Monofoner Synthesizer

Minimoog Voyager Select Series im Test

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Minimoog_Voyager_Select_Beitragsbild

Eigentlich muss man über den Minimoog Voyager nicht mehr viele Worte verlieren. Das Instrument gilt nicht nur unter Freaks als das absolute Sahneteil in Sachen „Analogsound-mitten-ins-Gesicht“. Dass wir diesem Ausnahmefetisch trotzdem erneut ein paar Zeilen widmen, hat damit zu tun, dass das Teil jüngst ein neues Gewand bekommen hat. Und – ach ja! – ein paar Neuigkeiten gibt’s auch zu berichten.

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Los geht’s

Im Ernst: Auch wem es völlig egal ist, ob die Bässe, mit denen er seinen Groove dahermalmen lässt, aus einem Renderer oder aus echter Elektronik kommen, der dürfte seinen Hut ziehen ob der Jahre, die der Minimoog Voyager inzwischen auf dem Buckel hat. Fünf Lenze: Das ist schon was in einer Branche, und manche Keyboarder fragen sich, ob sie eigentlich noch Instrumente oder Fashion-Items spielen.

Und sicher auch ein legitimer Grund, dem Voyager ein Facelifting zu verpassen. Wer mag, kann sich den neuen Minimoog seit Kurzem nämlich in einer sogenannten „Select-Series“-Ausgabe auf den Ständer wuchten: in einer von 40 Varianten, die sich der Synthesist in spe aus acht Holzsorten von Mahagony bis Walnuss (auch ABBA-weiß ist dabei; die Schlaghosen dazu müssen Sie selber kaufen!) zusammenstellen kann – in Kombination mit fünf verschiedenen Farben, mit denen die Hintergrundbeleuchtung

des Panels zu entzücken weiß (Fire, Blue, Solar, Lunar und Jade). Die Story hinter diesem optischen Update ist schnell erzählt: Bereits 2004 brachte Moog eine „Electric Blue“ getaufte, schwarz-blaue Gary-Numan-Style-Variante der Maschine heraus. Folge: Gib den Leuten den kleinen Finger und … Jedenfalls hofft man bei Moog, dass mit den neuen „Selects“ die vielen Anfragen nach individuell eingetönten Instrumenten erst mal abebben.

So schön bunt hier …

Hardwareseitig hat sich seit der Geburt des Voyager hingegen nicht allzu viel geändert. Das wird spätestens klar, wenn man das schwere massive Teil aus seinem Karton zerrt: Keine Frage, das ist kein Synth, der erst einer werden will. Der einzige, im ausgeschalteten Zustand auf Anhieb sichtbare Unterschied zum Normalo-Voyager ist ein kleines, unscheinbares Poti rechts neben der Tastatur, das der Regelung der Hintergrundbeleuchtung dient. Seine Wirkung sei hier nur trocken umrissen: Bei Rechtsdrehung geht hinter dem Panel das Licht an – das verhilft dem Synth-Afficionado zu einer Erfahrung, die am ehesten mit einem Sonnenaufgang nach einer still durchmeditierten Nacht zu vergleichen ist. Kleiner Tipp für nicht völlig stilsichere Keyboarder: Auf der dunklen Bühne den Knopf nicht ganz nach rechts drehen, das ist etwas dick aufgetragen – wir empfehlen eine dezentere Intensität à la „blaue Stunde“.

