Vierstimmiger Analogsynth mit Stepsequenzer

Elektron Analog Four im Test

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Die gelungene Kombination von Klangerzeuger und Sequenzer zählt zu den bekannten Markenzeichen des schwedischen Herstellers Elektron. Nach DSP- und Sample-basierten Konzepten lockt der Elektron Analog Four mit echt analogem Sound – von einem leistungsfähigen Stepsequenzer auf Touren gebracht.

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Mit entsprechender Spannung hat man den Elektron Analog Four erwartet. Während die Schweden im Sequenzerbereich mittlerweile als Experten gelten, betreten sie mit ihrem aktuellen Synthesizer erstmals das Neuland der echt-analogen Klangerzeugung – mit Erfolg, so viel sei vorweggenommen. Der kompakte Synth besitzt ein sehr gelungenes Styling. Maße und Look entsprechen exakt der Sample-Workstation Octatrack. Hier hat Elektron definitiv seinen Weg gefunden. Etwas befremdlich: Ein vollständiges Manual in Papierform ist nur gegen Aufpreis erhältlich. Kostenlos ist dagegen die aktuelle Software 1.04, die dem Analog Four via MIDI-Dump einverleibt und mühelos verdaut wird.

Äußerlichkeiten des Elektron Analog Four

Wirklich positiv fällt die Qualität der Bedienelemente auf. Alle Taster besitzen sowohl spürbaren Hub als auch einen Druckpunkt. Die Encoder (sämtlich ungerastert und mit Druckfunktion) stellen viele Konkurrenten qualitativ mühelos in den Schatten. Die Abstände der Bedienelemente zueinander gehen in Ordnung, einzig das Display hätte größer bemessen (wie im Octatrack) oder eine OLED-Version sein dürfen. Die Spannungsversorgung erfolgt über ein Laptop- ähnliches Netzteil und einen Power-Schalter. Das Metallgehäuse des Analog Four hinterlässt einen durchweg soliden und zudem servicefreundlichen Eindruck.

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Unter der Haube

Die vierfach multitimbrale Klangerzeugung bietet pro Stimme zwei Oszillatoren mit modulierbaren Basiswellenformen, Sync und Suboszillatoren, zwei Filter – einer als 4-Pol Tiefpass mit Overdrive, der andere als 2-Pol Multimode ausgelegt – sowie den VCA. Außerdem findet sich ein digitaler Noise-Generator mit eigener einfacher Hüllkurve und einem Bit-Crusher. Als (ebenfalls digitale) Modulatoren kommen zwei ADSR-Hüllkurven mit variablen Anstiegskurven und zwei ihrerseits modulierbare LFOs mit mehreren Betriebsmodi wie One-Shot oder Retrigger zum Einsatz. Alle Modulationstiefen weisen bipolare Regelbereiche auf. Die Signale der vier Stimmen werden über einen Mixer zusammengeführt und über Effekt-Sends mit (digitalem) Chorus, Distortion/Delay und Reverb versehen.

Die Effekt-Sektion besitzt zwei eigene LFOs. Diese Klangerzeugung erfindet das Rad nicht neu, ist aber umfassend und äußerst sinnvoll ausgestattet. So können Wellenformen und Tonhöhe bei Bedarf direkt in den OSC-Sektionen moduliert werden, ohne dafür einen LFO oder eine Hüllkurve bemühen zu müssen. OSC-Restart und variabler Sync wurden ebenfalls nicht vergessen. Essenzieller Bestandteil des Analog Four ist der bordeigene, patternbasierte Stepsequenzer. Jeder Synthesizer-Stimme ist eine Sequenzer-Spur zugeordnet. Eine weitere Spur gehört der Effekt-Sektion, und Spur Nummer 6 generiert CV/Gate-Signale. Neben NotenEvents steuert der Sequenzer sämtliche Parameter der Klangerzeugung inklusive der Effekte.

Sequenced …

Um den Analog Four zu genießen, lädt man am besten zunächst mithilfe der links unten gelegenen Bank-Auswahl- und Step-Taster eines der 128 Kits. Ein Kit besteht aus vier Sounds sowie einem kompletten, sechsspurigen Sequenzer-Pattern. Bei Bedarf lassen sich nun Sounds auf einzelnen Spuren austauschen und nach Belieben mithilfe der Encoder verschrauben – bei laufendem Sequenzer, versteht sich. Sehr praktisch sind die sogenannten PERFORMANCE-MAKROS: Hier kann man den zehn Encodern beliebige Parameterkombinationen, auch Spur-übergreifend, zuordnen und im Kit speichern – perfekt für die LiveAnwendung. Ebenso Performance-orientiert sind das „TRACK SHIFT“-Feature und die komfortablen Mute-Funktionen der einzelnen Tracks. Beim Kit-Wechsel lässt sich entscheiden, ob das aktuelle Pattern bis zum Ende weiter gespielt wird oder die Umschaltung sofort erfolgen soll.

