Das Kult-E-Piano ist wieder da

Rhodes MK7 – elektromechanisches E-Piano

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Bereits auf der Musikmesse 2008 durfte man die neuen Rhodes-Modelle bestaunen. Wer seinen Fingerspitzen nicht trauen wollte, konnte nach einem Blick ins Innere der Instrumente sicher gehen: Es handelt sich hier um echte elektromechanische E-Pianos, handgefertigt nach dem Vorbild jener Instrumente, die wir heute als Vintage-Pianos heiß und innig lieben …

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(Bild: Dieter Stork)

… und wir sind bereit, für gut erhaltene Exemplare Unsummen auszugeben. Keine Frage – auch die neuen Rhodes MK7-Modelle können nicht gerade als günstig bezeichnet werden. Jedoch sollte man nicht vergessen: Es handelt sich um funkelnagelneue Instrumente, denen die Rhodes Music Corporation unter Leitung von Joseph Brandstetter (s. u.) einige wichtige Verbesserungen hat angedeihen lassen.

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Wir hatten die Möglichkeit, ein 73er MK7 für einen Tag im Teststudio des Verlags in Augenschein zu nehmen und natürlich ausgiebig anzuspielen. Einen ausführlichen Testbericht liefern wir in Kürze nach.

Es lebt!

Es ging nicht nur mir alleine so, sondern eigentlich allen Anwesenden, die sogar nur mal spontan in die Tasten hauen wollten: Der Funke springt binnen weniger Sekunden über, und man möchte einfach nur weiterspielen. Der Unterschied zu digitalen Instrumenten oder Emulationen vermittelt sich unmittelbar: Dieser Sound lebt! Sanft schmatzende Attacks, ein dichter und tragender Grundklang, den man im Bauch spüren kann und der durch den Tremolo-Effekt richtig schön wummert. Dann diese Dynamik: Bei einem digitalen Instrument würde man von einer unglaublichen Auflösung sprechen – hier ist das einfach da. Man kann dieses Rhodes extrem sanft spielen, und es erzeugt butterweiche Sounds. Herrlich. Diese leisen Sounds lassen sich mit großer Exaktheit spielen – alte Modelle sogar in sehr gutem Zustand wären dabei schwer zu kontrollieren und würden schlimmstenfalls nicht mal einen Ton von sich geben. Langt man hingegen beherzt zu, bekommt der Sound richtig Biss. Dazwischen liegen unendlich viele Nuancen, die erst einmal „erspielt“ werden wollen.

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(Bild: Dieter Stork)

Spielgefühl

Man darf es gerne „Spielen mit Gefühl“ nennen, denn die Schwingungen der Klangzungen werden über die Tastatur auf die Fingerspitzen übertragen – eine Nebensache, aber durch dieses taktile Feedback fühlt man sich mit dem Sound eher verbunden als bei digitalen Instrumenten, denen dieses Element fehlt. Aber auch darüber hinaus ist das Spielen dieses Rhodes Gefühlssache: Die Tastatur läuft sehr exakt und auch im unteren Dynamikbereich sehr fein, sodass sich die Anschlagstärken sehr sicher dosieren lassen, um der Klangerzeugung die gewünschten Nuancen zu entlocken. Akzente und Artikulationen lassen sich sehr schön herausarbeiten. Dabei ist die Tastatur leichtgängig, was insgesamt für ein komfortables Spielgefühl sorgt. Hier macht sich deutlich bemerkbar, dass die Rhodes-Company die Tastatur überarbeitet und verbessert hat.

Sound

Rhodes-Pianos können bekanntlich sehr unterschiedlich klingen, was nicht allein vom Spieler abhängt, sondern ebenso von der Intonierung des Instruments selbst. Das MK7 in unserem Teststudio macht auch in diesem Punkt einen sehr guten Eindruck. Der Grundsound besitzt genau die Wärme, die die allseits beliebten Cluster-Chords so wuchtig klingen lässt – dabei haben solche Sounds ein wunderbares Sustain, man schwebt förmlich auf einer Soundwolke. Dennoch wirken Melodien nicht etwa schummrig, sondern klar definiert. Akzente und Licks besitzen Grip – hier treten die mittigen Klanganteile und Attacks hervor, ohne dass aber die Töne an Body verlieren. Bei hohen Anschlagstärken klingt’s dann regelrecht bissig: Die Töne wirken beinahe angezerrt und besitzen diese typischen knochigen Attacks.

