Groove Synthesis 3rd Wave 8M Test: Der Groove Synthesis 3rd Wave 8M bringt die DNA des großen 3rd Wave Synthesizer in ein kompaktes, auf acht Stimmen reduziertes Desktop-Gehäuse. Mit einem Preis von 1.999 € ist er für viele Musiker eine deutlich greifbarere Option als das große 24-stimmige Keyboard-Flaggschiff. Ich bin gespannt: Hält der 8M klanglich mit seinem großen Bruder mit?
Hardware & Verarbeitung
Der 3rd Wave 8M ist durch und durch auf Studioeinsatz getrimmt: Das robuste Metallgehäuse, die präzise laufenden Endlos-Encoder und die sauber montierten Potikappen zeigen, dass Groove Synthesis hier nicht gespart hat. Selbst ohne Keyboard wirkt das Gerät nicht wie ein Expander zweiter Klasse, sondern wie ein eigenständiges Kraftpaket. Die beiliegenden Rackwinkel machen es leicht, den 8M in professionelle Studioumgebungen zu integrieren. Auch im Desktop-Betrieb liegt das Gehäuse stabil und sauber auf.
Das große 7-Zoll-Farbdisplay bietet hohe Auflösung, schnelle Reaktionszeit und ist perfekt lesbar – auch aus spitzem Winkel. Über die sechs Soft-Encoder lassen sich Parameter zügig editieren, ohne in Menüs verloren zu gehen. Im Vergleich zum Keyboard-Modell fehlen zwar dedizierte Regler, doch die Oberfläche ist clever organisiert. Über Direktwahltaster gelangt man sofort zu Oszillatoren, Filter, Modmatrix oder FX. Die Menüstruktur ist flach, die Navigation durchdacht.
Anschlüsse gibt es reichlich: Zwei unabhängige Stereo-Ausgänge (Main Output 1/2), Mono-Audio-In für Sampling, MIDI In/Out/Thru, USB-B für MIDI und Dateiübertragung sowie drei Pedaleingänge (Sustain, Volume, Expression) und natürlich der Anschluss für die Stromversorgung. Damit lässt sich der 8M flexibel in jedes Setup einbinden – ob standalone, im Studioverbund oder als MPE-Receiver.

Groove Synthesis 3rd Wave 8M Test: Klangarchitektur & Engine
Jede Stimme des 8M besteht aus drei digitalen Oszillatoren, die mit unterschiedlichen Klangquellen arbeiten können. Die Vielseitigkeit ist enorm: Neben virtuell-analogen Grundwellenformen wie Sägezahn, Rechteck oder Dreieck lassen sich auch FM-Wellen, PPG-Wavetables und eigene Samples einsetzen. Die Oszillatoren greifen auf insgesamt über 64 Wavetables zurück, darunter 36 originale PPG 8-Bit-Wavetables – legendäre Spektren mit griffiger Textur und digitaler Kante.
Virtuell-analoge Wellenformen
Die klassischen VA-Wellenformen klingen voll und stabil. Der Sägezahn ist breit, brillant, mit schönem Obertonspektrum – ideal für klassische Leads und Supersaw-Flächen. Rechteckwellen lassen sich mit Pulsbreitenmodulation versehen, die PWM klingt organisch und erinnert an analoge Klassiker. Dreieck und Sinus bieten eine solide Basis für weichere Sounds, Pads oder FM-Konstrukte.
PPG-Wavetables
Die PPG-Wavetables des 3rd Wave klingen herrlich roh. Der Charakter ist digital, aber nicht steril. Die 8-Bit-Auflösung verleiht ihnen eine kratzige, körnige Oberfläche – ideal für organische Klangbewegungen. Gerade in Kombination mit der Wave-Envelope, die das Durchfahren der Wellenformen steuert, entstehen lebendige, fließende Texturen. Das ist kein HiFi – das ist charismatisches Digital-Erbe.

16-Bit-Wavetables & User-Waves
Die modernen Wavetables klingen deutlich feiner aufgelöst. Sie erlauben butterweiche Morphs und spektrale Übergänge, ohne Artefakte. Klanglich liegen sie zwischen Serum, Blofeld und Quantum, doch wirken sie oft musikalischer – weniger klinisch. Dank des internen Wave Makers lassen sich eigene Wellenformen importieren oder direkt im Gerät erstellen. Auch Serum-Wavetables (WT-Dateien) können verwendet werden.
FM-Modus & Sample-Oszillatoren
Jeder Oszillator kann FM (linear) betreiben – inklusive eigenständiger Ratio- und Modulationstiefe. Damit lassen sich metallische, glockige oder aggressive Texturen realisieren, besonders in Kombination mit der Modmatrix. Der Sampling-Modus erlaubt das Einbinden von WAV-Dateien (via USB oder Aufnahme über Audio-In). Bis zu 8 Samples pro Preset sind möglich, 35 Sekunden Gesamtlänge. Diese lassen sich loopen, transponieren oder sogar in neue Wavetables überführen – ein mächtiges Klangwerkzeug, kein klassischer Sampler, aber extrem inspirierend.

