Kein »GEW-AWAY«

GEWA UP380G − Homepiano im Test

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GEWA UP380G
Klassischer Homepiano-Look: Vorderbeine, eine geschlossene Rückwand und das die Tastatur deutlich überragende hintere Gehäuse mit dem darauf platzierten Notenpult bestimmen die Optik des UP380G. (Bild: Dieter Stork)

»Made in Germany« ist für den Hersteller Gewa aus Adorf im sächsischen Vogtland zu einem Verkaufsargument geworden, und auch am neuen UP380G prangt das Qualitätssiegel gleich unter dem Firmenlogo. Gut im Blick dürften die Landsleute die fast übermächtige Konkurrenz aus Japan aber schon haben, denn in Design und Ausstattung fällt das UP im Vergleich zu deren Produkten keineswegs ab.

Das UP380G platziert Gewa in der Homepiano-Mittelklasse. Sein Design folgt der heute üblichen Optik, die sich unter anderem bei Kawai (CA-Serie), Roland (HP-Serie) und Yamaha (Clavinova) findet: Mit Vorderbeinen, nahezu durchgängiger Rückwand, ausziehbarer Tastaturabdeckung und daher auf dem Pianodach angebrachtem Notenpult ist das UP ein klassischer Vertreter dieser recht zeitlos anmutenden Spezies. Unser weißes Testmodell jedenfalls dürfte sich in viele Wohnräume bestens einfügen.

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»Made in Germany«: Lediglich die Tastatur des Typs »Concert Pianist« wird vom italienischen Hersteller Fatar gebaut; entwickelt hat Gewa sie zudem in Zusammenarbeit mit der französischen Software- und Chip-Schmiede Dream.

Das UP380G ist von allen Seiten mit Holz verkleidet und recht solide verarbeitet. Lediglich die nicht sehr dicke Rückwand sollte man vor Stößen schützen, da sich direkt dahinter das komplette technische Innenleben des Pianos verbirgt.

Die Montage des 57 Kilo wiegenden Pianos stellt zwei Personen vor keine größere Herausforderung. Das UP380G ist in mattem Schwarz oder Weiß sowie in einer Rosenholz-Version zum Listenpreis von 1.790 Euro zu haben. Alternativ ist die 3 Kilo schwerere Variante UP380G WK für 1.990 Euro erhältlich: Sie bietet eine etwas aufwendigere Tastatur als das Standardmodell, in der Holzteile verbaut sind (WK = Wooden Keys).

Das Design eines linksseitigen Displays kennt man ebenfalls von Konkurrenzprodukten aus Japan. Dadurch tritt die Technik zugunsten einer quasi-akustischen Optik etwas in den Hintergrund, andererseits liegen Bedienfeld und Displayinfos aber auch nicht mehr direkt im Blick des Spielers.

GEWA UP380G
Die gewichtete Klaviatur mit Hammermechanik und Dreifach-Sensor-Technik macht den Unterschied zwischen der normalen UP380G-Version und
dem Modell WK: Dessen Tasten besitzen ein hölzernes Innenleben
(Bild: Dieter Stork)

40 Tastatursounds in sechs Klanggruppen besitzt das UP380G. Zur Gruppe »Piano« zählen sieben Klänge, darunter ein gelungener Cembalo-Sound. Für den Hauptklang »Concert Grand« wurde laut Gewa der größte Steinway-Konzertflügel, das Modell D-274, gesampelt und als Sechsfach-Layer im Piano digital verewigt. Der Sound lässt sich ausdrucksstark spielen und entwickelt sich mit zunehmender Anschlagsstärke nicht nur in der Lautstärke, sondern wird auch obertonreicher. Saiten- und Dämpferresonanzeffekte sind in der Intensität einstellbar. Toll ist die sehr realistische Sustain-Phase.

