Das neue Original

Moog Minimoog Model D im Test

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Der Synthesizer-Klassiker schlechthin feiert nach 35 Jahren Karrierepause sein Comeback! Ist er aber auch wirklich noch ganz der Alte? KEYBOARDS nimmt den neuen Minimoog Model D unter die Lupe.

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Ein neuer Minimoog – wenn das keine Sensation ist … An mehr oder weniger gelungenen Nachbauten, Clones und Abwandlungen des wahrscheinlich kultigsten Synths aller Zeiten ist die Welt nicht gerade arm. Moog verspricht uns allerdings „das Original“ – keine konzeptionell und technisch aktualisierte Version, wie sie etwa der Minitaur/Taurus aus gleichem Hause darstellt, sondern einen echten Minimoog – nicht mehr und nicht weniger! Wir wollen wissen, wie authentisch der neue Minimooog ist und stellen ihm dazu auch ein restauriertes Vintage-Exemplar aus den späten 1970er-Jahren gegenüber.

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Endlich aus der weitgehend umweltfreundlichen Verpackung geschält, ist der erste Eindruck wirklich faszinierend: Das Ding sieht tatsächlich genau so schick aus wie das Vintage-Pendant – Materialien, Bedienelemente, das hohe Gewicht, der Look, alles stimmt. Sämtliche Regler sowie Kipp- und Drehschalter sehen nicht nur authentisch aus, sie fühlen sich auch exakt wie beim Klassiker an. Gleiches gilt für die typisch schwergängigen Spielhilfen. Selbst die altertümliche Overload-Glühbirne kommt vollkommen authentisch rüber. Würde man an dieser Stelle einen Blindtest machen, wären alter und neuer Minimoog nicht zu unterscheiden.

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Look, Feel und Sound stimmen! Oszillatoren, Mixer, Filter, Hüllkurven – der Signalweg entspricht exakt dem Vintage-Pendant. Ausnahme: Der berühmte „Feedback-Effekt“ lässt sich nun ohne externes Kabel herstellen.

Sehr wohl zu unterscheiden sind die Keyboards. Hier liegt einer der Hauptunterschiede zwischen beiden Generationen. Aus naheliegenden Gründen hat man dem Neuen eine aktuelle Fatar-Tastatur spendiert. Sie erzeugt MIDI-Noten sowie Velocity und Aftertouch-Daten, welche an einem kleinen, rückseitig gelegenen Patchfeld als Steuerspannungen ausgegeben werden. Wohlgemerkt: Intern werden diese Daten bzw. Spannungen nicht verarbeitet, denn das hätte umfangreiche Schaltungsmodifikationen notwendig gemacht. Und genau darauf hat Moog aus Authentizitätsgründen verzichtet.

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Der neue Mini punktet mit einem zusätzlichen, analogen (!) Vibrato-LFO. Zieht man den Rate-Regler heraus, wechselt dessen Wellenform von Dreieck zu Rechteck. Die Spielhilfen fühlen sich 100 % vintage an. Selbst das bekannte „Klackern“ fehlt nicht.

Was steckt im neuen Minimoog? Wie schon angemerkt, haben die Moog-Ingenieure höchsten Wert auf Authentizität der klangerzeugenden Schaltungen gelegt. Nach alter Väter Sitte kommen hier nur bedrahtete Bauteile zum Einsatz. Die Schaltungen entsprechen den Originalen, allerdings sind die Platinen-Layouts so umgestrickt, dass keine Drahtbrücken mehr notwendig sind. Zudem sind die Bedienelemente nicht frei verdrahtet, sondern auf ein Panelboard aufgesetzt – unter fertigungstechnischen Aspekten ein Vorteil.

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Der Neue verfügt über einen aufgebohrten Modulations-Bus: Neben Oszillator 3 und Rauschsignal lassen sich nun auch die Filterhüllkurve und der zusätzliche LFO als Modulationsquellen nutzen. Zwei weitere Schalter machen’s möglich.

