„Black Celebration“ gehört zu den interessantesten, aber auch düstersten Alben von Depeche Mode. Das 1986 erschienene Werk wurde in den seit den späten 70ern durch David Bowie zum Kult gewordenen Hansa Studios in Berlin aufgenommen. Bei der Produktion kam unter anderem ein Korg-Synthesizer mit hybrider Klangerzeugung zum Einsatz: der Korg DW-8000.
Der Korg DW-8000 kam 1985 auf den Markt, kostete damals 3.500 DM und kombiniert digitale Oszillatoren mit analogen, subtraktiven Synthesebausteinen. Als Extras hat Korg dem Instrument einen Arpeggiator und ein Digital-Delay spendiert. Depeche Mode nutzten den DW-8000 nicht nur für „Black Celebration“, sondern auch auf der „Black Celebration“-Tour 1986 sowie bei den Aufnahmen zu „Music For The Masses“.
Auch andere Synth-Legenden schätzten den DW-8000, etwa Keith Emerson und Joe Zawinul, der ihn bei seinem bemerkenswerten Soloauftritt beim Berliner Jazzfest 1985 einsetzte – neben SCI Prophet 5, Rhodes Chroma, Oberheim Xpander und, etwas skurril, der Korg-Drumbox DDM-110. Darüber hinaus findet man den DW-8000 im Setup von Bands wie Yes, Dream Theater und Nine Inch Nails.
Korg brachte außerdem eine (relativ seltene) Expanderversion heraus, den EX-8000 im 19-Zoll-Gehäuse mit zwei Höheneinheiten. Diese Version muss allerdings ohne Arpeggiator auskommen. Der Vorgänger DW-6000 bietet weniger Wellenformen und eine um zwei Stimmen reduzierte Polyphonie – ein weiterer Pluspunkt für den DW-8000.
Äußeres & Bedienkonzept des Korg DW-8000
Optisch folgt der DW-8000 ganz der Mid-80er-Maxime: „Digital ist besser – Regler brauchen wir nicht mehr.“ Entsprechend zurückhaltend ist die Ausstattung mit Bedienelementen:
- Fader für Lautstärke
- Fader für Gesamtstimmung (Tuning)
- Fader für die Arpeggiator-Geschwindigkeit
- Data-Fader zur Parameteranwahl

Die Platzierung des Tuning-Faders auf der Paneloberseite kann auf der Bühne heikel sein: Ein allzu engagierter Körpereinsatz kann den Fader ungewollt verstellen – und den Keyboarder schlagartig ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken.
Analoge Nachbearbeitung: VCF & VCA
Aus heutiger Sicht besonders erfreulich: VCF und VCA sind trotz digitaler Oszillatoren analog aufgebaut. Das sorgt für den fetten, lebendigen Klangcharakter, den man dem DW-8000 auf den ersten Blick gar nicht zutraut. Das 24 dB Lowpass-Resonanzfilter greift kraftvoll ins Klanggeschehen ein, und die beiden Hüllkurven für Filter und Lautstärke arbeiten schnell genug, um knackige, perkussive Sounds zu erzeugen – insbesondere in Kombination mit dem Noise-Generator, mit dem sich solche Klänge im Handumdrehen erstellen lassen.
Die Hüllkurven besitzen eine ADBSSR-Charakteristik: Nach der Decay-Phase lassen sich ein Breakpoint sowie die Slope-Time einstellen, also die Zeit bis zum Beginn der Sustain-Phase, die dann in die Release-Phase übergeht. Eine weitere Besonderheit ist die Pitch-Hüllkurve, mit der sich wunderbar Eno-artige Pads und organisch modulierte Flächen programmieren lassen. Der LFO bietet vier Wellenformen und kann wahlweise auf Filter und Pitch geroutet werden.

Digitales Stereo-Delay: das DW-8000-Geheimrezept
Das interne Stereo-Delay war 1985 eine kleine Sensation und trug maßgeblich zum Erfolg des Korg DW-8000 bei. Er war der erste Seriensynthesizer mit On-Board-Digital-Delay. Das Delay klingt angenehm warm und charaktervoll und verfügt über einen Modulationsparameter, sodass es sich auch als Chorus-Effekt einsetzen lässt.
Bei sehr breiten, stark modulierten Sounds sollte man jedoch auf die Mono-Kompatibilität achten, da der Stereo-Effekt über Phasendrehungen erzeugt wird. In Mono-Wiedergabe kann es dadurch zu Phasenauslöschungen kommen.
Arpeggiator: einfach, aber inspirierend
Der Arpeggiator des DW-8000 ist relativ simpel aufgebaut, steigert den Spaßfaktor aber deutlich. Er bietet Up/Down-Modi, einen einstellbaren Oktavumfang und lässt sich zudem zur eingehenden MIDI-Clock synchronisieren. Besonders in Verbindung mit dem internen Delay entstehen so schnell inspirierende Sequenzen und rhythmische Flächen, die perfekt in das 80er-Jahre-Setup passen.
Korg DW-8000 Sound: von Pads bis Leads
Klanglich ist der Korg DW-8000 erstaunlich flexibel und deckt ein breites Spektrum ab: Er eignet sich hervorragend für majestätische Klanglandschaften mit massiven Pads und sahnigen Strings, beherrscht aber ebenso durchsetzungsfähige, ausdrucksstarke Leads, die im Unisono-Modus besonders eindrucksvoll wirken. Im Bassbereich hat der Synth ebenfalls einiges zu bieten und liefert druckvolle, kräftige Sounds mit deutlichem Vintage-Charakter. Dank der digitalen Oszillatoren sind zudem schimmernde Digitalsounds möglich.

