Keyboarder im Gespräch

Auf Tour mit Mark Forster

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Spätestens seit dem Megaerfolg mit seinem zum Fußballhit-Sommermärchen umkonfektionierten Hit Au Revoir ist Mark Forster aus der deutschen Popszene nicht mehr wegzudenken. Bemerkenswert sind aber auch seine Live-Shows, bei denen auch sein Keyboard-Duo wieder verstärkt auf Hardware-Vielfalt setzt.

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KEYBOARDS traf sich mit Christopher Noodt und Daniel Nitt vor dem Soundcheck im Kölner Palladium zum Interview und einem ausführlichen Rundgang über die opulent bestückte Bühne.

Wie ist die Arbeit mit Mark zustande gekommen?

Daniel: Zur Zeit des ersten Albums gab es mit Christopher zunächst eigentlich nur einen Keyboarder. Ich habe ihn dann ein-, zweimal vertreten, was schließlich dazu führte, dass ich Marks zweites Album Bauch Und Kopf mitproduziert habe. Auf diesem landeten ja bekanntlich jede Menge Streicher, die es im Anschluss natürlich auch auf die Bühne zu bringen galt. Aus logistischen Gründen entstand so die Idee, das Ganze dann live mit zwei Keyboardern umzusetzen. Damals dachten wir auch noch nicht an so viel Equipment …

Die erste Zeit war dann jeder von uns mit einem Nord Stage inklusive Orchester-Libraries bewaffnet, ergänzt um einen Moog Little Phatty meinerseits und einem Juno-106 für Christopher. Diesen Luxus wollten wir uns dann schließlich schon leisten.

Irgendwie war uns aber relativ schnell klar, dass dies nicht der Weisheit letzter Schluss sein konnte. Zumal zwei Nord Stage ja in gewissem Sinne schon irgendwie eine ähnliche Klangsignatur mit wenig Abwechslung mitbringen. Letztlich ist mit dem Anstieg an Instrumenten auf der Bühne nur ein Clavia »Noodt« geblieben. Für alle Sounds, die unser aktuelles Setup so nicht abdeckt, haben wir zudem auch noch ein Main-Stage-System mit an Bord.



№5/6 2017

  • Editorial
  • Facts & Storys
  • Modular Kolumne
  • EVANESCENCE
  • Im Gespräch mit Lars Eidinger
  • HÄMMERN MIT DEN GRANDBROTHERS
  • Reisen & Neuanfänge: Lucy Rose
  • Keys4CRO: Tim Schwerdter
  • Klangbastler Enik & Werkzeugmacher Gerhard Mayrhofer
  • Bei Klavis in Brüssel
  • BACK TO THE ROOTS: AKAI MPC X
  • Dexibell Combo J7
  • DICKES BRETT: POLYEND SEQ
  • Mr. Hyde & Dr. Strangelove jagen Dr. No
  • Visionäre: MIDI In My Head!
  • DIE ELKA-STORY
  • Transkription: Michael Wollny
  • Impressum
  • Inserenten, Händler
  • Das Letzte − Kolumne


Sprich, Main-Stage kümmert sich um Sachen wie Orchester-Sounds und Streicher-Samples?

Damit haben wir recht früh angefangen, die Sounds des Nord Stage zu doppeln und klanglich zu ergänzen − und das, obwohl wir beide schon eine gesunde Skepsis gegenüber Computersystemen haben. Eigentlich war es auch unser ursprünglicher Plan, komplett auf Computer verzichten zu können. Leider mussten wir aber bei der letzten Produktion lernen, dass es einfach Sample-Libraries gibt, die man eben nur im Rechner fahren kann. Also galt es, in diesem Punkt umzudenken.

Christopher: Mittlerweile nutze ich bei meinem Clavia fast nur noch so gestackte Sachen, also eine Kombination aus Kontakt-Instrument und Nord. Man braucht eben letztlich eine Mixtur, die sich gut durchsetzt.

