Music Percussion Computer

Love The Machines – MPC Electronics MPC-1 (1983)

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Bei der Abkürzung MPC denkt jeder (oder zumindest jeder Drumboxfreak) sofort an die berühmten Akai Sample-Drumcomputer. Es gibt aber auch MPCs, die wohl dieser Gattung zuzurechnen sind, aber nicht von Akai stammen.

Im Gegenteil: „The empire strikes back“ hieß es 1983 vollmundig in einer Anzeige der Firma MPC Electronics und damit war das gute alte britische Empire gemeint, das sich durch die Geräte dieser Firma von der bedrückenden amerikanisch-japanischen Übermacht der Hersteller elektronischer Musikinstrumente befreien wollte. Tatsächlich hatten die Briten ja seit den elektronischen Simmons-Drumkits einen sehr guten Ruf in der Branche.

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AKAI MPC

AKAI MPC 1

Die englische Firma MPC (die Kürzel steht für „Music Percussion Computer“) wurde im idyllischen Dorf Willingham nahe Cambridge von Clive Button und Mike Coxhead gegründet. Coxhead war Sänger und Gitarrist zahlreicher Bands (die bekannteste nannte sich „The Clones“) und arbeitete als Roadie für the Who, Pink Floyd und Santana. Der passionierte Bastler Button zeigte seinem Freund Mike Anfang der achtziger Jahre eine mysteriöse graue Box – die Urform eines neuartigen elektronischen Drumkits, das man mit den Fingern spielen konnte. Coxhead war begeistert und MPC wurde gegründet. Die Kleinfirma schaffte es, einen Prototyp von „The Kit“ zu erstellen, welcher dann auf der NAMM in Atlanta präsentiert wurde. Das Instrument ist ein kleines Pultgerät mit sieben Pads. Neben den elektronischen Drumsounds Bass Drum, Snare, Hi und Lo Toms, Open und Closed HiHats und Cymbals bietet es einen Minisequenzer für die HiHats.

Obwohl der Prototyp während der Messe mehrmals repariert werden musste, gewann „The Kit“ den begehrten Award „Product Of The Show“. Beflügelt von dem Erfolg begann man 1982 mit der Serienproduktion, wobei die Minifirma viele Klippen wie unzuverlässige Lieferanten, eine Erstauflage, bei der alle Geräte defekt waren usw. umschiffen musste. MPC wurde in Amerika von MXR und in England von Atlantex vertrieben und als Marke immer bekannter. Im November 1982 begannen die beiden Gründer mit der Entwicklung eines größeren Systems, das mit Drumsticks spielbar sein sollte. Viele Schlagzeuger wurden dabei in die Entwicklung des Geräts als Berater miteinbezogen.

Der Music Percussion Computer wurde 1983 auf der Frankfurter Musikmesse vorgestellt und kostete ca. 950,– britische Pfund. Zu den ersten Käufern gehörten Depeche Mode, die die Maschine live und im Studio einsetzten. Schon das Äußere unterstreicht den professionellen Ansatz des Drumcomputers: Das stabile Flightcase hat auf der Unterseite ein Gewinde und lässt sich problemlos auf einen Drum-Ständer montieren. Öffnet man den Deckel, offenbart das Gerät einen geheimnisvollen Retro-Future-Chic mit „Mission Impossible“- Flair in verschiedenen Brauntönen. Das hervorstechendste Merkmal sind die acht achteckigen anschlagdynamischen Pads aus beigem Plastik.

Das Spielen der Pads ist mit normalen Drumsticks möglich, aber das Spielgefühl ist dabei nicht berauschend; die Spitzen der mitgelieferten Drumsticks sind daher mit einem Gummi- überzug versehen. Ein schwarzes Tastenfeld dient der Programmierung. Insgesamt 38 Potis erlauben den direkten Zugriff auf die Klanggestaltungsparameter der MPC. Die analoge Klangerzeugung generiert zehn Instrumente: vier Toms, Snare, Kick, Clap, Cymbal, Open und Closed HiHat. Mit einem Schalter kann man statt Tom 3 und 4 Cymbal und Clap mit den Pads antriggern.

>> Drumcomputer und Programming – Am Anfang war der Groove <<

Außer HiHat und Clap verfügen alle Drumsounds über Level-, Decay- und Pitch-Regler. Jeder der vier Tomsounds ist außerdem mit einem Regler für den Mix zwischen Noise- und stimmhaftem Sound, sowie einem Bend-Regler (für die Autopitchfunktion) ausgestattet. Zwei Potis regeln den Einfluss der Anschlagsdynamik auf Decay und Pitch der Toms. Während beim Clap nur die Lautstärke eingestellt werden kann, gibt es in der HiHat-Sektion einen („Tight“ betitelten) Regler für den Attack und einen EQ.

Die Audioausgänge sind seitlich angebracht: für jeden Drumsound gibt es einen Ausgang, nur Open und Closed HiHat teilen denselben Ausgang. Außer dem Stereoausgang (hier sind die Drumsounds im Panorama verteilt) findet sich noch eine Kopfhörerbuchse.

