gehört. Damit sollte sich der Platform Nano auch an einem Rechner mit USB-2.0-Schnittstelle betreiben lassen. Primär dient die Micro-USB-Ladebuchse aber dem Betrieb mit dem optionalen Platform-Nano-M1-Wireless-Modul, das in einem Schacht auf der Unterseite installiert werden kann. Damit das Gerät drahtlos funktionieren kann, muss der im Wireless-Modul enthaltene Akku natürlich von Zeit zu Zeit geladen werden. Das Wireless-Modul lag dem Testpaket nicht bei.

Der Platform Nano wird normalerweise bus powered betrieben. Ein optionales Netzteil lässt sich anschließen, wenn der Computer nicht genug Strom liefert oder man den Akku des optionalen Wireless-Modul laden möchte. Erweitern lässt sich das Gerät außerdem um ein Display-Modul. (Bild: Dr. Andreas Hau)

Zurück zur Rückseite

Hier gibt’s außerdem zwei Fußschalteranschlüsse, die im Mackie-Control-Mode nutzerseitig belegt werden können. Grundsätzlich stehen vier Betriebsmodi zur Auswahl; neben dem Mackie-Control-Protocol, das die allermeisten DAWs unterstützen, gibt es zusätzlich das HUI-Protocol für Pro Tools und einen eigenen Modus für Logic Pro. Darüber hinaus gibt es einen User-Mode, in dem man nach Belieben Tastern Funktionen zuordnen kann. Dazu legt iCon eine CD mit der hauseigenen iMap-Software bei, die auf Mac und PC läuft. Sie dient außerdem zum Aufspielen von Firmware-Updates, von denen über den Testzeitraum mehrere erschienen.

In der Praxis weiß die Haptik des Platform Nano weiß zu gefallen. Die Tasten sind selbst für ausgesprochene Wurstfinger groß genug und ausreichend weit voneinander entfernt. Der Motorfader läuft geschmeidig und leiser, als ich es von manch anderem Controller kenne. Allerdings gab es gelegentlich Kontaktprobleme, wenn meine Haut aufgrund des Winterwetters zu stark ausgetrocknet war. Mit etwas Handcreme ließ sich der Hautwiderstand in den grünen Bereich bringen, sodass der Fader meinen Bewegungen wieder ohne Gegenwehr folgte.

Ein grundsätzliches Problem von Universal-Controllern ist, dass sie auf keine DAW perfekt zugeschnitten sind. Man sollte also nicht erwarten, dass alle Funktionen optimal abgebildet werden. Dafür kann man einen Universal-Controller aber eben mit verschiedenen DAWs einsetzen – schließlich mischt längst nicht jeder so monogam, wie manches Softwarehaus glauben möchte – nicht wenige nutzen fürs Songwriting eine andere DAW als für den Mixdown. Es gilt also abzuwägen zwischen »Maßanzug« und »One-Size-Fits-All«.

Das Einrichten des Platform Nano in der jeweiligen DAW-Software ist in der Regel recht einfach und wird im beiliegenden Quick-Guide jeweils anhand entsprechender Screenshots gezeigt. Problemlos sind auch die Transportfunktionen: Play, Stop, Record, Vor-/Zurückspulen sowie Loop gibt es in jeder DAW, genauso wie Solo und Mute. Auch das Jog-Wheel sollte keine Probleme bereiten. Natürlich konnte ich den Platform Nano nicht mit allen 13 unterstützten DAW-Programmen ausprobieren, das hätte den Rahmen dieses Tests gesprengt.

Praktisch fand ich die Möglichkeit, das Jog-Wheel über die Tastenpaare links und rechts des Rads auch zur Navigation bzw. zur Einstellung des Zoom-Faktors verwenden zu können. Durch Druck auf das Jog-Wheel lässt sich der Scrub-Modus aktivieren, d. h. das Mithören beim Scrollen. Gut gelöst finde ich auch die Spurnavigation. Links neben dem Fader befinden sich Taster, mit denen man jeweils eine oder acht Kanäle vor- bzw. zurück manövriert. Hilfreich ist außerdem eine Pegelanzeige rechts des Motorfaders.