Filtersektion: Digital trifft Analog
Der Signalweg führt zunächst durch ein digitales State-Variable-Filter (SVF), das Oberheim-SEM nachempfunden ist. Es bietet Tiefpass, Hochpass, Bandpass und Notch – alle in fließender Morph-Übergabe. Das Filter klingt sauber, dynamisch und vielseitig – ideal, um die Oszillator-Texturen zu formen.
Danach folgt ein analoges 24 dB-Lowpass-Filter mit Resonanz, entworfen von Dave Rossum auf Basis des Rossum 2140-Chips. Dieses Filter liefert Druck, Wärme und eine ganz eigene, sahnige Resonanz. Die Sättigungsstufe kann zugeschaltet werden – für mehr „Drive“ und analoges Bissgefühl. In Kombination bieten die beiden Filter eine außerordentliche Bandbreite: Von präzise geschnittenen Digitalklängen bis zu wuchtigen, röhrenden Hybridflächen ist alles drin.
Modulation, Hüllkurven & LFOs
Fünf Hüllkurven stehen pro Stimme zur Verfügung: Pitch, Filter, Amp, Wave und eine zusätzliche freie Hüllkurve. Alle arbeiten mit klassischem ADSR, können aber über die Modmatrix tiefgreifend angepasst werden. Die Wave-Envelope erlaubt das gezielte Durchfahren der Wavetables – in Kurven, Stufen oder komplexen Verläufen.
Vier LFOs mit diversen Wellenformen (Sinus, Säge, Random, S&H etc.) stehen bereit. Sie lassen sich syncen, triggern, loopen oder frei laufen. Die Modmatrix bietet 16 frei zuweisbare Slots, dazu über 25 feste Quellen wie Velocity, Aftertouch, Note Number oder Modwheel. Auch Effektparameter, Pan, Wavetable-Position und Filterresonanz können moduliert werden.

Groove Synthesis 3rd Wave 8M Test: Bedienung & Workflow
Trotz der kompakteren Oberfläche lässt sich der 3rd Wave 8M schnell und effektiv bedienen. Die sechs Soft-Encoder unter dem Display bieten schnellen Zugriff auf relevante Parameter jeder Sektion. Über die Mode-Tasten wechselt man zwischen Oszillator-Edit, Filter, FX, Modmatrix oder Sequencer.
Das Display zeigt grafische Darstellungen von Wellenformen, Envelopes und LFOs – das erleichtert die Orientierung enorm. Wavetable-Positionen lassen sich visuell nachverfolgen, was besonders bei komplexen Scans durch selbst erstellte Waves hilfreich ist. Der Sounddesign-Workflow ist durchweg logisch: Man landet dort, wo man hin will, ohne Umwege. Wer Erfahrung mit Synthesizern hat, findet sich sofort zurecht.
Auch Parameter wie Voice Spread, Drift oder MPE-Zuordnungen sind schnell zugänglich. Besonders angenehm: Der Synth reagiert auf Eingaben ohne Latenz, Modulationen greifen sofort, Encoder haben klar definiertes Verhalten. Im direkten Vergleich mit anderen Desktop-Synths wirkt der 8M angenehm „analog“ in der Bedienung – weniger Computer, mehr Instrument.
Effekte & Sequencer
Jeder der zwei Parts besitzt zwei unabhängige Effekt-Slots mit hochwertigen Algorithmen: Reverb, Delay, Chorus, Flanger, Phaser, Bitcrusher, Shimmer und mehr. Alle Effekte lassen sich modulieren – inklusive Mix, Zeit, Feedback, Tone. Die Reverbs klingen dicht, raumfüllend, aber nicht verwaschen. Die Delays sind BPM-synchronisierbar und bieten Pingpong, Tape oder Digital-Stile.
Der interne polyphone Sequencer arbeitet patternbasiert (32 Steps), erlaubt Step-Parameterlocks, verschiedene Laufmodi (Forward, Pingpong etc.) und einen Song-Modus zum Verketten mehrerer Patterns. Jeder Part kann eine eigene Sequenz nutzen. Der Sequencer ist solide, kein Elektron-Konkurrent, aber sehr brauchbar.

