Mit dem Wasp Deluxe brachte Behringer einen der schrillsten Analogsynthesizer der 70er-Jahre als exaktes Desktop-Modul zurück. Das Original, entworfen von Chris Huggett bei Electronic Dream Plant (EDP), war ein Enfant terrible unter den Synths der ersten Generation: preiswert gebaut, eigenwillig im Look – und klanglich so dreckig wie unverwechselbar. Behringer bleibt diesem Charakter nicht nur treu, sondern gönnt seiner Neuauflage sinnvolle Verbesserungen.
Design, Verarbeitung & Anschlussvielfalt
Das gelb-schwarze Retro-Branding ist eine unverkennbare Hommage ans Vorbild, wirkt in der Neuinterpretation aber weniger verspielt und deutlich robuster. Die Folientastatur wurde ausgelassen, stattdessen setzt Behringer auf 29 stabile Drehregler und Taster, die sich angenehm präzise bedienen lassen – kein Vergleich mehr mit dem klapperigen Bedienteil des Originals. Das Desktop-Gehäuse misst 37,4 x 13,6 x 9 cm und wiegt etwa 1,7 kg, wodurch es auch im Eurorack modular eingesetzt werden kann.
Anschlüsse gibt es reichlich: MIDI In/Thru, USB-MIDI, getrennte Ausgänge für beide Oszillatoren, Headphone Out, Main Out (3,5 mm und 6,3 mm Klinke), einen Audioeingang für externe Signale und natürlich Stromversorgung via externem Netzteil. Die Polychain-Funktion ermöglicht es, mehrere WASP Deluxe Synths zu einem polyphonen Setup zu koppeln – ein modernes Feature, das im Arbeitsalltag überzeugt.

Oszillatoren, Filter & Modulation
Klanglich bleibt Behringer sehr nah am Original: Die Klangerzeugung basiert auf zwei digitalen Oszillatoren mit Sägezahn, Rechteck und der Enhanced-Wellenform (eine Art PWM). Ihre Frequenzen und Pulsbreiten lassen sich individuell einstellen, ergänzt durch einen Rauschgenerator für Noise-Effekte sowie den externen Audioeingang für kreative Fremdsignale.
Das analoge Multimode-Filter ist einer der markantesten Bausteine: Hier kann zwischen Lowpass, Bandpass, Highpass und Notch gewählt werden. Die Filterresonanz ist kein bisschen zurückhaltend – bei hohen Einstellungen kippt das Signal ins Schmatzende oder gar Zerreissende, der Sound wird roh und „biestig“, geradezu aggressiv. Diese Klangfärbung unterscheidet den Wasp Deluxe von klassischen Moog- oder Roland-Synths deutlich und ist ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal.
Ein LFO bietet sechs Wellenformen, darunter auch Noise und Random, zur Modulation von Pitch oder Filter-Cutoff. Die Modulationstiefe lässt sich von subtil schimmernden FM-Sounds bis hin zu schrägen Pitch-Glitches regeln. Zwei Hüllkurven (ADSR für das Filter, AD mit Delay für Verstärker) ermöglichen separate Steuerung von Klang- und Lautstärkeverlauf. Beide besitzen Loop-Modi – für alles von perkussiven Sounds bis zu schwebenden Flächen.
Sounddesign, Praxis & Stilvielfalt
Wie klingt er nun? Der Wasp Deluxe besitzt einen eigentlich schmutzigen, rotzig-fiependen Grundcharakter, der mit wenigen Moves von synthpop-tauglichen Leads zu massiven Drone-Kaskaden oder noisigen Sequenzen wechseln kann. Die beiden Oszillatoren lassen sich gegeneinander verstimmen, für einen angenehm instabilen Vintage-Vibe. Besonders das Filter trägt dabei zur klanglichen Einzigartigkeit bei: Es kann sowohl Sägen als auch kreischen und gibt dem Sound den typischen, „giftigen“ Wespensound – darum der Name.
Der Synth bewährt sich besonders mit knackigen Basslines, chaotischen FX-Sounds, schnellen Flutter-Leads, Chiptune-Arpeggios und schrägen Modulationseffekten, für die er in der Electro-, Techno- und Industrial-Szene beliebt ist. Fliegen kann der Wasp aber auch „brav“: warme Subbässe und softes Filter-Fading für Ambient oder klassische Electronica sind problemlos möglich, solange man mit der Eigenwilligkeit des Geräts richtig umgeht. Für akkurate Flächen oder fette Pads taugt die Monophonie logischerweise weniger, und auch ein Arpeggiator oder Sequencer fehlt.
Bedienung, Workflow & Live-Tauglichkeit
Die Oberfläche – eng, aber durchdacht – erlaubt einen direkten Zugriff auf alle Parameter. Jede Modulation und jede Klangformung lässt sich „blind“ anfassen, was ein spontanes, experimentierfreudiges Arbeiten erlaubt. Das Routing externer Signale durch das aggressive Filter ist inspirierend, die Polychain-Funktion praktisch fürs Layern von Sounds. Einziger leichter Wermutstropfen: Presets oder digitale Speicherplätze gibt es keine, was in komplexen Livesets zu Nachteilen führen kann.
Szene-Feedback & Vergleich zum Original
Viele Nutzer loben die Vielzahl an Klangmöglichkeiten, die kompakten Maße und robuste Bauweise. Echte Vintage-Fans bestätigen dem Behringer Wasp Deluxe einen extrem authentischen Sound mit charaktervollem Filter. Im Vergleich zu anderen Behringer-Clones wie Model D, K-2 oder Neutron steht der Wasp Deluxe etwas abseits vom Massengeschmack: Weniger „fett“ oder voll, aber eigenwillig und präsent – und dabei günstiger als jegliches Originalgerät, das heutzutage selten und teuer gehandelt wird.
In Foren und Testportalen wird der Synth vor allem für experimentierfreudige Musiker empfohlen, die ihren Mix um eine scharfe, unangepasste Note bereichern möchten. Profis schätzen die Soundvielfalt und Modulationsoptionen, für Studioneulinge könnten die speziellen Eigenheiten aber anfangs gewöhnungsbedürftig sein.

Fazit: Behringer Wasp Deluxe
Der Behringer Wasp Deluxe ist ein echtes Statement für experimentierfreudige Soundtüftler: Kein Synth für glatte Flächen, sondern für rauhe Vintage-Leads, ungezähmte Sequenzen und Soundeffekte mit Eigensinn. Wer auf „fette“ Analogsounds à la Moog hofft, wird vielleicht enttäuscht sein – sucht man eine klangliche Bereicherung abseits der Norm und zum kleinen Preis, ist die moderne Wespe der perfekte Einstieg in die Welt der Charakter-Synthesizer.
Pro
- Charaktervoller, durchsetzungsstarker Klang
- Multimode-Filter + loopfähige Envs = viel Modulations-Potential
- Polychain, Audio-In, USB-MIDI – moderne Einbindung
Contra
- Monophon, ohne Arp/Sequencer
- Spezieller, teils aggressiver Klang – nicht jedermanns Sache
- Bedienung teils schwierig
Link zur Herstellerseite: Behringer


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