Sequential Circuits Prophet VS (1986)

Sequential Prophet VS Synthesizer Review

Der Sequential Prophet VS gilt als einer der spannendsten Hybridsynthesizer der 80er Jahre. 1986 brachte Sequential Circuits – das Team um Dave Smith und John Bowen mit Chris Meyer, Tony Dean und Josh Jeffe – einen Digitalsynth auf den Markt, der mit seiner Vektorsynthese neue Wege ging. Kommerziell blieb der Erfolg aus, technisch wurde der VS jedoch zum Kult: Rund 2.000 Einheiten sollen gebaut worden sein, ein Jahr später musste Sequential Circuits schließen. In einer Zeit, in der Yamahas DX-7 den Markt dominierte, war der erste echte Digitalsynth von Sequential leider auch der letzte.

Historie & Marktwert

Zur Markteinführung lag der Prophet VS bei etwa 5.600 DM – kein Schnäppchen. Auf dem Gebrauchtmarkt zeigt er sich bis heute wertstabil: Während ein DX-7 oft günstig zu haben ist, wird der VS aufgrund seiner Seltenheit selten deutlich unter vierstelligen Beträgen gehandelt. Die Rack-Version ist noch seltener und wird teilweise höher bewertet als das Keyboard.

Nach dem Ende von Sequential übernahm Yamaha die Entwicklungsabteilung; Vektorsynthese tauchte später im SY22/SY35 auf. Die prominenteste Konzeptweiterführung wurde die Korg Wavestation – mit Wavesequencing und reichlich Digital-Finesse, allerdings ohne resonanzfähiges Analogfilter. Dave Smith griff viele VS-Erkenntnisse später im Evolver wieder auf, der den hybriden Ansatz in die Moderne trug.

Sequential Prophet VS Architektur: Vektorsynthese mit Joystick

Kern des achtstimmigen Prophet VS ist die von SCI so genannte Vektorsynthese: Vier digitale Oszillatoren (pro Stimme) werden zweidimensional per Joystick in der Lautstärke gemischt, der Gesamtpegel bleibt dabei stets konstant. So formt man Klänge sehr intuitiv – von subtilen Mischungen bis zu dramatischen Morphings.

Die Oszillatoren schöpfen aus 128 digitalen Wellenformen, von klassischen Schwingungen (Sinus, Sägezahn, Rechteck) bis zu metallischen Spektren. 32 Speicherplätze sind überschreibbar; via MIDI Sample Dump lassen sich eigene 12-Bit-Wellen (128 Sample-Words) importieren. Selbst erstellte Wavemixes können als Wellenform abgelegt werden. Gegenüber rein analogen Propheten sind die digitalen Oszillatoren selbstverständlich hoch stimmstabil.

Das Besondere ist die Vector-Hüllkurve: Bis zu fünf Joystick-Positionen lassen sich nacheinander mit frei programmierbaren Zeitkonstanten abrufen – perfekt für lebendige, sich permanent verändernde Flächen und Texturen. Die Performance-Steuerung in Echtzeit über den Stick bleibt jederzeit möglich; die Hüllkurven des VS reagieren dabei spürbar schneller als die der Wavestation. Ein Chorus ist eingebaut – etwas rauschig, aber musikalisch.

Sequential Prophet VS Synthesizer mit Vector-Steuerung
SCI Prophet VS Vector-Stick

Analoges Herz: Curtis-Filter & Modulation

Klanglich entscheidend ist das 4-Pol-Lowpass-Filter auf Curtis CEM3378-Basis. VCF und VCA besitzen je eine fünfstufige Hüllkurve mit besonderem Clou: Ab Stufe drei lässt sich eine Loop zu einem vorherigen Segment definieren, die so lange läuft, wie die Taste gehalten wird – ein Konzept, das an den Buchla 400 erinnert und enormen Bewegungsspielraum eröffnet.

Als Modulationsquellen dienen zwei LFOs (Dreieck, Rechteck, Sägezahn, Rampe, Random) sowie Velocity, Mod-Wheel, Filter-Env und Key-Follow. Mod-Routings sind flexibel: u. a. zu LFO 1/2, Panorama, Chorus und VCA. Besonders im Stereo-Feld glänzt der VS, wenn Oszillatoren breit verteilt und die Positionen per LFO moduliert werden – auch pro Stimme lassen sich Pan-Einstellungen individuell setzen. Was man vermissen könnte: Pulsweitenmodulation und Oszillator-Sync.

