Polyfoner Analogsynthesizer

Korg Minilogue im Test

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Die Überraschung ist Korg auf der NAMM-Show 2016 wirklich gelungen. Statt, wie vielfach vermutet, einen weiteren Klassiker neu aufzulegen, entschied man sich mit dem neuen Minilogue dafür die wertige Tradition analoger Klangerzeugung mit den modernen Möglichkeiten digitaler Kontrolle zu kombinieren. Schauen wir doch mal, ob das Konzept aufgeht.

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(Bild: Joker Nies)

Schon das äußere Erscheinungsbild des Korg Minilogue zeigt steil in die Zukunft. Die schräge Front sieht nicht nur schick aus, sondern kommt auch einer ergonomischen Bedienung zu Gute. Die Alu-Front des, mit gerade einmal 2,8 kg, leichtgewichtigen Desktopers hat eine Struktur, die an sandgestrahlte Oberflächen erinnert. Der Vorteil: auf dieser Front haben Verschmutzungen und Fingerabdrücke keine Chance.

Die mattgrauen Bedienknöpfe sind mit einer gummiartigen Beschichtung versehen, welche für eine angenehm griffige Haptik sorgt. Die Positions-Markierungen der Regler sind als Kerben in der Oberfläche ausgeführt, die allerdings nicht farblich kontrastierend unterlegt sind. Das hat man bei Korg natürlich nicht einfach vergessen, sondern will damit andeuten, dass die Reglerstellungen meist nicht mit den Parametern des frisch geladenen Programms übereinstimmen.

Statt wie üblich, die Seiten mit Holz zu verkleiden, setzt Korg den Minilogue mit einer hölzernen Rückseite in Szene – immerhin die Seite, welche das Publikum zu Gesicht bekommt.

Hier findet sich neben dem monofonen 6,3 mm Klinken-Ausgang ein Audio-Eingang, der Kopfhöreranschluss, sowie zwei 3,5mm Anschlüsse für die Sync-Signale der Volca-Familie und alle anderen KORG-Geräte mit diesem Feature. MIDI-Signale tauscht der Minilogue über die Standard DIN-Buchsen oder den USB-Anschluss mit anderen Geräten aus.

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Ein schöner Rücken… auch bei den Holzapplikationen geht Korg eigene Wege (Bild: Joker Nies)

Der strukturelle Aufbau

Auf den ersten Blick erscheint der Minilogue als typische VCO-VCF-VCA Konfiguration mit zwei VCOs und einem LFO. Schaut man etwas genauer hin, hat Korg mit interessanten Features nicht gegeizt.

Beide Oszillatoren erzeugen die Wellenformen Sägezahn, Dreieck und Rechteck, deren Form sich allerdings mittels des Shape-Reglers und dynamisch, durch den LFO, verändern lassen. Das erzeugt bei der Rechteckwelle die bekannten Klänge der Pulsweitenmodulation. Der Sägezahn reagiert auf das Waveshaping mit einem Oktavsprung nach unten und einer deutlichen Faltung der Wellenform. Die Dreieckswelle betont dagegen die darüberliegende Oktave und Quinte. Damit bietet sich dem Filter lebendiges Obertonmaterial, mit dem sich die unterschiedlichsten Klänge erzeugen lassen.

Die lässt sich wunderbar im Display des Minilogue beobachten, welches neben der Darstellung des gerade bedienten Parameters als Oszilloskop dient. Ein sehr willkommenes Feature, das den Einfluss von Waveshaping und Filter auf die Wellenform deutlich macht.



№5/6 2017

  • Editorial
  • Facts & Storys
  • Modular Kolumne
  • EVANESCENCE
  • Im Gespräch mit Lars Eidinger
  • HÄMMERN MIT DEN GRANDBROTHERS
  • Reisen & Neuanfänge: Lucy Rose
  • Keys4CRO: Tim Schwerdter
  • Klangbastler Enik & Werkzeugmacher Gerhard Mayrhofer
  • Bei Klavis in Brüssel
  • BACK TO THE ROOTS: AKAI MPC X
  • Dexibell Combo J7
  • DICKES BRETT: POLYEND SEQ
  • Mr. Hyde & Dr. Strangelove jagen Dr. No
  • Visionäre: MIDI In My Head!
  • DIE ELKA-STORY
  • Transkription: Michael Wollny
  • Impressum
  • Inserenten, Händler
  • Das Letzte − Kolumne


Das Tiefpass-Filter arbeitet als 2-Pol oder 4-Pol mit 12, bzw. 24 dB Flankensteilheit. Key-Tracking und Velocity lassen sich per Kippschalter in zwei Intensitäten zuschalten. Die EG Hüllkurve lässt sich mittels des EG-INT Reglers in positiver und negativer Auslenkung nutzen.

