Test aus dem Archiv

Clavia Nord C2D – Doppel-Update der Zugriegel-Orgel im Test

Anzeige

 

Clavia Nord C2D Combo-Orgel_09

„Endlich“, werden viele Orgelspieler rufen, „endlich haben die Hardware-Chirurgen bei Clavia ein Einsehen gehabt und der C2 Zugriegel implantiert!“ Doch was ist außerdem neu an Clavias Erfolgsmodell? Die Clavia Nord C2D im Test! 

Anzeige

Eins kann ich schon vorwegnehmen: Wie die Bezeichnung schon vermuten lässt, ist die C2D im Grunde immer noch eine C2, nur eben mit D(rawbars). Für die Details verweise ich deshalb auf meinen Testbericht der C2 aus KEYBOARDS-Ausgabe 4.2009, die technischen Daten sind im Profil zusammengefasst. Die Frage, ob neu gleich auch besser bedeutet, war bereits mein Leitmotiv beim Test der C2, die im Vergleich zum Vorgängermodell C1 einen großen Sprung hinsichtlich einiger technischer Details und so auch im Sound machte.

Verbesserte Klangerzeugung, bessere Effekte – in der Summe führt all das dazu, dass die Clavia Nord C2D nicht mehr bloß wie eine gute Orgelaufnahme klingt, sondern sich auch wie eine richtig gute Orgel spielt. Und das typische Spielgefühl einer Orgel gelingt mit den neuen Drawbars natürlich noch einmal besser – aber der Reihe nach, denn es gibt noch andere Verbesserungen, von denen auch das Modell ohne Drawbars, die Nord C2 also, profitiert.

Drei Dinge fallen mir sofort ins Auge, als ich die C2D auspacke: die vierfachen 9-Zugriegel- Sätze, klar, ein vorher nicht vorhandenes LC-Display und … die Farbe! Wo ist das knallige Nord-Rot geblieben? Die Rückseite der Orgel ist schwarz und die hölzernen Seitenwangen gefallen sich in einem dunklen Rotbraun. Aber diese eher klassische Optik dürfte vielen Organisten – egal ob Rock, Jazz oder Schwoof – sicher besser gefallen als das Knallrot. Und wenn wir schon bei den Unterschieden sind: Im Vergleich zum Vorgängermodell C2 liegen die Taster und Schalter zwar in ähnlicher Region auf dem Bedienfeld, wegen der üppigen Zugriegel-Bestückung aber nicht an derselben Stelle.

Die Taster zur Preset-Anwahl liegen links neben den Tastaturen. Das Bedienfeld ist leicht, fast unmerklich nach vor – ne geneigt. Auf der Rückseite gefällt mir besonders, dass man endlich einen normalen Kaltgeräte-Stecker benutzen kann, außerdem ist der Ein/Aus-Schalter nun gegen versehentliches Betätigen geschützt (Darüber freue ich mich persönlich besonders, denn ich habe bereits mehrfach meine C2 im Eifer des Bühnengefechts durch den hinter der Orgel stehenden Mikroständer ausgeschaltet – ein für alle Beteiligten verblüffender Effekt).

 

Bitte umsteigen!

Für Umsteiger von der Nord C2 geht die Eingewöhnung schnell vonstatten, Umsteiger von anderen Instrumenten finden sich schnell zurecht. Die Bedienelemente liegen, wie oben bereits gesagt, an leicht veränderten Positionen auf dem Bedienfeld, was nach einer kurzen Phase der Umgewöhnung von der Vorgängerin C2 für die meisten Funktionen ein sicheres Arbeiten ermöglicht. Wer von einem anderen Instrument kommt, sollte ebenfalls schnell und intuitiv zurechtkommen. Die Zugriegel laufen leicht (und werden nach längerem Gebrauch sicher noch leichter) und sind in Wahrheit natürlich Schieberegler wie bei einem Mischpult, die charakteristische Rasterung ist aber gut umgesetzt – auch wenn es sich nicht hundertprozentig genau so anfühlt wie das Spielen mit echten Drawbars. Als jemand, der vorher bereits mit dem nordischen LED/Taster-„Zugriegelsystem“ klar kam, ist das dennoch ein großer Schritt nach vorne.

Außerdem passt das Ganze sehr gut in das transportable Konzept der C2D: Handlich und kompakt, und doch vermisse ich hinsichtlich Sound und Performance nichts! Die Schalter für den Rotary-Effekt liegen dennoch für meinen Geschmack etwas weit links oben sowie außen und sind außer Sichtweite, wenn ein weiteres Instrument über der Orgel platziert wird – waschechte Organisten werden ohnehin für diese Funktion den optionalen „Halbmondschalter“ an der unteren Vorderseite des Instruments montieren. Gut gefallen mir die je fünf Taster links neben den Klaviaturen. Hier lässt sich jeweils pro Manual zwischen den Presets 1, 2 und 3 (pro Program) sowie den Drawbars A und B umschalten. Das klappt prima und im Live-Einsatz schnell und sicher.

