Home-Recording und akustische Pianos

Kawai PR-1 – Piano-Recording-System

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(Bild: Dieter Stork)

Nach Umzug in geräumige zwei Zimmer und Restauration meines alten Förster-Klaviers stand ich vor einem Luxusproblem: Wie nimmt man ein Piano jenseits von Studio und Bühne auf, ohne sich gleich alles mit Mikros und Stativen zu verbauen? Für solche und andere Fälle bietet Kawai mit dem PR-1 nun eine gelungene Komplettlösung.

Klavier oder Flügel, PR-1 und etwas Strom: Mehr brauchen Sie nicht, um Ihr Klavierspiel – veredelt mit EQ und Hall – aufzunehmen und auf eine CD-R/RW zu brennen, die sich in jedem halbwegs aktuellen CD-Player abspielen lässt. Klingt gut, oder?

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PR-1-Hardware

Das System besteht aus zwei Mikros nebst Zubehör sowie der zentralen PR-1-Hardware mit allen Anschlüssen und Bedienelementen. Das Kästchen ist optisch weniger dezent als die Mikros, bietet dafür aber ein zweizeiliges LC-Display und große Taster mit Status-LEDs, was die Bedienung weiter vereinfacht.

Auf der Rückseite finden Sie neben separaten Anschlüssen und Pegelreglern für die beiden Piano-Mikros zwei weitere Klinkeneingänge mit gemeinsamem Mic/Line-Umschalter und Pegelregler. Dort können Sie zum Beispiel einen zusätzlichen CD-Player oder weitere Mikrofone anschließen, um Ihr Klavierspiel gemeinsam mit einem CD-Playback, Livegesang oder Gitarrenbegleitung aufzunehmen. An diesen Eingängen liegt allerdings keine Phantomspeisung an, sodass Sie zum Einsatz eigener Kondensatormikrofone eine separate Phantomspeisung oder einen entsprechend ausgestatteten Vorverstärker benötigen.

Das Stereo-Ausgangssignal wird über Klinkenbuchsen (regelbar), XLR-Buchsen (fester Pegel) und eine Kopfhörerbuchse ausgegeben, wobei letztere auf der Frontseite praktischer wäre. Komplettiert wird das Anschlussfeld durch einen Netzschalter, einen Anschluss für das externe Netzteil sowie eine Fußtaster-Buchse zur Start/Stop-Steuerung.


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Mikrofonierung

Bei den mitgelieferten Klaviermikros handelt es sich um spezielle Kondensatormodelle, verbaut in Holzgehäusen, die nur eine Öffnung an der Membranposition haben. So übertragen die Mikros den Direktschall des Instrumentes viel stärker als Reflexionen, Raumanteile und Nebengeräusche, die von hinten oder seitlich auftreffen.

In der PR-1-Anleitung ist die Platzierung der Mikros für verschiedene Klavier- und Flügeltpyen ausführlich beschrieben. Laut Kawai ist der optimale Platz die Rückseite des Klaviers bzw. die Unterseite des Flügels. Wickeln Sie die mitgelieferten elastischen Klettbänder dort um die Sparren (Säulen), drücken Sie die – ebenfalls mit Klettband versehenen – Spezialmikros einfach darauf, und verbinden Sie Mikros und PR-1 mit den beiliegenden 3 Meter langen Kabeln. Falls Sie Ihr Klavier von der Wand rücken können oder es schon rund zehn Zentimeter Abstand davon hat, ist die Montage der Mikros ein Kinderspiel und schnell erledigt. Alternativ beschreibt das Handbuch auch die Möglichkeit, die Mikros innen, im unteren Bereich des Rahmens zu montieren, doch dies ist wie gesagt nur die zweite Wahl.

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Kinderspiel: Die beiden Spezialmikros werden mit elastischem Klettband an der Rückseite des Klaviers oder der Unterseite des Flügels befestigt. (Bild: Dieter Stork)

Ihre erste CD

Nachdem Sie Piano-Mikros und Kopfhörer oder Monitoranlage angeschlossen haben, um den PR-1-Sound abzuhören, können Sie loslegen: Legen Sie die mitgelieferte CD-RW (wiederbeschreibbar) ein, und regeln Sie die Empfindlichkeit der Piano-Mikros anhand der Aussteuerungsanzeige. Nun noch Rec und Play drücken, spielen, Stop: fertig.

Danach können Sie die Aufnahme abhören, bei Bedarf löschen und neu einspielen oder weitere Songs aufzeichnen: Auf die mitgelieferte CD-RW passen 74 Minuten.

Wenn Sie die Aufnahmen abgeschlossen haben, können Sie die Funktion „Finalize“ wählen. Dadurch wird die CD-RW zu einer Standard-Audio-CD, die sich in jedem CD-Player abspielen lässt – falls dieser nicht grundsätzliche ein Problem mit CD-Rs/RWs hat.

