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Welson Syntex – Analoger Monosynth

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(Bild: Dieter Stork)

Beim Namen »Syntex« denken die meisten Synthfreaks sofort an den polyfonen Boliden von Elka. Doch der wird mit einem »h« geschrieben und hat mit dem hier vorgestellten, monofonen Synth aus dem Jahr 1975 wenig zu tun. Das klangstarke Syntex-Instrument von Welson wird von vielen jetzt erst wahrgenommen, verbirgt aber unter seiner Haube einiges an ungewöhnlicher Technik.

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Italien war wohl eines der europäischen Länder mit der größten Modellvielfalt an elektronischen Musikinstrumenten; hier gibt es noch viel zu entdecken. Eine der Marken, die man in diesem fruchtbaren Dschungel findet, trägt den Namen Welson. Der (bewusst) englisch/amerikanisch klingende Markenname gehört zur italienischen Firma Webo Electronics, die in Passatempo in der Nähe von Ancona ansässig war und seit dem Ende der 60er-Jahre vor allem Orgeln herstellte.

Der Syntex war der erste Synthesizer, den die italienische Firma herausbrachte. Als Inspiration diente das Konzept von Instrumenten wie dem ARP Pro Soloist, der dem Live-Performer mit Presets einen schnellen Zugriff auf Sounds dieser damals noch neuen Musikinstrumentengattung bot. Der 1975 vorgestellte Syntex ist ebenfalls mit Presets ausgestattet, verfügt darüber hinaus aber auch über eine komplette Manual-Sektion zum Erstellen eigener Klänge. Der monofone Synth wurde auch in die Welson-Orgel M 400 integriert. 1980 präsentierte Welson auf der Frankfurter Musikmesse den Prototyp eines polyfonen Synths namens Polisyntex, der auf der Klangerzeugung des Syntex basiert, aber nie in Serie ging.

Das Design des Syntex mit seinem wohnzimmerkompatiblen Holzgehäuse, befindet sich ästhetisch knietief in den 70er-Jahren und soll auch als Aufsatz für eine Orgel einsetzbar sein. Das sieht man z. B. an der dreioktavigen, nicht anschlagsdynamischen Tastatur, die leicht schräg positioniert ist, um für den sitzenden Organisten besser erreichbar zu sein. Auf der linken Seite befinden sich die Bedienelemente zur Klangprogrammierung, unter der Tastatur liegen die schön bunten Preset-Taster. Ein Designvorbild waren sicherlich auch Preset-bewehrte Roland-Synths wie der SH-1000 oder der SH-2000.

Die VCA- und die Portamento-Sektion des Syntex

Der Syntex verfügt über 15 Presets, die z. T. gut klingen, aber mit ihren Namen kaum etwas zu tun haben.

Jeder der zwei Oszillatoren bietet vier zumischbare Fußlagen.

Vorne gibt es zwei Regler für einen Noise-Generator, mit dem man Weißes oder Rosa Rauschen auswählen und das Rauschen mit den DCO-Signalen mischen kann.

Rückseitig wird beim Syntex außer zwei Mono-Ausgängen (Hi und Low) nicht viel geboten. Ein CV/Gate-Interface sucht man vergeblich, eine Nachrüstung ist wegen der digitalen Keyboard-Steuerung kaum möglich.

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Die analoge Klangerzeugung des Syntex besitzt als bemerkenswertes Merkmal zwei speziell konzipierte, digital gesteuerte Oszillatoren (DCOs), die daher sehr stimmstabil sind und eine eigenwillige Klangcharakteristik besitzen.

Jeder DCO besteht aus einem Master-Oszillator, einem Countdown-Timer, einem Teiler, der einen Satz von vier Rechteckwellen liefert, und diversen Mischern. Der DCO generiert einen Satz von vier Pseudo-Sägezahnwellen unter Verwendung von Walsh-Funktionen (die Wellenformen durch Mischen von Rechteckwellen erzeugen) in Oktavintervallen, die auf dem Bedienfeld in Orgelfußnoten notiert sind. Für jeden DCO steuert ein Master-Oszillator im niedrigen 100-kHz-Bereich einen binären Countdown-Zähler. Der Zähler wird in Abhängigkeit von der gedrückten Taste über eine komplexe diskrete Logik mit einem Countdown-Wert geladen (es gibt keinen Mikroprozessor im Syntex).