Der Wermutstropfen: Hat man beispielsweise Preset 1 gewählt und merkt beim Spielen, dass der Sound noch etwas mehr Brillanz in den hohen Fußlagen vertragen kann, dann steht man auf dem sprichwörtlichen Schlauch. Rote LEDs verraten mir zwar, welche Drawbars in Gebrauch sind, welche Position sie haben, erfahre ich nicht. Und ändern kann ich die Einstellung nur dann, wenn ich den Preset-Taster gedrückt halte. Und mit welcher Hand soll ich jetzt noch spielen? Gleiches gilt für die Presets 2 und 3. Um die Registrierung während des Spiels zu ändern, müssen die Drawbars A, B oder die LIVE-Betriebsart angewählt sein (nur noch einer statt zweier Plätze wie bei der C2). Die Zugriegel stehen aber auf keinen Fall so wie im Preset, sodass ein abrupter Soundwechsel die Folge ist. Leider wer – den die Zugriegelpositionen auch nicht im Display angezeigt, sodass man die Presets ebenfalls nicht als Ausgangspunkt für eigene Kreationen einsetzen kann. Der letzte Ausweg schien mir der Nord Sound Manager zu sein, der aber auch in der zurzeit aktuellen Version 6.18 die Zugriegelpositionen einer angeschlossenen C2D nicht verrät – schade. Um die an sich flexible Drawbar-Orgel mit der an sich flexiblen programmierbaren Orgel zu verzahnen, könnte man noch etwas am Bedienkonzept feilen.

c2d-angled

Und drinnen?

Die gute Nachricht für alle C2-User: Die Software der Clavia Nord C2D (OS-V 1.04) steht mit kleinen Abstrichen auch für die C2 (OS-V 2.0) auf der Clavia-Homepage zum Download bereit. Ich jedenfalls habe meiner C2 sofort die neue Softwareversion eingetrichtert und war angetan von den deutlichen Klangverbesserungen. Dabei konnte ich die Unterschiede nicht nur zu Hause oder im Proberaum hören, sondern auch bei Gigs habe ich in diesem Sound baden können. Gute Arbeit! Die Clavia-Soundtüftler haben sich nicht nur in den Bereichen Key-Click, Percussion (weniger statisch) Key-Bounce (da prellt die Taste, dass es eine Freude ist) und Bass (jetzt kräftiger) ausgetobt, sondern auch eine neue Rotary-Simulation hinzugefügt, die sich an einem Leslie 122 orientiert. Für dieses stehen auch zwei verschiedene virtuelle Mikrofonpositionen zur Verfügung. Außerdem lässt sich die Balance zwischen Bass- und Hochton-Rotor einstellen.

Bei der Clavia Nord C2D kann man zusätzlich in die virtuellen Rotoren greifen und die jeweiligen Geschwindigkeiten (Anlaufen, Endgeschwindigkeit) regeln. Ich vermisse wie bisher eine MIDI-Thru-Funktion, sei es als separate Buchse oder als Option für den MIDI-Out. Hatte die C2 bislang schon einen guten Ruf als Hammond-Klon, so sattelt man bei Clavia soundmäßig noch deutlich einen drauf und legt die Messlatte für die Konkurrenz ein Stückchen höher. Durch die neue Software wird das Instrument deutlich lebendiger im Klang, weil die Zahl der durch die Spieltechnik zu beeinflussenden Parameter höher ist. Meine Entscheidung: Ich besitze bereits eine C2, die jetzt das neue OS-V 2.0 hat und deshalb noch besser als vorher klingt. Auf richtige Zug – riegel habe ich gelernt zu verzichten, die Preset-Sektion ist flexibler als die der C2D – ich spiele also ein Top-Instrument und werde das sobald nicht ändern. (Die C2 wird auch weiterhin im Handel angeboten.)

Über die Erweiterung mit Drawbars hinaus hat Clavia das Bedienkonzept an einigen Stellen geändert. Vor allem aber in puncto Sound ist die C2D noch einmal besser geworden. Vom klanglichen Feinschliff profitiert per System-Update auch das Vorgängermodell C2.

Fazit

Die Clavia Nord C2D ist im Grunde genommen ein doppeltes Update des Erfolgsmodells C2.Bezüglich der Hardware stehen die vorzüglich zu bedienenden Drawbars an erster Stelle, aber auch die erweiterte Preset-Sektion und Details wie der verbesserte Stromanschluss verdienen Beachtung.