EQ

Je nach Instrument, Musikrichtung und persönlichem Geschmack werden Sie den Sound Ihrer Aufnahmen anpassen wollen. Über den EQ-Button stehen dazu zehn EQ-Presets zur Wahl, die größtenteils recht deutlich eingreifen. Das eröffnet eine weite Klangpalette, lässt aber manchmal genau die Zwischenstufe aus, die man sich wünscht.

In solchen Fällen können Sie mit dem „User EQ“ arbeiten, bei dem sich die Anhebung/Absenkung für jedes der drei EQ-Bänder separat einstellen lässt.

Hall

Über den Reverb-Button können Sie Hall hinzufügen, wobei je drei Hallen- und Raum-Presets zu Wahl stehen. Der Effekt lässt sich in zehn Stufen beimischen. Falls Sie den Hall nur während des Spielens hören, aber nicht mit aufnehmen wollen, geht auch das: Die Gewichtung zwischen Abhör- und Aufnahme-Hall lässt sich beliebig regeln.

Zu guter Letzt können Sie auch Ihren Mitspielern eine beliebige Portion des gewählten Piano-Halls spendieren. Falls Sie über die beiden zusätzlichen Mic/Line-Eingänge etwa Gesang und Gitarre aufnehmen, müssen sich Sänger und Gitarrist jedoch einigen: Der Hallanteil wird für beide Line/Mic-Eingänge gemeinsam geregelt.

Fein-Tuning

Hinten im EQ-Menü verstecken sich Details für Fortgeschrittene. Hier können Sie mit der Anti-Feedback-Funktion Rückkopplungen bei Livedarbietungen ausbremsen, das PR-1-Signal in der Phase drehen, etwa um den Direktsound des Instrumentes und den Lautsprechersound besser aufeinander abzustimmen, ein Noise-Gate zuschalten, um Nebengeräusche in Signalpausen auszublenden, und das Panorama der beiden Mic/Line-Ins regeln.

Die wichtigste Funktion ist jedoch „Piano Panorama“. Damit lässt sich die Stereo-Spreizung des Pianosignals beliebig weit eingrenzen, sodass auch dann kein Loch in der Stereomitte entsteht, wenn Sie die Klaviermikros weit außen platziert haben. Hier wie auch sonst sollten Sie den Kopfhörer zur Kontrolle des PR-1- Sounds richtig herum aufsetzen, damit Sie den Direktschall des Instrumentes und den PR-1- Sound nicht gegeneinander verdreht hören.

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Das Anschlussfeld des PR-1: An den beiden Line/Mic-Ins können Sie etwa einen zusätzlichen CDPlayer oder Mikrofone für Gesang, Gitarre etc. anschließen, um diese Signale mit aufzunehmen. (Bild: Dieter Stork)

Bedienung

Das PR-1 lässt sich sehr einfach bedienen: ein dicker Pluspunkt, besonders weil die Zielgruppe auch Recording-Laien umfasst.

Dass die digitalisierten Audiodaten nicht auf eine Festplatte, sondern auf eine CD-R/RW geschrieben werden, hat Vor- und Nachteile. Einerseits spart dieses Konzept Kosten und liefert dem Anwender gleich eine Audio-CD. Andererseits sind an dieses Konzept einige Bedingungen geknüpft. Beispielsweise können Sie nicht beliebige Aufnahmen löschen, sondern immer nur in rückwärtiger Reihenfolge. Und das Löschen des kompletten CD-Inhalts kann rund 20 Minuten in Anspruch nehmen – Ungeduldige Gemüter löschen daher besser die Songs einzeln. Ebenfalls können Sie EQ und Hall nicht nachträglich auf Aufnahmen anwenden.

Audioqualität

Im Audioteil unserer Heft-CD finden Sie PR-1- Aufnahmen des erwähnten Förster-Klaviers, die zunächst die EQ-Presets demonstrieren.

Schon vor diesem Test hatte ich zwei Røde NT-5-Kondensatormikros (Straßen-Paarpreis: ca. 350 Euro) in Spinnen an Schwanenhälsen im Klavier montiert, um es „unsichtbar“ aufnehmen zu können. Klanglich ist solch eine Lösung nicht optimal, weil die Mikros nicht perfekt vom Klavierkorpus entkoppelt sind und von seitlich/hinten (Niere) Reflexionen von den Innenwänden des Klaviers übertragen. Mit ein wenig EQ lassen sich aber auch so brauchbare Ergebnisse erzielen, die man bei Bedarf verbessern kann, indem man den Klavierdeckel öffnet und/oder die obere Frontplatte abnimmt, um die Reflexionen zu minimieren.