Welson President: eine zweimanualige Combo-Orgel mit Fußbass

Als Zubehör gab es für den Syntex auch ein schickes Keyboard-Gestell.

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Diese vier Rechteckwellen plus die Impulswelle werden im richtigen Verhältnis gemischt, um die vier Ausgangswellenformen zu erzeugen. Die Proportionen weichen etwas von den mathematisch »korrekten« Verhältnissen ab und wurden empirisch ermittelt, was z. T. auch ihren charakteristischen Klang ausmacht. Die Wellenformen im unteren Frequenzbereich, d. h., die 32′- und 16′-Wellen kommen einem echten Sägezahn sehr nahe; im 4′- und 2′-Bereich werden sie stärker verzerrt und entfernen sich weiter vom Ideal der angestrebten Ausgangswellenform.

Die Geschwindigkeit des (als »OSC 3« bezeichneten) LFOs reicht von 1 bis 50 Hz und kann auf die VCOs, den VCA oder VCF geroutet werden. Der VCF ist als 4-Pol-Tiefpassfilter mit Resonanz ausgelegt und ähnelt dem damals patentierten Kaskadenfilter von Moog. Die Amerikaner haben damals vermutlich nur deshalb nicht geklagt, weil die Firma Welson in den USA so gut wie unbekannt war.

VCA und VCF teilen sich eine ADSR-Hüllkurve. Ferner gibt es eine Portamento-Funktion und Weißes oder Rosa Rauschen mit einstellbarer Lautstärke. Auch eine Sample&Hold-Funktion ist an Bord; sie wird mit einem (bei Aktivierung blinkenden) Taster eingeschaltet und ist erfrischend sinnfrei mit einem Atommodell gekennzeichnet.

Sound. Trotz seines etwas konservativen Outfits ist der Syntex ein äußerst expressiver und gutklingender Solo-Synthesizer; er gehört zu den potentesten italienischen Klangerzeugern und wird definitiv unterschätzt. Der Syntex ist in der Lage, eine breite Palette von tollen Klängen zu liefern; sie reicht von durchsetzungsfähigen, charakterstarken klassischen Leads bis zu bassigen und abseitigeren Sounds. Der leicht aggressive Klangcharakter des Syntex ist u. a. auch der Tatsache geschuldet, dass der Filtereingang des Tiefpassfilters leicht übersteuert werden kann. Bei den teilweise gut einsetzbaren Presets lässt sich die Namensgebung allerdings nur unter Hinzunahme verbotener Substanzen nachvollziehen.

Das Ballermann-Album von Grobschnitt enthielt den Underground-Hit Solar Music, auf dem der Syntex zum Einsatz kommt.

Der 2008 verstorbene Grobschnitt-Keyboarder »Mist« (aka Volker Kahrs) im Jahr 1976 bei der Arbeit. In seiner Keyboard-Burg kann man außer dem Welson Syntex noch den Elka Rhapsody und das Farfisa Syntorchestra ausmachen.

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Die Soundqualitäten des Syntex wurden auch von der legendären, 1970 gegründeten Krautrock-Band Grobschnitt erkannt, die ihren ProgRrock-infizierten Sound mit gelegentlichen elektronischen Ausflügen garnierte und bei ihren Auftritten häufig spacige Kostüm-Shows aufführte. Ihr bekanntestes Stück ist Solar Music, ein veritabler Underground-Hit, der sich bestens bei bewusstseinserweiternden Experimenten bewährte; das Synth-lastige Stück auf dem Ballermann-Album ist mehr als 33 Minuten lang, gehört aber trotzdem zu den kürzeren (!) Versionen des Titels, die – auch unter anderem Namen – released wurden. Als Leadsynth verwendete Grobschnitt Keyboarder Volker Kahrs hier und in anderen Stücken in den 70er-Jahren den ausdrucksstarken Welson Syntex. Die Band ist übrigens seit 2019 wieder in einer kleinen Besetzung aktiv (www.grobschnitt.rocks).

Der Welson Syntex wurde uns freundlicherweise von Ingo Rippstein (www.synthmaster.de) zur Verfügung gestellt. Für die Fotos des Grobschnitt-Keyboarders danken wir der Band Grobschnitt.

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