Zum laufenden Sequenzer lässt sich von Hand spielen – entweder über das interne Knopf-Keyboard oder über eine MIDI-Tastatur. Man kann beliebige (oder alle) Spuren in Echtzeit transponieren, wenn gewünscht nach den Vorgaben einer musikalischen Skala. Entsprechend mittransponiert werden auch Arpeggien, die sich auf jeder Spur starten lassen und „von Hand“ programmierte Sequenzen ergänzen sowie deutlich komplexer gestalten. Sämtliche Editiervorgänge lassen sich bei laufendem Sequenzer durch Aufrufen des Original-Patterns/Kits rückgängig machen. Ein Song-Mode ermöglicht das komfortable Aneinanderreihen von Patterns. Das Editieren und Arrangieren der Patterns funktioniert ebenfalls bei laufendem Sequenzer.

Pattern-Programmierung

Patterns kann man im GRID-Mode oder in Echtzeit programmieren. Man legt zunächst Taktmaß und Pattern-Länge fest. Maximal möglich sind 4 mal 16 Steps, wobei im ADVANCED-Mode die verschiedenen Spuren unterschiedliche Längen aufweisen dürfen. Unterschiedliche Clock-Teiler, wie beim Octatrack zu finden, erlaubt Analog Four jedoch nicht. Nach Auswahl einer Spur kann man Steps setzen. Sie lassen sich mit Tonhöhe, Velocity, Notenlänge und einer Mikro-Timing-Verschiebung belegen. Zudem kann man Accents so – wie Tonhöhen- und Parameter-Slides anlegen und bestimmen, ob ein Step die Hüllkurven und LFOs neu startet oder nicht.

Hoch interessant ist natürlich die Möglichkeit, jedem Step beliebige Parameterwerte der gesamten Klangerzeugung zuzuweisen. Die Zuordnung klappt denkbar einfach: Step halten, Parameter auswählen und zugehörigen Encoder drehen – fertig. Alternativ lässt sich mit jedem Step auch ein neues Sound-Preset aufrufen. Der Sequenzer wird dadurch nicht im Mindesten aus dem Tritt gebracht. Diverse Copy/Paste-Funktionen sorgen für einen effizienten Programmierfluss. Eine globale Swing-Funktion wurde ebenfalls nicht vergessen. Hat man sich für die Realtime-Eingabe entschieden, stehen globale oder Trackspezifische Quantisierungen zur Auswahl. Apropos global: Um das Instrument umgehend an vier verschiedene Arbeitssituationen anpassen zu können, bietet der Analog Four vier Speicherplätze für unterschiedliche Global-Parametersätze.

Sound des Elektron Analog Four

Der Analog Four klingt druckvoll und prä- zise, modern „crisp“ und damit sehr durchsetzungsfähig. Die Breite der Klangpalette ist riesig. Neben überzeugenden Bässen und ebensolchen Leads – von runder bis knarziger Natur – liefert der Synthesizer mühelos tighte Sequenzen, weiche Pads und eine breite Auswahl an Effektsounds, unter anderem möglich gemacht durch LFO-Ranges bis 2kHz. Die klangliche Bandbreite reicht von typisch Analogem bis hin zu Knistersounds im Sinne von Bands wie Autechre. Im Zusammenhang mit dem Sequenzer interessieren natürlich besonders Drums und Percussion. Auch hier bietet der Analog Four alles, was der ambitionierte Soundbastler erwartet: Die Oszillatoren lassen sich im Nulldurchgang starten, und Tonhöhen können einzeln moduliert werden, ohne dafür Hüllkurven opfern zu müssen.

