Test: IK Multimedia ReSing – KI-Vocal-Modelling der nächsten Generation

ReSing im Einsatz innerhalb einer DAW: Dank ARA-Integration und klar strukturierter Parameter eignet sich das Tool gut für moderne Vocal-Workflows.

Mit ReSing präsentiert IK Multimedia ein Vocal-Modelling-Tool, das klangliche Eigenschaften und Ausdruck einer Stimme mithilfe künstlicher Intelligenz analysiert, neu interpretiert und auf anderes Audiomaterial überträgt. Statt reiner Pitch- oder Formant-Manipulation setzt die Software auf eine Engine, die Timbre, Artikulation und dynamische Merkmale getrennt voneinander erfasst. Interessant ist dabei die konsequente Umsetzung ohne Cloud-Abhängigkeit: ReSing verarbeitet sämtliches Audiomaterial vollständig lokal auf dem Rechner. Für Produzent:innen, Sounddesigner:innen und Songwriter:innen eröffnet das eine flexible, datenschutzfreundliche und reaktionsschnelle Möglichkeit, Stimmen kreativ zu gestalten oder zu ersetzen.

Modellarchitektur und Versionen

Die Vocal-Engine analysiert zunächst die spektralen Eigenschaften einer Stimme, also Formanten, Obertöne und klangliche Signaturen. Anschließend rekonstruiert sie ihr artikulatorisches Verhalten – also Betonungen, Phrasierung und dynamische Konturen. Diese Trennung zwischen Klangfarbe und Ausdruck macht ReSing deutlich leistungsfähiger als herkömmliche Methoden, die primär auf Pitch-Shifting oder Formant-Verschiebung basieren.

IK Multimedia bietet ReSing in zwei Varianten an. Die Standardversion enthält zehn modellierte Stimmen, zehn modellierte Instrumente und zehn Model-Generierungen, mit denen eigene Voice-Profile erstellt werden können. Die MAX-Version erweitert diese Bibliothek auf 25 Voices und 25 Instruments und erlaubt unbegrenzte Modell-Imports. Beide Versionen unterstützen zudem den Import von RVC-Modellen, also offenen KI-Stimmenprofilen aus der ‚Retrieval-Based Voice Conversion‘-Community, wodurch sich das System praktisch grenzenlos erweitern lässt — sowohl mit eigenen Modellen als auch mit frei verfügbaren Timbres aus dem Open-Source-Ökosystem.

Eigene Modelle – Custom Voice Profiles

Eines der zentralen Merkmale von ReSing ist die Möglichkeit, eigene Voice-Modelle zu trainieren. Hierfür analysiert die Software mehrere Minuten sauberer, klar artikulierter Aufnahmen einer Zielstimme. Aus diesem Material extrahiert ReSing die charakteristische spektrale Struktur und legt diese als Voice-Modell ab, das wie ein mitgeliefertes Profil genutzt werden kann. Diese Funktion eignet sich besonders dann, wenn man individuelle Künstlerstimmen, Sprecher:innen oder bestimmte klangliche Charaktere reproduzieren möchte – sei es für Demos, Sounddesign oder experimentelle Projekte.

Voice-Modelling in der Praxis

In der praktischen Arbeit zeigt sich, dass ReSing Stimmen nicht einfach oberflächlich färbt, sondern deren klangliche und expressive Eigenschaften überraschend präzise überträgt. Ein Vocal-Take kann nach der Modellung die Klangfarbe einer völlig anderen Stimme annehmen und dennoch Timing, Artikulation und Ausdruck der Originalperformance beibehalten. Dadurch lassen sich selbst aus einfachen Skizzen oder Handyaufnahmen deutlich hochwertigere Ergebnisse erzeugen, sofern das Audiomaterial ausreichend klar ist.

Besonders spannend ist ReSings Fähigkeit, gesungene Linien in Instrumentenklänge zu überführen. IK Multimedia beschreibt ausdrücklich, dass Vocal-Riffs, Basslinien oder melodische Skizzen in Instrumentenmodelle umgewandelt werden können. Diese Hybridfähigkeit zwischen Vocal-Interpretation und Instrument-Synthese macht ReSing für Sounddesigner:innen besonders interessant und setzt es von klassischen Vocal-Bearbeitungstools ab.

Das Haupt-Interface von ReSing: Charakter, Accent und Dynamics lassen sich gezielt anpassen, um Vocal-Takes klanglich und expressiv zu modellieren.
Das Haupt-Interface von ReSing: Charakter, Accent und Dynamics lassen sich gezielt anpassen, um Vocal-Takes klanglich und expressiv zu modellieren.

Parameter und klangliche Kontrolle

Die Parameterstruktur orientiert sich an einer logischen Aufteilung zwischen Klangfarbe, Ausdruck und Tonhöhe. Der „Character“-Regler bestimmt, wie stark das gewählte Zielmodell auf die Quelle übertragen wird. „Accent“ steuert die Artikulationsintensität und beeinflusst, wie deutlich Phrasierung und Betonungen übernommen werden. Die Funktion „Fusion“ ermöglicht das Mischen zweier Modelle und erlaubt dadurch hybride Stimmen, die sich weder strikt am Original noch ausschließlich am Modell orientieren.

Der „Transpose“-Parameter verändert die Tonhöhe der Performance unter Berücksichtigung der Formanten und sorgt so für organische Ergebnisse selbst bei größeren Intervallen. „Dynamic“ reguliert die vokale Energie und kontrolliert, wie lebendig oder kontrolliert die Stimme klingt. Ergänzende Module wie Reverb und Tuning dienen als Nachbearbeitung und runden das Klangbild ab, ohne in die eigentliche Modelling-Engine einzugreifen.

