Spielplatz für Erwachsene

Das war die Superbooth 2018

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(Bild: Marc Bohn)

Donnerstagmorgen ging es um 8:30 Uhr mit dem Boot von der Jannowitzbrücke aus in Richtung FEZ, wo die Superbooth nun zum zweiten Mal stattfand. Das Shuttle wurde vom Veranstalter organisiert und ging einmal morgens zur Superbooth hin und abends wieder zurück. Dauer: eine Stunde! Berlin zeigt sich während der drei Tage von seiner besten Seite, und so genießen wir die Fahrt über die Spree durch die suburbane Kultur und die Geschichte Deutschlands und Berlins. Und das bei Sonnenschein − ein schöner Start in den Tag.

An Bord sieht man viele bekannte Gesichter von Vertrieblern, PR-Menschen, Pressevertretern und eben Hersteller, Tüftler und Schrauber selbst! Hier sitzt die Crème de la Crème der Synth-Szene! Einige davon haben wir schon während der Musikmesse gesehen, andere wiederum trifft man übers Jahr verteilt. So kommt es, dass sich die Bootstour wie eine Klassenfahrt anfühlt!

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Als wir in der Nähe des FEZ am Garten eines Hotels anlegen, begrüßt uns Andreas Schneider mit seiner Familie. Die Stimmung ist sowieso generell sehr familiär, alle an Bord sind total offen, und man kommt schnell ins Gespräch. Geselligkeit wird großgeschrieben. Der eine oder andere bestellt sich auf der Fahrt auch ein Bier − abends bin auch ich dabei, aber so früh am Morgen bleibe ich doch bei Kaffee!

In Zweierreihen geht es dann ab zum FEZ, was eigentlich ein gemeinnütziges Kinder-, Jugend- und Familienzentrum ist. Ein Schwimmbad ist ebenfalls integriert und über die Tage auch im Betrieb. Deshalb kommt es auch mal vor, dass man auf dem Weg vom Foyer in den W-Trakt an Leuten vorbeiläuft, die sich auf dem Flur die Haare föhnen. Warum auch nicht? Sonntags tauchen auch plötzlich hunderte von Jugendlichen in schicken Klamotten auf, die in einem der Räume ihre Jugendweihe gefeiert haben − zwischen Ping-Poing-Bumm-Tzzz-Tschack-Waber-Waber! Was die sich wohl gedacht haben?

The Synthesist Reloaded auf der Seaside Stage. Zusammen mit Bitwig haben wir mit dem Trio einen Modular-RecordingWorkshop im Raum vom Abbey Road Institute veranstaltet. (Bild: René Marx)

Den Stellenwert der Superbooth untermauern die Hersteller in diesem Jahr selbst, in dem sie die Plattform dazu nutzen, um ihre Entwicklungen vor Ort zum ersten Mal der Welt präsentieren. Darunter auch Dave Smith Instruments, die den Sequential Prophet X zeigten. Beim Prophet X handelt es sich um einen Hybrid-Synth, der eine 16-stimmige (mono) bzw. achtstimmige (stereo) subtraktive, analoge Klangerzeugung mit digitalen Oszillatoren kombiniert und auch Samples verarbeiten kann. An Bord sind 150 GB Samples. Die Möglichkeit, eigene Samples zu laden, soll Ende des Jahres implementiert werden. Pro Layer sind zwei Effektblöcke aktivierbar, und es gibt einen bis zu sechsstimmig polyfonen Sequenzer sowie einen Arpeggiator. Der Synth bietet u. a. Sample-Timestretching, diverse Loop-Features, vier Hüllkurven, vier LFOs und eine ausgefuchste Modulationsmatrix. Für True-Stereo-Processing steht je ein analoges 4-Pol-Resonanz-Filter für die rechte und linke Seite zur Verfügung. Der Synth soll 3.999 Dollar kosten.

Auch IK-Multimedia begibt sich in den Hardware-Synth-Bereich! Mit dem UNO-Synth präsentiert IK Multimedia seinen ersten Hardware-Synthesizer mit analogem Sound. Synthesizer-Einsteiger werden dieses einfach zu bedienende Instrument lieben − 100 Presets und eine logische Bedienoberfläche mit wählbaren Skalen und einem Arpeggiator machen den UNO Synth zu einer guten Option für den Einstieg in die Synthesizer-Welt.

Unter der Haube arbeitet eine leistungsstarke Synthesizer-Engine mit einer analogen Tonerzeugung aus zwei VCOs, Noise, einem resonanzfähigen Multimode-VCF mit Overdrive sowie einem VCA. Außerdem verfügt der Synth über zwei unabhängige VCOs mit Sägezahn-, Dreieck und Pulse-Waveform, Pulsweitenmodulation, einen separaten Noise-Generator mit Weißem Rauschen und sieben LFO-Wellenformen zum Modulieren von Pitch, Filter, Amp und kontinuierlichen Wellenformänderungen des Oszillators inklusive PWM. Die hochflexible Engine zeichnet sich durch einen satten, warmen, druckvollen und tiefen Bass aus. UNO Synth bietet zudem eine breite Palette an Sounds, Drones, Arps, Sequenzen, Sweeps und Effekten.

