Behringer 369 im Test

Kompressor Behringer 369 im Test

Behringer 369 im Test: Budget-Neve oder Blender mit Charakter?

Der Behringer 369 verspricht viel: Als Hommage an den legendären Neve 33609 möchte er analoge Kompression mit Charakter zu einem erschwinglichen Preis bieten. Doch wie viel echtes „Neve-Feeling“ steckt wirklich in dem günstigen 19-Zoll-Gerät? In diesem Testbericht nehmen wir den Kompressor unter die Lupe – klanglich, technisch und praktisch. Wir vergleichen ihn mit dem Original, testen ihn im DAW-Setup mit Logic Pro und fragen: Ist der Behringer 369 eine realistische Alternative oder ein Blender mit schicken Vibes?


Erster Eindruck: Solide Technik trifft auf brüchige Details

Schon beim Auspacken zeigt der Behringer 369 eine gewisse Ambivalenz. Das Gehäuse wirkt robust, die Lackierung überzeugt, und die Kippschalter bieten ein angenehm sattes Einrasten. Professionelle Studiooptik – auf den ersten Blick. Doch beim ersten Drehen der Potis folgt die Ernüchterung: Die Plastikhauben der Regler sind teils so fragil, dass sie bereits beim ersten Kontakt abbrechen können. Besonders der Threshold-Regler, durch seine grobe Rasterung ohnehin stärker belastet, zeigt Schwächen in der mechanischen Umsetzung.

Zum Glück lässt sich dieses Manko beheben: Ersatz-Drehknöpfe mit D-Form für Gitarrenpotis, wie sie online angeboten werden, sorgen nicht nur für Stabilität, sondern unterstreichen sogar das Vintage-Flair des Kompressors. Durch leicht unterschiedliche Achshöhen entsteht eine charmante, rhythmische Optik, die das Gerät visuell aufwertet.


Klangcharakter: Analoge Färbung mit Punch und Wärme

Der Behringer 369 ist kein neutraler Kompressor – und will das auch nicht sein. Klanglich orientiert er sich deutlich an der Philosophie des Neve 33609. Besonders im Bassbereich fällt eine angenehme, leicht gesättigte Tiefe auf, die Signalen Körper und Wärme verleiht, ohne zu dröhnen. Der Hochtonbereich wird durch eine dezente Präsenzanhebung um etwa 1 dB bei 10 kHz etwas heller dargestellt als beim Original – ein Detail, das sich leicht mit einem EQ korrigieren lässt.

Gerade perkussive Quellen wie Overheads, Snare oder Tom-Busse profitieren vom kompakten Zeitverhalten. Die geschätzte Attackzeit von rund 6 ms lässt Transienten durch, ohne sie zu verschlucken, und verleiht dem Signal ein dynamisches, musikalisches Klangverhalten. Besonders auf Raumspuren oder Drumsubgruppen entsteht so ein Klang mit rhythmischem Atem – ein deutlicher Vorteil für die kreative Klangformung im Mix.


Im Mix: New York-Style Parallelkompression und Mixbus-Glue

Die wahre Stärke des 369 liegt im Bereich Drum- und Mixbus-Kompression. Er schafft es, Einzelsignale zu verbinden und dabei den berühmten „Glue“-Effekt zu erzeugen. Vor allem Crashes und Overheads klingen dichter, das Panorama wirkt breiter – solange man das fehlende Stereo-Linking durch exakt identische Einstellungen beider Kanäle ausgleicht.

Im Test mit drastischer New York Compression zeigte der Kompressor, dass er auch härtere Gangarten meistert: Extrem komprimierte Overheads, die parallel zum Originalsignal gemischt wurden, erzeugten einen eindrucksvoll plastischen Drumsound – mit einer Präsenz, die viele Plugin-Emulationen nicht erreichen.


Akustikgitarren: Subtile Kompression mit Tiefe

Auch auf Akustikgitarren überzeugt der Behringer 369 mit Musikalität. Bereits bei 4 dB Gain Reduction wirkt der Sound runder und voller, ohne an Dynamik zu verlieren. Im Insert-Betrieb punktet das direkte Ansprechverhalten bei perkussivem Spiel, während im Parallelbetrieb ein natürlich eingebetteter, intimer Klang entsteht – ideal für Singer/Songwriter oder akustische Ensembles.