Ein weiterer Pluspunkt ist der Einsatz von modernen und zuverlässigen Steckverbindern. Beim Vintage-Mini waren selbige nervtötende Problemquellen. Rudi-Lintronics-Linhardt, seines Zeichens anerkannter Moog-Experte, bescheinigt dem neuen Minimoog insgesamt eine bessere Verarbeitung als dem Vintage-Pendant und prognostiziert ihm eine höhere Lebensdauer. Die Oszillatoren entsprechen übrigens den frühen Minimoog-Modellen ohne Temperaturkompensation. Dank moderner und präziserer Bauteile ist selbige nun auch gar nicht mehr notwendig, um das Instrument dauerhaft stimmstabil zu halten. Letztlich arbeiten die Oszillatoren nun so, wie sie es schon 1970 hätten tun sollen.

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Auf dem Patchfeld stehen die Steuerspannungen der Tastatur zur Verfügung. Hier finden sich außerdem die Steuereingänge für Tonhöhe, Cutoff und Lautstärke sowie Trigger-In, Audio-Outs und das MIDI-Trio. Auch ein externes Modulationssignal lässt sich anschließen.

Für Minimoog-Hardliner zumindest ungewohnt ist sicher das externe Netzteil. Man sollte dieses Zugeständnis an die Moderne jedoch nicht vorschnell verteufeln. Laut Rudi Linhardt entspricht der interne Teil der Spannungsversorgung der bisherigen Ausführung, nur das vorgeschaltete und außen untergebrachte Schaltnetzteil ist neu. Hörbare Auswirkungen auf die Klangerzeugung hält der Moog-Experte für ausgeschlossen.

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Saubere Lösung: Das externe Tischnetzteil wird über eine XLR-Buchse angeschlossen.

Die aufgebohrte Modulations-Sektion – beim Minimoog „Controllers“ genannt – hat ein paar einfache, aber nützliche Extras erhalten. Neu ist ein separater Tonhöhen-LFO. Er arbeitet analog und liefert wahlweise Dreieck- oder Rechtecksignale. So lässt sich das volle Drei-Oszillatoren-Brett mit Vibrato versehen.

Die Filterhüllkurve kann nun auch die Oszillatoren modulieren. Ihr Ausgangssignal lässt sich mit Oszillator 3 als Modulationsquelle überblenden. Anstelle des internen Rauschsignals steht alternativ ein externes Modulationssignal zur Verfügung – sehr praktisch.

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Zwei Generationen, ein Instrument: unser Testgerät vor einem Vintage-Minimoog aus den späten 1970er-Jahren

Mit dem oben schon erwähnten Fatar-Keyboard sind jetzt auch rudimentäre MIDI-Fähigkeiten implementiert: Der neue Mini sendet und empfängt MIDI-Noten. Velocity und Aftertouch des Keyboards stehen als Steuerspannungen am Patchfeld zur Verfügung und werden dort verschaltet. Eine gute Lösung, denn eine digitale Steuerung der Sound-Erzeugung wäre nicht ohne hörbare „Nebenwirkungen“ machbar gewesen.

Schade jedoch, dass nicht auch externe Velocity- und Aftertouch-Daten auf die diese Weise verarbeitet werden. Gleiches gilt für Mod- und Pitchwheel-Controller. Man sollte das interne MIDI-Interface deshalb eher als nette Beigabe betrachten. Ach ja, mittels „Power-On-Commands“ (verschiedene Tasten beim Einschalten halten) lassen sich diverse Global-Settings bestimmen. Auch diese etwas umständliche Handhabung geht in Ordnung – wer hätte schon einen Minimoog mit Display gewollt?