Ebenfalls schön dynamisch spielbar: die zweite, hellere Variante des Sounds namens »Bright Grand«. Zwei »Mellow Grands« als gefilterte Flügelvariationen erreichen diese Dynamik zwar nicht mehr ganz, sind aber durchaus schöne zusätzliche Klangfarben. Neben einem »Upright Piano« als der heute ab der Digipiano-Mittelklasse üblichen Simulation eines Klaviersounds komplettiert das »Rock Grand« die erste Klanggruppe.

Die Bank »E-Piano« versammelt vier Sounds: Fender Rhodes, Wurlitzer, DX7-E-Piano sowie einen weiteren digitalen E-Piano-Klang. Gelungen ist insbesondere das Rhodes, doch brauchbar sind auch die übrigen drei Vintage-Keyboard-Sounds.

»Strings & Choir« als größte Gruppe verwaltet drei realistische Streicher-Ensembles sowie Pizzicato, drei ebenso überzeugende authentische Chöre sowie vier universell nutzbare Synthi-Flächensounds.

Auf sechs Sounds einer Kirchenorgel sowie der Hammond B3 in der Gruppe »Organ« folgt die Bank »Bass & Guitar« mit an sich guten Akustik- und E-Bässen, denen es aber etwas an »Body« fehlt, sowie zwei durchschnittlichen cleanen Gitarren-Sounds. »Others« schließlich versammelt Clavinet, Vibra- und Marimbaphone, Celesta und ein französisches Akkordeon.

Neben einem Reverb-Effektblock mit sechs Typen gibt es einen weiteren DSP mit Chorus, Tremolo, Phaser und Rotary, der gerade für die E-Pianos, die Flächen- und natürlich die B3-Sounds eine Bereicherung darstellt. Beide Effekte arbeiten als Master-Blöcke, weshalb sie sich im Layer (bei Gewa: »Dual Sound«) leider nicht einem einzelnen Sound zuordnen lassen.

Toll sind 18 Registration-Speicher an Bord. Splits und Layer mit jeweils individuellen Einstellungen − auch für verschiedene System-Parameter − können in drei Bänken à sechs Speicherplätzen abgelegt werden.

Die Fatar-Tastatur des Pianos zählt zu den schwerer gewichteten Manualen, arbeitet spürbar mit einer Hammermechanik und bietet gute Repetitionseigenschaften. Zum Test stand uns ein UP380G zur Verfügung. Dagegen bieten die Tasten der Modellvariante WK einen Holzkern und sind dadurch schwerer. Beide besitzen auch mattierte Decklagen (»Ivory-Touch«).

Dass Flügelsounds und Tastatur gut aufeinander abgestimmt wurden, merkt man. Die Klänge lassen sich schön dynamisch über das Keyboard spielen. Zum individuellen Tuning gibt es fünf Dynamikkurven von »Soft 2« bis »Hard 2«, außerdem den Parameter »Minimum Touch«, über den sich die minimale Anschlagsstärke, ab der ein Ton ausgelöst wird, verändern lässt. Schließlich ist sogar ein Kalibriermodus, in dem sich jede einzelne Taste softwareseitig nachjustieren lässt, implementiert.

Das mit zweimal 20 Watt arbeitende Wiedergabesystem mit vier Lautsprechern trägt die Klänge mit recht stattlichem Volumen nach außen und besitzt für den Wohnbereich ausreichende Reserven. Gerade das »Concert Grand« droht in den unteren Oktavlagen aber mitunter etwas zu verwaschen, denn der Klang der hauptsächlich nach unten abstrahlenden Lautsprecher wird durch den Korpus gedämpft. Mit einer fünfstufigen Brillanzregelung kann man den Klang der internen Anlage etwas aufhellen. Der Gesamtsound geht ansonsten aber in Ordnung.

