Der Octave Cat ist ein analoger monophoner Synthesizer aus dem Jahr 1976, der trotz beeindruckender Klangeigenschaften lange ein Geheimtipp geblieben ist. Während Synth-Ikonen wie der ARP Odyssey weltweite Bekanntheit erlangten, fristete der Cat eher ein Nischendasein – zu Unrecht.
Herkunft und Hintergrund
Die Firma Octave Electronics wurde 1975 vom US-amerikanischen Ingenieur Carmine Bonanno gegründet. Bereits das erste Produkt, der Cat Synthesizer, sorgte in Fachkreisen für Gesprächsstoff. Bedienpanel, Tastaturschaltung und Hüllkurvendesign erinnerten stark an den ARP Odyssey, der bereits 1972 auf den Markt gekommen war. Preislich lag der Cat mit etwa 400 US-Dollar jedoch deutlich unter dem rund 1.000 Dollar teuren ARP – ohne bei Klang oder Funktionalität Kompromisse einzugehen. Genau das verärgerte ARP, die Octave vorwarfen, Schaltungen aus den eigenen Serviceunterlagen übernommen zu haben. Zwar prüfte man juristische Schritte, ein Verfahren mit Verurteilung konnte ARP jedoch nie durchsetzen. Die oft kolportierte Geschichte, dass ARP Octave mit einem Prozess in die Insolvenz trieb, ist nachweislich falsch.
Klangliche Klasse – kein reiner Clone
Trotz aller Ähnlichkeiten ist der Octave Cat keine bloße Kopie. Im Gegenteil: Er besitzt einen eigenständigen Klangcharakter. Während der Odyssey etwas hohler und eleganter klingt, präsentiert sich der Cat mit einem wärmeren, brummigeren und roheren Klang. Dieser erinnert in manchen Facetten sogar an den legendären Minimoog. Der Cat erzeugt mühelos kraftvolle Leads und druckvolle Bässe, kann aber ebenso mit Noise, Oszillatorsynchronisation und Crossmodulation experimentelle, ungewöhnliche Klänge erzeugen. Die Pitch-Hüllkurve ermöglicht sogar elektronische Drumsounds im Stil früher Simmons-Kits.
Aufbau und Spielgefühl
Die beiden spannungsgesteuerten Oszillatoren (VCOs) des Octave Cat bieten eine solide Auswahl an Wellenformen. VCO 1 erzeugt Sägezahn, Dreieck und eine modulierbare Pulswelle, während VCO 2 mit Sägezahn und Rechteck arbeitet. Beide verfügen über je einen Suboszillator, was vor allem im Bassbereich für Druck sorgt. Die Oszillatoren lassen sich synchronisieren, fein und grob stimmen und – im Gegensatz zum Odyssey – auch gegenseitig modulieren. Der Synthesizer bietet eine Portamento-Funktion und einen Noisegenerator mit White Noise, der sich ebenfalls als Modulationsquelle nutzen lässt. Eine rudimentäre Duofonie ist möglich, bei der man über das Tastaturspiel das Intervall der beiden VCOs steuert.

Das 24 dB-Tiefpassfilter kann mit Resonanz zur Eigenschwingung gebracht werden und erlaubt eine Modulation der Eckfrequenz über VCO 1. Die Hüllkurvenstruktur lehnt sich an den Odyssey an: Eine schnelle ADSR-Hüllkurve und eine zweistufige AR-Hüllkurve steuern Lautstärke, Filter und Tonhöhe der Oszillatoren. Zusätzlich gibt es einen Gate-Modus mit Orgelverhalten. Zur Modulation stehen ein LFO mit Sinuswellenform sowie ein Sample-&-Hold-Generator zur Verfügung, die sich sowohl auf Filter als auch auf Oszillatoren routen lassen.
Die Tastatur umfasst drei Oktaven und ist zwar nicht anschlagdynamisch, aber angenehm spielbar. Eine Besonderheit ist der Pitchfader auf der linken Seite, der über eine sogenannte „Dead Zone“ in der Mitte verfügt – so findet man leichter zur Ausgangshöhe zurück. Spielhilfen wie Modulationsräder sucht man allerdings vergeblich.
Anschlüsse und Rückseite
Auf der Rückseite bietet der Octave Cat verschiedene Anschlussmöglichkeiten. Neben High- und Low-Level-Audioausgängen gibt es einen Eingang für externe Audiosignale, einen Portamento-Fußschalteranschluss und eine Buchse zur Steuerung der Filtereckfrequenz mit einem Pedal. Das CV/Gate-Interface ist in Form von zwei Stereo-Klinkenbuchsen ausgeführt. Um es zu nutzen, benötigt man spezielle Y-Kabel. Da der Gate-Trigger mit ungewöhnlichen 7,5 Volt arbeitet, kann es mit externen Geräten zu Kompatibilitätsproblemen kommen. Für die allerersten Modelle ohne CV/Gate-Anschlüsse bietet Kenton passende Nachrüstsätze an.

