Farfisa Compact – Bewusstseinserweiternde Orgel

Brian Eno setze eine Farfisa Compact u.a. auf seinen (großartigen) Alben Taking Tiger Mountain By Strategy (1974) ein. Für die Produktion entwickelte Eno sein berühmtes Oblique Strategies betiteltes Kartenspiel, das helfen sollte, kreative Blockaden zu vermeiden,

2014 entstand mit The Endless River erstmals wieder ein Album von Pink Floyd; von der Originalbesetzung ist allerdings nur noch David Gilmore dabei, der 1968 den ausgestiegenen, genialischen Syd Barett ersetzte. Der psychedelische Sound der ersten Pink Floyd-Alben wurde vom kreativ-trippigen Orgelspiel des Keyboarders Richard Wright geprägt, dessen Droge eine Farfisa Compact Orgel war.

Die kreativste Zeit der 1965 gegründeten, britischen Band waren sicherlich die 60er Jahre bis zum Mega erfolgreichen Dark Side Of The Moon-Album. In dieser Zeit kam die zweimanualige Farfisa Compact Duo Orgel vom 2008 verstorbenen Tastenheld Rick Wright nicht nur im Studio, sondern auch auf der Bühne zum Einsatz. Den bewusstseinserweiternden Extra-Kick gab Wright seinem Orgelsound immer mal wieder durch den Einsatz des nachgeschalteten Binson Echorec. Die Farfisa Compact wurde u.a. noch von Country Joe & The Fish, Sam The Sham & The Pharaohs, Strawberry Alarm Clock, Inspiral Carpets, Yo La Tengo und American Analog Set eingesetzt. Sie erklingt auch auf Soul-Platten der sechziger Jahre wie etwa auf Percy Sledges When A Man Loves A Woman.

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Die italienische Firma Farfisa startete die transistorbasierte Compact-Reihe 1964. Sie wurde 1968 von der Fast- und der Professional-Serie abgelöst. Der Firmenname ist übrigens ein Akronym für „FAbbriche Riunite

De FISArmoniche„, was übersetzt „Vereinigte Akkordeon Werke“ bedeutet. Die Akkordeon Firmen Settimio, Soprani, Scandalli, und Frontallini hatten sich zu Farfisa zusammengeschlossen.

Farfisa – Combo Compact Orgel

Bei unserem Testmodell handelt es sich um eine Compact Combo. Die Transistororgel war sowohl mit roter als auch mit grauer Gehäuseoberseite erhältlich, wobei die rote Ausführung häufiger zu finden ist. Im Lieferumfang befindet sich (neben einem Lautstärkepedal) noch ein Notenhalter, der oben am Gehäuse befestigt wird. Das Gestell wird in das Tolex-verkleidete Gehäuse eingeklappt. Die unterste Oktave des vieroktavigen, angenehm spielbaren Keyboards ist farblich invertiert und lässt sich für die monophone Bass-Sektion nutzen. Alternativ kann der Bass-Sound auch mit einem optional erhältlichen Basspedal gespielt werden. Die Compact Combo verfügt über neun Registerwippen (16´Bass, 16´Strings, 8´Flue, 8´Oboe, 8´Trumpet, 8´Strings, 4´Flute, 4´Piccolo, 4´Strings). Eine Besonderheit ist die Booster-Sektion: hiermit lassen sich hohe Frequenzen in drei wählbaren Oktavlagen generieren.

Beinarbeit bei der Farfisa

Die Booster-Funktion wird mit dem Knie-Hebel auf der Unterseite dynamisch gesteuert. Mit dieser, aus heutiger Sicht exotischen Spielhilfe ist man in der Lage, Wah-Wah-ähnliche -Effekte zu produzieren. Mit ein wenig Übung ist der Knieeinsatz übrigens eine gut funktionierende Lösung. Man muss auch bedenken, dass die Füße mit dem Bass- und Volume-Pedal meist voll ausgelastet sind. Als weiterer Effekt steht eine Vibrato-Sektion zur Verfügung, die mit zwei wählbaren Geschwindigkeiten und Intensitäten betrieben werden kann.

Eine aus heutiger Sicht ungewöhnliche Spielhilfe, ist der Hebel für den EQ-Booster, den der sitzende Keyboarder mit dem Knie bedienen kann.
Eine aus heutiger Sicht ungewöhnliche Spielhilfe, ist der Hebel für den EQ-Booster, den der sitzende Keyboarder mit dem Knie bedienen kann.