Schwieriger ist es mit den Zusatzfunktionen, deren Zuordnung sich je nach DAW ändert. Wie eingangs angesprochen, liefert der Hersteller für diese Tasten Overlay-Folien; deren Beschriftung ist jedoch alles, was als Anleitung bereitgestellt wird. Ein ausführliches Manual, das die Funktionsbelegung für die jeweilige Software erklärt, existiert bislang nicht. Da sollte iCon nachbessern, denn als Anwender tappt man hier erstmal im Dunkeln. Man drückt Tasten und versucht nachzuvollziehen, was geschieht – und das ist längst nicht immer offensichtlich. Zumal die acht Buttons oberhalb der Laufwerkstasten jeweils fünf Modi haben: rot, grün, blau, violett, gelb, die über die in den entsprechenden Farben leuchtenden Buttons unter dem Display aktiviert werden. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Beschriftung der Overlay-Folien im studioüblichen Dämmerlicht kaum noch ablesen lässt. Wer nicht wie Dr. Sheldon Cooper mit einem eidetischen Gedächtnis gesegnet ist, wird sich die Belegungen kaum alle merken können, erst recht nicht, wenn man verschiedene DAWs verwendet. In der Praxis wird man sich auf eine Farbenebene konzentrieren, die die für die eigene Arbeit wichtigsten Funktionen beinhaltet.

Die Belegung der vier Dreh-Encoder über dem Display wird durch die Tastenkolumne ganz rechts bestimmt – natürlich wieder abhängig von der verwendeten DAW. Sich die Funktionen zu merken ist hier weniger das Problem als die genaue Arbeitsweise herauszufinden. Wählt man z. B. in Cubase den EQ-Modus, so stellt man nach einigem Ausprobieren fest, dass je zwei Dreh-Encoder für je ein EQ-Band zuständig sind: Der erste Drehregler steuert die Frequenz; drückt man ihn gleichzeitig herunter, wird die Filtergüte geregelt. Drücken des zweiten Reglers aktiviert das Band, und Drehen des zweiten Encoders regelt den Filterhub. Da es aber nur vier Regler gibt und pro Band zwei Encoder belegt werden, schaltet der oberste Button im Navigationsblock links des Motorfaders um auf die oberen Bänder!

Overlay-Folien zeigen die Tastenbelegungen für 13 populäre DAW-Programme. Eine weitere kann selbst beschriftet werden. (Bild: Dr. Andreas Hau)

Fazit

Der iCon Platform Nano ist ein universeller DAW-Controler mit ansprechendem Design und großem Funktionsumfang. Ganz ohne Maus wird man sicher nicht auskommen, doch kommt man deutlich weiter als mit vielen anderen Controllern dieser Preisklasse. Das Konzept eines Universal-Controllers für alle populären DAWs bringt es mit sich, dass die Tastenbelegung bzw. Funktionszuordnung nicht auf jede Software perfekt abgestimmt sein kann. Das Einrichten selbst ist problemlos, man muss sich jedoch auf eine längere Einarbeitungszeit einrichten. Zumal der Hersteller bislang keine ausführliche Anleitung bereitstellt, die die Funktionsweise bzw. das Bedienkonzept erklärt. Zugegeben, das ist eine Menge Arbeit bei 13 DAW-Programmen. Aber es wäre allemal besser, der Hersteller macht sich diese Arbeit, als dass jeder Anwender selbst herausfinden muss, was genau welche Taste in jedem der fünf Modi macht.

Der Platform Nano wirkt solide; der Motorfader läuft geschmeidig und erfreulich nebengeräuscharm. Das Jog-Wheel könnte gerne ein wenig griffiger sein, und eine Fingermulde würde auch nicht schaden, aber auch so lässt sich gut damit arbeiten. Viele Mini-Controller gleicher Preiskategorie haben erst gar kein Jog-Wheel! Positiv zu bewerten sind auch die optionalen Erweiterungsmöglichkeiten in Form eines LCD-Displays und eines Wireless-Moduls.


Hersteller/Vertrieb: iCon / Sound Service
UvP/Straßenpreis: 201,11 Euro / 169,– Euro
Internet: www.iconproaudio.com

Unsere Meinung

++ solide Hardware
++ umfangreiche Ausstattung für diese Preisklasse
++ Overlay-Folien für alle bekannten DAWs
+ leise laufender Motorfader
– – lückenhafte Anleitung

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