Zwischen Wohnzimmer und Bühne

Kawai ES7 – Portables Digitalpiano im Test

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Kawai ES7 Digitalpiano_03

Mit seiner ES-Serie spricht Kawai seit einigen Jahren erfolgreich Spieler an, die sich bewährte Homepiano-Qualitäten in einem gut zu transportierenden Chassis im modernen Design wünschen. Piano-Baby ist das 2012 auf dem Markt erschienene Kawai ES7, das seinen Vorgänger auf Basis eine neuen Technologie-Generation in vielerlei Hinsicht übertreffen soll.

Rein optisch verglichen mit dem Modell ES6 (Test in KB 1.2009) hat Kawai dem ES7 ein leichtes „Facelifting“ vorgenommen: Auf der höheren Blende zwischen Klaviatur und Bedienfeld prangt der mittig platzierte „Kawai“-Schriftzug sowie ganz rechts eine zum Spieler gerichtete USB-to-Device-Buchse. Die Seitenleisten des Pianos sind zweiteilig und sorgen für eine raffinierte Optik. In der Höhe ist das ES7 im Vergleich zum ES6 um einen, in der Tiefe um 1,6 Zentimeter gewachsen. Erhältlich ist das Piano in den Ausführungen „Glossy Black“ und der neuen „Ivory White“- Variante. Optional sind ein jeweils passender Ständer mit Acryl-Notenpult (HM-4) sowie eine Dreifach-Pedaleinheit (F-301) erhältlich; mit – geliefert werden das Fußpedal F-10 H und ein Notenpult.

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Die Verarbeitung des Instruments ist mehr als solide genug, um es guten Gewissens mit auf die Bühne zu nehmen. Hier stört dann nur das externe Netzteil, dessen DC-Stecker in keinster Weise gegen Zug oder Stöße geschützt ist. Das ES7 baut konzeptionell auf dem ES6 auf: Dazu zählen 32 Klänge inklusive verschiedener Effekte, eine Begleitautomatik mit 100 RHYTHMS (Styles) plus einigen weiteren, nur für die MIDI-Wiedergabe verfügbaren Sounds; ferner eine einfache MIDI-Recording-Funktion und REGISTRATION-Speicher.

Kawai hat dem ES7 aber auch ein LC-Display (2 × 16 Zeichen; ES6: LEDDisplay) spendiert, was nicht nur die Bedienung der bekannten Funktionen deutlich komfortabler macht: Auch viele neue Parameter sind in den Edit-Menüs dazugekommen. Brandneu im Konzept sind darüber hinaus die Player-Funktionen und die Möglichkeit der Audio-Aufnahme direkt via USB-Stick.

Das bessere Klavier

Optimiert wurden auch beim jüngsten ES-Generationswechsel mal wieder die Akustikflügelklänge und die Klaviatur. Auf Basis der „Progressive Harmonic Imaging“(PHI)-Technologie bringt das ES7 zwei „Concert Grand“-Presets zu Gehör, die den technologischen Unterschied verdeutlichen. Es handelt sich um sauber und Taste für Taste gesampelte Flügelsounds mit sehr guter Dynamik und vielen Klangdetails. Der Sound entstammt einem Kawai EX-Flügel, dessen Grundcharakteristik gut eingefangen wurde.

Die ES7-Grands klingen im Vergleich zu denen des ES6 heller und etwas höhenbetonter, aber auch „größer“ und im Arrangement durchsetzungsfähiger. Ein ungewöhnliches Feature in dieser Preisklasse ist die sehr hohe Polyfonie von bis zu 256 Noten. Der VIRTUAL TECHNICIAN bietet beim ES7 nun noch mehr Möglichkeiten, die Sounds im Klangverhalten individuell zu justieren: Neben der Intensität der Saiten- und Dämpferresonanzen in den Grand-Piano-Sounds kann man Feinheiten wie das Geräusch des auf die Saiten zurückfallenden Dämpfers (Key-off-Effect) oder das Hammerrückfall-Geräusch sowie eine virtuelle Verzögerung der Hämmer ebenso einstellen, wie man sich zusätzlich zu den fünf Preset-Anschlagskurven seine persönliche User-Touch-Curve automatisch erstellen lassen oder auch die eigene Temperierung programmieren kann.