Das MK7 scheint die Klangaspekte verschiedener Modelle miteinander zu vereinen – es kann schummrig und mellow wie ein Mark I und zugleich glasklar wie ein Mark II klingen. Großartig.


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Preamp

Dies gleich vorweg: Wenn Sie sich für ein neues MK7-Modell entscheiden, dann wollen Sie eines mit eingebautem Preamp haben. Denn dieser macht das Piano klanglich noch vielseitiger, und einige der vorgenannten Klangaspekte werden erst durch ihn möglich. So etwa der Tremolo-Effekt, der sich in Intensität und Geschwindigkeit regeln lässt. Der Effekt lässt sich durch Herausziehen des Potis einschalten, wobei eine integrierte LED die Modulationsgeschwindigkeit anzeigt – sehr praktisch.

Der entscheidende Part des Preamps: Er besitzt eine aktive 3-Band-Klangregelung mit parametrischen Mitten. Sie können damit die Frequenzbereiche absenken wie bei einem einfachen Rhodes-Modell. Bewegt man die Regler über die Mittelstellung hinweg, wird das jeweilige Frequenzband (Bass = 100 Hz, Hi = 8 kHz) verstärkt. Besonders wirkungsvoll sind hier die Mitten, deren Center-Frequenz variabel ist, womit Sie wählen können zwischen z. B. einem durchsetzungsfähigen, bissigen Grundsound, noch mehr Bauch oder noch mehr Glockenanteil. In den aktiven Regelbereichen erfährt der Sound dann immer auch eine sanfte Anreicherung durch eine Saturation, was für einen kernigen Grundklang sorgt. Dabei zeigt sich der Preamp selbst beim Anheben der Höhen erfreulich rauscharm.

Modellvielfalt

Wie in alten Tagen wird das neue Rhodes in vielen verschiedenen Varianten angeboten. Zunächst werden die 73er- und 88er-Modelle erhältlich sein, später auch das kleine 61er. Alle Modelle werden in drei Ausstattungsstufen angeboten. Die 73er-Standard-Variante entspricht dabei einem gewöhnlichen Rhodes mit Lautstärke- und Tone-Regler – hier wird ein Straßenpreis von knapp 3.400 Euro zu erwarten sein. Die nächste Stufe – das „Active Model“ ist dann für etwa 800 Euro mehr mit dem Preamp ausgestattet, während das „Active MIDI“ über Preamp und MIDI verfügt. Hier liegt der Straßenpreis dann auch schon bei 5.300 Euro.

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Am edlen Sound des MK7 ist der Preamp nicht unbeteiligt. Dank aktiver 3-Band-Klangreglung ist hier große Flexibilität in der Klanggestaltung angesagt. (Bild: Dieter Stork)

Darüber hinaus bietet Rhodes auch den Ausbau mit einem Lautsprechersystem an. Das speziell für Rhodes designte Abstrahlsystem ist mit 4 × 12″-Eminence-Speakern ausgestattet und leistet 2 × 250 Watt. Dabei lassen sich – und auch das ist eine entscheidende Verbesserung – Front- und Rearside separat in der Lautstärke regeln. Die „Speaker Platform“ schlägt dann auch noch mal mit rund 2.200 Euro zu Buche.

Das eingebaute MIDI-System kann man am rechts angebrachten Display nebst Volume-Regler erkennen. Damit wird das Rhodes zum luxuriösen Masterkeyboard und ermöglicht es, MIDI-Layer, Keyzones und Patches zu verwalten – die Programmierung kann mittels Editorprogramm via USB erledigt werden. Das MIDI-System ist recht leistungsfähig und verfügt sogar über polyfonen Aftertouch.

