Yamahas Vokal-Akrobat

Yamaha Tyros 4 im Test: Arranger Workstation

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Nach kaum mehr als zwei Jahren Marktpräsenz hat Yamaha den Tyros3 durch das Yamaha Tyros 4 abgelöst. Um den Neuen von seinem nach wie vor zeitgemäß klingenden Vorgänger abzugrenzen, setzt der Hersteller denn auch eine „Geheimwaffe“ ein: Die menschliche Stimme. Wir haben den Yamaha Tyros 4 getestet!

Yamaha Tyros 4

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Äußerlich unterscheiden sich die „Tyrosse“ 3 und 4 so gut wie gar nicht voneinander, allerdings sind es nicht nur veränderte Gehäusebeschriftungen, die uns davon abhielten, die alten T3-Fotos in dieser Ausgabe nochmals zu verwenden. Die LEDs unter den „Glas-Buttons“ leuchten am neuen Tyros nämlich nicht mehr – je nach Status – orange und grün, sondern nunmehr orange und blau. Man habe hier an die farbenblinden Spieler gedacht, heißt es seitens des Herstellers.

An Rot-Grün-Blindheit leiden laut diverser Studien sieben bis neun Prozent der Männer (während Frauen nur selten betroffen sind) – die Keyboarder aus dieser Gruppe können also beim Tyros4 jetzt „blind“ zugreifen. Alle anderen dürfen das neue Blau auch einfach nur „hip“ finden. Den  T4 spielt man über die hervorragende, Aftertouchfähige „Organ (FSX)“-Tastatur der Vorgänger, die sich durch angenehme Griffigkeit und präzise Reaktion auszeichnet. Serienmäßig ist im T4 eine 250 GB große Festplatte eingebaut. Intern werkeln neue Bauteile, darunter auch schnellere Prozessoren.

Die neuen Voices des Yamaha Tyros 4 

Weil der Tyros4 auch alle Sounds des nach wie vor erstklassig klingenden Tyros3 besitzt, konnte man es sich leisten, zusätzlich einmal Klanggruppen aufzuwerten, die sonst seltener im Mittelpunkt stehen. So finden sich unter den Neuzugängen bei den neuen PRESET VOICES nicht nur Flügel- und Streicher-Varianten, Drumkits und ein Sopransax, auch eine Violine und ein Vibrafon zählen zu den T4-Spezialitäten. Vor allem aber Vocal-Sounds und Chöre – die so eindrucksvoll umgesetzt wurden, dass sie die eigentlichen Markenzeichen der vierten Tyros-Generation sind.

Inzwischen ist es eine stattliche Menge an Mega- sowie Super-Articulation-Voices (im Folgenden „SA1“ und „SA2“ genannt; vgl. auch Info-Kasten), die sich im T4-Speicher tummelt. Laut Hersteller wurde das Sample-ROM im Vergleich zum T3 verdoppelt.

Vorab einige nüchterne Zahlen: Mit 993 Voices und 44 Drumkits hat der T4 deutlich mehr Hauptklänge zu bieten als der Vorgänger (749 Voices, 35 Drumkits). Die Anzahl der SA1-Voices ist beträchtlich, auf 164 Einträge, angewachsen (T3: 53). Hinzu kommen die obligatorischen 480 XG-Voices zur Standard-MIDI-File-Wiedergabe. Bezeichnet als „Legacy Voices“ hat der T4 zudem jenes Samplematerial der Tyros-Vorgängermodelle an Bord, das benötigt wird, um Kompatibilität zu alten (User-)Voices bzw. Styles zu gewährleisten. Die Polyfonie liegt nach wie vor bei 128 Stimmen.

Die neuen Sounds haben es in sich: Das „Concert Grand“ und seine diversen Varianten, allesamt SA1-Voices, basieren auf einem Flügelsound aus Yamahas Clavinova-Serie. Das neue A-Piano bietet Dämpferresonanzen und Key-off-Samples. Es lässt sich dynamischer spielen als sein T3- Pendant. Lediglich in der Sustain-Phase kommt der Tyros4 damit nicht ganz an die Qualität der Digitalpianos heran – was aber gemessen am Einsatzgebiet keine Rolle spielt.