Das war dann aber keine Entwicklung über Nacht …

Daniel: Nein, das war insgesamt ein Prozess, der mehr als ein halbes Jahr in Anspruch genommen hat. In diesem Zug hatten wir auch die oft genutzte Korg-Kronos-Variante ausprobiert, aber zweimal Nord plus zweimal Korg war dann am Ende auch keine Lösung.

Christopher: Mittlerweile können wir es uns aber auch erlauben, ein bisschen mehr Instrumente mit auf Tour zu nehmen. So was macht man natürlich nicht, wenn man alles alleine schleppen muss. Dass wir nun auch spezielleres Zeug wie etwa die Phillicorda oder die beiden Hohner-Schätzchen mitnehmen können, ist schon echter Luxus.

Daniel: Das war aber jetzt auch nur speziell für die Tour. Bei den Festivals im Sommer wird das auch schon wieder anders aussehen. Es ist uns auch wichtig, dass alles irgendwie dann doch noch transportiert werden kann und als tourtauglich durchgeht. Die Philli zum Beispiel ist wirklich sturdy, ich glaub, da kann man mit ’nem Trecker drüberfahren, das gleiche gilt für das CP-70.

Ohne Klavierstimmer auf Tour – mit einem CP-70 undenkbar! (Bild: Markus Thiel)

Auch ein wirklich »handliches« Instrument …

Daniel: Ja! (lacht) Wir haben es aber auch zusätzlich noch MIDIfizieren lassen, damit es besser in das Setup passt. Dazu haben wir ein Case anfertigen lassen, wo es ohne Demontage komplett hineinpasst. Beine abschrauben, Deckel drauf, fertig! Natürlich zieht man sich mit so Extras wie etwa den Hohner-Instrumenten auch schnell den Hass der Backliner zu. Wir denken jedoch, dass die Risiko-Nutzen-Bilanz trotzdem noch ganz gut aussieht. Wir geben uns natürlich auch jegliche Mühe, die Backliner in ihrem Job zu unterstützen und sicherzustellen, dass am Ende auch alles heile bleibt. Es ist halt immer ein Geben und Nehmen.

Die Philli und das CP-70 haben ihren Bühnenplatz zudem dadurch ergattert, dass sie eine nicht unwesentliche Rolle bei der Produktion der Platte gespielt haben.

Christopher: Natürlich kann man ähnliche Sounds auch aus anderen Kisten herausholen und simulieren. Am Ende ist es aber auch genau diese Liebe zum Detail und die Freude daran, dass es diese Teile eben gibt.

Christopher Noodt (Bild: Timo Wichmann)

Macht es für dich auch im Zusammenspiel mit der Band einen Unterschied, ob du ein echtes Vintage-Instrument unter den Fingern hast oder ob du eine gute Software-Simulation spielst?

Christopher: Es ist in jedem Fall ein anderes Gefühl, schon weil man zu dem Instrument eine komplett andere Beziehung hat. Es ist halt schon etwas Organischeres, auch wenn ich mir nicht sicher bin, dass das die Zuhörer genauso wahrnehmen. Alles in allem erhöht es für uns aber natürlich auch den Spaßfaktor und beflügelt die Hingabe, mit der man das dann eben macht.

Daniel: Irgendwie hat es mich auch schon immer gestört, dass beispielsweise niemand von einem Drummer verlangen würde, auf einem E-Drumset zu spielen, und auch Bassisten nicht dazu gedrängt werden, einen Plastikersatz zu spielen. Bei Keyboardern erwartet hingegen jeder, dass er möglichst kein Klavier mit auf die Bühne nimmt, sondern stattdessen eben so einen Plastikersatz.

Natürlich ist das eine praktikable Sache, aber es macht einfach so viel mehr Spaß, wenn man Klavier spielt, das auf einem echten Instrument zu machen − da zähl ich das CP-70 auf jeden Fall mal dazu!

