Mit dem Casio AP-300 wird die Celviano-Reihe der klassischen Homepianos des japanischen Herstellers preislich nach unten abgerundet. Im wertigen Look der teureren Modelle bietet es einen erstklassigen Flügelklang, eine sehr gute Tastatur und ein ordentliches Wiedergabesystem.
Casio AP-300 – wertig und zurückhaltend
Das AP-300 ist das aktuelle Einsteigermodell innerhalb der hauseigenen „Celviano Classic Line“. Vom teureren Modell AP-550 unterscheidet es sich optisch kaum, und es bietet die gleiche gute Verarbeitung: Auch das AP-300 besitzt eine hohe, fast geschlossene Rückwand sowie Frontbeine. Es gibt den aus der Serie bekannten hölzernen Tastatur-Slider mit Softclose-Funktion, in dessen Mitte eine Messingstrebe verbaut ist. Die messingfarbene Pedalerie ist flügeltypisch geformt, das Notenpult aus Holz auf dem Pianodach ist abnehmbar und wird hinter einer Halteschiene für Notenblätter eingesteckt.
Highlight ist der klappbare Klavierdeckel, bis dato eine Spezialität nur von Casios höherwertigen Celviano-Homepianos: Durch eine geschickte Platzierung der Lautsprecher im Gehäuse bringt das Hoch- und Herunterklappen des Deckels tatsächlich eine akustische Veränderung im Gesamtklang mit sich – in Anlehnung an einen offenen und gedeckten Klaviersound beim Originalinstrument. Das AP-300 bringt 47 Kilogramm auf die Waage. Zum Testzeitpunkt ist es in den Ausführungen schwarz, weiß und dunkelbraun erhältlich.

Die Digitalpiano-Qualitäten
Das Casio AP-300 besitzt einen hochauflösenden Hauptklang auf Basis eines gesampelten Flügelsounds mit Steinway-Charakteristik. Der Sound ist in den drei Varianten „Grand Piano Concert“, „Grand Piano Bright“ und „Grand Piano Mellow“ vertreten, außerdem gibt es drei zusätzliche Versionen namens „Rock-“, „Jazz-“ sowie „Ballad Piano“ – die Auswahl bedient also verschiedene musikalische Genres.
Das realistische Basis-Sample erklingt über den gesamten Tastaturumfang sauber und ohne Sample-Sprünge, reagiert ausgesprochen dynamisch und ist auch im Ausklang gelungen. Ein Highlight der 192-stimmig polyfonen Klangerzeugung, die der Hersteller „Multi-Dimensional Morphing AiR“ nennt, sind aber auch die virtuell einstellbaren Saitenresonanzen, Dämpfer- und Tastengeräusche der Pianoklänge. Für die entsprechenden Klangparameter gibt es im AP-300 das Menü „Akustiksimulator“. Damit lassen sich alle drei Flügelklänge in weiteren Details an den persönlichen Geschmack anpassen. Mit dabei ist zudem der Parameter „Lid“, der die Position des Flügeldeckels von gedeckt bis offen virtuell simuliert. In Kombination mit dem Auf- und Zuklappen des echten AP-300-Deckels können Spielerinnen und Spieler also noch weitere Klangnuancen herauskitzeln.
Die Tastatur des Casio AP-300
Als Tastatur kommt im AP-300 Casios „Smart Scaled Hammer Action Keyboard“ zum Einsatz, das auch bei den Portable Pianos Privia PX-S1100 und -S3100 verwendet wird. Diese Kunststoff-Tastatur ist angenehm schwer gewichtet. Unterschiedliche Gewichtszonen simuliert Casio dabei vor allem über eine digitale Steuerungstechnologie.
Die Hämmer, die im hinteren Bereich unter den Tasten liegen, spürt man beim Spielen deutlich. Die Decklagen der schwarzen wie auch weißen Tasten besitzen eine deutlich fühlbare Textur, sind dadurch griffig und rutschfest. Die Repetition ist gut, und die Klaviatur lässt ein ausdrucksvolles, dynamisches Spiel der Flügelklänge zu. Sehr gut in dieser Preisklasse: Es stehen gleich fünf Dynamikkurven zur Auswahl, um seinen Wohlfühlanschlag zu finden.
Das eingebaute Wiedergabesystem arbeitet mit zwei Zwölf-Zentimeter-Lautsprechern, die nach oben und unten abstrahlen. Die Verstärkung von zweimal 20 Watt sorgt für einen recht kräftigen, vergleichsweise linearen und direkten Gesamtsound, der auch in hoher Lautstärke sauber und angenehm bleibt.

