Mit dem Kurzweil K2088 V.A.S.T. Synthesizer bringt der Hersteller endlich einen modernen Nachfolger des berühmten K2000 auf den Markt. Er verfügt über mehrere Syntheseformen, eine 2 GB große Factory-Library mit akustischen und elektrischen Instrumenten, einen ebenso großen Sample-Speicher, üppige Polyphonie, Effekte in Studioqualität und den beliebten Ribbon-Controller. Damit besitzt auch der jüngste Spross der Keyboard-Familie, die bis zum legendären K250 zurückreicht, alle Elemente, die Musiker an den zuverlässigen Keyboards seit Jahrzehnten zu schätzen wissen.
Das Äußere des Kurzweil K2088
Äußerlich lässt sich das geschmackvolle, angenehm sachliche Design des K2088 klar in der Kurzweil Tradition verorten. Das Keyboard ähnelt dem K2700, misst 139 x 393 x 1295 mm und wiegt beachtliche 22,4 kg. Auf die (nicht besonders gut spielbaren) Drumpads des K2700 hat man hier verzichtet. Der K2088 punktet mit einer hervorragenden, gewichteten Tastatur von Fatar (TP/40L) mit 88 Tasten, Hammermechanik und Aftertouch, die sich angenehm spielen lässt und 16fach gesplittet werden kann. Kurzweil typisch sind die neun zuweisbaren Fader und die neun Potis, mit denen man komfortabel ins Klanggeschehen eingreifen und etwa Filtereinstellungen oder Effekte kontrollieren kann.
Optische Kontrolle liefert ein 480 x 272 Pixel hochauflösendes Farb-LCD mit sechs zugeordneten Tastern. Manch einer hätte sich vielleicht einen Touchscreen gewünscht, allerdings sollte man bedenken, dass ein solcher bei verschwitzten Fingern (etwa auf der Bühne) auch mal unzuverlässig sein kann. Rechts vom Display liegt der zentrale große Encoder zur Werteeingabe und ein Zahlenblock, der auch – kategorienspezifisch – zur schnellen Sound-Auswahl dient. Mit einem weiteren kleineren Encoder kann man das Tempo in der Arpeggiator-Sektion bestimmen.

Rip it up – der Ribbon-Controller
Was natürlich bei einem Kurzweil Synth natürlich nicht fehlen darf, ist der großzügige Ribbon Controller, der in drei Zonen geteilt werden kann. Mit ihm kann man gefühlvoll und nuanciert Filterfahrten und diverse Modulationen performen; ich würde mir wünschen, dass mehr Synthesizer-Hersteller ihre Geräte damit ausstatten. Die klassischen Spielhilfen, Mod- und Pitch-Rad sind über der Tastatur angeordnet; das ist für manche Keyboarder ein Minuspunkt, aber bei der Größe des Chassis, ziehe ich diese Anordnung einer Positionierung links vom Keyboard (die den Boliden noch größer und schwerer machen würde) vor. Lediglich die Gummierung der Handräder erzeugen gemischte Gefühle und die Hoffnung, dass diese nicht mit der Zeit klebrig werden (siehe die Potikappen diverser älterer Arturia-Synths!).
Die Rückseite des Kurzweil K20288
Rückseitig ist der Synth mit vier (2 Paare) symmetrischen 1/4-Zoll-Ausgängen, zwei Audio-Eingängen, einem Kopfhöreranschluss und einer MIDI-In und Out-Buchse ausgestattet. Dass man bei einem solchen Oberklasse-Synth bei der MIDI-Thru-Buchse spart, zeugt von Geiz am falschen Platz. Außer einem USB-Anschluss für die Kommunikation mit dem Computer gibt es noch eine Buchse für ein USB-Flash-Laufwerk, mit dem man unkompliziert eigene Tracks und Samples abfeuern kann. Abgerundet wird das Ganze durch jeweils zwei Fußschalter- und Pedalanschlüsse.