Von den beiden ADSR-Envelopes, ist der AMP-EG für den VCA, der zweite für das Filter als Pitch-EG und für die Intensitäts- oder Rate-Steuerung des LFO zuständig. Letzterer erzeugt wahlweise Sägezahn-, Dreieck- oder Rechteckschwingungen. Per Target-Schalter wird der LFO den Parametern Pitch, Shape, oder Cutoff zugeordnet.

Am Ende der Signalkette schließlich, haben wir ein Delay mit bis zu 1024 ms Verzögerungszeit. Mittels des Output-Routing Schalters kann ein Hochpassfilter in den gesamten Signalweg oder lediglich in Delay-Zweig geschaltet werden, was einen, sich stetig zu den Obertönen hin ausdünnenden Delay-Sound erzeugt.

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Die Auswirkungen des Shape Reglers auf die Wellenform, wie sie auch die Oszilloskop-Funktion zeigt. (Bild: Joker Nies)

 

Das digitale Innenleben

Die Verwaltung der Klänge und Parameter des Minilogue geschieht im Inneren mittels je einem eigenen ARM-Prozessor pro Stimme und einem weiteren für alle übrigen Verwaltungsaufgaben.

Auf der Bedienoberfläche gibt sich die Kontrollabteilung kompakt, dezent und übersichtlich mit einem zentralen Drehgeber, dem hellen, schwarz-weißen OLED-Display und 11 Tastern.

Der 16 Step-Sequenzer wird ebenfalls hier bedient. Der Sequenzer zeichnet polyfon auf und bietet zusätzlich 4 Motion-Sequencer Spuren, für die Aufzeichnung beliebiger Parameter. Der SEQ-EDIT Mode erlaubt weitere Einstellungen wie die Step-Anzahl, Auflösung oder den Swing Faktor.

Im Programm Edit Mode hat man Zugriff auf alle Parameter, die kein eigenes Element auf der Bedienoberfläche des Minilogue haben. Etwa die Belegung des mittig zentrierenden Sliders, der auffällig schräg über dem Korg Schriftzug montiert ist. Dieser dient nicht nur als Pitchbend-Regler, sondern kann den verschiedensten Parametern z.B. von Delays, Envelopes, LFO oder des Filters zugeordnet werden.

Über die VOICE MODE Taster gelangt man zu weiteren Einstellungen, wie das LFO Sync Verhalten, die Portamento Einstellungen, die VCA-Amp Velocity oder die individuelle Lautstärke des Programms.

Die GLOBAL EDIT Einstellungen schließlich, verwalten systemimmanente Dinge wie die MIDI-Einstellungen, den Knob-Mode (Jump, Catch, Scale), oder die Velocity Kurve. Hier lässt sich auch die permanente Wellenform-Darstellung abschalten, falls die Animation im Display zu sehr ablenken sollte.

 

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Das Innenleben: Gut zu erkennen: die einzelnen Stimmen des Minilogue. (Bild: Joker Nies)

Die Voice-Modi

Der Minilogue ist zwar als 4-stimmig polyfoner Synth konzipiert, beherrscht aber eine erstaunliche Anzahl unterschiedlicher Voice-Modi:


 

POLY: 4 stimmige Polyfonie

DUO: 2 stimmig, mit 2 Voice pro Stimme

UNISON: monofon mit 4 Stimmen

MONO: monofon, 2 Stimmen als Sub-OSC

CHORD: monofon spielbare Akkorde, 14 Akkord-Typen zur Auswahl

DELAY: die Stimmen 2-4 werden verzögert ausgegeben

ARP: Arpeggiator-Modus, der 4 Stimmen in verschiedenen mono- oder polyfonen Verlaufsformen wiedergibt.

SIDECHAIN: die Lautstärke der zuletzt gespielten Note wird von der nächsten Note abgesenkt.


 

Der unter dem Shift-Taster angeordnete Voice-Mode-Depth Regler stellt einen Mode-spezifischen Parameter bereit. Im Duo- und Unison-Mode beispielsweise, regelt er das Detuning der Stimmen, im Mono-Mode den Anteil der Sub-Oszillatoren.