Spezialität ist der Parameter VOICING für die virtuelle Simulation von Hammerköpfen unterschiedlicher Härte. Die Tastatur zählt erneut zum Besten, was in der aktuellen Digitalpiano-Mittelklasse geboten wird. Zum Einsatz kommt die „Responsive Hammer 2“(RH2)-Mechanik, eine graduell gewichtete Kunststoff-Klaviatur inklusive Hammer-Imitaten. Sie besitzt darüber hinaus einen Druckpunkt und arbeitet mit einem 3-Sensor-System, dass das „Hineinspielen“ in den klingenden Ton bei noch halb gedrückter Taste spürbar verbessert.

Die „Ivory Touch“-Beschichtung des Kawai ES7, die den pianistischen Handschweiß absorbieren soll, sorgt für eine sehr gute Anfassqualität der Klaviatur. Auch in puncto Repetition und präziser Ansprache ist alles im grünen Bereich. Insgesamt macht das ES7 in den Disziplinen „Flügelklang“, „Tastaturqualität“ und „Spielgefühl“ als den wichtigsten Digitalpiano-Fähigkeiten einen hervorragenden und im Vergleich zum Vorgänger deutlich verbesserten Eindruck.

Das integrierte 2-Wege-Bassreflex-Soundsystem mit 2 × 15 Watt Leistung bringt die Klänge differenziert sowie in recht ordentlicher Lautheit nach außen und arbeitet weitgehend rauschfrei. Den ausgewogenen Gesamtsound kann man mit dem integrierten 4-Band-EQ aufpeppen, etwa durch ein leichtes Anheben der Mitten. Auch mit zwei Wall-EQ-Presets lässt sich, je nach Aufstellungsort, experimentieren. An unserem Testgerät trat allerdings gelegentlich ein leises hochfrequentes Surren im Wiedergabesystem auf. Wie uns der Hersteller versicherte, trat dieser Fehler nur vereinzelt auf und ist in der Serienproduktion inzwischen behoben worden. Ist eine externe Verstärkung über die Line-Ausgänge gewünscht, kann man die Speaker über einen Schalter auf der Rückseite ausstellen.

Kawai ES7: Soundausstattung und Effekte

Das ES7 hat 32 Hauptklänge an Bord. Aufgewertet werden sie durch eine kleine, feine Auswahl programmierbarer Effekte. Die Klangauswahl wurde fast komplett überarbeitet, sowohl bei den akustischen Pianos als auch bei den E-Pianos und Orgeln etc. Sechs weitere Flügelklänge bieten Varianten für Pop, Jazz und Rock. gewichtete Klaviatur Die E-Pianos liefern zwei Rhodes sowie je ein Wurlitzer und ein FM-artiges Piano – allesamt sind gut getroffen.

Die Hammond B3 in einer Rock- und einer Jazz-Variante sowie zwei Kirchenorgeln deckt die Organ-Bank in guter Qualität ab; die nächste Bank ergänzt die wichtigen Sounds Vibes und Marimba sowie Cembalo und Clavinet, ebenfalls in guter Qualität. Die Flächensounds liefern zum einen vier Varianten eines Streicher-Ensembles, das zwar eher synthetisch, aber schön warm und vollmundig klingt.

Unter den weiteren Klängen überzeugt mich am meisten der schöne Mixed-Sound „Choir Ooh/Aah“, doch auch die drei übrigen Pads sind brauchbar. Die vier in der letzten Bank versammelten Bässe habe ich aber in anderen Pianos schon besser gehört – insbesondere dem Kontrabass mangelt es an Authentizität. Deutlich aufgestockt wurde die Effekte-Abteilung, die im Gegensatz zum Vorgänger erstens mehr Typen bietet, die sich zweitens in wichtigen Parametern editieren lassen. Neben sechs Hall-Programmen, für die sich Effekttiefe und Hallzeit einstellen lassen, gibt es Delays und Tremolos sowie Auto Pans, Phaser und Rotary sowie vier Kombinations-Effekte.

Als besondere Leckerbissen gibt’s zudem einen AMP SIMULATOR, der ein Leslie-Cabinet- und zwei Suitcase-Modelle anbietet, und die sogenannten „Classic-Effekte“ mit authentischen Vintage-Effekten wie Chorus, Phasr etc. – sehr schön in Verbindung mit den E-Pianos. Die drei Blöcke REVERB, EFFECTS und AMP SIMULATOR kann man unabhängig voneinander nutzen, und der virtuelle Amp ist vielseitig editierbar. In 28 REGISTRATIONS (ES6: 14) darf der Spieler seine Split- und Layer-Sounds inklusive aller Effekt- und weiterer Einstellungen sichern – damit kommt man auch auf der Bühne schon recht weit. Die Masterkeyboard-Fähigkeiten bleiben allerdings begrenzt. Leider kann man die Funktionen Split und Layer nicht gleichzeitig nutzen.