Umwerfend gut sind die beiden neuen Solosounds „Pop Soprano“ und „Jazz Violine“. Beide Klänge reagieren, wie von SA2-Voices gewohnt, sehr dynamisch und ausdrucksstark auf unterschiedliche Spielweisen, außerdem hört man beim Sax Vibrationen des Mundstücks und bei der Geige den Anstrich des Bogens. Über die SA-Buttons oder Legato-Spiel werden Bendings und Glissandi bzw. ein realistisches Violinen- Portamento und Verzierungen ins Spiel eingestreut. Beide Sounds gibt es jeweils in einer weiteren Variante – als „Ballad Soprano“ bzw. „Celtic Violin“.

Ein neues Streichorchester präsentieren die warmen, authentischen „Real Strings“, die in der SA1- wie auch der MegaVoice-Variante vertreten sind. Dazu passend gibt es mit den „Soft Horns“ und den „Symphony Horns“ neue dynamische und satt klingende Hörner, bestens geeignet für orchestrale Arrangements.

Während eine höchst amtliche SA1-Telecaster- Gitarre in mehreren Varianten das Sechssaiter- Arsenal bereichert, kommen im T4 erstmals auch bei den Bässen dynamische SA1-Klänge von Akustik, Fretless- und E-Bässen zum Einsatz.
Brass- und Guitar-Voices gibt es insgesamt in Hülle und Fülle – sowohl in der Auswahl als auch bei der Qualität kann den Tyros4 zurzeit kein anderes Instrument serienmäßig toppen. Bei der chromatischen Percussion sticht neben neuem Marimba und Xylofon das edle „Sweet! Vibraphone“ hervor, das mit originalem Tremolo- Effekt gesampelt worden ist.

Weitere Highlights sind die beiden Drumkits „Real Drums“ und „Real Brushes“: Sorgte der Urtyros seinerzeit mit einem Velocity-Layer im Snare-Sound für Aufsehen, so bieten die neusten Drumkits fast auf jeder Taste zwei- oder sogar dreifache Dynamik-Layer. Nicht nur alles Befellte klingt hier realistisch und fett, auch die Hi-Hats und lang ausklingenden Cymbals setzen sich mit ihren Sounds gut im Klangbild durch.

Bei den E-Piano-Klängen hat sich gegenüber dem T3 nichts getan. Diese Abteilung ist gut besetzt, doch fehlen hier Sounds mit wirklichem Vintage-Feeling. Genau diesem Thema aber nimmt sich Yamaha jetzt mit einer Erweiterung an (siehe Abschnitt „Flash-Klangfutter“, Seite 42).
Auch bei Klängen wie Harmonika, Akkordeon und den Orgeln hat man sich mit Ausnahme einer neuen „60’s Combo“ der überzeugenden Auswahl aus dem T3 bedient. Während für rockig-warmes B3-Feeling nach wie vor die SA1-Organs die erste Wahl darstellen, gibt es bei den ORGAN FLUTES eine andere Neuerung: Für diese virtuellen Drawbars wurde „Euro“ als zusätzlicher „Organ Type“ ergänzt. Der Sound tendiert damit in Richtung „Wersi-Heimorgel“. 30 veränderbare Voices gibt es für die Zugriegel-Orgel (10 mehr als im T3).

Den synthetischen Klängen, insbesondere dem Material der Gruppe „Pad“, hört man deutlich an, dass der T4 parallel zur Motif XF entwickelt worden ist. Es gibt hier eine ganze Reihe brandneuer edler Sounds, die viel Atmosphäre verbreiten. Dichte Klangteppiche mit langen Modulationen und Filtersweeps, die mal durch eine warme „Sägezahn- sowie Chor- oder Streicher- Sample-Basis“ geprägt sind, mal mit hauchigen oder metallischen Anteil eher Kälte ausstrahlen, finden sich hier; außerdem haben die Sounddesigner sehr viel mit Geräuschanteilen gearbeitet, die im Hintergrund beispielsweise für eine Art Tröpfeln, Wehen oder Klopfen sorgen.

Und das alles wurde nicht effektheischend programmiert, sondern jeder einzelne Sound hat eine klare Basis, um die herum Modulationseffekte und Geräusche im Hintergrund gehalten sind und dezent für Bewegung sorgen – wirklich „großes Kino“. Daneben gibt es wie gehabt alle wichtigen Poly-Synth-Standardklänge und vielfältiges Lead-Synth-Material, das für alle Gelegenheiten das Richtige bieten sollte.

