Die 5 häufigsten Fehler beim Aufnehmen von Vocals

5 häufigsten Fehler beim Vocal Recording

Die 5 häufigsten Fehler beim Aufnehmen von Vocals – und wie du sie vermeidest

Eine saubere Vocalaufnahme ist das Herzstück vieler Musikproduktionen. Ob Pop, Hip-Hop, Rock oder elektronische Musik – die Stimme trägt Emotionen, Energie und Persönlichkeit in den Song. Umso wichtiger ist es, bei der Aufnahme keine unnötigen Fehler zu machen. Viele Musiker:innen und Produzent:innen – gerade im Homestudio – stehen vor denselben Herausforderungen. Dabei lassen sich die häufigsten Probleme leicht vermeiden, wenn man weiß, worauf es ankommt. In diesem Beitrag „Die 5 häufigsten Fehler beim Aufnehmen von Vocals“ zeige ich dir die fünf gravierendsten Fehler beim Vocal Recording – und wie du sie ganz einfach umgehen kannst.


Fehler 1: Ungeeignete Raumakustik – der Sound steht sich selbst im Weg

Ein häufig unterschätzter Faktor bei der Gesangsaufnahme ist die Raumakustik. Viele denken, es reicht aus, ein hochwertiges Mikrofon zu verwenden – doch selbst das beste Equipment bringt wenig, wenn der Raum klingt wie ein Badezimmer oder eine Garage. Hart reflektierende Wände, glatte Oberflächen und ungünstige Raumgeometrien führen zu störenden Reflexionen, Phasenauslöschungen und einem unnatürlich halligen Klang.

Stattdessen solltest du schon bei der Planung deiner Vocalaufnahmen auf eine möglichst trockene, kontrollierte Raumakustik achten. Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass du ein teures Tonstudio brauchst. Auch im Homestudio lassen sich mit einfachen Mitteln gute Ergebnisse erzielen. Verwende zum Beispiel dicke Vorhänge, Teppiche, Bücherregale oder Matratzen, um frühe Reflexionen zu dämpfen. Noch besser: Richte dir eine kleine „Vocal Booth“ mit mobilen Absorbern oder einem Reflexionsfilter hinter dem Mikrofon ein. Achte außerdem darauf, dass sich keine großen harten Flächen direkt hinter dem Sänger oder der Sängerin befinden, da der Schall von dort zurück zum Mikro reflektiert wird.


Fehler 2: Falsche Mikrofonposition – der Unterschied zwischen Profi und Amateur

Die Position des Mikrofons ist entscheidend für die Qualität der Aufnahme. Wenn der Abstand zu groß ist, klingt die Stimme dünn und verliert an Präsenz. Ist der Abstand zu gering, drohen Verzerrungen, übermäßige Plosivlaute („P“- und „B“-Laute) sowie ungewollter Nahbesprechungseffekt. Besonders problematisch wird es, wenn das Mikrofon nicht exakt auf Mundhöhe ausgerichtet ist oder in einem ungünstigen Winkel steht.

Die optimale Entfernung zum Mikrofon beträgt in den meisten Fällen etwa 15 bis 20 Zentimeter. Diese Distanz sorgt für einen ausgewogenen Klang mit ausreichender Präsenz, ohne dass die Aufnahme übersteuert oder unangenehm „boomt“. Um Plosivlaute zu vermeiden, solltest du unbedingt einen Popschutz (Popfilter) verwenden. Dieses kleine Hilfsmittel kostet nur wenige Euro, schützt aber zuverlässig vor Luftstößen, die das Mikrofon überfordern können.

Außerdem lohnt es sich, das Mikrofon leicht oberhalb des Mundes zu positionieren und es leicht nach unten zu neigen. Diese Position reduziert nicht nur Plosivlaute weiter, sondern hilft auch, Nasalität zu minimieren. Achte darauf, dass der oder die Sänger:in während der Aufnahme möglichst gleichmäßig und ruhig bleibt – plötzliche Bewegungen nach vorne oder zur Seite können die Pegel stark verändern und machen die Nachbearbeitung schwierig.


Fehler 3: Falsche Gain-Einstellung – zu leise oder zu laut ist beides ein Problem

Ein klassischer Anfängerfehler bei der Vocalaufnahme ist eine fehlerhafte Einstellung des Eingangspegels. Ist der Pegel zu niedrig, wirkt die Aufnahme kraftlos, verrauscht oder muss später stark angehoben werden – was wiederum Hintergrundgeräusche und Störsignale betont. Ist der Pegel hingegen zu hoch, entstehen Übersteuerungen und Verzerrungen, die sich oft nicht mehr korrigieren lassen. In beiden Fällen leidet die Klangqualität erheblich.