Und in Sachen Transistor, Widerstand & Co? Hat sich seit 2002 kaum was geändert. Nach wie vor stehen dem Spieler drei Oszillatoren mit dem Moogeigenen Fettgehalt, stufenlos justierbaren Wellenformen, Sync und FM zu Gebote, und zwei brachiale Filter mit Zwitscher-Resonanz, von denen einer auf Hochpass (dann aber ohne Resonanz) getrimmt werden kann. Die Flankensteilheit der Filter kann von luschigen 6 auf knackige und angemessene 24 dB/Okt. umgeschaltet werden. Für beide Filter gibt’s nur einen CUTOFF- Regler, aber der Abstand der Grenzfrequenzen kann über ein SPACING-Poti eingestellt werden. Da beide Obertonfabriken im Lowpass-Modus jeweils einen Stereokanal betreuen, kann man mit dieser Schaltung schöne Stereo- Pannings herausholen. Ansonsten: Mixer, Hüllkurven, eigener LFO (bis 50 Hz), fraglos geiler und leichtgängiger SURFACE-CONTROLLER (zum Glück nicht so schwergängig wie der Hubschrauberlandeplatz des V-Synth), zwei Modulationsbusse, Menütaster für den Zugang zu den höheren Hirnfunktionen – das ist und bleibt im Wesentlichen Ihr Handwerkszeug zum Anfassen. Zum grundsätzlichen Aufbau der Klangerzeugung sei hier auf den Preview und den Testbericht aus KEYBOARDS 03.2004 bzw. 04.2004 verwiesen.

Die Seren des Dr. Linhard

Interessanter ist, was es Neues gibt. Dazu muss man wissen, dass der Minimoog Voyager zwei Väter hat: Stammt der gesamte analoge Teil vom seligen Bob Moog, zeichnet für die Programmierung und Pflege der digitalen Bereiche Rudi Linhard verantwortlich, der bekanntlich schon den berühmten Memorymoog gehörig aufgebohrt hat. Und Linhard hat sich in den vergangenen Jahren nicht auf seinen Lorbeeren ausgeruht, sondern dem Voyager einige sehr, sehr brauchbare Goodies unter die schöne Haube gespritzt. Zunächst einmal ist festzustellen, dass er offenbar schon früh das Serum gegen einige Kinderkrankheiten zusammengerührt hat, die den Ur-Voyager zunächst noch ein wenig auf die Bühne hinken ließen. LFO-Synchronisation per MIDI ist schon lange kein Thema mehr; auch die Signale, die der Surface- Controller raustut, lassen sich nun nicht mehr nur auf die Filter, sondern auch auf allerlei andere Parameter routen – Sync zum Anfassen: einfach geil!

Oszillator!

Per Antippen kann man sogar einzelne Oszillatoren oder Sync an- und abschalten. Seit Version 2.1 wirft der Voyager auch die ausgelesenen Poti-Werte via MIDI in Form hochauflösender Controller-Datensätze aus und pumpt das Instrument damit zu einem Luxus-Controller auf, der die Datenleitung zum Sequenzer allerdings auch schnell mal verstopfen kann – etwas Vorsicht ist geboten! Zum Glück wirkt der Voyager auch unter Dauerparameterbeschuss aus dem Rechner noch ziemlich fix.

Software

Auch bei der aktuellen Softwareversion 3.3 finden sich noch viele Änderungen im Detail – aber da machen sie ja auch besonders Spaß. Wer früher zum Beispiel von Sound Nummer 8 auf 128 springen wollte, musste 120 Mal (oder einmal, aber sehr lange) die „+“-Taste bemühen. Heute kann man für das schnelle Durchscannen des Speicher den EXTERNAL-Regler des Mixers verwenden (zumindest solange der dazugehörige Eingang abgeschaltet ist) – dann fliegen die Sounds durch das Display. Ein Segen, erst recht in Anbetracht der Tatsache, dass die Select-Voyagers mit nicht weniger als 128×7 = 896 Presets aufwarten (das sind „nur noch“ etwa drei Euro fuffzich pro Sound…). In diesem Zusammenhang ist auch hilfreich, dass man Klänge der besseren Übersichtlichkeit halber nun mit Kategorie-Tags versehen kann, die beim Scrollen im Display auftauchen. Die Namen von Sound-Eigenkreationen lassen sich übrigens inzwischen per Keyboard einhacken. Und das über 70 Seiten starke Handbuch ist voller ähnlicher, kleiner, aber funkelnder Gimmicks, die zeigen, dass da seit der Taufe des Instruments jemand mitgedacht hat.

 

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Gegen den Aftertouch-Bug gibt es eine Hardware-Lösung von Rudi Linhard. Damit ist die Fatar Tastatur die bei anderen Synthesizern so gut auf Aftertouch reagiert dann auch wirklich mindestens so gut wie andere reagiert und nicht so grob wie die Lösung von Moog selber.

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