Für meinen Geschmack ist das Software- Update (das auch für die C2 zur Verfügung steht) der eigentliche Knaller der C2D. Die Veränderungen der Tonerzeugung – sei es die Percussion, der Keyclick oder eine deutlich verbesserte Rotary-Simulation – lassen ein gutes Instrument noch besser werden. Wer aber Wert auf Zugriegel legt und mit weniger Presets klarkommt, sollte unbedingt diese C2D ausführlich probespielen. Ich kann den Vergleich zu anderen Vintage-Organ-Simulationen übrigens nur wärmstens empfehlen. Für mein Empfinden lässt die Clavia Nord C2D sogar Instrumente wie die sündhaft teure New B-3 von Hammond daselbst hinter sich.

Im Fazit des Tests der C2 in KB 4.2009 habe ich 28 von 30 Punkten vergeben. Das Urteil möchte ich hier wiederholen. Bei der Flexibilität ziehe ich aus genannten Gründen einen Punkt ab, für die Soundqualität allerdings gebe ich einen mehr: 11 von 10! Das „Biest“ ist zwar nicht mehr rot, klingt aber noch besser!


Konzept:

vier Orgel-Modelle: Hammond B3, Vox Continental und Farfisa Compact Deluxe, Pipe (Barock-Orgel)

Effekte:

Verzerrer mit Röhrenklangcharakter, drei Amp-Simulationen (inklusive 3 × Rotary), 3-Band-EQ, Delay, sechs Reverb-Typen, Vibrato/Chorus (dreistufig) Tremulant, Key-Click

Sonstige Features:

126 Programs, ein Live-Program, volle Polyfonie (außer Pipe), vier Sets × 9 Zugriegel, sechs Drawbar-Presets für jedes Program, Percussion

Maße / Gewicht:

966 × 163 × 445 mm (B × H × T) / 16 kg

Zubehör (nicht im Lieferumfang):

Halfmoon-Switch zur Leslie-Steuerung, 27-Tasten-Pedal mit Schweller

Hersteller / Vertrieb: Clavia / Soundservice Berlin

Internet: www.clavia.se; www.soundservice.de

UVP / Straßenpreis ca. € 3.568,– / ca. € 3.000,–

 

Pro und Contra

+ geringes Gewicht

+ vier Orgelmodelle (B3, VX, FARF, PIPE)

+ hervorragender Grundsound

+ umfangreiche Effekt-Sektion

+ leicht zu bedienen

– Preset-Sektion unflexibel


Warum die C2D die beste Combo-Orgel ist – Das Nord-Instrument im Vergleich

In klanglicher Hinsicht werden die Orgelsektionen der Clavia-Instrumente schon lange hoch geschätzt. Für Organisten ein gewichtiger Kritikpunkt aber war das LED-gesteuerte „Drawbar-System“ – das Performen mit echten Zugriegeln gehört für viele so untrennbar zum Orgelspielen dazu wie ein guter Rotary-Effekt. Neben der Hardware-Erweiterung gibt es aber einige andere Argumente, die es den Mitbewerbern sehr schwer machen dürften: Studiologics NUMA Organ macht sich gut im Jazz- Bereich, um richtig loszurocken, hier fehlt es aber an Reserven. Außerdem spielt das Instrument mit nur einem Manual in einer anderen (Preis-)Klasse, ebenso die Hammond SK-1 oder auch Rolands VK-8, welche im Vergleich zudem recht synthetisch klingt. Als zweimanualiges Instrument käme die Hammond SK-2 infrage, die jedoch bei deutlich weniger Hardware-Aufwand (nur ein Zugriegelsystem) fast schon den Preis der C2D hat.

Diese Merkmale sprechen für die C2D sowie auch für das Modell C2:

Geringes Gewicht: Auf handliche Größe geschrumpft, bringt das Clavia-Instrument Vintage-Orgel-Sounds auf die Bühne, mit denen man ohne zusätzliche Geräte „aus dem Stand heraus“ perfekt abliefern kann.

Flexibilität: Neben der Klangerzeugung bringt die C2D selbstverständlich auch alle nötigen Effekte in exzellenter Qualität mit: Tube Distortion, Rotary, Amp Simulation – hier fehlt nix. Außerdem kann ein echtes Leslie angeschlossen werden.

Sound: Es ist nicht nur eine elektromagnetische B3 an Bord, die „Transistor- Klassiker“ von Vox und Farfisa werden genauso detailgetreu und authentisch wiedergegeben. Und eine Sakralorgel ist ebenfalls vorhanden. Wer bezüglich Sound und Performance keine Kompromisse eingehen will, dem bleibt eigentlich nur, ein elektromechanisches Original zu spielen. Dies aber bedeutet einen ungleich höheren Aufwand, der angesichts der klanglichen Qualitäten der Nord-Orgel für „normalsterbliche“ Livekeyboarder kaum mehr zu rechtfertigen ist.

Kommentar zu diesem Artikel

Pingbacks

  1. was bedeutet der halbmond auf dem iphone - دسرا

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.