Sampling als kreative Erweiterung
Mit Firmware 1.8 wurde der 3rd Wave um Sampling erweitert. Über den Mono-Audio-In oder per USB lassen sich WAV-Dateien ins Gerät laden. Die Samples lassen sich chromatisch mappen, transponieren, loopen, in der Startzeit modulieren oder sogar in Wavetables umwandeln. Das Sampling ist bewusst einfach gehalten, ersetzt keinen ausgewachsenen Sampler, erweitert aber die klanglichen Möglichkeiten deutlich. Besonders reizvoll: Der hybride Einsatz – etwa Attack aus Sample, Sustain aus Wavetable, Decay über analoges Filter.
Groove Synthesis 3rd Wave 8M Test: Zielgruppe & Einsatzbereiche
Der 3rd Wave 8M richtet sich klar an fortgeschrittene Anwender, Klangforscher und Studios mit einem Faible für digitale Komplexität. Er ersetzt keinen analogen Moog oder Sequential-Synth, sondern ergänzt sie mit Bewegung, Obertönen, spektraler Vielfalt. Dank MPE-Unterstützung (MIDI Polyphonic Expression – eine Erweiterung des MIDI-Standards, bei der jede Note individuell in Parametern wie Pitchbend, Aftertouch oder Timbre moduliert werden kann) ist er ein ideales Performance-Tool für expressive Spielweisen.
Wer Wavetables nicht nur als Effekt, sondern als musikalisches Material begreift, findet hier einen der durchdachtesten Synthesizer am Markt. Gerade im Zusammenspiel mit klassischer Subtraktiv-Synthese glänzt der 3rd Wave als Soundgewürz, Texturgenerator oder Ambientmaschine.
Ergänzungen & weitere Highlights
WaveSurfer: Ermöglicht das gleichzeitige Verschieben des Wavetable-Offsets aller drei Oszillatoren – ideal für schnelle, ausdrucksstarke morphende Klänge.
Wave-Hüllkurven: Jeder Oszillator verfügt über eine eigene 12-stufige Wave-Hüllkurve mit sechs Zeit- und sechs Level-Parametern. Diese Hüllkurven sind besonders geeignet für komplexe Verläufe im Wavetable-Bereich, ideal für lebendige, bewegte Texturen.
Stereo-VCA mit Panning: Der finale Ausgang jeder Stimme erfolgt über einen analogen Stereo-VCA mit Pan-Funktion. In Kombination mit der Pan-Spread-Option entstehen breite, definierte Klangräume.
Effekte erweitert: Neben Reverb, Delay, Chorus, Flanger, Phaser und Bitcrusher steht auch ein Distortion-Effekt zur Verfügung. Alle Effekte sind synchronisierbar zur internen oder externen Clock.
Presets & Multiprogramme: Der 3rd Wave 8M bietet 500 Speicherplätze für Einzelsounds. Darüber hinaus können Multiprogramme erstellt werden, in denen bis zu vier Klanglayer kombiniert und verwaltet werden können.
Multitimbralität: Zwei Parts können unabhängig voneinander auf zwei separaten MIDI-Kanälen gespielt werden – jeweils mit eigenem Stereo-Ausgang. Diese Architektur erlaubt kreative Layer-, Split- oder Multi-Performance-Setups mit bis zu acht gleichzeitig aktiven Stimmen.
Arpeggiator & Sequencer je Part: Jeder Sound speichert seinen eigenen Arpeggiator-Status und Sequencer-Daten. Der Arpeggiator ist rhythmisch vielseitig, der Stepsequencer erlaubt 32-Step-Pattern inkl. polyphoner Noteneingabe, Wiederholungen und Chaining im Song-Modus.
Fazit: Groove Synthesis 3rd Wave 8M Test
Der Groove Synthesis 3rd Wave 8M ist kein „kleiner“ Synth – er ist ein fokussierter Synth. Wer acht Stimmen, zwei Parts und Hybridklang in Studioqualität sucht, bekommt hier ein absolut professionelles Werkzeug. Die Verbindung aus PPG-Erbe, moderner Engine, analogen Rossum-Filtern und cleverer Bedienung macht ihn zu einem echten Geheimtipp für Sounddesigner, Ambient-Produzenten, Hybrid-Fans und Synthesizer-Nerds.
Mit 1.999 € bleibt er im oberen Segment, bietet aber angesichts der Leistung ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis. Wer sich klanglich entfalten will, ohne ins Oberklasse-Keyboardformat investieren zu müssen, findet im 3rd Wave 8M das passende Werkzeug.
Pro
- Extrem tiefer, musikalischer Wavetable-Klang
- Analoge Filter mit echtem Charakter
- Durchdachter Workflow für ernsthaftes Sounddesign
Contra
- Hoher Preis von 1.999 €
- Kein Einsteiger-Synthesizer
- Erfordert Zeit und Erfahrung
Link zur Herstellerseite: Groove Synthesis


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