Parameter im Modularsystem dynamisch steuern – wie funktioniert’s?

SynthLab – (Effekt-) Dynamik im Modularsystem Vol.6

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Das Modularsystem als Effektgerät hat sich in Studio- und Bühnen-Setups längst etabliert. So richtig spannend wird die modulare Effektbox jedoch erst, wenn sie sensibel auf das zu bearbeitende Signal reagiert – Tipps und Tricks zu Hüllkurvenfolger, Komparator & Co.

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Modularsysteme lassen sich hervorragend als Effektgeräte zweckentfremden. Diese Idee ist nicht grundsätzlich neu, schon vor vier Jahrzehnten schickten etwa Wendy Carlos und Karlheinz Stockhausen externe Klänge durch ihre Moogs und EMS’. Dank des derzeit riesigen Modulangebots hat diese Anwendungsform jedoch erst jetzt so richtig an Attraktivität gewonnen. Neben den Synthesizer-Standards wie Filter und Ringmodulator ist nahezu jeder erdenkliche Effekt in Form eines Eurorack-Moduls zu haben – vom klassischen Modulations-FX wie Flanger, Phaser und Chorus über Verzerrer und Delays bis hin zu innovativen digitalen Pitchshifter- und Granular-Effekten.

Neben dieser reichen Auswahl fasziniert die Möglichkeit, aus einem noch umfangreicheren Angebot an Modulatoren zu wählen: Während sich der Multi-Effekt von der Stange zumeist mit einem simplen 3-Wellenformen-LFO begnügen muss, lässt sich das Modularsystem nach Belieben mit exotischen Modulationsquellen ausstatten – ein Mekka für ambitionierte Klangtüftler.

Die Attraktivität einer jeden Effektanordnung steigt und fällt zudem mit ihrer Fähigkeit, möglichst dynamisch auf das zu bearbeitende Signal zu reagieren. In der vergangenen SynthLab-Folge haben wir Interface-Module kennengelernt, die dazu dienen, dem Modularsystem externe Klangquellen (Gitarre, Mikrofon, Soundkarte) zuzuführen. In dieser Folge möchten wir unter die Lupe nehmen, wie das externe Audiosignal die zahlreichen Effektparameter in Bewegung versetzen kann.

 


KEYBOARDS_2-2016KEYBOARDS 02/03 2016 – Modulare Welten

Die Zukunft ist patchbar! In der neuen KEYBOARDS-Ausgabe dreht sich diesmal alles um das Thema Modular Synthesizer. Dazu gibt es mit dem beiliegenden Modular Synthesizer Guide zusätzlich noch ein 16-seitiges Extra mit Infos zu den gängigen Systemen und einer umfassenden Herstellerübersicht.
Neben einem umfassenden Bericht zur neuen Messe Superbooth16, welche dieses Jahr zum ersten Mal ihre Tore in Berlin öffnete, geben wir euch in unserem Modular Synthesizer Special von KEYBOARDS einen tiefen Einblick in die aktuelle Modular-Szene. Unter Anderem stellen wir das junge und innovative Unternehmen Bastl Instruments aus Tschechien vor und werfen einen intensiven Blick auf die Wiederauflage des legendären Moog System 15. Zudem lassen wir den Synthesizer-Pionier Morton Subotnick sowie den aus Chicago stammenden Modular-Gothic-Künstler Surachai zu Wort kommen.
Mit einem Besuch bei Volker Müller im Studio für Elektronische Musik Köln tauchen wir ab in die Frühzeit der Modularen Synthese und in die Arbeitsweisen von Avantgardisten wie Karlheinz Stockhausen. Außerdem trafen wir uns mit dem Grandseigneur der Elektronischen Musik Jean-Michel Jarre um über Modular-Synthese, Live-Equipment und seine Kollaboration mit Edward Snowden zu sprechen.
Darüber hinaus besuchten wir Martin Höwner von Synthtaste in seiner exklusiven Restaurations-Werkstatt für Vintage-Synthesizer. In unserer Serie Vintage Park widmen wir uns diesmal dem aus Hawai stammenden Modular-Exoten Paia 4700.
Mit Reaktor 6 Blocks von Native Instruments befassen wir uns in der aktuellen Ausgabe unsres Magazins auch mit der Software-Seite der Modular-Synthese und den neuen damit verbundenen Möglichkeiten. Außerdem gedenken auch wir dem unvergessenen Prince Rogers Nelson mit einer exklusiven Transkription seines Klassikers Purple Rain.

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Lautstärke

Grundsätzlich beinhaltet ein Audiosignal drei Eigenschaften, die sich recht einfach zur Parametersteuerung heranziehen lassen: Lautstärke, Tonhöhe und Klangfarbe. Im ersten Fall misst eine als „Hüllkurvenfolger“ bezeichnete Schaltung den Pegel des eingehenden Signals und erzeugt daraus eine dynamische Steuerspannung. Um sprunghafte Pegeländerungen zu „glätten“ und somit ein musikalisch nutzbares Ergebnis zu erzeugen, enthält der Hüllkurvenfolger einen nachgeschalteten „Slew Limiter“. Ebenso einfache wie bewährte Anwendungsbeispiele für derlei Funktionsweisen sind Effektklassiker wie „Touch-Wah“ und „Envelope Flanger“.

Ebenfalls sehr brauchbar ist der sogenannte Komparator. Er liefert beim Über- oder Unterschreiten eines Pegels ein Gate-Signal. Sämtliche Schaltungen sind in der Eurorack-Welt in Form von meist recht preiswerten Modulen erhältlich.