Reverb und Patente

Das Instrument bietet außerdem einen integrierten Federhall, der auf der Orgelunterseite freischwingend aufgehängt ist, um Nebengeräusche durch versehentliche Stöße gegen das Orgelgehäuse zu vermeiden. Um das damals geltende Federhall-Hammond-Patent zu umgehen, entwarf Farfisa einen eigenen Federhall, der mit einem piezoelektrischen Wandler (statt mit dem bei Hammond üblichen magnetischen Wandler) arbeitet und mit einem Röhrenvorverstärker ausgestattet ist.

Varianten der Farfisa Compact Serie

Die erste Farfisa Compact Serie umfasst die Mini-Compact, Combo Compact, Compact I, Compact Deluxe and die Compact Duo. Auch spätere Modellreihen wie Fast oder Professional liefen z.T. unter dem Compact-Label, zur „eigentlichen“ Farfisa-Compact-Reihe zählen aber nur die erstgenannten Modelle. Die Compact Mini gehört zu den frühesten Modellen und ist transportabler, bietet aber weniger Soundmöglichkeiten. Die Compact Duo ist mit einem zusätzlichen Manual ausgerüstet, verfügt über eine erweiterte Tone-Booster Sektion, eine Repeat-Percussion-Funktion und mehr Sound-Register.

Klangerzeugung

Die Klangerzeugung der Farfisa Combo Compact (die auch oft einfach nur als Farfisa Compact bezeichnet wird) basiert, wie die der meisten elektronischen Orgeln, auf einer Frequenzteiler-Schaltung, bei der 12 Master-Oszillatoren durch Halbierung der Frequenz alle erforderlichen Töne erzeugen. Die unterschiedlichen Sounds entstehen durch die Filterung der Pulswelle der Oszillatoren. Der Multi Tone-Booster addiert je nach Einstellung eine Hochpass-gefilterte Pulswelle zum Grund-Sound, was die Durchsetzungsfähigkeit des Instruments wesentlich erhöht und auch dichte Gitarrenwände durchschneidet.

Sound der Farfisa Compact Orgel

Die Farfisa Compact verfügt über einen runden, warmen Basis-Sound, der nicht aufdringlich ist, sich aber auch in dichteren Kontexten gut durchsetzt. Er ist klar konturiert und wirkt gerne mal etwas rau. Die rückseitige EQ-Sektion erlaubt eine individuelle Anpassung des Grundklangs. Dank der Tone-Booster-Sektion ist die Compact in den oberen Lagen auch zu heftigeren, präsenten Lead-Sounds fähig. Das Klangspektrum wird durch den integrierten Feder-Hall perfekt erweitert. Die spätere Fast-Serie klingt auch wegen der Verwendung von Silizium-Transistoren, statt den in der Compact-Reihe verbauten Germanium-Transistoren, etwas cleaner.

Die Farfisa Compact-Modelle waren in den sechziger Jahren neben der Vox Continental die angesagtesten Band-Orgeln. Die Hammond-Orgeln wurden im Rock-Bereich erst Anfang der 70er-Jahre populär. Die ersten Compact Modelle beruhten z.T. auf der Technik des Farfisa Transistor-Akkordeons.

Farfisa lebt weiter – Klassiker im MUSIC STORE und digital bei WERSI

Wer den legendären Farfisa-Sound nicht nur hören, sondern auch sehen möchte: Im Eingangsbereich des MUSIC STORE Köln steht eine originale, rote Farfisa Compact Combo – ein echtes Stück Musikgeschichte zum Anfassen. Wir haben ein Foto dieses besonderen Exemplars gemacht – ein visuelles Highlight für jeden Vintage-Fan!

Farfisa Compact
Farfisa Compact

Dass sich ein solches Instrument überhaupt in so gutem Zustand erhalten hat, liegt sicher auch an der engen Verbindung zwischen Farfisa und dem MUSIC STORE. Geschäftsführer Michael Sauer war ganze 20 Jahre lang als Farfisa-Deutschland-Chef tätig. Er kennt alle Modelle aus erster Hand – von der allerersten Compact-Orgel über die Fast- und Professional-Serie bis hin zur letzten Produktion vor dem Verkauf der Marke an Bontempi – damals symbolisch für nur einen US-Dollar.

Und der Farfisa-Sound lebt weiter: Im neuen WERSI OAX 3.0 Update finden sich alle klassischen Sounds der Farfisa-Orgel – aufwendig und detailgetreu eins zu eins abgesampelt. Damit lässt sich der charakteristische Vintage-Klang auf modernen WERSI-Instrumenten ganz einfach abrufen.

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