Vokaler Klangzauber

Die Choir- und Vocal-Sounds sind in den Werkdemos und diversen Styles derartig präsent, dass man den T4-Sound sicher noch in Jahrzehnten mit ihnen in Verbindung bringen wird – das Top-Keyboard hat damit wirklich etwas „Kultiges“ an sich.
An klassischen Chören hat der neue Tyros nicht nur unterschiedliche „Male-“ und „Female“- Ensembles im Angebot, sondern auch „Boys-“ und „Girls“-Gruppen. Die Samplesessions für diese Klänge fanden nicht nur in Studios statt, sondern auch in Sälen oder Kathedralen. Sounds wie die hervorragenden Knabenchöre bestechen daher sowohl durch viel Realismus an sich wie auch mit einem atmosphärischen Live-Charakter – bei Yamaha spricht man von „Ambient Sampling“. Nicht nur Chöre in großer Besetzung, sondern auch kleinere Vokal-Ensembles wurden aufgezeichnet. Allerlei Phrasen wie „Aah“, „Ooh“, „Mmh“ oder „Doo“ – mal im klassischen Stil, mal eher jazzig, poppig oder auch Gospel-like –, finden sich im T4 – ein breites Repertoire mit vielen Einsatzmöglichkeiten.

Doch das Top-Portable kann noch ein wenig mehr: Der Hersteller hat hier erstmals eine hauseigene Voicing-Technologie namens „Wave Cycling“ umgesetzt. Damit arbeitet beispielsweise der Sound „Shoo Bee Doo Bah“. Diese vier Phrasen erklingen nicht etwa nacheinander, wenn Sie eine Taste gedrückt halten, sondern pro Phrase ist ein Tastendruck notwendig; beim fünften Anschlag startet der Sound dann wieder von vorne mit „Shoo“. Sie haben so also volle Kontrolle über Abspielgeschwindigkeit und Rhythmik dieser „Silben-Ketten“, von denen der Tyros4 noch viele mehr an Bord hat – „Do Be Do Be“, „Ba Da Yah“ oder „Why Should We Do“ beispielsweise heißen einige weitere Wave-Cycling-Voices.

Auf dieselbe Art werden im T4 Take-6-Vocals, hier „Scat Vocalists“ genannt, über die Tastatur gesteuert – an anderen Instrumenten können solche Phrasen lediglich per Velocity-Layer mehr oder weniger gezielt angetriggert werden. Mein persönlicher Favorit sind die weiblichen „Latin Vocals“, die Phrasen sanft scattend bis leicht gebendet und mit viel südamerikanischem Verve rüberbringen – im Layer mit einer Nylonguitar spielt sich diese Voice besonders gut.

Live lassen sich die Chor- und Vocal-Sounds wirkungsvoll in Szene setzen. Klassische Chöre habe ich von einem Arranger-Keyboard vorher noch nie so authentisch gehört. Und wer seine Darbietungen mit einem wohl dosierten „Schu-bi-du-ba“-Touch würzt, ohne diese Wave-Cycling- Effekte überzustrapazieren, wird sein Publikum zum Staunen bringen.

Frische Style-Kost


500 Styles hat der Tyros4 serienmäßig an Bord (T3: 450). 80 davon sind brandneu, alle übrigen wurden neu abgemischt. Im Tyros4 sorgen SA- 2-Klänge in den Style-Intros und -Endings für mehr „Würze“. Hohen Anteil am dynamischeren Sound haben die neuen Drumkits und Bässe. Insgesamt werden hier erneut viele titelbezogene Arrangements geliefert, zu denen man die entsprechenden Hits schon nach wenigen Takten im Ohr hat, wenn man die Intros 2 oder 3 verwendet.
Das neue Material findet sich breit gestreut in allen Genrebänken. Moderne wie klassische Rock-Arrangements, angesagter Dancefloor-Sound und schöne Country-Pop-Styles gehören dazu.

Viele der neuen Vocal-Sounds werden unter anderem in den Bereichen „Ballad“, „Jazz“, „R & B“ sowie „Latin“ präsentiert – bei Samba und Co. kommt zudem das großartige „Vocal Effects Kit“ zum Einsatz. „Vocal Waltz“ und „Vocal Foxtrot“ wiederum sind Sample-Gesangs-orientierte „Ballroom“-Styles. Von dramatischen Chören leben Styles wie „Etherial Voices“ oder „Choral Symphony“ aus der „Movie“-Bank.

