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Roland RS-09 Synthesizer (*1979)

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(Bild: Dieter Stork)

Rolands RS-09 gehört zu den stillen Stars der Stringsynthesizer, obwohl er von vielen wichtigen Bands der Popgeschichte benutzt wurde. Er ist z. B. für einige der atmosphärischen, leicht düsteren Pad-Sounds auf Talk Talks erstem Album The Party’s Over verantwortlich.

Roland brachte den RS-09 1979 auf den Markt und verkaufte ihn bis 1983. Das Instrument vereint eine String- und eine Orgel-Sektion unter einer Haube und ist sehr transportfreundlich gestaltet. Die Roland-Produktpalette umfasste bis dahin eher größere String-Synthesizer wie den RS-101 von 1975, der zusätzlich noch eine Brass-Sound-Sektion bietet und den RS-202, der das erste Roland-Gerät mit dem legendären Chorus-Effekt ist, der später u. a. auch die Juno-Synthesizer veredelte. Auch der RS-09 wurde damit ausgestattet. In Sachen Stage-Orgel bot die Firma bis dahin u. a. den VK-6 an, der später durch den VK-1 abgelöst wurde. Eine abgespeckte Version des RS-09, bei der auf die String-Sektion verzichtet wurde, kam ebenfalls 1979 heraus und hört auf den spacigen Namen Saturn-09.

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RS-09-User

Man wird es kaum glauben, aber es gab mal eine Zeit, als auch die Simple Minds eine coole Band waren. Diese Ära lag in den frühen 80er-Jahren, als sie Platten wie Sons And Fascination und Sister Feeling Call herausbrachten und Keyboarder Michael MacNeil u. a. auch den RS-09 einsetzte. Eine weitere bekannte Band, die in dieser Ära mit ihren Releases die Evolution der Popkultur prägte, sind die Gothic-Gründerväter The Cure; auch sie gehören zu den Usern des RS-09-Stringsynths und verwendeten ihn z. B. auf 17 Seconds und The Forest. Zum User-Kreis gehören außerdem King Crimson, die das transportfreundliche Keyboard bei ihrer „Discipline“- Welttournee (1981) dabei hatten, ebenso die Industrialband SPK, Wall Of Voodoo, The Sound und Klaus Doldingers Passport. Dass die Faszination an dem Stringsynth bis heute nicht nachgelassen hat, zeigen unterschiedliche Leute wie Jimi Tenor oder Jason Lytle von der US-Band Grandaddy, die den RS-09 heute noch einsetzen.

808-Design 

Roland-Fans werden sofort die Ähnlichkeit der Seitenabdeckungen des Synthesizers mit der TR-808 bemerken. Auch einige Bedienelemente wie die Tipptaster mit integrierter LED erinnern an die kultige Rhythmusmaschine. Die frühe Version des Gerätes besitzt übrigens statt der 808-artigen bunten Taster, orgelartige, graue Kippschalter, die etwas langlebiger und weniger anfällig gegen Verschmutzung sind. Ansonsten sind die Geräte baugleich. Das sehr kompakte Gehäuse ist aus stabilem Metall, die Seitenteile sind aus Plastik. Das nicht anschlagdynamische 44-Tasten-Keyboard lässt sich angenehm spielen.

Orgel

Die analoge Klangerzeugung des Gerätes arbeitet vollpolyfon auf der Basis einer Frequenzteilerschaltung und verfügt über zwei Klangerzeugungsblöcke, die sich layern lassen. Die Orgelsektion (die auch komplett gemutet werden kann) bietet die Fußlagen 16′, 8′, 4′ und 2′, die sich mit Fadern stufenlos mischen lassen und beim Spielen ein rudimentäres Drawbar-Feeling erzeugen sollen. Der legendäre Chorus-Effekt (Ensemble) kann unabhängig von den Strings aktiviert werden. Ein TONE-Schalter erlaubt die Wahl zwischen einem höhenlastigen und einem eher weichen Orgelsound. Die Release-Phase des VCA lässt sich gemeinsam mit den Strings einstellen.


Spezialität des RS-09 sind analoge Retro-Pads, wobei er durch das Layern der Sektionen eine Klangfülle entwickelt, die man der kleinen Kiste spontan erst einmal nicht zutraut. Dabei ist der RS-09 sogar vollpolyfon spielbar! Dank Audioeingang kann der Roland-Synth sogar als Effektgerät genutzt werden.


Strings

In der Strings-Abteilung stehen zwei Fußlagen (8′ und 4′) zur Verfügung. Außerdem gibt es einen ENSEMBLE-Schalter und einen Fader für die Attack-Phase. Das Release wird gemeinsam mit der Orgel geregelt.

Effekte

Der wunderbare Ensemble-Effekt gehört wohl zu den größten Pluspunkten des Instruments. Dass er ein wenig rauscht, gehört einfach zum lebendigen Klangbild. Er lässt sich in zwei Variationen betreiben, ansonsten gibt es hier keine Eingreifmöglichkeiten. Als weiterer Effekt steht ein LFO für Vibrato-Effekte zur Verfügung; die Geschwindigkeit, Wirktiefe und ein verzögerter Einsatz des Vibratos sind regelbar. Das Ausgangssignal kann innerhalb zweier Oktaven transponiert werden und durchläuft noch eine einfache Klangregelung. die mit TONE bezeichnet ist.

Sound

Auch heute noch macht der RS-09 eine gute Figur, und es fällt einem trotz einfacher Klangerzeugung schwer, die Finger von diesem Instrument zu lassen. Der RS-09 entfaltet seinen Charme vor allem beim Layern beider Soundblöcke und dem dosierten Einsatz der Orgelfußlagen. Dann entstehen schöne fette Retro-Pads, die in Sachen Expressivität und Durchsetzungsfähigkeit ihren digitalen Konkurrenten meist überlegen sind. Wenn der Ensemble-Effekt zugeschaltet wird, geht die Sonne auf, und die Sounds (die einzeln und ohne Effekt eher unspektakulär wirken) werden psychedelisch eingewickelt. Durch den rückwärtigen Audioeingang lässt sich der schöne Ensemble-Effekt auch für externe Instrumente nutzen, was den RS- 09 zu einem attraktiven Effektgerät macht.

Der RS-09 wurde uns freundlicherweise von Frank Nolte zur Verfügung gestellt.

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