Travelling the strings

Korg PE-1000 (*1976)

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Korg PE 1000

Unter den Stringmachines nimmt Korgs PE-1000 eine Sonderstellung ein, denn er bietet viele nicht alltägliche Möglichkeiten und ist mit Korgs legendärem Traveller-Filter ausgestattet. Synth-Großunternehmer wie Vangelis wussten um die Qualitäten des Instruments und setzten es Mitte der 70er-Jahre bei diversen Produktionen ein.

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Der PE-1000 kam 1976 auf den Markt und wurde als bühnentaugliches, polyfones Instrument konzipiert, das dem Keyboarder einen schnellen Zugriff auf damals gängige Sounds wie Brass, Strings etc. bot, aber auch das Erstellen eigener Sounds ermöglichte. Es gehört wie der im gleichen Jahr herausgekommene ARP Omni zur Gattung der so genannten Multikeyboards, die in dieser Ära sehr populär waren. Aus heutiger Sicht ist das Gerät ein toller Lieferant dichter, leicht melancholischer 70er-Jahre-Atmosphäre. Gebaut wurde der PE-1000 bis Ende der 70er-Jahre. Die Modellbezeichnung „PE“ steht übrigens für „Polyfonic Ensemble“.

Klangbeispiel:

Varianten

In den USA wurde der PE-1000 auch unter dem Univox-Label als „K 4“ verkauft; Univox vertrieb damals ein paar Jahre lang die Korg-Produkte in Nordamerika. Nicht verwechseln sollte man den PE-1000 mit dem zur gleichen Zeit herausgekommenen PE-2000. Während der PE-1000 eher für Sounds mit definierter Attack-Phase (Brass, Piano, Harpsichord etc.) konzipiert wurde, liegt der Schwerpunkt des PE-2000 mehr bei (von Korg damals sogenannten) „Sustained“-Sounds wie Kirchenorgel, Strings etc.; beide Geräte sollten sich ergänzen. Der PE-2000 (auch unter der Bezeichnung „Univox K 5“ bekannt) bietet schöne Flächensounds, verfügt jedoch über weniger Eingriffsmöglichkeiten und einen geringeren Tastaturumfang.

Der PS 900 ist eine monofoner Preset-Synth. Das 1975 vorgestellte Gerät ist mit einem innovativen Feature ausgestattet: Der verchromte Bügel unter der Tastatur ist nämlich weit mehr ist als ein schmucker Handtuchhalter, er dient vielmehr als Touch-Controller für diverse Effekte (Portamento, Vibrato etc.).

User

Mancher wird sich gefragt haben, welche Synthesizer Vangelis benutzt hatte, bevor er Yamahas Schlachtschiff CS-80 einsetzte, der ja später zu seinem Markenzeichen wurde (Vangelis besaß neun Stück davon!). Der griechische Synth-Wizard benutzte vorher u. a. Korgs PE-1000, der z. B. auf seinem Album Albedo 0.39 zu hören ist. Zum PE-1000-Userkreis gehören neben Jean Michel Jarre auch der spanische Elektronik-Act Neuronium und Stephen Parsick.

Das Traveller Filter prägte die erste Phase der Synthesizer-Geschichte von Korg, zu welcher neben Mini-Korg 700, 800dv, 900 PS und 770 auch das PE-1000 zählt. Das Filter ist als Kombination von Tiefpass und Hochpassfilter ausgelegt und wurde beim PE-1000 zudem mit zwei Resonanz-Reglern ausgestattet, was es zu einem mächtigen Klanggestaltungswerkzeug macht. Mit den beiden „Traveller“-Fadern lassen sich sehr schöne Klangverläufe „malen“.

Der MiniKorg 700 ist Korgs erster Synthesizer. Er wurde als preisgünstige Konkurrenz zum Minimoog konzipiert und kam 1973 heraus. Zum Einsatz kam er u. a. bei The Cure, The Comateens und Human League.

