Vintage Park

Hohner String Performer (*1979)

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Hohner String Performer (*1979) (Bild: Dieter Stork)

Bands wie Air oder Broadcast machten String-Synthesizer in den 90er-Jahren wieder zu gesuchten Objekten der Begierde. Mit ihrem charakteristischen Sound geben die Vintage-Boliden vielen Produktionen den entscheidenden (Retro-)Touch.

In den 70er-Jahren war eine String-Machine für den Großteil der Keyboarder die einzig erschwingliche Möglichkeit, polyfon zu spielen – polyfone Synthesizer wie z. B. der Oberheim 4-Voice oder der Sequential Circuits Prophet-5 waren damals sehr teuer. Da kamen Geräte wie das Solina String gerade recht: transportabel, erschwinglich, mit gutem Klang und einfach zu editieren. Der Hohner String Performer ist im Gegensatz zum String Melody, der von Logan lizenziert wurde, eine Hohner-Eigenentwicklung.

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Er ist keine reine String-Machine und bietet neben Violin- und Cello-Sounds auch Piano, Bass und Cembalo sowie eine monofone Synth-Sektion mit Brass- und Leadsynth-Sounds. Man kann das 1979 bis 1981 gebaute Instrument daher fast schon zur Gattung der Multikeyboards (bekanntester und frühester Vertreter: Crumar Multiman) rechnen. Eingesetzt wurde der Hohner String Performer z. B. vom finnischen Elektronikproduzenten Jori Hulkkonen (www.jorihulkkonen.com), der u. a. auch mit Tiga zusammengearbeitet hat, sowie von Prog-Rock-Keyboarder Doug Wyatt oder der französischen Popband Holkash.

Äußeres

Wie andere Hohner-Vintage-Keyboards auch besitzt der String Performer ein integriertes Case. Mit seinem flachen schlanken Äußeren und dem klappbaren Deckel erinnert er stark an das bekannte E-Piano Hohner Pianet. In zugeklapptem Zustand sieht das Gerät eher wie ein Gitarrenkoffer aus. Die schlanken Maße (120×31×12 cm) täuschen aber: Das Instrument bringt satte 20 Kilo auf die Waage. Die Bedienelemente sind links und rechts von der Tastatur angeordnet. Das Keyboard umfasst vier Oktaven und ist (natürlich) nicht anschlagdynamisch. Die obere und untere Tastaturhälfte kann mit unterschiedlichen Sounds belegt werden.

Die Sounds lassen sich mit Schaltern aktivieren, die übrigens die Achillesferse des ansonsten robusten Instruments darstellen, da sie wegen Kontaktschwierigkeiten bei Geräten, die eine bewegte Geschichte hinter sich haben, nur nach gutem Zureden oder wiederholtem Betätigen funktionieren. Der String Performer verfügt in der Poly-Sektion über einen String-Sound, der in drei Fußlagen abgerufen werden kann (Cello, Viola, Violin), einen Piano-, einen Cembalo- und einen Bass-Sound. Es gibt pro Tastaturzone und polyfonem Preset einen Lautstärke-Fader.

Ziemlich irritierend beim Erstkontakt ist die Ausrichtung der Fader: Zieht man den Fader hoch, bleibt der Sound stumm, wird er dagegen runtergezogen, ist der maximale Lautstärkepegel erreicht. Umgekehrt wäre die Bedienung intuitiver gewesen. Alle genannten Sounds lassen sich kombinieren und sind (wie fast alle Stringmachines) dank Frequenzteilerschaltung über den ganzen Tastaturbereich, also vollpolyfon, spielbar. Eine Ausnahme bildet das Bass-Preset, das nur auf die untere Tastaturhälfte beschränkt ist und dessen Aktivierung die anderen Sounds in diesem Bereich ausschaltet. Parameter zum Modifizieren der Presets gibt es so gut wie keine. Außer der Lautstärke lässt sich nur das Release der VCA-Hüllkurve bei den String-Sounds verändern.

Solo-Sektion

Zu den speziellen Features des Gerätes gehört die Solo-Sektion, deren Bedienelemente rechts von der Tastatur liegen. Folgende Presets sind vorhanden: Brass, String, Clarinet und ein Synth-Sound namens Planet. Alle Presets sind mit einem verzögert einsetzenden Vibrato ausgestattet und lassen sich gleichzeitig spielen. Die Lautstärke ist aber nur für die gesamte Solo-Sektion regelbar. Eine Öffnung im Bedienpanel erlaubt das Feinstimmen der Solo-Sounds per Schraubenzieher.

Die Solo-Presets können nur auf der rechten Hälfte des Keyboard-Splits verwendet werden, aber dafür gibt es einen Oktav-Taster, der die Sounds eine Oktave herunter transponiert. Auf der Rückseite findet man außer dem Netzschalter und dem Monoausgang dankenswerterweise noch drei Einzelausgänge für Strings, Bass sowie einen Ausgang, den sich Solo-Sounds, Piano und Cembalo teilen müssen. Außerdem sind noch Fußschalteranschlüsse für ein Lautstärkepedal und die Sustain-Funktion des Pianosounds vorhanden. Die Einzelausgänge erweitern die Möglichkeiten des String-Synths erheblich, da man die Sounds im Stereo-Panorama verteilen und mit Effekten versehen kann.

Sound

Der String Performer klingt etwas anders als sein Vorgänger, der Hohner String Melody, der mit einem breiten, etwas massiveren String-Sound aufwartet. Der String Performer bietet dagegen einen weniger rauen, aber schön transparenten, runden und leicht silbrigen Sound, der ein wenig an den Korg Lambda erinnert. Die Strings lassen sich auch gut in dichteren Arrangements unterbringen. Ihren Ensemble-Effekt erhalten sie durch drei Eimerketten-Delays. Piano und Clavichord sind nicht besonders eindrucksvoll und am ehesten als Beigabe und markierte Attack-Phase zum Stringsound einzusetzen.

Bei den etwas cheesigen, aber charmanten Solosounds überzeugen vor allem der spacige Planet und der Clarinet-Sound, während das Brass-Imitat schwächelt; am besten ist aber hier eine Kombination von Solo-Sounds. Der Bass-Sound ist äußerst schlicht und unauffällig, reicht aber im Frequenzspektrum relativ weit nach unten. Setzt man die Strings zusammen mit den Solo-Presets ein, kommt schnell ein 70er-Jahre-Feeling auf.

Noch oldschooliger wird’s, wenn man den String Performer durch einen Phaser schickt. Obwohl der String Performer nicht gänzlich rauschfrei ist, rauscht er etwas weniger als z. B. der Logan String oder der Godwin String, was auch an den verwendeten ICs liegt. Auch der berühmte Bienenschwarm-Effekt vieler String Ensembles (auch wenn keine Taste gedrückt wird, hört man bei voller Lautstärke einen merkwürdigen, spackigen Klang, als ob alle Tasten gleichzeitig gedrückt wären) tritt so gut wie gar nicht auf. Für Freunde des Sounds der 70er-Jahre und Krautrockfans ist der relativ rare String-Synth eine schöne Vintage-Option.

Kommentare zu diesem Artikel

  1. “Zieht man den Fader hoch, bleibt der Sound stumm, wird er dagegen runtergezogen, ist der maximale Lautstärkepegel erreicht. Umgekehrt wäre die Bedienung intuitiver gewesen. ”

    Nö. Denn das Gerät war dazu gedacht, oben auf der obligatorischen Hammond-Orgel plaziert zu werden. Und dann passte das genau…..

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    1. In dem Fall macht es dann Sinn… 🙂

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