Ringmodulation bei einem Synthesizer

Wie klingt Ringmodulation in einem Synthesizer

Was ist Ringmodulation? Der kompakte Guide für Musiker:innen & Synth-Nerds

Ringmodulation gehört zu den magischen Zutaten der elektronischen Klangküche, denn sie ist simpel erklärt und zugleich klanglich extrem vielfältig. Sie steckt zudem in vielen Synthesizern, Modulen und Plugins. In diesem Beitrag bekommst du daher einen klaren Überblick: seit wann es Ringmodulation gibt, wie sie funktioniert, welche Klänge entstehen und in welchen Instrumenten sie zu finden ist. Darüber hinaus gibt’s praktische Tipps fürs Sounddesign, damit du sofort loslegen kannst.

Kurzdefinition: Was macht ein Ringmodulator?

Ein Ringmodulator multipliziert zwei Audiosignale miteinander, wobei meist einer als Carrier (Träger) und der andere als Modulator dient. Aus dieser Multiplikation entstehen Seitenschwingungen (Sidebands), und zwar bei den Frequenzen f₁+f₂ und f₁−f₂. Im Idealfall tauchen die ursprünglichen Grundfrequenzen kaum mehr auf, sodass man von einem unterdrückten Träger spricht.
Wichtig: Wenn der Modulator eine sehr niedrige Frequenz hat, dann hörst du eine Tremolo-artige Lautstärkeschwankung; steigt hingegen die Modulatorfrequenz in den Audiobereich, dann verwandelt sich die Tremolo-Bewegung in den typischen metallischen, glockigen oder „außerirdischen“ Ring-Sound.

Seit wann gibt es Ringmodulation?

Die Idee, Signale zu multiplizieren, stammt ursprünglich aus der Nachrichtentechnik, denn dort suchte man nach Verfahren zur Trägerunterdrückung. Bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nutzten Ingenieur:innen sogenannte balancierte Modulatoren, um Träger zu unterdrücken und damit Übertragungen effizienter zu machen. In der Folge wurde das Verfahren in der Musikelektronik spätestens ab den 1950er/60er-Jahren populär, vor allem durch Pionierarbeiten von Harald Bode. Parallel dazu kursierten in den Moog-Modularsystemen früh Ringmodulator-Schaltungen, während auch die BBC Radiophonic Workshop Ringmodulation für markante Stimmen- und Effektklänge einsetzte. Seit den 70ern gehört der Effekt fest zur Synthesizer-Sprache – sowohl in der akademischen Elektronik als auch in Pop und Filmmusik.

So klingt Ringmodulation bei einem Synthesizer – typische Klangcharaktere

Ringmodulation hat viele Gesichter. Weil die Summe- und Differenzfrequenzen oft nicht harmonisch zum Originalton stehen, liefert der Effekt inharmonische Spektren. Dadurch klingt das Ergebnis:

  • Metallisch und glockig – ideal für Bells, Chimes, FM-ähnliche Texturen.

  • Kantig und „außerirdisch“ – perfekt für Sci-Fi-Voices, Drones, Alarm- und Maschinenklänge.

  • Körnig und sprechend – bei Sprache oder Gitarre entstehen robotische Färbungen.

  • Rhythmisch lebendig – wenn der Modulator im Subaudio-Bereich schwingt, ergibt sich eine musikalische Amplitudenbewegung.

Ein Bonus: Da ein Ringmodulator die Tonhöhe nicht „zieht“ wie klassisches Pitch-Shifting, bleibt das Spielgefühl direkt – nur das Spektrum wird neu zusammengesetzt.

Ring vs. AM vs. FM – die schnelle Abgrenzung

  • Amplitude Modulation (AM): Lautstärke wird von einem Modulator moduliert. Originalton bleibt hörbar, Sidebands kommen hinzu.

  • Ringmodulation: Spezielle Form der AM mit unterdrücktem Träger. Du hörst primär die Sidebands, der Originalton tritt in den Hintergrund.

  • Frequenzmodulation (FM): Die Tonhöhe/Frequenz wird moduliert, dadurch entstehen komplexe Seitenbänder mit anderer Verteilung und Dynamik.

Merke: Ringmod = AM ohne Träger. Klanglich fühlt es sich oft roher und „klingender“ an als klassische AM, zugleich weniger tonhöhenstabil als lineare FM.

Ringmodulation Synthesizer: Bedienelemente, die du kennen solltest

Je nach Gerät findest du andere Namen, aber im Kern sind diese Parameter entscheidend:

  • Modulator-Quelle/Frequenz: Oszillator, LFO, Rauschen, Audioausgang eines zweiten Synths.

  • Mix/Blend: Verhältnis zwischen trockenem und ringmoduliertem Signal.

  • Level/Depth: Stärke der Modulation.