Äusseres

Es gibt mehrere Versionen des PE-1000. Unser Testgerät ist mit einem schwarzen, „roadtauglichen“ Tolex-bespannten Gehäuse ausgestattet, daneben existiert auch eine Version mit Holzgehäuse. Die nicht-anschlagdynamische Tastatur umfasst fünf Oktaven. Auf der Bedienoberfläche findet man (für eine Stringmachine) ungewöhnlich viele Einstellmöglichkeiten. Außer der Traveller-Filtersektion (s. u.) gibt es eine Hüllkurven-Sektion mit Attack, Decay und Release (fälschlich als „Sustain“ bezeichnet), eine Modulations-Abteilung mit Vibrato und Portamento sowie einen Oszillator-Wellenform-Wahlschalter. Die sechs Presets (String, Pipe Organ, Brass, E-Piano, Piano, Harpsichord, Clavichord) lassen sich modifizieren, in der „Control“- Einstellung können auch die Hüllkurve und die Wellenform frei programmiert werden.

Der monofone Korg 770 kam 1976 auf den Markt und markiert das Ende einer Ära: Er war der letzte Synthesizer, der zur „Traveller-Filter“-Familie gehörente. Er wurde später u. a. von Human League, Simple Minds und Freddy Fresh eingesetzt.

Klangerzeugung

Die analoge Klangerzeugung arbeitet nicht mit einer Frequenzteilerschaltung, wie es sonst bei Stringmachines und Multikeyboards üblich ist. Jede der 61 Stimmen des vollpolyfonen Gerätes verfügt über eine eigene Klangerzeugungs-Sektion, daher gibt es keinen Stimmenklau bei opulenteren Akkorden. Mit dem verwirrenderweise „Modus“ betitelten Schalter lassen sich drei Pulse-Varianten, eine Sägezahn-Wellenform und eine als „Chorus“ bezeichnete Wellenform anwählen, bei der es sich aber um eine pulsweitenmodulierte Wellenform handelt. Ein weiteres Rätsel ist der „Oktav-Coupler“: damit lässt sich der Sound eine Oktave höher stufenlos dazu mischen.

Das Traveller-Filter gehört mit seinem vollen, warmen Klang und seinem energischen Eingreifen ins Frequenzspektrum zu den absoluten Pluspunkten der frühen Korg-Generation und veredelt auch den Klang des PE- 1000. Nicht wenige Musiker sind der Meinung, dass es das beste Filter ist, das Korg je gebaut hat, und dem MS-20-Filter vorzuziehen sei.

Die beiden Resonanz-Regler (für Hoch- und Tiefpass) prädestinieren es zum Erzeugen eigentümlicher, z. T. psychedelisch anmutender Bandpass-Sounds. Die String-Sektion verfügt nicht über die Fülle und Silbrigkeit eines Solina String Ensembles oder die Körnigkeit eines Crumar Multiman, kann aber mit dazu gemischter Oktavlage und dem Filter überzeugen. Interessant wird es vor allem, wenn man die Strings oder auch den kraftvollen Brass-Sound mit einem anderen Preset kombiniert. Im Bassbereich hat der PE-1000 nicht viel zu melden, aber dafür kann man ungewöhnliche und wunderbar charakterstarke (70er-Jahre-)Klänge generieren, die mit anderen Synths so nicht möglich sind.

Das Gerät wurde uns freundlicherweise von Ernst Hill (Knobexploit) zur Verfügung gestellt. Er betreibt in Eindhoven einen Spezialhandel für Vintage-Equipment und Synthesizer (www.facebook.com/Knobexploit oder myworld.ebay.de/knobexploit). Zu seinen Kunden gehören Acts wie Coldplay oder Chemical Brothers.

Um allzu kranke Einstellungen zu verhindern und immer noch ein kleines Frequenzspektrum vom Filter unbeeinflusst zu lassen, verhinderte eine Plastiksperre an den stylischen Cutoff-Faderknöpfen (links) das Überkreuzen der Schieberegler, sodass der Hochpass nie höher als der Lowpass geregelt werden konnte. Die findige Korg-User-Gemeinde ließ sich aber nicht gern bevormunden, und so wurde es Brauch, die Plastiksperre abzufeilen und dem Sounddesign freien Lauf zu lassen.

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