Kawai ES7 Digitalpiano_02

Backing-Tracks an Bord

In der Funktionsausstattung bietet das ES7 gegenüber dem Vorgänger einiges mehr – ganz neue Features sind das Audio-Playback und -Recording. Die gängigen Digitalpiano-Funktionen wurden leicht überarbeitet: So beherrscht das METRONOM des ES7 einige Taktarten mehr, und für die MIDI-Aufzeichnung des eigenen Spiels auf der Tastatur (SONG RECORDER mit zwei Spuren) steht mehr Speicherplatz zur Verfügung. Nur leicht optimiert wurden offenbar die 100 RHYTHMS, für die jetzt eine etwas veränderte Soundauswahl unter der Haube steckt – es handelt sich um 41 Klänge, darunter auch Drums und Gitarren, die ausschließlich für die MIDI-Wiedergabe zur Verfügung stehen, also nicht über die Tastatur gespielt werden können.

Voll GM-kompatibel ist das Piano durch die eingeschränkte Soundauswahl natürlich nicht; gleichwohl speichert es seine MIDI-Songs als SMFs bzw. gibt solche Files – eingeschränkt – wieder. Die Klangqualität ist gut bis befriedigend, doch kleine Sound-Schwächen werden von den mitreißend und groovy programmierten Begleit-Arrangements wieder wettgemacht. Die Harmonisierung erfolgt wahlweise im Fingered- oder im neuen Full-Keyboard-Modus, kann aber auch den 100 PRESET CHORDS folgen – das sind gängige Akkordprogressionen aus Blues, Jazz, Pop und Rock.

Wird die Funktion ONE FINGER AD-LIB aktiviert, werden zu jedem Rhythm stilistisch passende und synchronisierte pianistische Solo-Phrasen über die obersten 17 Tasten der Klaviatur getriggert; hier findet man viele Anregungen für Solo-Licks. Das Audio-Playback und -Recording klappt am ES7 in den Formaten WAV und MP3. Wer Audiofiles am Kawai-Piano einsetzen will, muss grundsätzlich zunächst einen USB-Stick anschließen. Darauf kann man dann das eigene Spiel, auch inklusive Begleitautomatik, aufzeichnen.

Für das Playback steht über die Transporter-Tasten sogar eine Marker-Funktion zur Verfügung, außerdem wie für MIDI-Songs eine VOLUME-BALANCE zwischen Song- und Tastatur-Parts. Mit dem Song-Player kann man also beliebige Audio-Playbacks am ES7 abspielen, wobei mehrere Songs auch in Serie wiedergegeben werden können, wenn sie sich auf dem USB-Stick im selben Ordner befinden.

Was das Piano nicht bietet, sind der Tempowechsel für Audiosongs, eine Dämpfung des Melodiesignals oder die Möglichkeit, ein am Line-In anliegendes Signal mit aufzuzeichnen. Dafür gibt’s aber noch die Funktion CONVERT TO AUDIO, die intern aufgezeichnete MIDI-Songs in WAVs oder MP3s umwandelt. USB-Sticks dienen am ES7 zudem der Datensicherung: Auch Registrations und MIDI-Songs können, einzeln oder en bloc, darauf abgelegt und bei Bedarf natürlich wieder in den internen Speicher geladen werden.

Kawai ES7 Digitalpiano_01

Fazit

Ob als klassisches Digitalpiano mit wertiger Klaviatur, ob in Sachen Bedienung und Editing, oder auch bezüglich der neuen USB-Audio-Playing- und -Recording-Funktionen: Kawais ES7 stellt eine deutliche Verbesserung gegen – über dem Vorgängermodell dar. Auch die neuste Generation des soliden Pianos mit kleiner integrierter Verstärkung empfiehlt sich besonders Spielern, die ein Instrument suchen, das öfter mal zwischen Wohnung, Proberaum und Bühne hin und her transportiert werden soll. Unterm Strich: sehr gute Klangeigenschaften, gute Sounds, tolle Verarbeitung und eine in dieser Preisklasse hervorragende Tastatur. Absolut empfehlenswert.

Plus/minus

+Sound und Tastatur
+Edit- und Speichermöglichkeiten
+USB-Player/Recorder
+Rhythm-Sektion
+sehr hohe Polyfonie

– Split und Layer nicht gleichzeitig nutzbar
– externes Netzteil

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