Darüber hinaus können sich Entertainer über Styles wie „Disco Fox Rock“ oder „Synth Pop Duo“ sowie Neuzugänge aus der Malle- und Apres-Ski-Ecke freuen. Einen Klangeindruck erhalten Sie über den KEYBOARDS Online-Content: In unserem Tyros4-Demo kommen ausschließlich neue Styles zum Einsatz.

Flexible Effekte
Wie im Vorgänger arbeiten neun DSPs im Tyros4: DSP 1 kann ausschließlich für Style- und Song-Parts genutzt werden, die DSPs 2 bis 6 können Sie frei auf die Tastatur- sowie Songparts routen (1 DSP pro Part). DSP 7 wirkt auf das Mikrofonsignal und neuerdings wahlweise auf Songspuren. Und die DSPs 8 und 9 sind exklusiv für Style-Parts reserviert. Die Anzahl der DSP-Typen, die in allen neun Blöcken vertreten sind, wurde leicht auf 285 erhöht (Tyros3: 272). Hinzugekommen sind einige Vintage-Effekte – analoge Phaser, automatische und per Anschlag gesteuerte Wah-Effekte, ein Analog-Kompressor sowie Kombi-Effekte mit den neuen Typen.

Daneben stehen die Blöcke REVERB (44 Typen) und CHORUS (106 Typen) allen Parts gleichzeitig als Systemeffekte zur Verfügung. Neu im Reverb-Block sind die Typen „Vocal Hall 1“ und „Vocal Hall 2“ – passend ebenso zum neuen Harmonizer (siehe Abschnitt „Vocal Harmony 2“, siehe S.43) wie zu den vielen neuen Chor- und Vocal-Sounds. Auf das komplette Tyros4-Signal wirken außerdem der Master-Compressor (5 Presets, 5 User- Speicher) und der Master-Equalizer (5 Presets, 2 User-Speicher). Die Klangqualität ist für On-Board-Effekte durchweg erstklassig. Abmischungen erledigt man auch am neusten Tyros über die komplexe, aber trotzdem leicht zu bedienende MIXING CONSOLE.

User-, Custom- und Premium Voices

Geblieben ist die Möglichkeit, am Tyros selbst bestehende Klänge mittels der Funktion VOICE SET im Rahmen der XG-Parameter zu verändern. Eine solche USER VOICE wird auf einem externen USB-Medium oder, besser, auf dem User- Laufwerk gesichert: Dies ist ein interner, 6 MB großer Flash-ROM-Bereich des Tyros4 (T3: 3,2 MB). Das User-Laufwerk steht auch für die übrigen Programmdaten wie Registrations und User- Styles zur Verfügung und arbeitet nach einem offenen Prinzip: Wie viele Speicherplätze von einer User-Datenart Sie belegen möchten, dürfen Sie frei entscheiden.

Die komplexere Programmierung von Voices erledigen auch Tyros4-Nutzer am PC. Die mitgelieferte Editor-Software gibt es leider nicht fürs Mac OS; bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe war sie auch noch nicht als 64-Bit-Version für Windows verfügbar. Treibersoftware wird sowohl für Windows-32- und -64-bit-Systeme wie auch für Mac OS X mitgeliefert.

Mittels Software-Editor lassen sich, beginnend mit einzelnen Oszillatoren (Elements), Voices von Grund auf neu programmieren. Die Möglichkeiten sind mit bis zu acht Elements zwei Filtern, einem LFO und drei Hüllkurven pro Voice gewohnt komplex. Der VOICE CREATOR des Keyboards wiederum ist dazu gedacht, neue Samples zu importieren und auf die Elements einer neuen oder vorhandenen Voice zu verteilen. Das schnelle Mapping der Samples kann am Tyros selbst erledigt werden, für komplexere Bearbeitungen wird der PC-Editor benötigt.

Verbessert wurde das Erstellen von Custom- Drum-Kits: Am Tyros4 lassen sich nicht nur externe WAV-Samples auf die Tasten legen, sondern Sie dürfen Kits auch mit sämtlichen Schlagzeugklängen aus dem Sample-ROM Taste für Taste frei bestücken. Drum-Kits können ausgehend von vorhandenen oder von Grund auf neu erstellt werden. Dank eines neuen Mapping-Screens funktioniert die Programmierung eleganter als im Tyros3. Die entsprechende Funktion KIT EDIT lässt sich über den VOICE CREATOR oder aus der MIXING CONSOLE heraus aufrufen.

