Digitalpiano

Yamaha – Disklavier GT2 im Test

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Vor zwei Jahren präsentierte Yamaha den „Digital-Flügel“ GT1, der die klavierspielende Zunft geradezu in Verzückung geraten ließ, überraschte dieses Instrument doch mit den beliebten Eigenschaften des akustischen Vorbilds wie z. B. einer Holztastur mit Flügelmechanik. Auch die Ausstattung mit einem 30 MB großen Wave-ROM ist nicht gerade alltäglich. Mit dem GT2 legt Yamaha jetzt noch mal eins drauf: Zusätzlich gibt es hier Fähigkeiten der Yamaha-Disklaviere.

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(Bild: Dieter Stork)

Das GT2 ist vereinfacht ausgedrückt ein GT1 mit einer zusätzlichen XG-Klangerzeugung, Sequenzer und einer „Tasten-Antriebsmechanik“, wie sie bei Yamahas akustischen Disklavier-Modellen verwendet wird. Das beschert dem Instrument einen weiteren „Kasten“, der rechts unterhalb des Spieltisches angebracht ist. Die auf der linken Seite befindliche CONTROL-BOX trägt 2 Kopfhöreranschlüsse, einen Netzschalter und Regelmöglichkeiten für Reverb und Lautstärke. Das Äußere ist – ganz wie beim GT1 – sehr ansprechend. Das im Stutzflügel-Stil gefertigte und auf Hochglanz polierte Ebenholz-Gehäuse macht wirklich was her – edel, edel. Und bei geöffnetem Deckel ergibt sich ein imposanter Anblick. In diesem Zusammenhang ist gleich ein wichtiger Unterschied zum GT1 zu erwähnen. Das Wiedergabesytem des GT2 verfügt über ein 3-Wege-System mit nach oben abstrahlenden Lautsprecher, was sich auf den Klangeindruck positiv auswirkt.

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Ebenfalls verdient die Tastatur des GT2 das Attribut „edel“. Das Instrument ist mit einer kompletten Flügelmechanik ausgestattet, d. h., gewichtete Holztasten bewegen eine Hammermechanik, wie es bei einem akustischen Flügel der Fall ist. Das Spielgefühl wirkt dadurch sehr authentisch, obwohl der Tastenanschlag für meinen Geschmack etwas hart ist und leichte Klopfgeräusche erzeugt. Letztere sind aber mit denen eines akustischen Instruments zu vergleichen und fallen nur dann auf, wenn man mit kleineren Lautstärken spielt (was ja mit einem akustischen Flügel kaum zu realisieren ist). Ansonsten zählt die Tastatur ohne Zweifel zum Besten, was der Markt derzeit zu bieten hat. Der Vollständigkeit halber sollte noch erwähnt sein, dass Yamaha das GT2 auch als „reine Gran-Touch-Version“ anbietet, die auf den Disklavier-Zusatz verzichtet und für ca. DM 12.990,– erhältlich ist.

Piano

Für ein Digitalpiano recht ungewöhnlich erscheint fürs erste die Ausstattung mit nur einem einzigen Sound. Bei diesem hat Yamaha allerdings nicht gekleckert. Satte 30 Megabyte Sample-ROM ergeben einen mit allen Feinheiten in Silizium gebrannten Flügelklang, der stereo in drei Dynamikstufen aufgenommen wurde. Jedes Sample verfügt über eine wohl dimensionierte Auskling-Phase, die bei betätigtem Sustain-Pedal noch mit „virtuellen“ Saitenresonanzen angereichert wird. Mit den Saitenresonanzen bekommt der Klang das letzte Quentchen Authentizität verliehen, wobei die hohe Auflösung des Sustainpedals eine nuancierte Dosierung des Pedaleffektes zuläßt. Die Klangerzeugung des Piano-Parts ist maximal 32fach polyphon, was unter Berücksichtigung der Stereo-Wiedergabe bedeutet, dass 16 Stimmen gleichzeitig erklingen können.

Disklavier

Die Disklavier-Einheit beinhaltet eine 32fach polyphone XG-Klangerzeugung, die 16fach multitimbral ausgelegt ist. Dies kann via MIDI bzw. die Computerschnittstelle geschehen oder mit Hilfe des integrierten 16-Spur-Sequenzers, mit dem die Disklavier-Sektion schließlich komplett wird. Der Sequenzer erlaubt die Wiedergabe von Standard-MIDI-Files (0 und 1) und der im Profilkasten angegebenen Yamaha-Formate.