Auch auf der Rückseite tummeln sich erfreulicherweise jede Menge Anschlüsse: Die MPC verfügt über DIN-Sync-Ein- und Ausgang und kann daher mit vielen anderen Geräten, z. B. einer Roland TB-303, synchronisiert werden. Drei Fußschalteranschlüsse, die (wahrscheinlich aus Platzgründen) als Cinch ausgelegt sind, dienen der Fernsteuerung der Start/Stop-Funktion und der Umschaltung zwischen Claps und Toms, sowie dem stilechten Triggern des Bassdrumsounds mit dem Fuß. Mit Hilfe einer 25-poligen (Sub D) Buchse lassen sich die Drumsounds der MPC auch mit externen Pads spielen. Eine weitere 25-polige Buchse erlaubt den Anschluss an den Sinclair ZX-81 Computer, der 1981 auf den Markt kam (in den USA wurde dieser unter dem Namen Sinclair Timex TS- 1000 vertrieben). Dieser frühe Volks-Computer war Anfang der Achtziger nicht zuletzt aufgrund seines niedrigen Preises sehr populär. Die Implementierung einer Computerschnittstelle zeigt aber, wie fortschrittlich die Konzeption des Drumcomputers war. Wer keinen Computer hatte, konnte sich auch des Tape-Interface zur Massenspeicherung der Sequenzen bedienen.

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Der interne Sequenzer ist durch seinen kleinen Speicher limitiert, eine (der in vier Gruppen organisierten) Sequenzen kann maximal zwei Takte mit jeweils 16 Schritten lang sein; allerdings gibt es eine Akzentfunktion und die Taktlänge sowie Taktart lassen sich einstellen. Durch den Anschluss des Sinclair Computers, der nur mit dem optional erhältlichen Interface möglich ist, wird der Speicher erheblich erweitert (64 Sequenzen á 26 Takte, maximal 20 Schritte per Takt, 25 Songs) und man kann nicht nur in Echtzeit, sondern auch im Step-Modus aufnehmen. Außerdem ist die bildschirmgestützte Programmierung sehr viel komfortabler. Die Programmierung ohne Computer ist etwas gewöhnungsbedürftig, da man ohne Display auskommen muss. Die Sounds lassen sich bei laufendem Sequenzer spielen und natürlich mit den Potis editieren. Der Klang der MPC erinnert z. T. etwas an Simmons Maschinen, wie z. B. die SDS-8, hat aber einen eigenen, etwas weicheren Charakter. Die Sounds sind fett, durchsetzungsfähig und schön künstlich. Die HiHats gehen (je nach Einstellung) etwas in Richtung Roland TR-808, flexibel sind vor allem die Tomsounds. Besonderen Spaß macht es natürlich, die Sounds on the fly mit den reichlich gebotenen Klangparametern zu manipulieren. Da die MPCs (besonders hierzulande) sehr selten sind, kann ein durchschnittlicher Gebrauchtpreis nicht genannt werden.

Die Firma MPC brachte noch interessante Drumsynths heraus, z. B. das 19“-Gerät DSM 32. Trotz futuristischer Ideen wie der Entwicklung einer Gitarre, die statt Saiten Laserstrahlen besitzt, konnte sich die Firma MPC jedoch nicht gegen die fernöstliche und amerikanische Konkurrenz behaupten und segnete im Laufe der 80er Jahre das Zeitliche. Das Gerät wurde uns freundlicherweise von Dr. Walker zur Verfügung gestellt.

Features

  • 8-fach polyphon
  • analoge Klangerzeugung
  • acht anschlagsdynamische Pads
  • vier Toms, Snare, Cymbal, Open HiHat, Closed HiHat
  • Pitch Parameter pro Sound
  • Decay Parameter pro Sound
  • Bend Parameter pro Sound
  • Noise Parameter pro Sound
  • Tightness Control für die HiHat
  • Flightcasegehäuse
  • Sequenzer
  • Realtime-Programmierung
  • Step-Programmierung mit zusätzlichem Computer
  • Akzentfunktion
  • Speichererweiterung möglich
  • Stereoausgang
  • Kopfhörerausgang
  • DIN Sync Ausgang
  • Interface für ZX-81 Computer

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KEYBOARDS 4/2016

Das sind die Themen dieser Ausgabe:

  • Sampletalk mit And.Ypsilon (Die fantastischen Vier)
  • Tobias Enhus spricht über sein Synclavier
  • Die Groove-Mutter: Yamaha RS7000
  • Real Samples – Historische Tasteninstrumente digitalisiert
  • Software-Sampler am Rande der Wahrnehmung
  • Korg DSS-1 als Hardware-Plug-in
  • Cinematique Instruments – Filmreife Sample-Instrumente
  • Groovesampler in der Praxis
  • Die Mellotron-Story
  • Vintage Park: Fairlight CMI
  • Transkription – Ten Sharp: You

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