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Die spannende Frage zum Schluss ist kurz und bündig beantwortet: Das Teil rockt! Der Klangcharakter ist absolut authentisch und war von unserem Vintage-Modell nicht eindeutig zu unterscheiden. Selbstverständlich gibt es subtile Unterschiede, die sich aber allesamt im toleranzbedingten Rahmen bewegen. Bekanntlich existieren auch keine exakt identisch klingenden Vintage-Minis. Der von modernen Analogen bekannte Effekt des offeneren und höhenbetonteren Sounds lässt sich auch beim Mini erahnen, erscheint aber hier vergleichsweise unauffällig. Typische Minimoog-Attribute wie etwa die Sättigung des Filtereingangs und die besonders zackigen Hüllkurven entsprechen allesamt den Erwartungen.

Die neuen Modulationsoptionen sind ein echtes Plus: So liefert die Hüllkurven-modulierte Tonhöhe nicht nur nette Effekte, sondern auch Kick-Drums, die so manchem Subwoofer ernste Sorgen bereiten werden.

Interessant: Auch der neue Mini zählt zu den wenigen Synthesizern, auf denen man ohne jede Klangveränderung endlos spielen kann, ohne dass der Sound dabei jemals langweilig werden würde – ein echtes Instrument! Die „behutsame Modernisierung“ des Minimoog ist rundum gelungen: Seine Authentizität wird bewahrt, Sound und Charakter sind erstklassig getroffen. Sieht man vom nicht ganz zu Ende gedachten MIDI-Interface einmal ab, sind die wenigen Ergänzungen und Veränderungen so ausgeführt, dass sie den Klassiker an den richtigen Stellen sinnvoll erweitern und sogar noch technisch verbessern.

Gewöhnungsbedürftigster Unterschied ist sicher die neue Tastatur. Sie vermittelt ein völlig anderes Spielgefühl als das Vintage-Pendant. Ob man dessen Macken und deren mehr oder weniger subtile Auswirkungen auf den Sound nun vermisst oder nicht, ist Geschmacksfrage. Letztlich arbeitet die neue Tastatur zuverlässig und präzise. Auf der Habenseite stehen Aftertouch und Velocity als echter Zugewinn.

Fast 4.000,– Euro für einen Mono-Synthesizer sind kein Schnäppchen. Wenn man den zweifellos hohen Fertigungsaufwand, die erstklassige Qualität des Instruments und die Gebrauchtpreise für Vintage-Exemplare berücksichtigt, erscheint der Betrag jedoch durchaus angemessen. Fazit: Der Minimoog ist ein Minimoog und bleibt ein echter Knaller!

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Äh, das Model D Reissue ist doch schon lange ausgelaufen. Wisst ihr mehr, als Moog auf seiner Seite verrät?

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    1. Hallo Jörg
      Richtig. Der Test stammt auch aus unserem Archiv. Wir setzten auch regelmäßig Tests von “vergangenen” Synth mit Einfluss auf unsere Startseite, da wir wissen, dass auch diese ihre Leserschaft haben.
      Lieben Gruß aus der Redaktion.

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      1. Tja, aber da wäre es hilfreich gewesen, wenn ihr die Wiederveröffentlichung auch als solche gekennzeichnet hättet. Das wäre zumindest mein Vorschlag. Denn so hätte man denken können, dass Moog Music nach der “Reissue”-Special-Edition den Minimoog nochmals unlimitiert auflegt. Zumal das Wort “Reissue” in eurem Test mit keinem Wort erwähnt wird.

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        1. … in der Tat. Hätte auch als “aus dem Archiv” markiert sein sollen – ist es jetzt.
          Lieben Dank für den Hinweis.

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          1. Ist es SOOO schwierig, bei einem Artikel das DATUM (!) dazuzuschreiben?
            Monat und Jahr würde reichen (für einen Artikel aus dem Archiv). Bei aktuellen Artikel erwarte ich noch den Tag dabei.
            Jede Redaktion von irgendeinem xy-Blatt ( Schmiergel, Welt, Locus usw.) macht das, nur im Musikjournalismus ist das anscheinend “bäh!”.

            Ich ärgere mich jedenfallsimmer SEHR wenn ich einen Artikel zeitlich nicht einordnen kann….

            ?

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          2. Manchmal steck der Teufel im Detail – leider …
            Der Test stammt aus November 2016.

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