Modellvarianten und Weiterentwicklung
Der Octave Cat erlebte über die Jahre mehrere Überarbeitungen. Das erste Modell aus 1976 wurde noch vollständig mit diskreten Bauteilen gefertigt und belohnt mit einem besonders breiten, rauen Sound. 1977 erschien die überarbeitete SRM-Version Revision A, deren neue Filtersektion auf dem SSM2040-Chip basiert – ein Chip, den man auch im frühen Sequential Circuits Prophet 5 findet. Zudem wurde ein schnellerer LFO mit Delay sowie eine „2-Note-Memory“-Funktion integriert, die verhindert, dass beide Oszillatoren im Poly-Modus gestapelt werden, wenn nur eine Taste gedrückt wird.
Spätere Modelle wie die SRM Revision B ersetzten den Filterchip durch den SSM2044. Im selben Jahr brachte Octave den Kitten auf den Markt – eine abgespeckte Version mit nur einem VCO, aber zwei Suboszillatoren. Der Kitten eignet sich besonders gut für Basssounds.
1978 folgte der Cat SRM II, der auf einen stimmstabileren Oszillatorchip setzte. Neu war auch, dass die beiden VCOs nun separat per CV angesteuert werden konnten. Dazwischen existieren einige Übergangsmodelle, die unterschiedliche Ausstattungsmerkmale kombinieren.
Zubehör und Erweiterungen
Für den Cat wurde erstaunlich viel Zubehör angeboten. Besonders bekannt ist der „Catstick“, ein Controller mit Joystick, vier spannungsgesteuerten VCAs und zwei LFOs. Er ist heute sehr selten und entsprechend teuer. Ab der SRM-Version lieferte Octave auch Nachrüstsätze, mit denen man den Synth etwa um einen Ringmodulator erweitern konnte.
Prominente Nutzer und Nachwirkungen
Obwohl der große Durchbruch ausblieb, wurde der Octave Cat von vielen Künstlern geschätzt. Dazu gehören unter anderem Devo, OMD, Rod Argent, Dave Greenslade, Loaded, das Produzenten-Duo Dust Brothers sowie die Chemical Brothers.
1980 fusionierte Octave mit der Firma Plateau aus New York, was zur Gründung von Octave Plateau führte. Die Entwicklung des polyphonen Voyetra Eight war das Resultat – ein achtstimmiger Analogsynthesizer mit Aftertouch, Velocity, Sequencer, Arpeggiator und MIDI. Trotz der fortschrittlichen Ausstattung konnte sich das Gerät nicht durchsetzen. Das lag neben dem hohen Preis auch an der komplexen Bedienung und der zunehmenden Dominanz digitaler Synthesizer wie dem Yamaha DX7. Ab 1986 konzentrierte sich die Firma – nun unter dem Namen Voyetra – auf die Entwicklung von MIDI-Software. In den 1990er Jahren folgte der Zusammenschluss mit Turtle Beach.
Fazit: Octave Cat – Ein echter Geheimtipp
Der Octave Cat ist ein charismatischer, klanglich vielseitiger und technisch interessanter Analog-Synthesizer, der heute zurecht Kultstatus genießt. Wer nach einem eigenständigen Klang sucht, der zwischen ARP Odyssey und Minimoog balanciert, wird hier fündig. Er mag auf den ersten Blick unscheinbar wirken, doch unter der Haube schlummert ein mächtiger Sound – analog, lebendig und absolut eigenständig. Ein echter Geheimtipp für Soundtüftler, Vintage-Liebhaber und alle, die den warmen Charakter klassischer Synthesizer zu schätzen wissen.
Empfehlung der Redaktion: Behringer Cat Synthesizer
Wer den einzigartigen Sound des Octave Cat erleben möchte, ohne tief in die Vintage-Kiste zu greifen, findet im Behringer Cat eine hervorragende Alternative. Der Clone bleibt dem Original klanglich erstaunlich treu, bietet aber moderne Features wie MIDI, USB und ein zuverlässigeres Tuning. Für Liebhaber klassischer Analog-Sounds, die einen griffigen, warmen und bissigen Synth suchen, ist der Behringer Cat eine klare Kaufempfehlung – besonders angesichts des attraktiven Preises. Ideal für Studio und Bühne!
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