DIMM-Speichermodule für ein Sample-RAM benötigen Tyros4-User nicht mehr, und auch das 4 MB kleine „Einstiegs-Werks-RAM“ des T3 wurde gestrichen. Stattdessen werden jetzt optionale Flash-Speicher-Erweiterungen (512 MB oder 1 GB) angeboten. Es gibt dafür nur einen Steckplatz am Tyros4. Auf dem Flash-Laufwerk werden alle Custom-Voices sowie alle benötigten zusätzlichen Samples gespeichert. Zum Einbau lösen Sie eine mit vier Schrauben an der Unterseite des Keyboards befestigte Abdeckplatte. Das Speichermodul lässt sich fest auf der Platine verschrauben.

Hohe Ladezeiten fallen nur noch einmalig an: Für 835 MB an WAV-Files, die in kaum mehr als 2 Minuten vom Rechner auf einen USB-Stick flutschten, benötigte der Tyros4 geschlagene 37 Minuten, um sie vom Stick auf unser 1-GB- Flash-Testmodul zu bannen. Ähnlich lange dauerte es, um die Daten wieder vom Expansionsspeicher zu löschen; auch das Formatieren eines gefüllten Speichermoduls nimmt recht viel Zeit in Anspruch. Klarer Vorteil aber: Die Waves im optionalen Flash stehen nach dem Anschalten sofort bereit. Die für ein Keyboard dieser Klasse ohnehin geringe Boot-Zeit (ca. 15 Sekunden) verlängert sich durch die zusätzlichen Flash-Daten nicht. Gegenüber dem flüchtigen RAM-Speicher des T3 also ein echter Fortschritt, den man sich allerdings auch etwas teurer erkauft.

Ein Schwachpunkt aber bleibt: Auch der Tyros4 kann nichts mit dem noch weit verbreitetem Akai- oder anderen Sampleformaten außer WAV oder AIFF anfangen. Nötig wird die Flash-Aufrüstung übrigens auch für Yamahas eigene PREMIUM VOICES, die über den hauseigenen Web-Shop angeboten werden. Vier solcher Voice-Packs gibt es bereits für den T3. Umsteiger müssen T3-Premium-Voices für die Verwendung im T4 upgraden – einen entsprechenden Service bietet Yamaha über den offiziellen Online-Shop „Yamaha MusicSoft“ kostenfrei an.

Flash-Klangfutter

Die beiden neuen Premium Voice Packs, die seit Anfang des Monats erhältlich sind, standen uns bis Redaktionsschluss leider noch nicht zur Verfügung. Das „Vintage Keyboard Pack“ widmet sich mit 30 Voices den E-Piano-Klassikern von Fender Rhodes und Wurlitzer sowie dem Yamaha CP-80; außerdem gibt es neue FM-Voices vom hauseigenen DX7. 10 Styles, 3 Multi-Pad-Phrasen, 16 Registrations und zwei Demo-Songs komplettieren die feine Sammlung. Zeitgleich erschienen sind die „SA2 Saxophone Premium Voices“. Es handelt sich um neue Tenor- und Alt-Sax-Klänge mit SA2-Technologie, die noch mehr Ausdrucksmöglichkeiten als die schon starken „Werks-Saxofone“ des Tyros4 besitzen sollen.

Vocal Harmony 2
Der interne Harmonizer des T4 ist eine Neuentwicklung, die Yamaha VOCAL HARMONY 2 nennt. Hier kommen ein separater DSP-Chip und ein neuer Vorverstärker zum Einsatz. Maximal drei Harmoniestimmen (T3: 2) können Sie Ihrem Gesang hinzufügen, sodass sich jetzt auch „Quartette“ realisieren lassen. Die Mikrofonbuchse des Keyboards ist zudem als XLR-Klinke-Kombi ausgeführt – ebenfalls eine Neuerung.

44 VH2-Presets stehen zur Verfügung. Typen wie „Standard Trio“ „Rock&Roll“ oder auch den Ihre Stimme präsent und edel in Szene setzen- den „Vocal Doubler“ erwarten Tanzmusiker von einem brauchbaren eingebauten Voice-Prozessor. Pfiffiger wird’s da schon mit „Mary à Bob“ bzw. „Bob à Mary“ – damit erhalten Sie einen „Duettpartner“ des jeweils anderen Geschlechts. Die „Jazzy Sisters“ wiederum fügen stets drei virtuelle Sängerinnen hinzu.