V.A.S.T. – echte Synthese-Welten
Die V.A.S.T.-Engine (Variable Architecture Synthesis Technology) wurde erstmals in den neunziger Jahren im K2000 implementiert und bildet das Herz des K2088. Die neueste V.A.S.T.-Version bietet eine 256-fache Polyphonie und ein Soundprogramm kann aus bis zu 32 Layern bestehen, wobei die Syntheseform pro Layer frei wählbar ist. Mehrere Programme lassen sich auch in Multis organisieren. Die V.A.S.T.-Synthese hat zu Recht den Ruf, besonders flexibel zu sein.
Der Grund dafür liegt vor allem in der Bereitstellung mehrerer unterschiedlicher Synthesetypen. Einerseits gibt es die samplebasierte PCM-Engine, die auf 2 GB nichtflüchtigen Flash-Speicher zurückgreifen kann. Mit diversen Multimode-Filtern, drei komplexen Hüllkurven (pro Layer) und vielen Modulationsmöglichkeiten lassen sich die Sounds hier formen. Unter anderem ist es möglich, mathematische Funktionen zu definieren, mit denen sich Modulationssignale von mehreren Steuerquellen flexibel kombinieren und modifizieren lassen. Eigene Samples können mit einer Wortbreite von 8 oder 16 Bit und einer Samplerate von bis zu 96 kHz importiert werden. Diese sollte man jedoch extern am Computer editieren, da dies am Gerät selbst kaum möglich ist.

Eine weitere Syntheseform ist die virtuell-analoge Klangerzeugung. Hier kann die samplebasierte Klangerzeugung durch DSP-generierte Wellenformen Ihrer Wahl ersetzt werden. Einige dieser Wellenformen bieten sowohl aliasungsfreie, aber CPU-hungrige, als auch weniger leistungsintensive Alternativen mit Aliasing. Dabei kommt die gleiche VAST-Synthese-Architektur wie zuvor zum Einsatz, allerdings stehen unter anderem zusätzliche Modulationsoptionen und eine verbesserte Portamento-Funktion zur Verfügung. Die DSP-Oszillatoren sind in vielen Wellenformen verfügbar und bieten unter anderem Pulsweitenmodulation, Oszillator-Sync, Waveshaping und FM.
„FM-Motor mit 6 Bedienern“
An Bord ist außerdem eine FM-Engine mit sechs Operatoren, wobei viele unterschiedliche Wellenformen als Operatoren genutzt werden können. Auf der Kurzweil-Website heißt es übrigens „FM-Motor mit 6 Bedienern“ – ein klassischer, fast schon lyrischer KI-Glitch. So geht’s, wenn man zu viel Personal im Marketing einspart. Erfreulicherweise kann die FM-Klangerzeugung Yamaha DX 7-Sounds importieren, sodass man Zugriff auf eine der größten Synth-Preset-Bibliotheken überhaupt hat.
Für Orgel-Sounds kommt die KB3-Engine zum Einsatz, die die klassische additive Synthese emuliert. Die neun Fader und die dazugehörigen Knöpfe lassen sich dabei gut als Zugriegel, Chorus-/Vibrato-, Percussion- und Key-Click-Regler nutzen. Standardmäßig wird die Geschwindigkeit des Leslie-Rotationslautsprechers über den Variation-Knopf gesteuert, der sich hinter dem Master-Lautstärkeregler befindet. Die Tastatur ist nicht wirklich für das Orgelspiel geeignet, aber für einen echten Allrounder wie den Kurzweil K2088 ist es Ehrensache, eine Reihe überzeugender Orgel-Sounds bereitzustellen.

Effekte, Arpeggiator und Sequenzer
Die Klangerzeugung wird durch die qualitativ hochwertigen Effekte des K2088 abgerundet. Hier findet sich alles, was man standardmäßig benötigt. Die Insert- und Aux-Effekte sind als Chains konzipiert, wobei eine Effektkette bis zu 16 Effekte enthalten kann. Viele FX-Parameter lassen sich mit den Bedienelementen des Synthesizers in Echtzeit steuern.
Um den Status einer Workstation zu erreichen, darf natürlich auch eine Abteilung mit Sequenzer und Arpeggiator nicht fehlen. Es gibt mehrere Sequenzer-Modi: einen polyphonen Sequenzer, einen Modulations-Sequenzer, Riff-(Pattern)-Generatoren und programmierbare Arpeggiatoren. Jeder Typ steht 16 Mal zur Verfügung (Riffs und Arpeggiatoren nur in Multis) und kann pro Programm oder pro Zone eingesetzt werden.
Der Sound des Kurzweil K2088
Klanglich gibt es beim Kurzweil K2088 nichts zu meckern, das Teil ist eine digitale Allzweckwaffe mit einer hervorragenden Sound-Library. Man kann sowohl David Foster (softe, breite DX-E-Pianos und Pads), John Lord (Orgel), Hans Zimmer (Strings) als auch Trent Reznor (diverse heftige Drum und FX- und Synth-Sounds) sein.

