Hell, Poppig, Durchwachsen:

Durchgehört: Das neue Album I See You von The XX

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Jetzt ist es da, das dritte Album von The XX und hört auf den Namen “I See You”. Es ist bunter, lauter und fröhlicher als man es dem britischen Trio zugetraut hätte. Statt überwiegend zu hörenden halllastigen Gitarren, gibt es einen wahren Fundus an Sample-Slices und rhythmischen Drumspuren. Wir haben uns das Album einmal genauer durchgehört.

 

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Cover des dritten Albums “I See You” von The XX. (Bild: The XX, Young Turks)

 

Für alle Fans, die seit 2012 auf den neuesten Streich von The XX gewartet haben, eine kleine Enttäuschung zu Beginn: das Werk umfasst lediglich 10 Songs. Hörer der beiden Vorgänger wurden jeweils ein weiterer spendiert. Für viele Tracks auf ihren Alben ist die Band also nicht bekannt. Das Albumcover reiht sich ebenfalls in die Linie der Diskografie ein: das große X ist altbekannt, ferner spiegelt die Oberfläche der Tonträgerverpackung. Interpreationen sind also vielfältig möglich, man rufe sich den Albumtitel “I See You” ins Gedächtnis.

Die ersten Klänge, die vom neuen Album zunächst zu hören waren, waren neben mysteriösen Teasern auf Spotify der Song ‘On Hold’, der einiges anders macht. So ganz wollte beim Erstkontakt schon hier der neue Funke nicht überspringen. Für einen Disco-Hit zu sperrig, für Popmusik zu ruhig und für The XX-Verhältnisse überhaupt nicht ins Bild passend, war es die seltsame Sample-Verstümmelung im Intro und Refrain, die zwar irgendwie neu aber dafür nicht gut genug klang.

Zum ersten mal gibt es auf einem Album der Band auch deutliche Unterschiede zwischen den beiden, sonst eigentlich sehr harmonisch passenden Sängern. Während Oliver Sims Gesang gewohnt gefühlvoll und melancholisch ausfällt, wirkt der von Romy Croft manchmal seltsam blass, bemüht und stellenweise sogar deplaziert. Ähnlich verhält es sich mit den von Jamie Smith beigesteuerten Rhythmen, die sich zeitweise so gar nicht in die Songstruktur einfügen wollten. Vielleicht ist es Smiths Experimentierfreudigkeit geschuldet, die er mit seinem 2015 erschienen Solo-Werk “In Colour” unter Beweis stellte und die es etwas zu deutlich auf die Platte geschafft hat.

Soll aber heißen: das hat im Falle von Songs wie “Dangerous”, “Lips” (der eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Rihanna Feature “Princess Of China” von Coldplay vorzuweisen hat) und “Say Something Loving” oft auch etwas wirklich Gutes. Im Falle des letztgenannten Titels klingt da eine Kraft durch, die man von dem eher introvertierten Trio nicht erwartet hätte – im positiven Sinn.

Aber auch für Melancholiker hält die Platte wieder ein paar Titel bereit: während Sim auf “A Violent Noise” sein Solo-Glanzstück abliefert, mag sich der von Croft gesungene Song “Performance” nicht so recht entwickeln und dümpelt irgendwo zwischen Selbstkopie und dem Versuch, noch etwas mehr Gefühl in das Projekt zu bringen. Das haben The XX aber gar nicht mehr nötig. Nach 10 Titeln ist dann Schluss und lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück.

 

Fazit

Mit den Alben nach dem (zu Recht) vielbeachteten Debüt hat man es bei The XX nicht ganz einfach. Wirkte “Coexist” überwiegend wie eine gut gemachte Fortsetzung des Erstlings, schlägt “I See You” in eine andere, hellere und experimentierfreudigere Richtung ein, was unter anderem am musikalischen Einfluss von Jamie Smith alias Jamie XX liegen dürfte. Das klingt dann mal fröhlich, kraftvoll und richtig gut wie in “Say Something Loving”, oder versickert etwas im musikalischen Boden wie “Performance”. Die Idee, statt einem beigesteuerte Feature bei Songs anderer Künstlern – wie es momentan im Pop sehr üblich ist und immer war – die Discohits einfach selbst zu schreiben, ist auch nur bedingt aufgegangen. Unter’m Strich bleibt “I See You” also ein durchwachsenes Album, dass durchaus seine starken Momente hat – aber eben nicht immer.

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