Die Ergebnisse klingen stets ziemlich realistisch, und der ganze Harmonizer läuft sehr rund. Steuern lassen sich die Gesangsstimmen aus dem Tyros flexibel über die im Lower- oder Upper- Bereich gespielten Akkorde (auch ohne Begleitautomatik) oder über die Harmonie-Spur eines internen oder externen MIDI-Songs.

Ein Novum ist die aus der Motif-Serie stammende Funktion SYNTH VOCODER. Sie arbeitet mit 10 Carrier-Klängen, also Träger-Sounds, auf die die Eigenschaften Ihrer Stimme „aufmoduliert“ werden. Typische maschinelle Vokal-Effekte, monofon oder bis zu dreistimmig, lassen sich damit erzeugen; der Vocoder folgt natürlich auch stilecht einem mit der Upper-Voice gespielten Synth-Solo.

Zehn zusätzliche Presets mit Synth-Vocoder- Typen gibt es. Im User-Bereich stehen Ihnen 60 Speicherplätze zur Verfügung, die Sie sowohl mit Harmony- wie Vocoder-Varianten belegen können. Die Bearbeitungsmöglichkeiten sind vielfältig. Die Anzahl der Harmony-Stimmen lässt sich ebenso festlegen, wie Sie auch unter verschiedenen Harmonisierungsoptionen wählen, am Grad der Formanten-Beeinflussung drehen oder eine „Pitch Control“ einstellen können. Für den Synth-Vocoder lassen sich unter anderem verschiedene Carrier-, Formant- und Filter-Parameter editieren. Zusätzlich können Sie Ihren Gesang nicht nur mit Reverb und Chorus, sondern auch mit Effekten des DSP 7 aufwerten.

Begleiten und registrieren

Die achtspurigen Styles steuern Sie über die hintergrundbeleuchteten Buttons in Glasoptik (blau = in Bereitschaft, orange = aktiviert). Die drei INTRO-, vier VARIATION- und drei ENDING- Buttons sind in genannter Reihenfolge logisch angeordnet. Fills werden automatisch beim Druck auf einen der vier VARIATION-Taster mit ausgelöst. Synchron-Start- und -Stop, Break, Fade-in/-out und Tap-Tempo beherrscht der Tyros4 ebenso wie STYLE TOUCH: In dieser Einstellung reagiert die Style-Wiedergabe anschlagempfindlich.

Unverändert gibt es sieben Begleitautomatik-Modi, von SINGLE FINGER über FINGERED – mit und ohne ON BASS – bis hin zu AI FULL KEYBOARD (in Yamahas AI-Modes lässt sich der Bass der Begleitautomatik durch eine spezielle Spielweise gezielt steuern). Die Tastatur-Parts umfassen, auch das ist Tyros- Standard, RIGHT 1 bis 3 sowie LOWER. Neben dem Lower/Right-Split-Punkt können Sie weitere für den Right-3-Part sowie den Bereich der Akkorderkennung einstellen.
HARMONY/ECHO, SUSTAIN und vier MULTI PADS mit Synchronstart-Funktion bringen weitere Abwechslung in Spiel. Für die Phrasen, Riffs und Licks oder auch Hits und One-Shots der Pads gibt es 164 Preset-Bänke mit je vier Einträgen; neben dem T3-Material sind neue Phrasen mit T4-Sounds, insbesondere Vokal-Klängen, dabei. Pro Style gibt es vier überschreibbare ONE TOUCH SETTINGS (OTS). In der Datenbank MUSIC FINDER bietet ein solches OTS-Set jeweils passende Registrierungen für einen speziellen Chart-Hit oder Oldie sowie andere klassische Titel.

Ab Werk bietet der Tyros4 lediglich 136 titelbezogene Einträge. Bei Yamaha hat man sich nämlich dafür entschieden, die Music-Finder- OTS nicht mehr wie früher üblich mit Songtiteln ähnelnden Namen – etwa „My Heart will Go Off“ – zu versehen, sondern tatsächlich nur noch die echten Titel zu verwenden. Aus rechtlichen Gründen ist das ab Werk zwar nur für eine kleine Auswahl an Songklassikern möglich (Public-Domain-Material). Ganz legal darf Yamaha aber online ein Music-Finder-Upgrade anbieten. Diese 131 KB kleine Datei stockt Ihre OTS-Datenbank auf stolze 1.464 Einträge auf – und alle tragen jeweils den originalen Namen des Titels, den Sie mit diesen Einstellungen ziemlich perfekt performen können.

