Der Ur-Synthesizer

Peter Pichler spielt das Trautonium live

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Selbst zu der Hochzeit des Trautoniums gab es wohl kaum mehr als ein, zwei Hände voll Musiker, die das ungewöhnliche Instrument wirklich beherrschten. Zwar veröffentlichte Telefunken in den 30er Jahren das Volkstrautonium, aber auch das änderte kaum etwas an dessen Popularität. Letztendlich gab es, abgesehen von dem abgespeckten Volkstrautonium in Mini-Auflage, kaum eine Möglichkeit an eines heran zu kommen, es sei denn man war fit genug und bastelte sich selbst eins – davon zeugt der (in Kennerkreisen) berühmte Satz: “Wer ein Trautonium will, muss sich eins bauen.” von Oskar Sala, einem der ganz wenigen der eins besaß, es weiterentwickelte und auch spielen konnte. Und so geschah es, dass das Trautonium weitestgehend unbekannt in der Versenkung verschwand – dabei ist es der Ur-Vater des Synthesizers. (“Roland, ich bin dein Vater”)

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Und nun haucht der Multiinstrumentalist Peter Pichler dem exotischen Instrument wieder neues Leben ein. Dabei spielt der Münchener Berufsmusiker nicht nur bekannte Stücke für Trautonium von Harald Genzmer auf dem Mixturtrautonium (eigentlich sind ja alle Werke für Trautonium ziemlich unbekannt), sondern auch Stücke von Genzmer, die bisher noch absolut „unerhört“ sind, die also wahrscheinlich weder live vorgeführt noch auf Tonträgern veröffentlicht wurden. Einige davon sind in enger Verbindung mit Oskar Sala (1910 – 2002), entstanden; sozusagen „Ur-Techo“-Kompositionen. Peter Pichler lernte Oskar Sala als junger Mann noch kennen und war sofort vom Trautonium angefixt.

 

Am 11. Februar gab Peter Pichler nun in München sein erstes Live Mixturtrautonium Konzert zu seiner Trautonium CD „From Post War Sounds to Early Krautrock“ – die erste reine Trautonium Veröffentlichung mit verschollenen Werken für diesen Dinosaurier der elektronischen Musik überhaupt.

Pichler spielt darauf auf einem Mixturtrautonium u.a. zwei Sonaten für Mixturtrautonium und Piano, die er als Handschrift in der Staatsbibliothek München fand, außerdem ein Konzert für Mixturtrautonium und großes Orchester und die wohl erste Komposition im Mehrspurverfahren  (auf Tonband, das 1958 noch nicht einmal serienreif erhältlich war). Genzmer und Sala begründeten somit in den 50er Jahren schon die Loop-Technik der heutigen DJs.

Pichler bearbeitete all diese Stücke, um sie auch mit kleinerer Begleitung als einem Sinfonieorchester zu performen, oder live mit drei Trautonien aufführen zu können. Ferner gibt er Workshops oder präsentiert live zum Film die Musik zu Alfred Hitchcocks “Die Vögel”, der ausschließlich einen Trautonium Soundtrack hat.

 

Konzerttermine sind: 

26.2.2017: Mix Match (Theater – Eine zauberhaftes Phantasietheater bei dem sich Judith Huber immer wieder in unterschiedlichste Figuren verwandelt.); Ars Musica, München

24.3.2017: Vernissage Ausstellung “Good Vibrations”; Musikinstrumenten-Museum, Berlin

25.3.2017: Musik-Workshop Trautonium; Musikinstrumenten-Museum, Berlin

28.4.2017: Trautonium Konzert; Konzertsaal KMS, Erding

6.5.2017: “Lange Nacht der Museen”; Deutsches Filminstitut, Frankfurt

7.5.2017: “Die Vögel” – Live;  Deutsches Filminstitut, Frankfurt

3.6.2017: Trautonium Konzert; tba. München

Weitere Konzerte und Vorführungen in München, Berlin, Erding, Frankfurt (und hoffentlich noch weiteren Städten) stehen an.

Mehr Informationen gibt es hier: www.peterpichler-trautonium.com

 

Das Trautonium ist ein Vorläufer des Synthesizers. In den 1920er Jahren wurde das Trautonium von dem Ingenieur Friedrich Trautwein konzipiert und entwickelt. Unterstützung erhielt er dabei von Musikprofessor Paul Hindemith, der auch als erster Komponist für das Instrument gilt. Er unterrichtete außerdem Harald Genzmer am Trautonium und auch er komponierte Stücke für das Instrument, die nun teilweise von Pichler performt werden. Aufgrund der musikalischen Möglichkeiten und Sounds des Instruments, sind die Stücke auch nur mit einem Trautonium realisierbar.

Oskar Sala ist vielleicht der bekannteste Interpret auf dem Trautonium. Er spielte es Zeit seines Lebens, komponierte für über 300 Filme die Filmmusik auf dem Trautonium (neben “Die Vögel” z.B. auch Edgar-Wallace-Filme) und zudem entwickelte er es stets um elektrische Schaltungen, also um neue Soundmöglichkeiten, weiter. Nach dem Tod von Sala 2002 galt das Trautonium als zu komplex und unspielbar und verschwand im Museum.

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