Sequential Prophet VS: Performance, Layer & Speicher

Mit Split und Double lassen sich zwei Patches layern oder die Tastatur aufteilen; dann stehen vier Stimmen zur Verfügung. Im Unison arbeitet der VS monophon – ideal für besonders fette Leads. Klangprogramme speichert man so, dass bei aktivem Split/Double automatisch die gewünschte Kombination geladen wird; über MIDI ist bitimbraler Betrieb möglich. Es gibt 100 interne Speicherplätze sowie eine Cartridge mit weiteren 100 Plätzen. Für Spaß sorgt der Arpeggiator, der sich extern per MIDI synchronisieren lässt und ungewöhnliche Betriebsarten bietet (z. B. Latch mit frei dazugespielten Nicht-Arpeggio-Noten oder Arpeggios nur auf einer Keyboardhälfte).

Eine charmante Spielerei ist die Random-Funktion (Store + Programm 2): Sie erzeugt Zufallsklänge, die nicht immer sofort sitzen, aber oft hervorragendes Ausgangsmaterial liefern.

MIDI & Betriebssystem

Das letzte OS ist Version 1.2. Für einen Mid-80s-Synth ist die MIDI-Implementierung vorbildlich: Local Off, umfangreiche Controller-Zuweisungen und SysEx gehören dazu.

Verarbeitung & Bedienung

Optisch massiv, bringt der Prophet VS auch ordentlich Gewicht mit. Das Metallgehäuse wirkt robust, kann sich beim Transport aber verziehen, wenn man unglücklich anhebt – Virtual Music bot/bietet hierfür einen Verstärkungs-Kit an, ebenso Taster, OS-Chips und Ersatz-Leuchtfolie für das zweizeilige, hintergrundbeleuchtete Display. Die Tastatur hat keinen Top-Ruf: monophoner Aftertouch fällt bei alten Geräten öfter aus, und Velocity kann sporadisch spinnen. Der Aftertouch lässt sich intern per Offset-Poti deaktivieren.

Die Bedienoberfläche ist sachlich und schnell: Parameter werden über Taster + Data-Slider editiert, alle Taster haben Status-LEDs; neben dem Display zeigt eine dreistellige LED die Patchnummer. Der Joystick dient nicht nur zum Morphen, sondern auch zur Parameter-Editierung. Hinten gibt’s das MIDI-Trio und einen Stereo-Ausgang.

Klang & Praxis

Klanglich steht der Prophet VS über jeden Zweifel erhaben. Er zählt – neben dem PPG Wave – zu den bestklingenden Digitalsynths seiner Ära: eine eigenständige Liaison aus Prophet-5-Charme und PPG-Glas. Anders als viele Zeitgenossen (Korg DW-6000, DX-7) setzt er sich im Mix sehr gut durch – dank analogem Filter, aber auch wegen der Wandler-Signatur, des Aliasings und der Artefakte beim Transponieren der Wellenformen. Seine Paradedisziplinen sind ausdrucksstarke Pads, morphende Sci-Fi-Texturen, glockige/metallische Spektren und breite Stereo-Modulationen; ultra-analoge, technoide Bässe sind weniger seine Stärke. In Film- und Popmusik war der VS beliebt, u. a. bei John Carpenter, Brian Eno, Depeche Mode, Kraftwerk, Apollo 440 und Nine Inch Nails.

Alternativen & Nachfolger des Sequential Prophet VS

Wer den VS-Charakter sucht, aber vor Gebrauchtpreisen zurückschreckt, sollte den Dave Smith/Sequential Evolver (auch polyphon) anspielen: Der hybride Ansatz samt gutem Analogfilter kommt dem VS-Feeling sehr nahe – bei zugleich moderner Ausstattung und kräftigeren Bässen. Außerdem existieren VS-Verwandte/Ideengeber im Umkreis von Yamaha SY22/SY35 und Korg Wavestation/ Korg Wavestate (ohne Analogfilter, dafür mit Wavesequencing).

Sequential Prophet VS: Gebrauchtkauf & Ressourcen

Bei einem Vintage-VS lohnt der Blick auf Gehäusezustand, Joystick-Funktion, Tastatur/Aftertouch, Display-Beleuchtung, OS-Version und Cartridge-Slot. VS-Wellenformen kursieren online als SysEx-Pakete; Manuals, Schaltpläne und Ersatzteile sind in der Vintage-Community gut dokumentiert.

Fazit: Sequential Prophet VS

Der Sequential Circuits Prophet VS ist ein Meilenstein der hybriden Klangsynthese. Seine Vektorsynthese mit Joystick, die schnellen Hüllkurven und das Curtis-Filter liefern eine Klangästhetik, die bis heute einzigartig bleibt: breit, lebendig, obertonreich – und im Mix erstaunlich präsent. Wer bewegte Pads und cineastische Texturen liebt, findet hier einen echten Klassiker. Für kompromisslose Analog-Bässe gibt es bessere Adressen; für morphende Digital-Welten ist der VS jedoch erste Wahl.

Empfehlung der Redaktion: Moderne Alternative zum Sequential Prophet VS


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