Insgesamt fasst der Music-Finder weiterhin 2.500 Einträge. Die Suchfunktionen nach den für einen bestimmten Song passenden OTS sind ziemlich flexibel. MIDI- und Audio-Songs können ebenfalls in die Datenbank eingebunden werden, wenn Sie sie über eine entsprechende Funktion des Tyros registriert haben.

Direkt unter den OTS-Buttons liegen die Taster für die REGISTRATIONS. Diese Speicher stellen wie gewohnt die komplexeste Konfigurationsmöglichkeit am Tyros dar, indem sie jeweils sämtliche Bedienfeldeinstellungen sichern. Sie können praktisch beliebig viele Bänke à acht Registrations anlegen – limitiert allein durch die User-Speicher-Größe.

Umgang mit MIDI- und Audio-Songs

Der interne 16-Spur-Sequenzer SONG CREATOR ist darauf ausgelegt, MIDI-Files auf Basis der Begleitautomatik zu erstellen. Songs komplett neu zu erstellen klappt nur auf eher umständliche Weise. Yamaha hat diese Möglichkeiten des Bereichs DIGITAL RECORDING im T4 nicht weiter aufgewertet. Weil heute nahezu jeder mit einem Software-Sequenzer arbeitet, ist das nicht unverständlich. Dennoch, hier fehlen beispielsweise wichtige Copy-Funktionen, um Songs intuitiv frei zu kreieren. Das Gleiche gilt für den STYLE CREATOR, der vor allem gut darin ist, vorhandene Arrangements umzubauen, um sie anschließend im PC-Sequenzer um neue Spuren zu ergänzen. Der MULTI PAD CREATOR, in dem Sie lediglich auf einer Spur arbeiten, ist natürlich unkomplizierter.

Als MIDI-File-Player lassen sich am Tyros4 die bewährten SONG POSITION JUMPER setzen, um die Abfolge von Strophe, Bridge oder Refrain flexibel zu beeinflussen.

Neuerungen aber gibt’s in Sachen Audio: Bekannt ist die Funktion MULTI TRACK für den internen HARD DISK RECORDER: Hier wird nacheinander auf zwei Stereo-Audiospuren im internen AUD-Format auf der Festplatte aufgezeichnet, wobei PUNCH IN/OUT und BOUNCE genutzt werden können. Hinzugekommen ist der Recording-Modus SIMPLE. Damit zeichnen Sie Ihre Performance gleich als WAV (1 Stereo-Spur) auf, auf Wunsch direkt auf einen USB-Stick.
Und endlich: Der Tyros4 spielt tatsächlich MP3s direkt von Stick oder Festplatte ab – da wurde ein häufig geäußerter User-Wunsch umgesetzt. Mit der PLAYLIST-Funktion organisieren Sie bis zu 500 solcher Audio-Tracks – AUDs, WAVs, AIFFs und eben MP3s – in einem „Paket“.

Schön ist eine interne Konvertierungsfunktion, mit der Sie AUDs in WAVs oder umgekehrt WAVs und MP3s in AUDs umwandeln können – Letzteres bietet sich an, wenn Sie einem Audiofile mit den Möglichkeiten des Multi-Track-Recordings selbst eingespielte Phrasen hinzufügen möchten.

Optionale Lautsprecher-Power

Ebenfalls testen konnten wir das optionale Satelliten-Subwoofer-System TRS-MS04, das für das neue Portable-Flaggschiff angeboten wird. Zwei Boxenhalter, die fest in spezielle Ausbuchtungen im Keyboard gesteckt werden, halten die Satelliten, die sich via Halteclips stabil befestigen lassen. Die Kabelverbindungen passen perfekt – kurz, aber nicht auf Spannung sitzend. Das Subwoofer-Kabel wiederum ist lang genug, um noch etwas Spielraum bei der Aufstellung zuzulassen.

Klanglich kann dieses System zwar konstruktionsbedingt ein kleines „Mittenloch“ nicht ganz vermeiden; der Sound des Tyros4 aber schallt insgesamt transparent, klar und druckvoll aus den nahezu rausch- und verzerrungsfrei arbeitenden Speakern. Im Vergleich zum TRS-MS02, von dem es sich optisch lediglich durch dunklere Boxenabdeckungen unterscheidet, bringt das 04 eine höhere Lautheit, mit der man bei Auftritten in kleinen Räumen durchaus schon auskommen kann. Besonders der Subwoofer hat es in sich: Bei voll aufgedrehter Lautstärke sollten Sie den Bass-Regler ruhig leicht unter die Mitteneinstellung drehen, damit der Gesamtsound nicht zu stark „wummert“.