Tonhöhe

Die präzise Auswertung der Tonhöhe ist technisch ungleich anspruchsvoller – sicher ein Grund, warum der Markt derzeit nur einen einzigen „Pitch-to-Voltage-Converter“ als Eurorack-Modul anzubieten hat (Analog Systems External Processor). Man kann sich allerdings ein stückweit mit Alternativen behelfen, indem man vor den Hüllkurvenfolger ein Filtermodul schaltet. So lässt sich der Frequenzbereich bestimmen, aus dem Hüllkurvenfolger und/oder Komparator ihre Steuerspannungen bzw. Gate-Signale erzeugen. Um diese Funktion optimal nutzen zu können, sollte man ein möglichst steilflankiges Multimode-Filter (Tief-, Hoch- und Bandpass) verwenden. Ebenso brauchbar ist eine Filterbank, die den separaten Abgriff verschiedener Frequenzbereiche erlaubt.

Das Filter lässt sich nebenbei auch für die frequenzselektive Bearbeitung des Audiosignals selbst verwenden: So kann es beispielsweise reizvoll klingen, nur bestimmte Frequenzbereiche mit Verzerrer oder Delay zu bearbeiten.

Klangfarbe

Auch die Klangfarbe eines Signals lässt sich in gewissen Grenzen auswerten. Man kann sich dazu einer Vocoder-Baugruppe, des sogenannten Voiced/Unvoiced-Detectors, bedienen. Dieses Element unterscheidet zwischen stimm – haften („voiced“) und stimmlosen („unvoiced“) Klängen – oder mit anderen Worten: Es erkennt Zischlaute und gibt sie über einen gesonderten Ausgang aus.

Schickt man beispielsweise einen Drumloop in eine entsprechend ausgestattete und verschaltete Anordnung, ließen sich Snares und Becken mit einem anderen Effekt versehen als Kick und Toms. Wirklich präzise wird diese Anordnung nicht funktionieren, mit Sicherheit aber interessante Ergebnisse liefern. Doepfer bietet einen Voiced/Unvoiced-Detector als Teil ihres Modular-Vocoders an.

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Beispiel für ein modulares Effektgerät: In der rechten Hälfte befinden sich die eigentlichen Effektmodule, hier ein Delay und ein Reverb/Chorus. Zudem gibt’s einen Modulationsoszillator, der mehrere Wellenformen mit Frequenzen bis in den Audiobereich liefert. Das Mixermodul rechts ermöglicht zusätzlich Auto-Panning sowie den Mix von Wet/Dry-Signalen. Bühne frei für dynamische Delay-, Flanger-, (Kamm-)Filter-, Vibrato- und Chorus-Effekte!

Modulation

Die aus Lautstärke und Tonhöhe/Klangfarbe gewonnenen Steuerspannungen müssen nicht direkt auf Effektparameter (etwa Delay-Zeit oder Filter-Cutoff) losgelassen werden. Vielmehr bietet sich die Möglichkeit, zusätzlich diverse Modulatoren zu steuern. Wie schon eingangs erwähnt, bietet der Eurorack-Markt hier zahl – reiche höchst interessante Leckerbissen.

Ein simples Beispiel für eine solche Anordnung: Die vom Audiosignal abgeleitete CV steuert neben Verzögerung und Modulationstiefe eines Delay-Moduls zusätzlich die Frequenz des Modulations-Oszillators. Je lauter bzw. höher oder heller das Eingangssignal, desto intensiver das Flanging und schneller die Modulation.

Es lassen sich zahllose weitere Beispiele mit verschiedensten Effekten finden. Sämtliche geeigneten Effektparameter des Systems können so, abhängig vom bearbeiteten Audiosignal, in Bewegung versetzt werden – egal ob es sich dabei um Modulations-, Filter- und Zerr-Effekte oder die eingangs erwähnten Exoten handelt.

MIDI und mehr

Auch MIDI-Daten sind für ein Modularsystem keine Unbekannten (s. SynthLab 4.2012). Mithilfe eines geeigneten MIDI-Interfaces kann man alternativ oder zusätzlich zur Audiosignalabhängigen Steuerung auch Clock-Daten (Songtempo), Notenbefehle (Tonhöhe, Velocity) und MIDI-Controller zur dynamischen Beeinflussung von Effekt- und Modulationsparametern nutzen. Nicht vergessen werden sollte zudem der klassische Pedal- und Fußtaster-Anschluss. Auch er ist als Modul von mehreren Herstellern erhältlich und eignet sich ganz hervorragend für eine zusätzliche, Performance-orientierte Klangdynamik.

5HE-Systeme

Besitzer von 5HE-Systemen müssen sich in gewohnter Weise mit einem wesentlich schmaleren Angebot zufrieden geben. Aber auch hier sind Module erhältlich, die das Erzeugen von Steuerspannungen und Gate-Signalen aus Audiomaterial ermöglichen. Der US-amerikanische Hersteller MOTM bietet ein vergleichsweise umfassendes Sortiment, das auch den unabdingbaren Hüllkurvenfolger beinhaltet. Gleiches gilt für MIDI- und PedalInterfaces. Klassische Analog-Effekte wie Filter, Verzerrer, Ringmodulatoren und Frequenzschieber sind auch in der 5HE-Welt bei fast allen Herstellern in hoher Qualität im Angebot.

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