Gehäuse

Allen Modellen gemein ist die Gehäusekonstruktion. Das Retro-Future-Design im Stile der 60er-Jahre ist gelungen und verleiht dem Instrument ein charaktervolles Aussehen. Das Gehäuse ist aus Carbonfiber gefertigt und macht zwar einen robusten Eindruck, man wird aber für den Transport kaum auf ein Flightcase verzichten können. Glücklicherweise wurde durch diese Bauweise aber an Gewicht gespart: Knapp 35 kg bringt das 73er-Active-MIDI-Modell auf die Waage.

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Das Anschlussfeld an der linken Seite beherbergt neben dem Netzteilanschluss zwei Stereoausgänge (XLR, Klinke), einen Kopfhörerausgang, USB sowie ein MIDI-Interface. Ein Effekt-Insert (Send/Return) trennt den Signalweg vor dem Preamp, sodass man monofone Effekte wie z. B. ein Wah-Pedal einschleifen kann. (Bild: Dieter Stork)

Das Gehäuse bietet Rhodes in den Farben Schwarz, Weiß, Gelb und Rot an, wobei zwischen den Oberflächenmaterialien „Hochglanz“ oder einer griffigeren „Road-Touch“-Variante gewählt werden kann.

Als Verbesserung hat Rhodes das Gehäuse mit Belüftungsschlitzen versehen, was einer Feuchtigkeitsbildung vorbeugen soll, die bei vielen alten Instrumenten ein echtes Problem war.

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Die Active-MIDI-Modelle sind zugleich komfortable MIDI-Masterkeyboards. Das integrierte MIDISystem dient zur Verwaltung von Layer-Sounds und Patches. Die Handhabung im Spielbetrieb ist sehr simpel. (Bild: Dieter Stork)

Zum Lieferumfang zählt das Sustain-Pedal, dessen Gehäuse ebenfalls aus Kunststoff besteht. Verschraubbare Beine wie bei den alten Modellen gibt’s hier allerdings nicht. Ein Stativ muss wie auch ein Transportkoffer als Zubehör extra erworben werden.

Ausblick

Ein tolles Instrument. Das neue Rhodes macht seinem Titel „Steinway unter den E-Pianos“ alle Ehre. Es lässt sich angenehm komfortabel spielen und ist dabei klanglich sehr flexibel – so viel lässt sich nach erster Betrachtung festhalten.

Einen ausführlichen Testbericht werden wir nachliefern, sobald die Instrumente in größerer Stückzahl verfügbar sind.


Hersteller / Vertrieb: Rhodes Music Corporation / Saretz Audio Sales / TS Audio Line

Internet: www.rhodespiano.com / info@saretzaudiosales.de

UvP / Straßenpreise: Standard 73: 4.499,– / ca. 3.380,– Active 73: 4.999,– / ca. 4.210,– Active MIDI: 6.499,– / ca. 5.285,– (Preise jeweils für Road-Touch-Finish, die Hochglanzmodelle ca. 50 Euro günstiger)


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Drei Gewinner: Rhodes-Chef Joseph A. Brandstetter (Mitte) mit den beiden Repräsentanten der Rhodes Music Corporation – Stephan Saretz (Saretz Audio Sales) und Thomas Specht (TS Audio Line)

Seit der ersten Präsentation der neuen Instrumente auf der NAMM-Show 2008 in Anaheim war es bislang kaum möglich, eines der Modelle zu bestellen, es sei denn, man heißt Stevie Wonder oder Alicia Keys. Der ehemalige Soundservice-Mitarbeiter Stephan Saretz hat nun in Zusammenarbeit mit TS Audio Line eine Repräsentanz der Rhodes Music Corporation gegründet. Man arbeitet derzeit daran, ein Netz von Stützpunkthändlern aufzubauen, bei denen man die Instrumente vor Ort anspielen und bestellen kann.

Es ist Joseph Brandstetter zu verdanken, dass die kultigen Pianos wieder hergestellt werden. Er arbeitete gemeinsam mit dem Erfinder des E-Pianos, Harold Rhodes, und konnte so seine Erfahrungen in die technische Weiterentwicklung einfließen lassen. Laut Hersteller können die neuen Pianos außerdem dank moderner Produktionsmethoden in wesentlich kleineren Toleranzbereichen gefertigt werden

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