Dass die Softwareschmiede U-He, die u. a. für großartige Software-Synths wie Diva und Zebra verantwortlich zeichnet, jetzt auch Hardware-Module für das Eurorack herstellt, hat sich schnell rumgesprochen. Das erste Modul ist CVilization, eine clevere 4×4-Routing-Matrix, die CV- und Audio-Signale verarbeitet. Das Modul soll unter 300 Euro kosten.

Die griechische Hardwareschmiede Dreadbox hat auf der Superbooth einen kleinen, aber feinen Synthesizer mit analoger Klangerzeugung im Eurorack-Format gezeigt. Der kompakte, monofone Synth- Expander hört auf den Namen Lil’Erebus und bietet zwei Oszillatoren, ein Delay-Effekt und 16 Patch-Points. Er ist als Bausatz verfügbar und kostet 158 Euro.

Auch Manikin Electronic war mit drei neuen Modulen vor Ort, dem DHA-1 Dual Headphone Amplifier, dem CV-DAC-8 8-Channel-Audio/CV-USB-DAC und dem PPA-1 Phono-Pre-Amplifier & Subsonic-Filter.

Gesprächskonzert (Bild: René Marx)

Verbos Electronics zeigten einen neuen Multi-Delay-Prozessor.

Die Anzahl der neuen Module ist riesig und würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Weitere Infos findet ihr auf unserer Website.

Für das leibliche Wohl ist auf der Superbooth bestens gesorgt. Auf der Seaside Stage spielen Modular-Acts und Bands, daneben gibt es Essensstände, die von gegrillten Chicken Wings über japanische Pfannenkuchen bis hin zur veganen Pita alles bieten. Wir nutzen die Mittagszeit dazu, in der Sonne zu sitzen, etwas zu essen und den Elektro-Tönen zu lauschen − absolutes Festival-Feeling, mit vielleicht etwas mehr Schlaf, eben dem Alter entsprechend! Wir sind allerdings nie alleine, man trifft sich an jeder Ecke zufällig, Termine sind nicht nötig! So kommt es, dass wir plötzlich mit Autor Matthias Fuchs, der als Moog-Spezialist vor Ort ist, und den Entwicklern von Schmidt-Synthesizer zusammensitzen und gemeinsam in Erinnerungen an das KEYBOARDS-Forum schwelgen. Nostalgie pur!

Die drei Tage Superbooth vergehen wie im Flug! Es gibt vieles zu sehen, wir haben sehr intensive Gespräche, weil nicht nur die Synthszene, sondern auch viele aus dem Recording-Bereich wie SPL, MOTU und auch Zoom vor Ort sind, nur um ein paar zu nennen.

Beim Verlassen des FEZ schwingt etwas Wehmut mit, und ich bin fast traurig, nach drei Tagen wieder nach Hause zu müssen. Auf dem Weg nach draußen kommen uns Eltern mit ihrer jungen Tochter entgegen, die auf dem Weg zum Schwimmbad sind. Die Kleine fragt: »Mama, was ist das hier?«, und die Mutter antwortet: »Ein Spielplatz für Erwachsene!« Das kann ich so unterschreiben! Ich freue mich schon auf das nächste Jahr.

Mario Hammer auf der Seaside Stage (Bild: René Marx)

Hier findest du einige Videos direkt von der Superbooth18 mit Produktvorstellungen:

Die Pressestelle der Superbooth fasst abschließend noch einmal zusammen: 

Fast 250 Aussteller aus aller Welt, 22 Konzerte und Gesprächskonzerte täglich, außerdem Talkrunden, Workshops vieles mehr und rund 6000 Besucher. Damit war die Superbooth18 wieder größer als im Vorjahr und bereits rund doppelt so erfolgreich wie beim Premierenjahr 2016, gemessen an Aussteller- und Besucherzahl. Die Superbooth ist somit maßgeblich mitverantwortlich den Standort Berlin als internationales Zentrum für elektronische Musik zu festigen.

Auch Veranstalter Andreas Schneider zieht ein positives Fazit und plant schon jetzt für 2019: „SUPERBOOTH18 war ein gelungenes Festival, obgleich der Kern der Veranstaltung nach wie vor die Fachmesse für elektronische Musikinstrumente ist und bleiben wird. Mit den vielen Konzerten, Präsentationen und Workshops wurden mehr als 6000 Teilnehmer drei Tage lang, von 10-24 Uhr, gut unterhalten. Schon jetzt freuen wir uns auf die Folgeveranstaltung im Jahr 2019 am gleichen Ort und nehmen ab sofort Buchungsanfragen jeder Art entgegen.“

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