Mark Forster (Bild: Markus Thiel)

Ist ja schließlich ein vollwertiger Klassiker.

Wir haben es sogar schon im Studio benutzt. Um das nagelige Signal des Ausgangs aufzuwerten, haben wir zu diesem Zweck das Yamaha geöffnet und für die Aufnahmen noch zwei Mikrofone drübergehangen. Da sich so was auf der Bühne leider nicht realisieren lässt, mussten wir live umdenken und uns eine andere Lösung einfallen lassen. Schließlich haben wir mit Kontaktmikrofonen der Schweizer Firma Schertler experimentiert, von denen nun zwei im CP kleben und das DI-Signal mit ordentlich Körperschall und Stereofonie aufwerten. Jetzt hört man einfach viel mehr vom Holz des Instruments. Das Hackbrett, das du vorhin auf der Bühne gesehen hast, wird im Übrigen auf die gleiche Weise abgenommen.

Christopher: Da wir ja eigentlich nur im deutschsprachigen Raum unterwegs sind, ist die Logistik per LKW natürlich auch kein Problem. Wir müssen uns also gewichtsmäßig nicht so beschränken, wie das bei internationalen Acts schon mal der Fall ist. Miet-Backlines kommen für uns auch gar nicht infrage, da wir ja nicht mal eben schnell unsere Sounds in einen vorhandenen Kronos laden können. Es ist schon auch einer unserer Ansprüche, dass sich unser Lineup deutlich von anderen unterscheidet, was uns letztlich auf der Bühne dann viele Freiheiten eröffnet.

Wie würdet ihr die Zusammenarbeit mit Mark und der Band beschreiben?

Daniel: Das Geniale an der aktuellen Konstellation ist, dass hier wirklich alle an einem Strang ziehen. Ein wichtiger Faktor ist wahrscheinlich auch unser Backline-Konzept, was sich von einer klassischen Miet-Backline dadurch unterscheidet, dass alle hier kreativ mitarbeiten und die Zusammenstellung selbst beeinflussen können. Bevor irgendjemand ein neues Instrument mit auf die Bühne bringt, wird das natürlich auch ausführlich mit unserer Tontechnik und den Backlinern besprochen. Bei uns wird niemand vor vollendete Tatsachen gestellt! Irgendwie haben aber auch alle immer eine ähnliche Idee davon und ein Gespür dafür, wie es letztlich gut werden könnte. Abgesehen von der Gesprächskultur stimmt aber auch einfach die Chemie in der Band. Ich würde behaupten, dass so etwas in Musikerkreisen zu finden annähernd so schwer ist wie den Partner fürs Leben.

Daniel, mittlerweile bist du, wie ich hörte, aber auch noch mit der musikalischen Leitung der Show betraut.

Das hat sich irgendwie so ergeben. Da ich ja zusammen mit Ralf Christian Mayer bereits das vorletzte sowie auch das aktuelle Album von Mark produziert hatte, kannte ich das Material natürlich schon mal sehr gut. (lacht) Bei der letzten Produktion war es zum Beispiel so, dass die Platte genau einen Tag vor der ersten Bandprobe fertig wurde; da war es dann gut, noch alles im Kopf zu haben. Während der Show kümmere ich mich in meiner Funktion dann auch noch um Einspieler, von denen wir auch ein paar haben.

Bis auf die Bläser braucht hier im Übrigen auch keiner irgendwelche Noten, sodass es meist reicht, sich einfach zusammenzusetzen. Die zusätzliche Arbeit hält sich also im Rahmen. Man muss hier zum Glück keine »Truppe zusammenhalten«, das machen die alle schon prima selbst.

Was steht bei euch als Nächstes an?

Ab Pfingsten beginnt jetzt erst mal die Sommershow und Festivalzeit, auf die wir uns riesig freuen.

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