  • Vor-/Nachfilter-Position: Ringmod vor dem Filter erzeugt viel Rohmaterial, nach dem Filter klingt es „aufgeräumter“.

  • Tracking: Wenn der Modulator mitskaliert (Keyboard-Tracking), bleiben Spektren konstanter über die Tastatur hinweg.

Praxis: So setzt du Ringmodulation bei einem Synthesizer musikalisch ein

1) Glockige Keys und E-Piano-Farben

Nimm zwei Sägezahn-Oszillatoren, stimme sie in reinen Intervallen (z. B. Quinte oder Oktave). Schalte Ringmod an und filtere sanft die Höhen. Leichte Hüllkurven auf Filter und Amp. Ergebnis: glockig, körnig, warm.

2) Sci-Fi-Voices und Roboter-Sprech

Schicke eine Stimme in den Ringmod und verwende einen Sinus-Oszillator als Modulator. Drehe die Modulatorfrequenz langsam hoch, bis die Formanten brechen. Mit einem Formant-Filter dahinter wird’s sofort Film-tauglich.

3) Percussion & Drones

Nutze Rauschen als Modulator für kurze Hüllkurven-Kicks oder Clangs. Für Drones: zwei langsame, leicht gegeneinander verstimmte Sine-LFOs modulieren die Frequenz eines Audio-Modulators → schimmernde, wandernde Texturen.

4) Tremolo-Plus

Moduliere mit einem LFO knapp über Tremolo-Tempo (z. B. 15–30 Hz). Das ist kein normales Tremolo mehr, sondern ein vibrierendes AM/RM-Gebilde. Anschließend ein Bandpassfilter für „Telefon-Artikulation“.

5) Harmonie statt Chaos

Wenn du musikalische Ring-Sounds willst, wähle harmonische Frequenzverhältnisse zwischen Carrier und Modulator (z. B. 1:1, 2:1, 3:2). Für bewusst atonale Klangskulpturen nimm irrationale oder sich verschiebende Verhältnisse.

In welchen Synthesizern steckt Ringmodulation?

Die kurze Antwort: in sehr vielen. Hier eine kuratierte Auswahl aus Vintage, Modern, Modular, Effekt und Software – ohne Anspruch auf Vollständigkeit, aber mit Praxisrelevanz:

Vintage/klassisch

  • EMS VCS3 / Synthi AKS: Legendär für abgedrehte Effekte und experimentelle Klangkunst; Ringmod zählt zum Standard-Werkzeug.

  • ARP 2600 (verschiedene Revisionen): Weit verbreitet in Studios; liefert ringmodulator-artige Multiplikation für metallische Texturen.

  • Yamaha CS-80: Eingebaute Ringmod-Sektion, markanter Bestandteil vieler ikonischer Klangflächen und Lead-Sounds.

Analog/VA & Digital (modern)

  • Access Virus-Serie: Virtuell-analog mit Ringmod zwischen Oszillatoren; beliebt für metallische Leads und Pads.

  • Waldorf Blofeld: Bietet Ringmod als Osc-Kombination; ideal für feingranulare Texturen.

  • Roland D-50/D-05 (Strukturen): Digitale „Structures“ mit Ringmod-Kombinationen zwischen Partials – 80s im besten Sinne.

  • Novation Peak/Summit: Oxford-Oszillatoren, Ringmod verfügbar; sehr kontrollierbar, von subtil bis brachial.

  • Roland System-100m/500 (Module): Modular-Ansatz; Ringmod gehört je nach Konfiguration zum Portfolio.

Modular & Eurorack

  • Doepfer A-114 Dual Ring Modulator: Klassiker im Eurorack – zwei unabhängige Kanäle, robust, direkt, musikalisch.

  • Make Noise modDemix: Balancierter Modulator/VCA-Kreuzung – Ringmod, VCA und Mischer in einem.

  • Intellijel µMod II / Befaco A*B+C: Präzise Vierquadranten-Multiplikation, ideal für saubere oder experimentelle RM-Patches.

Pedale & Studioeffekte

  • Moogerfooger MF-102 (Moog): Einer der beliebtesten Ringmod-Effekte als Pedal, mit LFO und übersichtlicher Bedienung.

  • Electro-Harmonix Ring Thing: Vielseitig, von subtiler AM bis radikaler RM; beliebt bei Gitarrist:innen und Keyboarder:innen.

DAW & Plugins

  • Logic Pro „Ringshifter“ / „Ring Mod“-Algorithmen: Integrierter Ringmod-Modus mit Shifter-Varianten.

  • Ableton Live (Frequency Shifter im Ring-Mod-Modus): Schneller Workflow, moduliert und automatisierbar.

  • Modulare Software (Reaktor, VCV Rack): Zahlreiche Multiplikator-Module, die Ringmod, AM und mehr abdecken.