Mit dem ReSing Modeler können Produzent:innen eigene Stimmen als Modell trainieren – inklusive Register, Timbre, Genre und Tonumfang.
Mit dem ReSing Modeler können Produzent:innen eigene Stimmen als Modell trainieren – inklusive Register, Timbre, Genre und Tonumfang.

Klangqualität

Die Ergebnisse hängen – wie bei allen KI-gestützten Vocal-Algorithmen – maßgeblich von der Qualität des Eingangsmaterials ab. Bei klaren, rauschfreien Aufnahmen liefert ReSing beeindruckend konkrete Annäherungen an das gewählte Voice-Modell. Bei stärker bearbeitetem oder verrauschtem Material treten Artefakte deutlicher zutage, lassen sich jedoch oft durch moderate Einstellungen abmildern. Die mitgelieferten Modelle decken ein breites stilistisches Spektrum von neutralen Studiostimmen bis zu deutlich charakterisierten Pop-Timbres ab. Gerade in modernen Produktionen, in denen leicht synthetische oder stark polierte Stimmcharaktere gefragt sind, spielt ReSing seine Stärken aus.

Plug-in-Formate und DAW-Integration

ReSing lässt sich als reguläres Plug-in in jeder gängigen DAW nutzen und wird in den Formaten VST3, AU und AAX ausgeliefert. Damit funktioniert die Software unabhängig von ARA und kann in Echtzeit wie ein klassisches Effekt- oder Instrumenten-Plug-in betrieben werden. Zusätzlich unterstützt ReSing ARA für DAWs wie Logic Pro, Studio One oder Cubase, was einen direkteren Zugriff auf Audioregionen ermöglicht und den Bearbeitungsworkflow spürbar beschleunigt. Die ARA-Integration ist somit ein Komfortmerkmal, aber keine Voraussetzung für den Einsatz der Software.

ReSing lässt sich auch als Performance-Synth einsetzen: Gesungene Linien können in Instrumentenmodelle wie Trompete, Bass oder Synths umgewandelt werden.
ReSing lässt sich auch als Performance-Synth einsetzen: Gesungene Linien können in Instrumentenmodelle wie Trompete, Bass oder Synths umgewandelt werden.

Anwendungsfälle

ReSing zeigt seine größten Vorteile dort, wo Geschwindigkeit, Flexibilität und kreative Freiheit entscheidend sind. Bei der Erzeugung von Backing-Vocals oder Chören lässt sich aus einem einzigen Vocal-Take problemlos eine vielschichtige Mehrstimmigkeit erzeugen, die klanglich ausreichend variiert, um einen überzeugenden Ensemble-Charakter zu erzeugen. Das ist besonders nützlich, wenn keine zusätzlichen Sänger:innen zur Verfügung stehen oder wenn ein Arrangement schnell erweitert werden soll.

Für die Erstellung von Songdemos bietet ReSing ebenfalls einen hohen Praxisnutzen. Wer selbst nicht singt oder nur grobe Entwürfe aufnehmen kann, erhält ein Werkzeug, das überzeugende Vocal-Layouts ermöglicht, ohne dass ein vollständiges Recording notwendig ist. Darüber hinaus eignet sich ReSing hervorragend, um zu testen, ob ein Song besser mit einer männlichen oder einer weiblichen Stimme funktioniert. Da Timbre und Ausdruck unabhängig voneinander modelliert werden, lässt sich diese Entscheidung ohne neue Vocaltakes treffen – ein klarer Vorteil in der Produktionsvorbereitung.

Trotz aller Flexibilität bleibt der Charakter der Engine hörbar. Bei subtilen Anwendungen fügt sich das Modelling gut in viele Stile ein; bei stärkeren Transformationen tritt jedoch ein gewisser künstlicher Anteil in der Stimmfarbe zutage. Für Backings, Chöre, Sounddesign und Demos ist dies in der Regel unproblematisch. Für besonders natürliche Lead-Vocals sollte ReSing jedoch eher als kreatives Ergänzungswerkzeug genutzt werden und nicht als Ersatz für echte Sänger:innen.

Der integrierte Model-Browser bietet Zugriff auf verschiedene Voice-Profile mit unterschiedlichen Stimmfächern, Genres und Klangcharakteren.
Der integrierte Model-Browser bietet Zugriff auf verschiedene Voice-Profile mit unterschiedlichen Stimmfächern, Genres und Klangcharakteren.

Fazit: IK Multimedia ReSing

IK Multimedia ReSing ist ein starkes Kreativwerkzeug für moderne Vocal-Produktion, besonders wenn es um Backings, Chorsimulationen, Demos oder schnelle Timbre-Varianten geht. Die KI-Engine modelliert Klangfarbe und Ausdruck überzeugend und ermöglicht flexible Experimente, etwa um Songs mit unterschiedlichen Stimmtypen auszuprobieren. Bei subtiler Anwendung liefert ReSing sehr brauchbare Ergebnisse, bei stärkeren Eingriffen bleibt der künstliche Charakter allerdings hörbar. Für natürliche Lead-Vocals eignet sich das Tool daher nur bedingt, als Ergänzung im Produktionsprozess und als Ideengeber ist es jedoch äußerst wertvoll.

Pro

  • Lokale KI-Verarbeitung ohne Cloud-Abhängigkeit
  • Präzise, flexible Modelling-Engine mit ARA-Integration
  • Sehr gut geeignet für Backings, Demos und konzeptionelle Vorproduktion

Contra

  • Natürlichkeit hängt stark von der Qualität des Ausgangsmaterials ab
  • Sprachlich auf Englisch und Spanisch begrenzt
  • Standardversion mit relativ kleiner Modellbibliothek

Link zur Herstellerseite: IK Multimedia


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