Patch & Work

Synth-Werk SW-3P-2020 – Modularsystem im Test

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Als ich dem »SW-3P-2020«-Modularsystem zum ersten Mal gegenüberstand, war ich ganz schön hin und weg. Ich hatte natürlich vorab schon einige Fotos gesehen, aber es mit eigenen Augen zu sehen ist nochmal eine ganz andere Nummer. Sehr edel wirkt es in seinem schwarzen Design, mächtig in seiner schieren Größe und geduldig auf jemanden wartend, der es mit Musik zum Leben erweckt.

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Gebaut wurde das Instrument von Gerhard Mayrhofer, dem Gründer der Firma Synth-Werk. Er ist schon seit vielen Jahren ein Bewunderer von Dr. Robert Moog und dessen musikalischen Erfindungen und hat es sich zum Beruf gemacht, Moog-Module und -Modularsysteme im 5U-Format so originalgetreu wie nur möglich nachzubauen.

Mit dem Moog IIIP(oder auch 3P)-Modularsystem aus den 1960er-Jahren hat sich Gerhard Mayrhofer eine Ikone der Musikgeschichte vorgeknöpft. Es konnte dank seines relativ leichten Gehäuses von Musikern erstmals mit auf Tour genommen werden. Jeder, der sich so ein System leisten konnte, wollte dann auch eines haben, darunter Künstler wie George Harrison, Florian Fricke, Isao Tomita, Tangerine Dream und Klaus Schulze, dem diese neue SW-3P-2020-Version gewidmet ist.

Satte zehn Oszillatoren hatte Bob Moog dem IIIP spendiert, so nun auch Gerhard Mayrhofer seinem SW-3P-2020. Davon ist einer im 901-Modul als Solostimme angelegt, die restlichen neun sind jeweils in einem Dreiergespann in den 901-ABBB-Oszillatorbänken, die auch für den berühmten Moog-Sound verantwortlich sind. Hier kann man alle drei 901-B-Oszillatoren einzeln stimmen, aber eben auch zusammen über das 901-A-Oszillator-Controller-Modul – praktisch für schwebende Drones, aber auch Akkorde, massive Bässe oder crispe Leads.

Nach dem Stimmen der ersten drei Oszillatoren auf denselben Grundton, aber leicht zueinander verstimmt, staune nicht schlecht, wie warm, aber auch präzise die Oszillatoren klingen, wie erwartet sehr Moog-ish in hoher Synth-Werk-Qualität. Vor allem von den Schwebungen bin ich sehr überrascht, die extrem lebendig und
organisch, ja fast samtig in ihrer Textur klingen. Während ich wie verzaubert an den Oszillatoren schraube, erzählt mir der gelernte Nachrichtentechniker, dass er die Bauform und Anordnung der Bauteile bei den Oszillatoren optimiert hat, um sie thermisch zu stabilisieren. Gerade in den 1960erund 1970er-Jahren waren Synthesizer dafür bekannt, notorisch aus dem Tuning zu driften, vor allem, wenn es auf der Bühne heiß wurde. Um solche Probleme weitestgehend zu vermeiden, wurde die Platine in ein halboffenes Gehäuse platziert. Dem druckvollen Klang der Module hat es auf jeden Fall nicht geschadet.

Gerhard Mayrhofer mit seinem SW-3P-2020

Und wie spiele ich nun Melodien auf dieser riesigen Schaltzentrale? Um die Oszillatoren anzuspielen, bietet das System sehr flexible und musikalisch extrem gut durchdachte Möglichkeiten, die eigentlich jedes System haben sollte. Bob Moog hat neben den üblichen Steuerspannungseingängen eine Art Bus-System entwickelt, mit dem man durch vier simple Schalter vier externe Steuerspannungen flexibel an verschiedene Stellen im System schicken kann – zum Beispiel an alle zehn Oszillatoren, aber auch an die Hoch- und Tiefpassfilter. Drei dieser CV-Eingänge befinden sich hinten am Gerät, wie auch schon beim IIIP aus den 1960er-Jahren. Hier kann man sein Keyboard, seinen Sequenzer oder was man sonst noch im Sinn hat, anschließen. So kann man mit wenigen Handgriffen eine Melodie von allen zehn Oszillatoren spielen lassen oder verschiedene Akkord-Strukturen ausprobieren, ohne erstmal eine Kiste voller Kabel zu verpatchen. Vorne an den Controller-Input-Modulen selbst ist jeweils noch ein vierter CV-Input zu finden. Das erspart einem den Weg an die Rückseite des Geräts, wenn man spontan ein neues Signal einschleifen möchte. Insgesamt eine wirklich schöne, runde Sache.