Die Disklavier-Einheit zeichnet ebenso für die Steuerung der Tastatur-Mechanik verantwortlich. Das Ganze arbeitet sehr zuverlässig und präzise. Der Unterschied zu den akustischen Disklavier-Instrumenten ist, dass eben keine Saiten angeschlagen werden und sich das Bewegen der Tasten hier auf den optischen Reiz konzentriert. Und es ist ja immer wieder ein faszinierender Anblick, wenn sich die Tasten bei der Wiedergabe eines Songs wie von Geisterhand gespielt bewegen.

Möchte man die XG-Klänge über die Tastatur spielen, müssen diese über das Display angewählt werden, wo der jeweils aktivierte Klang mit Speichernummer und Name angezeigt wird. Zur Wahl stehen 676 Sounds und 21 Drumkits, deren Organisation Yamahas XGSystem entspricht.

Zunächst ist die gewählte VOICE gemeinsam mit dem akustischen Pianoklang zu hören, wobei die Lautstärke des Disklavier-Parts unter VOL einzustellen ist. Sollen nur die Disklavier-Voices gespielt werden, kann der Piano-Part stummgeschaltet (Piano Tone = off) werden.

Wie bereits angedeutet ist der Sequenzer der Kern der Disklavier-Sektion. Er ist mit einem 1 MB großen Speicher ausgestattet, so dass man eine beträchtliche Auswahl an Songs ins Gerät laden kann, die auch nach dem Ausschalten erhalten bleibt. Ebenfalls ist es möglich, Songs direkt von einer eingelegten Diskette abzuspielen. Zur Handhabung des Sequenzers finden sich im Bedienfeld die Standard-Transportfunktionen PLAY/PAUSE, STOP, RECORD, SONG SELECT, REWIND, FAST FORWARD, die sich auch auf der mitgelieferten Fernbedienung befinden. Darüber hinaus gibt es folgende Funktionen:

– VOLUME: regelt die Lautstärke der XG-Klangerzeugung insgesamt.

– TEMPO: dient zur Einstellung der Wiedergabe-Geschwindigkeit.

– TRANSPOSE: die Klangerzeugung kann in einem Bereich von +/- 2 Oktaven transponiert werden.

– BALANCE: dient zur Justage des Lautstärkeverhältnisses zwischen der XG-Klangerzeugung und dem Piano-Part.

Die Funktionen werden jeweils mit einem Taster angewählt, zur Einstellung dient der Endlosdrehregler der Disklavier-Sektion. Letzteren hat die Fernbedienung übrigens nicht zu bieten, dafür findet sich hier eine Zehnertastatur zur numerischen Eingabe. Ein Display, das etwa die im Speicher bzw. die auf der momentan eingelegten Diskette befindlichen Songs anzeigt, gibt’s bei der Fernbedienung allerdings nicht.


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Was die Aufnahme von Songs anbelangt, bietet der Sequenzer verschiedene Möglichkeiten. Zunächst findet man die „Spuren“ LEFT und RIGHT, die sich mittels PART SELECT anwählen lassen. Damit erweist sich der Sequenzer als nützliche Übungshilfe. So kann man z. B. bei der Wiedergabe den Left-Part ausschalten, um diesen selber zu spielen. Yamaha bietet übrigens eine große Auswahl bekannter Klavierliteratur (Etüden, Sonaten etc.) in Form von Disketten an, die für diesen Zweck als L/R-Songs konzipiert sind.

Vor der Aufnahme kann im übrigen ein Split-Punkt bestimmt werden, an dem sich die Left- und Right-Parts orientieren, so dass ein L/R-Song auch bequem in einem Rutsch einzuspielen ist.

Natürlich darf als Standard-Übungshilfe ein METRONOM nicht fehlen, das nach Bedarf über den gleichnamigen Taster ein- und ausgeschaltet werden kann. Das Tempo ist je nach Song-Format zwischen 30 und 400 BPM (SMF) und 30 – 280 BPM (E-SEQ) variabel, ebenso ist die Lautstärke des Klicks einzustellen. Das Metronom unterstützt alle Taktarten zwischen 1 und 9/4.