Sinnvolle Klangauswahl
Da sich das AP-300 als Preiswert-Modell bei der Ausstattung auf das Wesentliche konzentriert, ist die restliche Klangauswahl überschaubar. Neben den sechs akustischen Pianoklängen gibt es 13 weitere Sounds: Vier E-Piano, darunter Fender Rhodes, Wurlitzers und DX7-E-Piano; vier Orgelklänge inklusive großer Kirchenorgel und cleaner Hammond B3; Cembalo und Vibrafon, zweimal Strings und schließlich einen realistischen Kontrabass. Eine sinnvolle Auswahl in guter Qualität.
Für einen Layer-Sound darf man zwei beliebige Klänge übereinander schichten und individuelle Lautstärken für Upper 1 und 2 einstellen. Als Lower-Sound, also im Split, ist links ausschließlich der Kontrabass nutzbar. Immerhin lassen sich die Split- und Layer-Funktionen gleichzeitig einschalten.
Für zwei Spieler beziehungsweise die Schüler-und-Lehrer-Situation bietet das AP-300 noch die „Duett“-Funktion, die die Tastatur in zwei autarke Hälften mit dem Flügelsound in gleicher Lage unterteilt. Dazu offeriert das Homepiano gleich zwei Standardklinken-Kopfhörerbuchsen.
An integrierten Master-Effekten hat das AP-300 einen Reverb mit acht Hall-Typen von „Room“ bis „Stadium“ und einen Chorus mit vier Typen, darunter auch ein Flanger, an Bord. An der Effektqualität gibt es nichts auszusetzen. Eine Brillanz-Einstellung schlummert ebenfalls noch mit im Menü.

Besser bedienbar über „Music Space“
Wie schon bei den teureren Modellen der aktuellen AP-Serie verzichtet Casio auch beim AP-300 auf eine Display-basierte Bedienung. Während sich auf der rechten Instrumentenseite lediglich der On/Off-Schalter mit LED-Lichtring und der Volume-Drehregler befinden, liegt links neben der Tastatur ein kleines Bedienfeld mit Sensor-Tippfeldern. Sichtbar wird es erst, nachdem man durch einmaliges Tippen die Hintergrundbeleuchtung aktiviert hat – die nach kurzer Zeit bei Nichtverwendung der Tippfelder wieder erlischt. Die Anmutung des Pianos soll also möglichst wenig durch ins Auge springende digitale Elemente gestört werden, so die Idee dahinter.
Dass darunter der Bedienkomfort am Piano selbst leidet, wird deshalb in Kauf genommen, weil das AP-300 kompatibel zur App „Casio Music Space“ ist und sich damit über ein Tablet oder auch ein Smartphone fernbedienen lässt. Über das instrumenteneigene Bedienfeld muss man nämlich fast immer bei gedrückt gehaltenen Sensortastern bestimmte Tasten der Klaviatur als zusätzliche Schalter benutzen, um Sounds anzuwählen, Split und Layer einzustellen oder Parameter zu verändern. Hinter der Tastatur zeigen dezent aufgedruckte Beschriftungen zumindest an, auf welchen Klang eine Klaviertaste umschaltet, was sehr hilfreich ist.
Der Komfort der App
Mit der App auf einem Tablet am Notenpult macht das AP-300 aber erst richtig Spaß. Die Tastaturklänge Upper 1 und 2 sowie Lower sind hier auf jeweils einer Page der App ebenso übersichtlich im Blick wie alle Akustiksimulator-Parameter, Metronom-Einstellungen und vieles mehr.
Während das Piano selbst eine integrierte Musikbibliothek mit 60 klassischen Soloklavierstücken im MIDI-Format besitzt, die für linke und rechte Hand getrennt geübt werden können, steuert „Music Space“ noch Piano-Roll- sowie Notendarstellung bei. Außerdem ergänzt die App noch weitere Übungsstücke und Klavieretüden.
Ebenso greift sie auf die Audio-Songbibliothek des Tablets zu und spielt WAV-Dateien sowie MP3s ab, die dann über die Piano-Lautsprecher wiedergegeben werden. Auch Audio-Songs können dabei zu Übungszwecken langsamer wiedergeben werden.
Für die kabellose Tablet-Anbindung legt Casio dem AP-300 den Bluetooth-Adapter WU-BT10 bei. Er belegt dann den einzigen USB-to-Device-Anschluss des Instruments. Nachteilig wirkt sich dies auf das Feature aus, das eigene Spiel auf dem Piano als Audio-Song aufzunehmen: Eine solche Aufnahme im WAV-Format kann man nämlich nur direkt auf einem USB-Stick aufzeichnen, da das Piano selbst keinen internen Speicher für Audio-Daten besitzt. Für eine Audio-Aufnahme muss man also den WU-BT10 wieder ab- und einen USB-Speicherstick anstöpseln. Die Bedienung der Aufnahmefunktion erfolgt dann am AP-300 selbst.

Fazit:
Als Einstiegsmodell indie klassische Celviano-Instrumentenfamilie überzeugt das Casio AP-300 voll und ganz. Zu einem erschwinglichen Preis erhält man ein Homepiano, das sich weder bei der Qualität des Flügelsounds und der Tastatur, noch beim Gesamtsound über das eingebaute Wiedergabesystem oder in Sachen Verarbeitung und wertigem Look verstecken muss. Darüber hinaus gibt es Individuelles wie den klappbaren Klavierdeckel und die „Akustiksimulator“-Einstellungen, eine gelungene App-Anbindung sowie verschiedene Übungsfunktionen. Über die wenigen kleinen Unstimmigkeiten blickt man da gerne hinweg.
Pro
- durchweg sehr gute Digitalpiano-Qualitäten
- Klangtuning über „Akustiksimulator“-Menü
- wertiges, modernes Design
- klappbarer Klavierdeckel
- Übungsfunktionen
- kompatibel mit App „Casio Music Space“
- Preis/Leistungs-Verhältnis
Contra
- Bluetooth-Adapter belegt Speicherstick-Anschluss
- Bedienung ohne Tablet umständlich
Link zur Herstellerseite: Casio
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