Die Lösung ist einfach: Stelle den Eingangspegel am Audiointerface oder Vorverstärker so ein, dass die Lautstärke während der lautesten Gesangspassagen niemals den maximalen Pegel (0 dBFS) erreicht. Ein guter Zielwert liegt bei etwa –12 bis –6 dBFS im Durchschnitt. Damit bleibt genug Headroom für dynamische Ausbrüche, ohne dass es zu Clipping kommt. Nutze die Pegelanzeigen deiner DAW oder deines Interfaces aktiv und beobachte sie während der Aufnahme genau.

Manche Interfaces oder Preamps verfügen über eine Pad-Schaltung, die das Signal bei sehr lauten Stimmen oder kräftigen Mikrofonen etwas absenkt – auch das kann helfen, Verzerrungen zu vermeiden. Übrigens: Kompression gehört in der Regel nicht in die Aufnahmekette, es sei denn, du nutzt einen hochwertigen Outboard-Kompressor mit sehr dezentem Einsatz. Ansonsten solltest du die Dynamik lieber in der Nachbearbeitung kontrollieren.


Fehler 4: Kein Monitoring oder falsches Monitoring – wenn der Sänger sich selbst nicht hört

Gutes Monitoring ist der Schlüssel zu einer überzeugenden Performance. Wenn Sänger:innen sich selbst nicht klar und ausgewogen hören können, singen sie oft unsauber, überbetont oder zu zaghaft. Ein häufiger Fehler ist, dass entweder kein Monitoring genutzt wird oder das Monitorsignal nicht richtig eingestellt ist. Auch zu viel Effektanteil auf dem Kopfhörer kann irritieren und die Intonation negativ beeinflussen.

Das Ziel sollte ein klares, latenzfreies Monitoring sein, bei dem sich der oder die Sänger:in wohlfühlt. Nutze dafür am besten ein direktes Monitorsignal über das Interface – sogenanntes Direct Monitoring. Vermeide es, das Signal erst durch die DAW zu schicken und dann wieder zurückzugeben, da dies oft zu einer störenden Latenz führt. Bei Interfaces mit Mischfunktion kannst du das Verhältnis zwischen Playback und Livesignal direkt regeln.

Auch der Kopfhörer selbst spielt eine Rolle. Geschlossene Studiokopfhörer mit guter Isolation verhindern, dass das Playback ins Mikrofon überspricht. Achte zudem darauf, dass das Monitorsignal nicht zu laut ist – ein zu hoher Pegel führt zu schnell zu Ermüdung und schlechter Performance. Optional kannst du etwas Hall oder Reverb hinzumischen, um dem Gesang mehr „Raum“ zu geben, doch dieser Effekt sollte stets dezent und ausschließlich im Monitoringweg vorhanden sein – nicht im Aufnahmeweg.


Fehler 5: Kein Take-Management – Chaos im Recording-Workflow

Was nützt die beste Aufnahme, wenn du später nicht mehr weißt, welcher Take der gute war? Viele lassen während einer Session einfach alle Takes nacheinander laufen, ohne diese sinnvoll zu benennen oder zu sortieren. Am Ende entsteht ein unübersichtliches Durcheinander aus Dateien mit Namen wie „Audio_01“, „Audio_01_1“ oder „Final_Take_New_2_final_final.wav“. Das erschwert nicht nur die Auswahl des besten Takes, sondern kostet auch im Mixprozess unnötig viel Zeit.

Besser ist es, schon während der Session einen durchdachten Workflow zu pflegen. Benenne jeden Take klar und verständlich – zum Beispiel mit dem Songtitel, der Take-Nummer und einer kurzen Bewertung wie „Lead_V1_Gut“ oder „Chorus_3_Energie“. Nutze in deiner DAW die Möglichkeit, Marker zu setzen oder verschiedene Takes als Comping-Spuren anzulegen. So behältst du jederzeit den Überblick und kannst später gezielt die besten Passagen zusammensetzen.

Auch Zwischenkommentare helfen: Wenn der oder die Sänger:in nach einem Take sagt „Der war richtig gut!“, dann notiere das sofort oder benenne die Spur entsprechend. Noch besser: Höre nach jedem Take kurz rein und markiere direkt deine Favoriten. Das spart dir später viel Nerven – vor allem, wenn du die Session nach ein paar Tagen erneut öffnest.


Fazit: Gute Vocalaufnahmen sind kein Hexenwerk – aber auch kein Zufall

Wie du siehst, entstehen viele Probleme beim Vocal Recording nicht durch mangelnde Technik, sondern durch fehlende Vorbereitung und falsche Herangehensweise. Wenn du die fünf häufigsten Fehler vermeidest – also auf Raumakustik, Mikrofonposition, Gain-Struktur, Monitoring und Take-Management achtest – hast du bereits die wichtigsten Schritte zu einem professionellen Ergebnis gemacht.

Vocal Recording ist immer auch eine Frage des Feingefühls. Je besser du deinen Workflow beherrschst und je wohler sich der oder die Sänger:in fühlt, desto emotionaler und authentischer wird die Aufnahme. Technik ist dabei Mittel zum Zweck – aber ohne solides Fundament wird selbst die beste Stimme unter ihren Möglichkeiten bleiben.

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