Im Vergleich zu anderen Digitalsynthesizern der 80er – etwa Roland D-50 oder Korg M1 – klingt der DW-8000 deutlich eigenständiger. Verantwortlich dafür ist vor allem das analoge Filter, das dem Instrument ein warmes, rundes Soundbild verleiht. Neben Flächen, Bässen und Leads lassen sich auch elegante (Synth-)E-Pianos sowie vibraphon- und marimbaartige Klänge programmieren. Für wirklich überzeugende, realistische Natursounds sind die Wellenformen allerdings zu kurz. Das ist jedoch in der Praxis kaum ein Nachteil, da entsprechende Sounds heute in jedem Standard-ROMpler zu finden sind – der DW-8000 punktet vielmehr als charakterstarker Vintage-Synthesizer.
Keyboard & Joystick
Der Korg DW-8000 verfügt über eine anschlagsdynamische, fünfoktavige Tastatur, die zwar leicht klappert, sich insgesamt aber gut spielen lässt und sogar Aftertouch bietet – ein starkes Feature für einen Synth dieser Zeit. Der korgtypische Joystick zur Modulation von Pitch, Lautstärke und Filtereckfrequenz ist selbstverständlich mit an Bord und ermöglicht expressive Spielweisen.
Bei einigen gebrauchten Geräten, die lange nicht benutzt wurden, kann es zu Mehrfachtriggern der Tastatur kommen. Dieses Problem lässt sich in der Regel durch eine sorgfältige Reinigung der Kontakte beheben. Ähnliche Prellprobleme können auch bei den Edit-Tasten der Keyboardversion auftreten und lassen sich meist ebenfalls mit etwas Wartungsaufwand lösen.
Anschlüsse des Korg DW-8000
Auf der Rückseite des DW-8000 findet man:
- Stereoausgang mit schaltbarer Pegelanpassung
- Kopfhörerbuchse
- MIDI-Trio (In, Out, Thru)
- Anschluss für ein Fußpedal
- Fußschalter-Buchsen für Portamento und Patch-Wechsel
- Tape-Interface zur Soundspeicherung

Wave-Files mit Soundbänken lassen sich auf diversen Webseiten herunterladen. Eine Speicherung via SysEx-Dump ist selbstverständlich ebenfalls möglich.
Display & Bedienlogik
Das Display des Korg DW-8000 ist mit drei zweistelligen Sieben-Segment-Anzeigen recht spartanisch ausgeführt. Trotzdem geht die Bedienung nach kurzer Eingewöhnung gut von der Hand, da alle Parameter auf der Bedienoberfläche aufgedruckt sind. Realtime-Sounddesign findet eher in kleinen Dosen statt, denn der DW-8000 ist kein klassischer „Knob-Synth“. Immerhin lässt sich ein Parameter in Echtzeit verändern, im Patch abspeichern und so sehr direkt ansteuern. Wer bereit ist, sich etwas einzuarbeiten, wird mit einer logischen, für die 80er erstaunlich zugänglichen Bedienstruktur belohnt.
Digitale Wellenformen & DWGS-Synthese
Korgs Bezeichnung für die Klangerzeugung des DW-8000 lautet ehrfurchtgebietend:
„Digital Waveform Generator System (DWGS)“.
Jede der acht Stimmen basiert auf zwei digitalen Oszillatoren, die mit sehr kurzen Samples und klassischen Grundwellenformen arbeiten. Neben Standardformen wie Sinus, Puls, Sägezahn und Dreieck stehen auch zyklische Minisamples zur Verfügung, die auf Klängen von Gitarre, E-Bass, Glocken, Clavinet, E-Piano, Orgel, Saxophon und weiteren Instrumenten basieren.
Die 16 Wellenformen stecken in einem 256 kB ROM und wurden teilweise mit Hilfe additiver Synthese resynthetisiert. Dank der Tatsache, dass pro Oktave ein Multisample genutzt wird, treten Aliasing-Probleme nur in sehr geringem Maße auf. Ein interessanter Nebenaspekt: Die Wellenformen des DW-8000 wurden später auch im MicroKorg verwendet und leben dort in modernisierten Setups weiter.
Erweiterungen & Mods für den DW-8000
Wer mit den 64 internen Speicherplätzen nicht auskam, konnte die MEX-8000-Erweiterung erwerben. Sie befindet sich in einem externen Case und stellt 4 × 64 zusätzliche Speicherplätze zur Verfügung, ist heute jedoch sehr schwer zu finden.
Sehr empfehlenswert ist die Musitronics-Erweiterung, die den DW-8000 mit einem neuen Betriebssystem ausstattet (Preis ca. 75 Euro). Zu den Features gehören u. a.:
- Splitting und Übereinanderlegen zweier Sounds
- Local-Off-Funktion
- Key-Transpose, Random-LFO-Wellenform, Compare-Funktion
- zwei MIDI-Sende- und Empfangskanäle
Damit wird der Korg DW-8000 deutlich flexibler und lässt sich komfortabler in moderne MIDI-Setups integrieren.
Empfehlung der Redaktion – Synthesizer mit Korg DWGS-Wellenformen:


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