Filter über Filter …Was wäre ein Moog System ohne sein berühmtes Tiefpassfilter? Davon gibt es hier eines in Form des »SW 904 A«-Moduls, an dem natürlich auch der Resonanzregler, hier »Regeneration« genannt, nicht fehlen darf. Und ja, die Synth-Werk-Variante klingt wie erwartet herrlich cremig, genau wie das Original.

Links daneben befindet sich ein Hochpass-Filter, in der Mitte ein Filter-Koppler, der die beiden angrenzenden Module je nach Schalterstellungen miteinander zu einem Bandpass oder einem Bandreject (Notchfilter) verkoppelt. Steht der Schalter auf »Off«, arbeiten beide Module unabhängig voneinander. Praktisch.

Einen weiteren Ohrenschmaus findet man im 914-Modul, das auch mein persönliches Filter-Highlight im SW-3P-Modularsystem ist. Es handelt sich um eine Filterbank, die einem mit ihren Highpass-, Lowpass- und zwölf Bandpass-Filtern extrem viel Klangformungspotenzial bietet und dabei auch noch irre gut klingt. Wir patchen ein Weißes Rauschen in den Audio-Input und hören uns die einzelnen Filter in Aktion an. Kaum habe ich angefangen, an den Reglern zu drehen, ist auch schon mindestens eine halbe Stunde vergangen. Es ist ein Modul, das einen immer wieder mit ungewohnten Sounds überrascht – herrlich!

Und wohin nun mit all den Sounds? Im nächsten Schritt könnte man die Oszillatoren beispielsweise in einen der vier kompakten CP-3-Mischer patchen, die man allerdings nicht nur mit Audiosignalen, sondern auch mit Steuerspannungen für weitere Klangexperimente füttern kann.

Ein weiterer, sehr großzügig angelegter 4-Kanal-Mischer befindet sich im rechten Gehäuse, der je vier Audioeingänge und Audioausgänge besitzt. Mit seinen flexiblen Routing-Möglichkeiten sind hier Quad-Mixes möglich, alternativ natürlich auch zwei Stereo-Mixes oder auch einfach nur vier simple Mono-Pfade.

Klaus Schulze mit seinem Moog IIIP-System

Der Spring Reverb in Form des 905 Moduls ist ein weiteres meiner persönlichen Highlights – ein sehr samtig und edel klingender Federhall. Gerhard Mayrhofer erzählt, dass er mehrere Jahre an dem Modul gefeilt hat, bis er mit dem Sound zufrieden war. Wir patchen das Modul, das nur einen großen »Reverberation «-Regler besitzt, in den Signalpfad und drehen langsam den Hall rein. Wow, er klingt ganz anders als erwartet! Er ist sehr dezent, drängt sich nicht in den Vordergrund und schmiegt sich insgesamt sehr wohlig an den Klang. Das Modul kann in zwei verschiedenen Modi betrieben werden. Im ersten Modus stellt man mit dem Regler wie sonst auch üblich das Wet/Dry-Verhältnis ein. Im zweiten Modus wird das trockene Signal nicht abgeschwächt, sondern bleibt gleich laut im Signalpfad erhalten, während mit dem Regler nur der Hallanteil dazu gefahren wird. Praktisch!

Jetzt hätte ich aber auch gerne ein paar Rhythmen gespielt … Im rechten Case befindet sich alles, was man braucht, um separate Töne zu spielen. Die Basis bilden drei Verstärker-Module links oben im Case, die das anliegende Audiosignal nur durchlassen, sobald eine Steuerspannung anliegt – so wie man es heute noch von VCA-Modulen kennt. Um die VCAs nun mit sinnvollen musikalischen Steuerspannungen zu versorgen, dürfen natürlich Hüllkurven-Generatoren nicht fehlen, davon gibt es hier auch drei an der Zahl.