Im zweiten Audiobeispiel hören Sie einen Vergleich zwischen PR-1 mit EQ und der NT-5- Lösung, fairerweise bei geschlossenem Klavier, gefiltert mit dem EQ-Plug-in von Logic Audio Pro. Die NT-5 klingen etwas detailreicher, übertragen den Charakter des Instrumentes besser und haben weichere Höhen – doch die Unterschiede sind recht gering. Der Vergleich demonstriert, dass sich das PR-1 hier mehr als gut schlägt und eine sehr annehmbare Qualität liefert.

Die größte klangliche Schwäche des PR-1 ist zumindest bei meinem Instrument, dass die Mikros im oberen Frequenzbereich eine Spur zu hart klingen, sodass man mit dem EQ einen Kompromiss zwischen „ein bisschen zu spitz“ und „ein bisschen zu matt“ suchen muss. Dass die optimale EQ-Einstellung fast neutral war, spricht jedoch für eine gelungene Auslegung des Systems. Das letzte CD-Audiobeispiel zeigt zudem, dass der Sound mit etwas Hall schon sehr angenehm und ausgewogen wirkt. Bedenkt man, dass man hier keinen Flügel, sondern ein Klavier hört, und dass all dies aus einem Komplettsystem mit CD-Brenner für rund 700 Euro kommt, verdient das PR-1 auf jeden Fall einen Pluspunkt für seinen guten Klang.

Fazit

Kawais PR-1 ist eine starke Komplettlösung zur Aufnahme akustischer Klaviere oder Flügel. Die mitgelieferten Spezialmikros sind im Handumdrehen unsichtbar montiert, alle Funktionen lassen sich einfach bedienen, und dank EQ und Hall ist der Sound flexibel. Der integrierte CD-Brenner liefert fertige Audio-CDs, dafür müssen Sie im Vergleich zu Harddisk-Recording aber auf nachträgliches Editieren verzichten und in Kauf nehmen, dass manche Funktionen langsam arbeiten.

Als Studiozubehör ist das PR-1 nur bedingt geeignet: Die Klaviermikros sind nicht separat zu haben, und die Hardware hat keine digitalen Audioausgänge zur Verbindung mit einem Audio-Interface. Für Heimanwender und Homestudios ist das System jedoch ebenso empfehlenswert wie für den Live-Einsatz: Kawai liefert optional 15-Meter-Kabel zum Anschluss der Klaviermikrofone, sodass Sie die PR-1-Hardware auch hinter der Bühne aufstellen können. Gemessen an seiner Preisklasse klingt das PR-1 aber tadellos, und zumindest bei unsichtbarer Mikrofonierung ist es schwer zu toppen. Wer eine optisch dezente und komplette Piano-Recording-Lösung sucht, sollte das PR-1 deshalb unbedingt einmal „antasten“.


+ innovatives Komplettpaket

+ einfache Installation und Bedienung

+ Aufnahme zusätzlicher Signale

+ interner EQ und Hall

+ gute Audioqualität

+ auch für Live-Anwendung geeignet

– Löschen aller Songs sehr langsam

– EQ/Hall nicht nachträglich editierbar

Konzept: CD-R/RW-basiertes Aufnahmesystem für Klaviere und Flügel

Lieferumfang: PR-1-Hardware, externes Netzteil, 2 Spezialmikrofone inkl. 3-m-Kabeln und Befestigungsbändern, CD-RW, Anleitung (deutsch/englisch)

Interne Bearbeitung: semiparam. 3-BandEQ mit 10 Presets plus User-Einstellung, Hall mit 6 Raumtypen und regelbarer Effektbalance

Eingänge: 2 × Piano-Mikro (Spezialbuchsen), 2 × Line/Mic (Klinke), 1 × Fußschalter Start/ Stop (Klinke)

Ausgänge: Line R/L (Klinke), Fixed Level R/L (XLR), Kopfhörer (Stereo-Klinke)

Maße / Gewicht (PR-1): 18,0 × 22,5 × 16,2 cm (B × T × H) / 2,7 kg

Hersteller/Vertrieb: Kawai

Internet: www.kawai.de

Unverbindliche Preisempfehlung: 710,– Euro

Kommentar zu diesem Artikel

  1. Ich hänge seit Jahren begeistert an diesem Gerät.
    Neuerdings läßt sich zu meinem Schrecken das Cd Fach nur gelegentlich öffnen,es gibt bei Tastendruck zur Öffnung einen “Klack” von sich , bleibt aber meistens geschlossen. Wenn einmal geöffnet,dann läßt es sich wie immer öffnen und schließen.Einmal ausgeschaltet ,wieder der erwähnte Defekt.
    Weiß jemand Rat? Dafür ein dann erleichterte DANKE!!

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