Technische Details: Verarbeitung, Rauschverhalten, Frequenzgang

Abgesehen von den fragilen Potikappen zeigt sich die Technik insgesamt solide. Die Potentiometer arbeiten schwergängig, aber präzise, die Schalter reagieren zuverlässig. Eine Stereo-Verlinkung fehlt, was manuell exakte Einstellungen erfordert. Die Gain-Reduction-Anzeige ist funktional, aber unbeleuchtet – was bei dunkler Studioumgebung stören kann.

Positiv fällt der geringe Rauschpegel auf, selbst bei starker Kompression bleibt der Noise Floor angenehm niedrig. Frequenztechnisch bleibt der 369 bis auf die erwähnte Höhenanhebung weitgehend neutral.


Behringer 369 Test: Vergleich mit dem Original und Plugins: Überraschend nah dran

Im direkten Vergleich mit dem Neve 33609 schlägt sich der Behringer 369 überraschend gut. Nach minimaler Höhenkorrektur kommt er dem Original – zumindest im Drum-Bereich – erstaunlich nahe. Natürlich fehlt die edle Tiefe der originalen Übertrager, doch angesichts des sechsmal höheren Preises des Neve ist das Urteil mehr als positiv.

Gegenüber Plugin-Emulationen wie jenen von UAD oder IK Multimedia punktet der 369 mit spürbarer analoger Präsenz. Die Kompression „fühlt“ sich echter an – sie greift nicht nur ins Signal ein, sondern formt es physisch.


In Logic Pro einbinden: So funktioniert das Routing richtig

Dank Logic Pro ist die Integration des Behringer 369 in eine DAW-Umgebung unkompliziert. Voraussetzung ist ein Audiointerface mit mindestens vier Ein- und Ausgängen – besser sind acht oder mehr. Die Signalführung erfolgt klassisch:

Das zu bearbeitende Signal wird über das I/O-Plugin aus Logic herausgeführt, über Ausgang 3/4 mit dem Kompressor verbunden und über Eingang 3/4 wieder zurückgeführt. Anschließend lässt es sich wahlweise als Insert- oder Parallelkompression einsetzen. Wichtig ist: Der Effekt des analogen Geräts wird nicht automatisch gespeichert – daher unbedingt „printen“, also das bearbeitete Signal direkt als neue Audiospur aufnehmen.

Besonders effektiv wird der Workflow, wenn Ein- und Ausgänge klar benannt werden – zum Beispiel als „369 IN L/R“. So lässt sich der Kompressor auch in Templates sauber und schnell einbinden.


Behringer 369 Test: Hörvergleiche und Praxisbeispiele

Um den Klangcharakter realistisch beurteilen zu können, empfehlen sich Testszenarien wie Drum-Bus mit und ohne Kompression, Vergleich akustischer und digitaler Drums, Akustikgitarren im Insert- und Parallelbetrieb sowie klassische Summenkompression. Hörbeispiele werden in Kürze auf unserem YouTube-Kanal veröffentlicht.


Fazit: Preis-Leistungs-Wunder mit Abzügen in der B-Note

Der Behringer 369 ist kein Blender – aber auch kein vollwertiger Ersatz für einen echten High-End-Kompressor. Klanglich überzeugt er vor allem im Bereich Bus-Kompression und bei perkussivem Material. Seine musikalische Färbung, das angenehme Zeitverhalten und die physische Präsenz im Mix machen ihn zu einem spannenden Werkzeug. Allerdings hat das Gerät auch Schwächen: Die billige Verarbeitung der Potikappen, das fehlende Stereo-Linking und die leichte Höhenanhebung trüben das Gesamtbild. Für erfahrene Nutzer mit Gespür für analoge Klangästhetik kann der 369 dennoch eine Bereicherung sein – besonders, wenn Budget und Klangcharakter im Fokus stehen. Für professionelle Studios oder Einsteiger mit hohen Erwartungen ist hingegen Vorsicht geboten. Wer den Behringer 369 einsetzt, sollte wissen, was er bekommt: ein charmantes, kompromissbehaftetes Werkzeug mit Vintage-Ambitionen – aber auch mit klar definierten Grenzen.

Pro

  • guter Neve-Clone
  • klingt gut als Bus-Kompressor
  • musikalische Färbung
  • gutes Zeitverhalten

Contra

  • Potikappen
  • kein Stereo-Link
  • leichte Höhenanhebung

Link zur Herstellerseite: www.behringer.com


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Behringer 369

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