Hohner Pianet (*1962) – E-Piano
I Am The Walrus gehört wohl zu den merkwürdigsten Beatles-Songs. Er wurde 1967 aufgenommen und hat eine starke psychedelische Schlagseite. Es wurden verschiedenste Klangquellen wie Rückwärts-Tape-Loops (während des Endmixes hat man ein gerade laufendes Radioprogramm mit aufgenommen etc.) und Instrumente eingesetzt, darunter auch das Hohner Pianet.
Dieses E-Piano war besonders in den 60er und frühen 70er-Jahren ein beliebtes Instrument, da es (im Gegensatz zu einem echten Piano oder einem Fender Rhodes) leicht zu transportieren und obendrein stimmstabil war. Die Beatles benutzten es auch bei den Aufnahmen zu The Night Before, You Like Me Too Much vom Help-Album von 1965. Noch mehr im Vordergrund stand das Hohner Pianet bei einem der größten Soul-Klassiker, nämlich Family Affair von Sly Stone. Zum Nutzerkreis des Hohner E-Pianos gehören außerdem Acts wie Guess Who (These Eyes), Led Zeppelin (Misty Mountain Hop), ZZ Top (Cheap Sunglasses) und Ekseption. Auch Tony Banks verwendete das Instrument in der ersten Hälfte der 70er-Jahre auf der Bühne und im Studio (The Return Of The Giant Hogweed, Supper’s Ready).
History
Die in Trossingen beheimatete Firma Hohner brachte das erste Pianet 1962 auf den Markt, das dann immerhin bis 1982 gefertigt wurde. Erfunden hat es der deutsche Ingenieur Ernst Zacharias, der auch eine Reihe weiterer Instrumente mit elektromechanischer Klangerzeugung auf den Markt brachte; darunter auch das 1968 herausgekommene Clavinet, das Cembalet und das Guitaret, eine Art elektrischer Kalimba.
Die ungewöhnliche, elektro-mechanische Klangerzeugung des Hohner Pianets unterscheidet sich deutlich von der hammerbasierten Mechanik anderer E-Pianos wie dem Fender Rhodes, dem Wurlitzer oder dem Yamaha CP-70.
Modellvarianten
Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen Pianet-Varianten; im Folgenden seien die wichtigsten genannt. Die ganz frühen Modelle kommen noch ohne Modellbezeichnung aus und besitzen einen integrierten Röhrenverstärker; es folgten die Modelle C (zu hören z. B. bei The Zombies, Shes Not There) und CH (mit Kopfhöreranschluss), die alle mit Holzfüßen ausgestattet sind. Das Pianet L (The Kingsmen, Louie, Louie) hat ein noch flacheres Gehäuse und Metallfüße; die Bandversion „Combo“ kommt ohne Gestell aus. Die Heimvariante Pianet M bietet zwei eingebaute Lautsprecher und einen Tremolo-Effekt. Modell N existiert in mehreren Versionen und war auch mit integriertem Verstärker und Lautsprecher erhältlich. Es gibt außerdem eine Clavinet/ Pianet-Kombination.
Model T
Das letzte Modell-Derivat heißt Pianet T, wobei das „T“ wohl für Tolex steht. Mit seiner schwarzen Vinylbespannung und den Gummiseitenteilen strahlt es wohl am meisten Sexappeal (plus Road-Tauglichkeit) und die geringste Wohnzimmer-Romantik aller Pianets aus. Auffällig ist der Bauhaus-artige Minimalismus des Designs: Es gibt keine Bedienelemente, nur das flache Holzgehäuse und die Tastatur, selbst auf einen Netzschalter hat man verzichtet. Letzteres ist auch folgerichtig, da das Pianet T und auch das Pianet M keine aktive Klangerzeugung besitzen und daher keinenerlei Strom benötigen.
Die Spielbarkeit der fünfoktavigen Tastatur ist nicht berauschend, aber nach kurzer Eingewöhnungszeit noch okay – Rhodes-Afficionados ordnen das Pianet-Keyboard allerdings naserümpfend in die „Wet Noodle“- Klasse ein. Anschlussseitig gibt es lediglich einen Klinkenausgang, das war’s. Praktisch ist die Integration des Instruments in das Koffergehäuse; auch ist es wahrscheinlich das leichteste elektromechanische E-Piano und definitiv das transportabelste Modell der Pianet-Serie. Es wiegt zwar immer noch ca. 20 kg, ist aber damit viel rückenschonender als etwa das 70 kg schwere Fender Rhodes.
Sound
Das Pianet hat einen glockenartigen Klang, der tendenziell etwas weicher ist als etwa der des Rhodes’ und dem die mittige Härte eines Wurlitzers fehlt. Trotzdem kann es klanglich überzeugen und ist je nach verwendetem Vorverstärker erstaunlich durchsetzungsfähig. Die hammerlose Klangerzeugung kann zwar nicht sehr dynamisch gespielt werden, dafür ist das Instrument stimmstabil. Bei älteren Modellen wie etwa der N-Version gibt die aktive Elektronik dem Sound noch einen charmanten Vintage-Schub; allerdings haben diese Modelle auch mit Nebengeräuschen zu kämpfen. Unsere Beispielsounds wurden mit einem Pianet T erstellt. Die Instrumente wurden uns freundlicherweise von Thomas Schmidt (Pianet T) und Ralph Voggenreiter (Pianet N) vom Voggenreiter Verlag (www.voggenreiter.de) zur Verfügung gestellt.
Für die Bilder bedanken wir uns auch ganz herzlich beim EBOARDMUSEUM in Klagenfurt, Österreich. www.eboardmuseum.com
Mehr über Hohner erfahrt ihr in hier.
Toll was ich hier alles über mein Pianet L erfahren habe! Vielen Dank für die Mühe. Ob es wohl noch einen Liebhabermarkt dafür gibt? Liebe grüße Rudolf
ich habe mir gestern ein pianet gekauft und hasbe den eindruck, wenn ich mal so rum frage, dass alle aus musikerkreisen es kennen und schätzen und diese alten klänge zunehmend wieder begehrt sind: es wird sich so bestimmt ein liebhabermarkt entwickeln!
gruß aus berlin
Den Markt gibt es schon… 😉
Lieben Gruß,
Markus