Tipp: Selbst wenn dein Synth keinen eigenen Ringmod-Block hat, geht es oft indirekt: Viele Instrumente bieten AM oder Vierquadranten-VCA. Das liefert denselben Kernsound, vor allem, wenn der Träger gut unterdrückt wird.

Sounddesign-Best Practices

  • Gain-Staging zählt: Ringmodulation erzeugt schnell viele Obertöne. Achte auf Pegel vor und nach dem Modul, um Clipping zu vermeiden.

  • Filter danach: Ein Tiefpass glättet harsche Höhen, ein Bandpass fokussiert die Formanten, ein Notch räumt Platz in Mitten.

  • Modulator als Stimme: Nimm einen sauberen Sinus als Modulator für glockige Klarheit. Für Schmutz nimm Säge/Rechteck, für Körnigkeit Rauschen.

  • Dynamik beleben: Steuere die Modulator-Frequenz mit Velocity oder Aftertouch. So spielst du den metallischen Anteil expressiv.

  • Rhythmik bauen: Step-Sequencer, LFO-Reset pro Note oder Sidechain-Hüllkurven erzeugen pulsierende Strukturen.

  • Harmonik steuern: Halte das Frequenzverhältnis stabil (Keyboard-Tracking), wenn du tonal bleiben willst. Ohne Tracking wird’s atonal – auch spannend!

  • Layern & Resampling: Kombiniere Ringmod-Layer mit „normalen“ Synth-Schichten. Resample knallige RM-Hits, bearbeite sie mit Pitch-Envelopes und Reverb.

Ringmodulation Synthesizer: Häufige Fragen (FAQ)

Ist Ringmodulation immer atonal?
Nein. Mit harmonischen Frequenzverhältnissen (1:1, 2:1, 3:2 usw.) kannst du sehr musikalische, bellartige Klänge erzeugen. Atonal wird’s vor allem bei frei driftenden oder bewusst „schiefen“ Verhältnissen.

Warum klingt mein Ring-Sound so dünn?
Wahrscheinlich ist der Träger komplett unterdrückt und es fehlen Grundtöne. Lösung: Dry/Wet mischen, dezent Sättigung oder Sub-Layer hinzufügen, oder einen Tiefpass nutzen, um die Sidebands zu bändigen.

RM oder FM für Glocken?
Beides geht. RM liefert schnell glasige Glocken mit weniger Programmieraufwand. FM ist flexibler, aber sensibler in der Einstellung. Probier beides – oft gewinnt die Kombination.

Brauche ich spezielle Hardware?
Nicht zwingend. Viele Softsynths und DAW-Effekte beherrschen RM. Wer analog schrauben will, ist mit Doepfer A-114, modDemix oder dem MF-102 bestens versorgt.

Fazit: Ringmodulation Synthesizer

Ringmodulation ist eines der einfachsten und zugleich wirkungsvollsten Klangwerkzeuge in der Synthese, denn sie multipliziert schlicht zwei Signale – fertig – und erzeugt dadurch eine erstaunliche Vielfalt an Obertönen. Das Ergebnis reicht nicht nur von subtilen Tremolo-Färbungen, sondern auch bis hin zu massiven, inharmonischen Klangskulpturen. Zudem ist der Effekt dank seiner breiten Verfügbarkeit in Vintage-Synths, modernen Hybriden, Eurorack-Modulen, Pedalen und DAW-Plugins nahezu überall nutzbar, sodass du ihn im Studio wie auch auf der Bühne einsetzen kannst. Wenn du darüber hinaus die Frequenzverhältnisse, das Gain-Staging sowie die Filterung im Griff hast, dann belohnt dich die Ringmodulation mit charakterstarken Bells, futuristischen Leads, lebendigen Drones sowie einzigartigen FX – und das sogar mit wenigen Handgriffen.

Empfehlung der Redaktion: Synthesizer mit Ringmodulation


Affiliate Link:

Behringer MS-5 Synthesizer (Testbericht)


Affiliate Link:

Korg minilogue Synthesizer


Affiliate Link:

PWM Mantis

Unsere neuesten Beiträge

Ringmodulation bei einem Synthesizer

Was ist Ringmodulation? Der kompakte Guide für Musiker:innen & Synth-Nerds Ringmodulation gehört zu den magischen [...]

> WEITERLESEN
Paul Wolinski – Interview bei den Game Music Composer Concerts 2025

Paul Wolinski, den meisten Genre-Spezialisten moderner Musik bekannt als codeversiertes und zentrales Mitglied der experimentell [...]

> WEITERLESEN
Großmembran oder Kleinmembran – ein Mikrofonguide

Großmembran oder Kleinmembran: der Soundcheck fürs Herz und fürs Ohr Es gibt diese Entscheidung im [...]

> WEITERLESEN

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert