X-Faktor

Sample-Drumcomputer MPC X von Akai im Test

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Akai MPC X
(Bild: Dieter Stork)

Bei den Sample-Drumcomputern hat sich einiges getan: Ganz oben in der Nahrungskette will sich jetzt wieder Akai mit der neuen MPC X positionieren. Die Edelversion soll die Tradition von Klassikern wie der MPC60 fortführen und hat den Anspruch, die ultimative Beat-Instanz im Studio und auf der Bühne zu sein. Kann der Bolide den Erwartungen gerecht werden?

Ob Roger Linn heute noch von Akai Tantiemen für sein geniales Design der MPC60 von 1988 bekommt? Linn ging nach dem Ende seiner eigenen Firma in den 80er-Jahren zu Akai und entwickelte, ausgehend von der Linn 9000, die schon mit den typischen 16 Gummipads ausgestattet ist, das Konzept des Sample-Drumcomputers weiter. Die MPC-Reihe schrieb dann als Producer-Tool Pop- und vor allem Hip-Hop-Geschichte. Nachdem Akai in den letzten Jahren lediglich Controller im MPC-Look gefertigt hatte, die aber den Drang nach einem vom ungeliebten Laptop unabhängigen Tool nicht befriedigen konnten, wurden die Gebete der zahlreichen MPC-Gläubigen tatsächlich erhört, und es gibt jetzt wieder Computerunabhängige Stand-alone-MPCs. Neben der kleineren MPC Live, die deutlich günstiger ist, übernimmt die MPC X, die als Nachfolgerin der MPC5000 gelten kann, jetzt die Führung. Gerade die Hip-Hop-Welt guckt nun gespannt auf das neue MPC-Flaggschiff, das mit 2.199,− Euro kein Schnäppchen ist, aber allein schon optisch Gearporn-Fantasien befriedigt.

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Sexy Hardware

Das Haupt-Feature der neuen MPC-Generation ist das 10-Zoll-TFT-Touchdisplay, das einen ganz neuen Workflow à la iPad ermöglicht. Seine Leuchtkraft und Schärfe sowie das Berührungsverhalten entsprechen dem eines guten Touch-Pads. Der Touchscreen kann geklappt und in sieben Positionen arretiert werden, was den Arbeitskomfort deutlich erhöht und die je nach Lichteinfall auftretenden Spiegelungen der glatten Bildschirmoberfläche mildert. In eingeklapptem Zustand ragt er allerdings viereinhalb Zentimeter über die Gehäuserückseite hinaus, so dass beim Transport ein spezielles Case notwendig wird.

Der Großteil der Bedienoberfläche der MPC ist aus Metall, und müde Produzentenknochen finden an der Vorderseite eine weiche Ablagefläche. Unter der Haube verrichtet ein 1,8-GHz-Quadcore-Prozessor (ARM Cortex A17) seinen Dienst.

Akai MPC X
(Bild: Dieter Stork)

Gib Gummi!

Die zentralen Bedienelemente sind die legendären 16 anschlagsdynamischen und druckempfindlichen Gummi-Pads, die nach wie vor die Konkurrenz in den Disziplinen Spielgefühl und Ergonomie weit hinter sich lassen. Seitlich sind die Pads dezent hintergrundbeleuchtet und glimmen im Betrieb in Farben, die dem Geschehen auf dem Display logisch zugeordnet sind, ohne dabei Kirmes-Atmosphäre zu verbreiten.

Neben den Pads befinden sich die berührungsempfindlichen Q-Link-Endlosdrehregler, denen je nach Menü unterschiedliche Parameter (von Filter-Cutoff bis zu Loop-Edits) zugeordnet sind und die zu wahren Schrauborgien einladen. Die Regler lassen sich schön cremig fahren; sie verfügen zwar nicht über die Leuchtdrehkränze des MPC Renaissance-Controllers, sind aber dafür − viel besser − mit 16 OLED-Minidisplays ausgestattet, die trotz ihrer geringen Größe gut lesbar sind und das Editieren und gezielte Live-Tweaken auf der Bühne sehr erleichtern.



№5/6 2017

  • Editorial
  • Facts & Storys
  • Modular Kolumne
  • EVANESCENCE
  • Im Gespräch mit Lars Eidinger
  • HÄMMERN MIT DEN GRANDBROTHERS
  • Reisen & Neuanfänge: Lucy Rose
  • Keys4CRO: Tim Schwerdter
  • Klangbastler Enik & Werkzeugmacher Gerhard Mayrhofer
  • Bei Klavis in Brüssel
  • BACK TO THE ROOTS: AKAI MPC X
  • Dexibell Combo J7
  • DICKES BRETT: POLYEND SEQ
  • Mr. Hyde & Dr. Strangelove jagen Dr. No
  • Visionäre: MIDI In My Head!
  • DIE ELKA-STORY
  • Transkription: Michael Wollny
  • Impressum
  • Inserenten, Händler
  • Das Letzte − Kolumne


Klassischer Workflow:

Der MPC-Insider und -Traditionalist wird beglückt feststellen, dass die typischen Bedienelemente, die die Ausstattung der Geräte seit Jahrzehnten prägen, an ihrem Platz sind, egal ob es sich um die Pad-Bank-Wahlschalter, den großen Main-Encoder, das Zahlenfeld, die Cursor-Taster oder die Transport-Taster, die seit der MPC60 unverändert geblieben sind, handelt. Alle charakteristischen Features wie Note Repeat, Full Level, Erase und 16 Level (damit lassen sich Sounds chromatisch oder in abgestuften Level- oder Filter-Werten auf die Pads legen) sind da, wo man sie braucht. So kann man in den typischen MPC-Arbeitsfluss eintauchen und ist dank vieler Funktionstaster sofort ohne Menü-Labyrinth am Ziel.

Mit Anschlüssen ist die MPC X verschwenderisch ausgestattet: Highlights sind hier neben den sechs Einzelausgängen (bzw. drei Stereoausgängen) die beiden phantomgespeisten XLR-Inputs (plus zwei zusätzliche Eingänge, die alternativ als Cinch mit Erdungsklemme ausgeführt sind) und die MIDI-DIN-Buchsen (2 x In, 4 x Out), die das Gerät zur Studiozentrale prädestinieren. Außer dem USB-Anschluss, mit dem Audio- und MIDI-Daten mit dem Computer getauscht werden sollen, gibt es noch zwei USB-Ports für Sticks. Freudentränen vergießen werden Analog-Freaks angesichts der acht Buchsen, die als CV/Gate-Ausgänge fungieren.

Auch auf der Vorderseite wurde geklotzt: Man findet einen Card-Slot, Kopfhöreranschlüsse (Klinke und Miniklinke) mit Volume-Poti, zwei Fußschalterbuchsen, zwei Instrumenten-Inputs und einen Regler für die Balance zwischen dem rückseitigen Ausgangspärchen 1/2 und 3/4. Zusätzlich gibt es noch die Möglichkeit der drahtlosen Bluetooth-Übertragung; allerdings ist dieses Feature momentan noch nicht funktionsfähig. Auf der Unterseite gibt es einen Einbauschacht mit 2,5″-SATA-Anschluss für eine optionale Festplatte (SSD oder HDD). Die wird der professionelle User vermutlich bald nutzen, denn der 16-GB-Speicher (davon 10 GB von der mitgelieferten Library belegt) füllt sich sehr schnell.

Kontrolle ist besser! Die MPC X kann auch als MIDI-Controller für die computergestützte MPC-Software dienen; Produktionen, die man auf der Hardware angefangen hat, lassen sich dann auf dem Computer weiterbearbeiten und umgekehrt. Die MPC-Computer-Software liegt jetzt in der Version 2.0 vor. Sie ist gut geeignet für die schnelle Groove-Produktion und lässt sich praktischerweise als VST-Instrument in eine DAW integrieren.

Zu den Features des letzten Updates gehören ein optimierter Time-Stretch-Algorithmus, eine überarbeitete Bedienoberfläche mit Audio/MIDI-Drag&Drop-Fähigkeiten und Audio-Track-Recording. Mitgeliefert werden auch einige virtuelle Instrumente, die aber nicht auf der MPC-Hardware genutzt werden können.

Die Update-Zyklen sind bei Akai jetzt zum Glück viel kürzer geworden. Das neue Betriebssystem Update 2.05 bringt einige erfreuliche Verbesserungen:

Ableton Link via WLAN ist jetzt möglich: Damit kann man die Stand-alone-MPC mit Ableton-Link-Apps synchronisieren. Die Bluetooth-Unterstützung funktioniert jetzt: Controller wie z. B. das Akai LPK25 Wireless und LPD8 Wireless können die MPC über Bluetooth MIDI 4.0 steuern und verwendet werden, um MPC-Instrumente und -Kits kabellos zu spielen – das kann z. B. auf der Bühne für zusätzliche Bewegungsfreiheit sorgen. Weitere Verbesserungen wurden bei der Audio- und Programmbearbeitung, bei der Latenz und beim Time-Stretching vorgenommen. Außerdem lassen sich interne Festplatten jetzt in der MPC formatieren.

 

Der tighte Sequenzer der MPC X verfügt über alle typischen Features der Serie und lässt sich dank des Touchscreens sehr gut bedienen; vor allem das gezielte Editieren in der Piano-Roll-Page macht jetzt Spaß. Features wie der neue Step-Sequenzer und das Kaoss-Pad-artige XY-Menü, mit dem man z. B. wilde Filter-Fahrten und anderes lässig erstellen kann, bringen Bewegung in die Sequenzen. Schön für den Live Betrieb ist auch der kleine Looper, und Nicht-Keyboarder werden sich über den Chord-Modus freuen, in dem man Akkorde auf die Pads legen kann. Der Song-Modus könnte mit dem neuen Touchscreen noch etwas moderner und übersichtlicher gestaltet werden. Zu Recht gilt die Swing-Quantisierung, die zahllosen Hip-Hop-Tracks Beine gemacht hat, als legendär. Gewünscht hätte ich mir allerdings auch exotischere Quantisierungen (z. B. Quintolen), die man auch bei der Beat-Repeat-Funktion einsetzen könnte.

Gesampelt wird im Format 24 Bit/44,1 kHz, die Samples lassen sich mit allen bekannten Touchscreen-Techniken (Zoomen mit zwei Fingern etc.) und den Q-Link-Encodern wunderbar editieren. Features wie Slicing und Timestretching, Pitch-Shifting etc. sind natürlich auch an Bord. Mit dem neuen OS-Update (2.05) ist die Qualität der Time-Stretching-Algorithmen optimiert worden, und Samples und Loops können jetzt auf jedem Pad innerhalb eines Drum-Programms individuell manipuliert werden. Bis zu acht Audiotracks lassen sich aufnehmen und abspielen. Geloopte Samples kann man zu sogenannten »Clips« konvertieren, bei denen dann die quantisierten Loops auf die Pads verteilt sind.

Die mitgelieferte Library ist mit allem ausgestattet, was man für die Produktion aktueller HipHop- und Clubmusik braucht. Lücken gibt es hier noch bei klassischen Brot-und-Butter-Sounds wie Strings, Synths, E-Piano, Orgel und Gitarre. Klanglich ist die MPC X über jeden Zweifel erhaben und kommt druckvoll und brillant zur Sache; bei Aufnahmen ist die Latenz erfreulich klein.,

 

Die Effektsektion enthält eine solide Auswahl von Effekttypen, deren Klangqualität gut ist. Alle Basics wie Reverb, Delay, Modulationseffekte etc. sind am Start, Außergewöhnliches findet man allerdings eher nicht.

Akai MPC X
Auf der Rückseite findet man jede Menge Anschlüsse: Es gibt neben den zwei Stereoausgängen sechs Einzel-Outs, vier Audio-Eingänge (davon zwei als XLR/Line-Kombination und zwei alternativ als RCA-Anschluss ausgeführt), zweimal MIDI-In, viermal MIDI-Out, USB B, zwei Buchsen für USB-Sticks, der Anschluss fürs externe Netzteil (mit Zugentlastung) und − hurra! − acht CV/Gate-Buchsen. Die Stereo-Einzelausgänge können seit dem OS-Update auch als Mono-Outputs genutzt werden. (Bild: Dieter Stork)

Fazit

Das Arbeiten mit der luxuriösen MPC-X-Hardware macht Spaß, und man kommt schnell zu guten Ergebnissen. Zum Beat- und Groove-Bauen sowie für Trackorientierte Club-Musik ist die MPC X erste Wahl; bei komplexeren Arrangements wird man allerdings auf eine DAW ausweichen, da hier übersichtlicher gearbeitet werden kann. Die OS-Software (unser Testgerät hat die OS-Version 2.05) fährt schnell hoch und läuft stabil, ist aber z. T. noch verbesserungsbedürftig. So gibt es bisher noch keine echte Kommunikation via USB und Computer, um unkompliziert Samples oder Sequenzerdaten zwischen Computer und MPC auszutauschen (das war schon mit der MPC1000 möglich). Die MPC wird (im Stand-alone-Betrieb) im Computer momentan nicht erkannt. Zu bemängeln ist auch der Umstand, dass eine Grundfunktion wie das Loopen von Events funktionell unvollständig ausgestattet wurde. Will man etwa ein gelooptes Sample auf ein Pad legen und so programmieren, dass der Loop beim Triggern des Pads startet und solange weiterspielt, bis man das Pad wieder triggert (das kann z. B. der Roland SP-404), wird man enttäuscht feststellen, dass das momentan noch nicht oder nur sehr umständlich durch eine Konvertierung des Samples in einen Clip möglich ist. Unpraktisch und Speicherplatz vernichtend ist es zudem, dass man beim Abspeichern eines Programms immer die Samples mit abspeichern muss. Auf der Wunschliste vieler MPC-User stehen außerdem eine Tempospur, ein Arpeggiator und Groove-Templates (bietet selbst eine günstige Groovebox wie die Electribe von Korg).

 

Beim Browser sollte man außerdem eine Tag-Funktion einbauen, um Sounds schneller in der Library zu finden. Toll wäre auch die Implementierung einer (vom alternativen MPC-Betriebssystem JJOS inspirierte) Second-Sequence-Funktion, mit der man zwei Sequenzen parallel betreiben kann, was z. B. live sehr nützlich sein kann.

Mit der MPC X hat sich Akai wieder an die Spitze des Feldes gesetzt. Die Hardware macht einen exzellenten Eindruck: Hier wurden klassische MPC-Tugenden clever mit modernen Produktionsmitteln (Touch-Monitor) der Jetztzeit verschmolzen und zudem noch einige Extraschmankerl wie die CV/Gate-Ausgänge verbaut. Einige Dinge sind aber noch nachzureichen. Ein Arpeggiator etwa sollte mittlerweile zur Grundausstattung eines solchen Hi-End-Gerätes gehören, und Features wie etwa eine Tempospur oder Groove-Templates würden einem Beat-Spezialisten wie der neuen Spitzen-MPC sehr gut zu Gesicht stehen. Ansonsten ist die MPC X ein echter Traum.

+++ Seit Update 2.05 Synchronisation über Ableton Link möglich

+++ Druckvolle und brillante Sounds für HipHop und Clubmusik und gut klingende Effekte (Synthe, Strings, Piano, Orgel und Gitarre fehlen)

++ Verstellbares Touch-Display

++ Gut Bedienbarkeit durch haptisch gute Potis und Pads und schnelle Einfindungsphase

++ Mit allen erdenklichen Anschlüssen ausgestattet

– Nur 16 GB-Interner-Speicher, aber erweiterbar durch 2,5″-SATA-Anschluss

– “nur” standard Quantisierungen

– – Testgerät (mit OS-Version 2.05) in einigen Dingen noch ergänzbar

Kommentar zu diesem Artikel

  1. mir gefält das statische swing timing auch nicht
    groove templates in echtzeit und non destruktive sollten endlich mal sein
    auch maschine und bitwig könnte da mal ran
    komischer weise haben es nur die ungroovigen daws-

    auserdem automatisches programmspeicher mit jeder sequenz auch für synths -es ist sonst zu umständlich
    das können alte mpcs korg rolaNDS YAMAHA AUCH

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