Die akustischen Pianos überzeugen weitestgehend. Bei dem einen oder anderen Sound muss man eventuell noch Hand anlegen, um den eigenen Geschmack genauer zu treffen. Die E-Pianos, akustischen Strings und Synth-Pads klingen toll. Die Synths, bei weitem die größte Kategorie, können zwar ihre digitale Herkunft nicht verleugnen, sind aber meist gut einsetzbar.
Der Grundsound ist rund, warm und amerikanisch, und die Klänge lassen sich in der Praxis meist sehr gut einsetzen. Die Preset-Bibliothek ist sehr groß und bewegt sich auf einem hohen Qualitätsniveau. Hier zahlt sich aus, dass Kurzweil seine Synthesizer stets abwärtskompatibel konzipiert hat. Auch Programmfiles und Samples älterer Modelle lassen sich laden, wenn auch manchmal Abstriche wegen neuerer Funktionen gemacht werden müssen.
Bedienung: Furchtlose Soundtüftler gesucht
Der Synth bietet dem Live-Performer viel. Die 2042 On-Board-Presets lassen sich schnell anwählen und es gibt einen Sound-Variation-Button für eine alternative Klangversion. Die neun Fader erlauben den Zugriff auf Parameter in Echtzeit und der interne Sequenzer/Arpeggiator kann über die Transport-Taster einfach bedient werden. Die Lern- und Gewöhnungskurve beim Programmieren ist dagegen teilweise recht steil. Hier würde ich mir ein OS-Update mit einer Easy Page und Makros für mehr Freude beim Programmieren wünschen.

Ältere Semester, die in den Achtzigern ihre ersten Erfahrungen mit Synthesizern gemacht und ihr Lehrgeld an Geräten wie dem Yamaha DX7 gezahlt haben, werden in Indiana-Jones-Manier furchtlos in das Parametergrab des K2088 eintauchen. Jüngere Generationen können ihre Nachkommen dagegen mit Erzählungen von mutigen Programmiersessions am Kurzweil-Synthesizer anöden: „Hier, hömma, hömma, den Sound habe ich from Scratch mit eigenen Samples ohne KI erstellt…“
Es gibt einen Kaskaden-Modus, mit dem man bestimmte Parameter aller Layer eines Sounds gleichzeitig editieren kann. Aber trotzdem sind andere Hersteller in Sachen Bedienkomfort deutlich besser aufgestellt. Auch die Integration und das Handling eigener Samples könnte einfacher sein. Es sollte etwa die grafische Editierung von Samples verbessert bzw. ermöglicht werden.
Hier sollte man vielleicht die Entwickler nochmal heranlassen, um eine bequeme KI-gestützte V.A.S.T.-Programmierung an den Start zu bringen. Aber Soundtüftler sind in der Regel ja sowieso mit eisernen Nerven ausgestattet. Die Ausbeute ist trotz unkomfortablem Editing äußerst lohnend. Gut gelöst ist aber die Preset-Anwahl. Man kann eigene Gruppen erstellen, die Sounds mit einem Demo vorhören und Notizen zu jedem Klang ablegen.

Der Kurzweil K2088 wird wohl am ehesten einen zentralen Platz im Studio einnehmen und als Masterkeyboard und flexibler Lieferant einer qualitativ hochwertigen und umfangreichen Sound-Palette fungieren. Wer das Schwergewicht (er bringt wegen der Hammermechanik und dem robusten Metallgehäuse 22,4 kg auf die Waage) mit auf Tour nehmen will, braucht entweder mindestens zwei Roadies oder Bandmitglieder, die ihren Keyboarder wirklich liebhaben und zudem regelmäßige Fitnessübungen betreiben Kurzweil sollte dem Synth vielleicht Bons für die Muckibude beilegen. Die Soundprogrammierung am Synthesizer ist nicht sehr komfortabel, aber ein externes Editierprogramm ist angekündigt und die Klangausbeute ist großartig. Keyboarder, die einen Alleskönner mit sehr guter Tastatur mit Hammermechanik suchen, sollten sich den K2088 definitiv mal anschauen. Wenn man die Sounds mag, aber das Gewicht scheut, könnte sich mit der kleineren Version, dem K2061 (halbgewichtete Tastatur mit 61 Tasten, 13 kg) anfreunden. Pro hochwertige Sounds mehrere Syntheseformen viele Presets kompatibel zum DX 7 gut als MIDI-Controller einsetzbar
Contra hohe Lernkurve beim Soundprogrammieren keine komfortablen Editier-Macros keine grafischen Edit-Funktionen für Samples kein MIDI-Thru Link zur Herstellerseite: Kurzweil
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Fazit
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