Mitte der Achtziger wollte Dynacord den Drummern eine neue Freiheit geben: Mit dem digitalen, quasi unerschöpflichen Drumsound-Vorrat des Percuter-Drumbrains und einem außergewöhnlichen, gitarrenähnlichen Controller – dem Rhythm Stick – sollten Schlagzeuger wie Gitarristen an der Bühnenfront performen und endlich mehr Aufmerksamkeit vom Publikum erhalten.
Dynacord – Vom Verstärker zum Drumcomputer
Die 1946 vom Ingenieur Walter Pinternagel gegründete Firma machte sich zunächst mit hochwertigen Röhren- und Transistorverstärkern einen Namen. In den 1950ern kam das legendäre Echocord-Bandecho auf den Markt, später folgten eigene Gitarren und Bässe. 1968 fusionierte Dynacord mit Echolette. Bis heute sitzt das Unternehmen in Straubing, mittlerweile als Teil der Bosch-Gruppe.
Hans-Peter Baumann – Der Kopf hinter dem Percuter
Der Percuter stammt aus der Ideenschmiede von Hans-Peter Baumann, der mit seiner Boutique-Firma BME bereits in den 1970ern kultige Analog-Synthesizer wie den BE 700 entwickelte. 1983 brachte er mit der Rattlesnake eine analoge Rhythmusmaschine heraus und konzipierte ein innovatives Modul mit mehreren triggerbaren Sound-Kanälen, das digitale Samples abfeuern konnte. Dynacord kaufte das Konzept und brachte es 1984 als Percuter auf den Markt – mitten im Digital-Boom der 80er. Der Preis lag bei 1.600 DM, was für digitale Klangerzeuger dieser Zeit günstig war. Dank der acht Trigger-Eingänge wurde der Percuter auch in Studios populär, die akustische Drums im Mix durch digitale Sounds ersetzen wollten. Insgesamt wurden 1.950 Stück verkauft.
Aufbau und Funktionen des Percuter
Das Drumbrain sitzt in einem extrem robusten, hellbeigen Stahlblechgehäuse mit Holzseitenteilen. Die Bedienung ist klar strukturiert: Jeder der acht Kanäle hat eine Trigger-Empfindlichkeitsregelung und einen Lautstärkeregler. Die Sounds stecken auf austauschbaren EPROM-Cartridges, der Pitch lässt sich beim ersten Modell nur global regeln. Der Percuter S – die verbesserte Version – bietet individuelle Pitch-Regler pro Kanal und damit deutlich mehr Flexibilität. Neben den Trigger-Eingängen gibt es eine Sub-D-Multi-Triggerbuchse für den Rhythm Stick sowie die Möglichkeit, Audio- oder Gate-Signale als Trigger zu nutzen.
Der Rhythm Stick – Geniale Idee oder Bühnenfalle?
Der Dynacord Rhythm Stick sollte den Drummer nach vorne holen. Er ist ein innovativer Pad-Controller in Gitarrenform: Mit der rechten Hand werden die Samples wie bei einem Slap-Bass über zwei Pads gespielt, mit der linken Hand wählt man die acht Sounds über Folientaster. Optisch spektakulär, technisch exotisch – und extrem schwer zu meistern. Nur wenige Drummer wie Manu Katché oder Curt Cress setzten ihn live überzeugend ein. Entwickelt wurde er vom englischen Gitarristen Pete Jones und später an Dynacord verkauft. Heute ist er eine Rarität auf dem Gebrauchtmarkt.
Der Sound – 8-Bit-Power mit Charakter
Der Percuter liefert einen knackigen 8-Bit-Sound, rau, aber warm, und damit typisch für die Mitte der Achtziger. Die Standard-Library umfasste Sounds wie Natural Bass, Natural Snare, mehrere Toms, Timbales und Handclaps. Realismus war nicht das Ziel – stattdessen setzten die Samples auf Durchsetzungsfähigkeit im Mix. Mit dem Dynacord Boomer konnte man sogar eigene Samples auf Cartridges brennen, allerdings nur mit maximal 1,3 Sekunden Länge bei 12–25 kHz.
Fünfeckige Pads statt Simmons-Style
Zusätzlich bot Dynacord ein eigenes Drumkit mit fünfeckigen Pads an – eine bewusste Abgrenzung zu den sechseckigen Simmons-Pads.
Mehr Möglichkeiten mit dem Big Brain-Sequencer
Richtig lebendig wurde der Percuter erst mit einem Sequencer. Dynacords eigener Big Brain bot 16 Spuren, Step- und Realtime-Programmierung sowie Velocity-Verarbeitung.
Fazit: Der Dynacord Percuter ist heute ein faszinierendes Stück Vintage-Drumtechnik. Robust gebaut, flexibel erweiterbar und mit eigenständigem Sound ist er nicht nur ein Sammlerstück, sondern auch im Studio noch einsetzbar. Wer einen kauft, sollte unbedingt die S-Version suchen – und vielleicht einen Rhythm Stick, wenn man mutig genug ist.
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