Klangerzeugung: Klaviersektion: Stereo-Sampling (CFIIIS Konzertflügel), 30 MB Wavememory, 32fach polyphon Ensemblesektion: AWM2, 32fach polyphon, 16fach multitimbral, XG/GM, 676 Voices, 21 Drumkits

Tastatur: 88 Tasten, anschlagdynamisch, Tastatur und Mechanik eines Yamaha-Flügels Sensor- und Antriebssystem: optische Sensoren für Tastenposition, Hammergeschwindigkeit und Pedalposition; Magnetspulen für Tasten

Gehäuse: poliertes Ebenholz

Sequenzer: 16 Spuren, 1 MB internes Flash-Memory, Formate: GM, XG, SMF, E-SEQ, PianoSoft

Massenspeicher: 3,5″ Floppy (2DD/HD)

Lautsprecher/ Verstärkung: 3-Weg-System; 2 × 16 cm, 2 × 10 cm, 2 × 2,5 cm; 2 × 60 Watt

Anschlüsse: 2 × Kopfhörer, MIDI-In, -Out, -Thru; Aux-Out, Aux-In, To-Host (PC1, PC2, Mac)

Maße/Gewicht: 149 × 88 × 97 cm; ca. 124 kg

Unverbindliche Preisempfehlung: Disklavier GT2: DM 17.490,– Grantouch GT: DM 12.990,–


Der Sequenzer erlaubt darüber hinaus die sogenannte ENSEMBLE-Aufnahme, mit der komplette Playbacks, bestehend aus maximal 16 Spuren, erstellt werden können. Wichtig für das Spielen mit Sequenzen ist selbstredend die Möglichkeit, die Disklavier-Tastatur-Mechanik auszuschalten.

Zum Bearbeiten von Songs bietet der Sequenzer die Standard-Funktionen zum Quantisieren, Verschieben, Mischen, Kopieren, Transponieren und Löschen einzelner Spuren. Ebenfalls können nachträglich das Song-Tempo sowie Klangzuweisung und Lautstärke pro Spur editiert werden, womit die Ausstattung für kleine Korrekturen an Sequenzen und das Einspielen von Klavier-Etüden absolut ausreichend ist.

Ansonsten hat das GT2 sämtliche Funktionen mit auf den Weg bekommen, die für die Integration in ein MIDI-Studio notwendig sind.

Fazit

Mit dem Disklavier GT2 bietet Yamaha zweifelsohne ein Instrument für höchste Ansprüche. Nicht nur bezüglich der Verarbeitung, auch klanglich spielt das GT2 in der Oberliga der Digitalpianos. In dieser Instrumenten-Kategorie ist die Holztastatur von geradezu erlesener Qualität, wobei die hier verwendete Flügelmechanik hervorragend ist. Mit den multitimbralen Wiedergabemöglichkeiten schließlich wird das GT2 zum kompletten Musik-System, das sowohl Musikliebhabern als auch professionellen Anwendern eine Menge zu bieten hat.

Darüber lässt die automationsfähige Disklavier-Tastatur das GT2 zu einem Blickfang werden. Und wenn man einmal die Preisstaffelung der akustischen Disklavier-Flügel betrachtet, die bei ca. DM 35.000,– ansetzt, bekommt man mit dem GT2 ein flexibles Instrument zu einem korrekten Preis/ Leistungsverhältnis, ohne auf die Tastatur und das Äußere eines akustischen Instruments zu verzichten.


+ aufwendig gesampelter Pianoklang

+ exzellente Tastatur

+ Flügelmechanik

+ sehr gute Klangeigenschaften

+ anspruchsvolles Äußeres

+ separate XG-Klangerzeugung

+ 16-Spur-Sequenzer mit 1 MB Speicher

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Hallo zusammen.
    Wir überlegen unser Yamaha GT2 zu verkaufen. Das Anschaffungsdatum ist 2008 und der Zustand Aussen, Funktion und Tastatur, sehr gut.
    Hat jemand eine Ahnung, was ein vernünftiger Preis dafür ist?
    Vielen Dank für eure Anregungen.
    Freundliche Grüsse, Franco

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Servus 🙂

      Ich hätte Interesse.
      Gerne melden unter kirsch-luis@gmx.de

      Liebe Grüße
      Luis

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  2. Hallo zusammen, wir hätten auch ein Yamaha GT2 zu verkaufen (siehe Zitat: Dass Yamaha das GT2 auch als „reine Gran-Touch-Version“ anbietet, die auf den Disklavier-Zusatz verzichtet und für ca. DM 12.990,– erhältlich ist) der Neupreis in der Schweiz war 11950 Franken, wir verkaufen es wegen Kratzspuren für 6000 Franken. Der Klang ist einwandfrei, die Flügelmechanik auch. Abzuholen wäre es in der Region Zürich. Interessenten melden sich unter christoph.scharf@gmail.com

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