GEWA UP380G
Während die Buchsen für einen USB-Stick und zwei Kopfhörer ganz vorne unter der Tastatur liegen, ist das Anschlussfeld mit Line-In, Sustainpedal-Buchse, Stereoausgang, MIDI-In und -Out, USB-to-Host sowie Netzkabelbuchse weit hinten auf der Unterseite verborgen. (Bild: Dieter Stork)

MIDI- und Audio-Songs sind am UP380G auch ein Thema. Für MIDI-Playbacks wird immerhin GM-Level1-Kompatibilität geboten, denn 128 rein zum Abspielen von GM-Songs vorgesehene Sounds sind zusätzlich im Piano integriert. Eine MIDI-Recording-Funktion wiederum arbeitet mit bis zu acht Spuren. Das Metronom, das den Spieler auch während der Aufnahme unterstützt, wird nicht mit aufgezeichnet, obwohl sich andererseits neben acht Taktarten alternativ zehn Begleitrhythmen als Beat-Geber einstellen lassen. Gespeichert werden die Songs in einem kleinen internen Speicher oder auf USB-Stick.

Letzterer wird auch benötigt, um Audio-Files im MP3-Format am Piano abzuspielen. WAV wird dagegen nicht unterstützt, und auch eine Audio-Recording-Funktion gibt es nicht. Nicht nur findet sich aber eine Aux-In-Buchse (Stereo-Miniklinke) unter den Anschlüssen, sondern Smartphones, Tablets oder ähnliche Zuspieler können auch über Bluetooth mit dem Gewa-Piano Kontakt aufnehmen, um Audio-Songs über das Wiedergabesystem abzuspielen. Möglichkeiten für den Pianisten, mit Playbacks zu üben, gibt es demnach ausreichend.

Die Ausstattung mit Anschlüssen ist am UP380G für ein Mittelklassenpiano ziemlich flexibel. So werden auch Line-Ausgänge für den Betrieb an einer externen Anlage geboten; außerdem neben der Steckverbindung für die Dreierpedaleinheit des Ständers ein Klinkenanschluss für ein Sustain-Pedal − falls man sein Instrument einmal »on the road« ohne den Ständer einsetzen will. An MIDI-In und -Out wurde, neben USB-to-Host, ebenfalls gedacht. All diese Buchsen, inklusive des Aux-Ins sowie des Anschlusses für ein zweipoliges Kaltgeräte-Netzkabel, finden sich ganz hinten unter der Tastatur versteckt. Links vorne liegen der USB-to-Device-Anschluss sowie zwei Kopfhörerbuchsen.

Die LC-Display-gesteuerte Bedienung ist trotz weniger Buttons noch recht gut gelöst, aber nicht immer selbsterklärend. Daher sollte Gewa die Bedienungsanleitung, die offenbar nicht »Made in Germany« ist, am besten einmal gründlich überarbeiten: Manche Bedienschritte, etwa wie das Sichern und Aufrufen von Registrations oder die MIDI-Aufnahme auf mehreren Spuren im Detail funktionieren, werden darin nicht erklärt. Auch, dass das Piano einen »4-HandModus« besitzt, schien den Verfassern nicht erwähnenswert zu sein.

GEWA UP380G
Das linksseitig positionierte Bedienfeld mit seinem LC-Display (128 x 64 Pixel), Softbuttons und Cursor- sowie weiteren Funktionsund Banktastern sorgt für einen gewissen Komfort. Dennoch ist die Bedienung nicht immer selbsterklärend. (Bild: Dieter Stork)

Fazit

Trotz kleiner Unstimmigkeiten ist das UP380G ein ernst zu nehmendes Homepiano der Mittelklasse. Mit seinen überzeugenden Qualitäten bei Flügelsounds und Tastatur kann das neue Gewa-Mittelklassemodel durchaus neben vergleichbaren Instrumenten der etablierten japanischen Hersteller bestehen.


Hersteller/Vertrieb: Gewa music GmbH

Internet: www.gewamusic.com

Preise:

UP380G: 1.790,− Euro
UP380G WK: 1.990,− Euro

Unsere Meinung:

+ hochwertige dynamische Flügelsounds
+ gute Tastatur
+ flexible Ausstattung
− Wiedergabesystem tönt im Bass leicht undurchsichtig

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