Inmitten der Generatoren befindet sich das »Dual Trigger Delay«-Modul, dessen zwei Delay-Einheiten jeweils eine Verzögerungszeit auf das eingehende Trigger-Signal legen können, um so verspieltere Rhythmen patchen zu können. Und auch hier gibt es wieder ein Routing-Modul, mit dem man per Schalter sowohl Trigger- als auch Hüllkurven-Signale unkompliziert an sinnvolle Ziele schicken kann, ohne sich Kabel zu stecken.

All diese Details sind sowohl im Original-Moog als auch im neuen »SW-3P-2020«-Modell vorzufinden und lassen auch nach so vielen Jahren überraschenderweise kaum Wünsche offen.

Und was ist im vierten Case? Das Sequenzer-Case war ursprünglich kein offizieller Bestandteil des Moog IIIP-Modularsystems, passt aber dennoch so gut dazu, dass man es bis heute als komplementär zum IIIP sieht. In seinem Herzstück, den zwei 960-Modulen, steckt jeweils ein 8-Step-Sequenzer, der drei verschiedene Spannungen pro Step ausgeben kann. Mit diesen drei Reihen – bzw. insgesamt sechs, wenn man denn beide Sequenzer kombiniert benutzen möchte – können bis zu sechs verschiedene Melodien gleichzeitig gespielt werden. Alternativ kann man die Spannungen natürlich auch an andere Module im System schicken, wie beispielsweise zum Filter, zu den VCAs oder was einem sonst noch sinnvoll erscheint. Besonders abgefahren finde ich die Möglichkeit, die jeweils dritte Reihe der Sequenzer per Schalter so umzufunktionieren, dass man mit ihren Drehreglern das Timing von jedem Step einzeln einstellen kann. Wow! Allein mit dieser Funktion kann man sehr abgefahrene Sequenzen bauen und stundenlang herumexperimentieren.

Man kann die einzelnen Reihen der Sequenzer auch mit dem darunter liegenden 962-Modul, dem Sequential Switch, zu einer langen Sequenzerreihe mit 48 Steps umprogrammieren oder zwischen den einzelnen Reihen nach Belieben hin und her wechseln.

Fazit

Gerhard Mayrhofer ist dem Original von Bob Moog sehr treu geblieben … bis auf ein paar wenige Ausnahmen, die das Synth-Werk 3P-2020-Modularsystem jedoch aufwerten, so z. B. die thermische Stabilisierung der Oszillatoren, das Hinzufügen von extra Multiples und Abschwächern oder das neue Modul im rechten Case, mit dem man nun einen symmetrischen Ausgang bekommt – ich würde mal darauf tippen, dass Bob Moog gegen diese Änderungen nichts gehabt hätte, im Gegenteil. In allen anderen Details hat Gerhard Mayrhofer großen Wert darauf gelegt, die originalen Schaltplänen eins zu eins umzusetzen, und weder Mühe noch Zeit gescheut, um auch knifflige Aufgaben, wie die Umsetzung des Spring-Reverb-Moduls, durch langes Testen und Experimentieren auf hohem Moog-Niveau nachzubauen.

Im Vergleich zum offiziellen Moog Reissue des IIIP-Systems ist das Synth-Werk-Modell deutlich günstiger. Aber natürlich reißt auch der Kauf des SW-3P-2020 ein gehöriges Loch in die Kasse, wobei man allerdings berücksichtigen sollte, dass die einzelnen Bauteile teuer sind und jedes System zudem in kompletter Handarbeit gefertigt wird. Wie sagte Hans Zimmer einst so schön in einem Interview: »Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich mich vor einigen Jahren zwischen einem Auto und einem Moog entscheiden musste … Ich fahre bis heute noch kein Auto.« (lacht)

www.synth-werk.com

Hersteller: Synth-Werk
Preis: 19.500,– Euro zzgl. MwSt.
Internet: www.synth-werk.com

Unsere Meinung:
+++ toller Klang
+++ solide Verarbeitung
+ originalgetreue Nachbildung mit ein paar wenigen, sinnvollen Upgrades
– sehr teuer – allerdings deutlich günstiger als Moogs Neuauflage

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