Abermals bringt eine Wachablösung innerhalb der Tyros-Serie einen deutlichen Mehrwert mit sich. Auf geschickte Art hat Yamaha das in Form der exzellenten Chor-Klänge sowie des kultigen Wave-Cyclings, aber auch durch dynamischere und realistischere Drums und Bässe gleich hörbar umgesetzt. Neben dem Plus an Voices und Styles sticht der neue Harmonizer hervor, der bei authentischem Klang sehr präzise arbeitet und wesentlich mehr Effekt- und Edit-Möglichkeiten bietet als sein Pendant im Tyros3.

Daneben hat man mit diversen effektiven Neuerungen den Workflow verbessert oder vorher vermisste Funktionen ergänzt: Beispiele sind die MP3-Unterstützung, das Simple-Audio- Recording und das Drum-Kit-Editing. Der Umstieg auf Flash-Board-Erweiterungsmodule ist für Spieler, die mit eigenem Samplematerial arbeiten wollen, ein wahrer Segen.
Und obwohl mit dem Tyros4 aktuell wieder einmal der komplexeste Tyros aller Zeiten in den Läden steht, geht das Konzept des Top-Keyboards für praktisch jede Anwendergruppe weiterhin auf (lässt man den Preis einmal außen vor). Die komplexeren Edit-Funktionen treten in den Hintergrund oder werden gleich auf eine Software ausgelagert – Einsteiger werden nicht gleich überfordert, und Profis finden dennoch schnell alle Funktionen, um speziellere Wünsche umsetzen zu können. Wer da das Top- Keyboard „einfach nur so“ antesten will, ohne einen Kauf zu planen, sei an dieser Stelle schon mal vorsichtig gewarnt: Tyros4 kann süchtig machen.


+ exzellenter Klang
+ riesige Soundauswahl
+ sehr viele erstklassige Styles
+ flexibler Arranger
+ hochwertige Tastatur
+ Audio-Recorder/Player
+ überzeugender Harmonizer
+ grofle Festplatte serienm‰flig
+ Flash-ROM optional
– Sample-Import nur für WAVs und AIFFs
– Sequenzer und Style-Creator unflexibel

Hersteller / Vertrieb: Yamaha, Rellingen
Internet: www.yamaha.de
Unverbindliche Preisempfehlungen:

Tyros4: € 3.999
Satelliten-Subwoofer-System TRS-MS04: € 299
Flash Memory FL1024M: € 325
Flash Memory FL512M: € 179

Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ihr habt einen sehr bizarren Humor einen Test für ein Keyboard, das schon schon seit Ende 2014 nicht mehr hergestellt wird, als “neuen” Testbericht zu präsentieren und mir dies im Newsletter von November 2016 als “Neu” zu präsentieren.
    Dafür ist der Tyros 5 Test “aus dem Archiv”.

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  2. Doch ist der “alte” Tyros4 klanglich weicher und schöner als der 5er.

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  3. Also i hab aufm T4 den Alpenpack draufgspielt und heut mal wieder so richtich der ganzen Nachbarschaft eingheizt!
    Hier im nördlichen Schweden kommt des voll an, die Leut draan grad durch, wenn i de Oberkrainer spuin dua.
    Hin-term- Hüh-nerstall, Hollari..die Holl-rio…
    Juchhej sog i do, Greizsakra, is des ein goiles Trumm!

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  4. Okay das TYROS vier ist nicht mehr ganz neu es wird auch nicht mehr hergestellt aber es ist trotzdem noch gut. Blöd ist nur dass man mittlerweile für dieses Modell die Expansion Pax nicht mehr bekommt. Hätte gerne das osteuropäische Paket für tschechische Musik ist das super. Habe mich nur lange nicht ran getraut das zu installieren auch für slowakische Musik, dass cimbalom klingt wie typisch Slowakei. Es gibt es nur noch für PS RS Serie, TYROS fünf und Genos. letzteres ist für Menschen die blind sind, so wie ich, nicht bedienen Bar
    ahoj und Gruß von der Tschechen-anna aus Dresden

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