Die wählbaren Kurvenformen der Envelopes sorgen nicht nur für besonders „snappige“ Sounds, sondern ermöglichen auch Reverse-Effekte. Der Noise-Generator ist fast ein kleiner Synth für sich. Knallige Drums und Electronic-Percussion mit eigenem Charakter lassen sich ebenso leicht realisieren wie gelungene Anlehnungen an Klassiker von Simmons oder Roland. Komplexe Modulationen und volles Programm auf sämtlichen Spuren beeinträchtigen die Präzision der Sounds in keiner Weise. Auch die Qualität der Effektsektion geht in Ordnung. Der Hall klingt definitiv besser als im Octatrack, und eine geeignete Parameterauswahl sorgt auch hier für expressiven Sound. Ein interessantes Detail und zudem eine weitere Verbesserung gegenüber dem Octatrack: Wählt man die FX-Spur zur Editierung an, werden die Effekte automatisch von der zuletzt angewählten Synthesizer-Spur mit Audiosignalen versorgt.

Sequenzer-Praxis

Die bestens durchdachte Konzeption durchzieht auch die gesamte Sequenzer-Sektion. Eine Vielzahl praxisorientierter Details zeigt, dass die Elektron-Konstrukteure selbst aktive Musiker sind. So bricht ein Doppelklick der Stopp-Taste nicht nur die Sequenz, sondern auch die Soundausgabe (Hall, Delay, Hüllkurven) sofort ab. Mittels Tasterdruck kann man das Sequenzer-Tempo um 10 % bremsen oder beschleunigen. Neben Copyund Save-Funktionen für Steps, Patterns, Sounds und Kits finden sich zahlreiche Shortcuts, die zwar erlernt werden müssen, aber nach einer gewissen Zeit die Arbeit mit dem Analog Four ungemein beschleunigen.

Trotz der recht komplexen Funktionalität wirkt das Gerät nicht überfrachtet. Die Menüstruktur ist mit maximal zwei Ebenen durchweg flach gehalten, alle Menüseiten sind auf dem Bedienfeld aufgedruckt. Das vorliegende Betriebssystem 1.04 wirkt ausgereift und vollständig. Abstürze oder Fehlfunktionen waren im Test nicht zu verzeichnen. Abgesehen von den nicht vorhandenen Einzelausgängen beschränkt sich meine Kritik einzig auf ein paar Details: So würde ich mir vom USB-Port wünschen, dass der Analog Four im Rechner als Laufwerk erscheint und so eine einfache Datenarchivierung möglich wird. Die LFOs sind grundsätzlich zum Sequenzertempo synchronisiert, was bedeutet, dass Modulationssounds bei unterschiedlichen Tempi ggfs. nicht immer ganz identisch klingen. Wären die Arpeggio-Parameter wie beim Octatrack Step- und nicht Track-gebunden, könnte man den Arpeggiator noch effektiver nutzen, indem man ihn etwa zum Erzeugen von Drum-Rolls auf bestimmten Steps verwenden würde. Aber das sind Details, die zudem möglicherweise mit einem Update ergänzt werden könnten.

Fazit

Elektron hat mit dem Analog Four ein erstklassiges und hochwertiges Instrument geschaffen. Die Verbindung aus Klangerzeuger und Mehrspur-Stepsequenzer ist sicher noch nie stimmiger umgesetzt worden als im Analog Four. Auch wenn seine klanglichen Qualitäten nicht immer ganz an die eines Synthesizers von Moog oder Tom Oberheim heranreichen, überzeugt der schwarze Schwede mit reichlich Druck, Fülle und Prä – zision. Highlight des Instruments ist zweifellos der höchst leistungsfähige Stepsequenzer mit seiner rundum gelungenen, lückenlosen Einbindung in die Klangerzeugung. Das Konzept ist bestens durchdacht, die Umsetzung erfreut sich vieler praxisgerechter Details, die keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass der Analog Four von aktiven Musikern entwickelt wurde – absolut vorbildlich. Ebenso vorbildlich ist die Tatsache, dass das Instrument zuverlässig funktioniert und keine Unvollständigkeiten in der Betriebssoftware aufweist. Der Analog Four dürfte besonders für Live-Acts abseits vom Laptop-Setup momentan die erste Wahl darstellen. Der Straßenpreis von zurzeit etwas mehr als 1.000 Euro ist angesichts des Gebotenen sehr attraktiv – also unbedingt antesten!

Plus/minus

+ leistungsfähiges und praxisnahes Konzept
+ stimmige Bedienoberfläche
+ sehr flexibler, guter Sound
+ hochwertige Hardware
+ vollständige und betriebssichere Software

– keine Einzelausgänge
– Displaygröße knapp bemessen

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