Handling und Sound

Das kompakte, anschlagdynamische Keyboard des Minilogue ist vielleicht nicht jedermanns Sache, passt aber perfekt zu Formfaktor und Desktop-Appeal.

Der direkte Zugriff auf alle wichtigen Parameter eines Synthesizers gehört inzwischen ja schon zum guten Ton, macht aber beim Minilogue irgendwie besonders Spaß. Mit einigen beherzten, manchmal aber auch subtilen Reglerbewegungen, hat man sich im Nu vom Preset zur individuellen Soundkreation bewegt. Während einige Voice Modi, wie Delay oder Sidechain eher selten zum Einsatz kommen werden, liegt die Klangvielfalt in den Möglichkeiten der Poly- Duo- Unison- und Mono-Modi. Ein fetter Supersaw-Sound mit 8 Oszillatoren ist da nur einen Tastendruck von der 4-stimmigkeit entfernt.

Als interessantes und nicht allzu oft anzutreffendes Klangformungs-Element erweist sich die Waveshaping-Funktion der VCOs. Schon statische Veränderungen über die Shape-Regler erzeugen teilweise drastische Timbre-Änderungen, die man auch mit Hilfe des LFOs beleben kann. Aus Dreieckswellen werden so Hammond-artige Growl-Sounds mit Quint-Anteil.

Metallische Klänge lassen sich mittels Ringmodulation, Cross-Modulation und z.B. den LFO erzeugen, der bis in den unteren Audiobereich schwingt.

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(Bild: Joker Nies)

Satter Sägezahn Bassschub im Mono-Mode bekommt eine straffe Mittenkontur, wenn man die Ringmodulation aktiviert, ohne die Oszillatoren zueinander zu verstimmen. Das Delay, bei dem es sich um ein Eimerketten-Speicher Design zu handeln scheint, bleibt der Idee des analogen Audiopfades treu und erzeugt konstruktionsbedingt mit ansteigender Delayzeit und Feedback eine deutliche Rauschfahne. Dafür lassen sich mittels weit aufgedrehtem Feedback und variieren der Delay-Zeit grungige Delay-Kaskaden erzeugen wie man sie Beispielsweise von einem Roland Space-Echo kennt.

Über einen Mangel an aufregenden und vielfältigen Klangmöglichkeiten, kann man sich beim Minilogue wahrlich nicht beschweren. So bleibt nur zu wünschen, dass es bald eine Sound-Verwaltungs-Software gibt, denn zur Zeit kann man zwar die Klangprogramme einzeln oder als Bulk über die MIDI-Schnittstelle im Rechner sichern, eine SysEx Import-Funktion fehlt aber noch, sodass zur Zeit keine Sound-Programme an das Instrument gesendet werden können.

Der Multifunktions-Slider erweist sich als ergonomisch wohlplatzierte und praktische Spielhilfe. Lediglich eine Skalierungsmöglichkeit, wie sie für die Pitch-Bend Funktion in beide Richtungen individuell einstellbar ist, hätte man sich auch für alle anderen hier verfügbaren Parameter gewünscht.

Etwas unglücklich gewählt ist die Tuning-Funktion, die mittels Shift-Rec (Sequencer) angewählt wird und den Minilogue für ca. 12 Sekunden bis auf das Delay stummschaltet und dabei keinerlei Parameteränderung zulässt. So etwas will man auf keinen Fall auf der Bühne erleben, wenn man statt des benachbarten Reset-Button, der den Sequenzer löscht, aus Versehen daneben tippt. Eine solch sensible Funktion, die man sehr selten braucht gehört in den Global-Edit Bereich. Tatsächlich habe ich den Monologue nach dem Einschalten und dem damit verbundenen Stimmvorgang, auch den ganzen Tag über nicht ein einziges Mal nachstimmen müssen.

Ein weiterer kleinerer Kritikpunkt betrifft die fehlende Zielangabe beim Speichern von Presets. Hier wird statt des Namens nur die Speicherplatznummer angezeigt, obwohl genügend Platz im Display vorhanden ist. Es empfiehlt sich also, zunächst eine Kopie des Presets, das als Ausgangsbasis dienen soll, anzulegen, um nicht versehentlich eine wichtige Klangschöpfung zu überschreiben.

Fazit

Korg hat einmal wieder ganze Arbeit geleistet und mit dem Minilogue einen soliden und praxisnah konzipierten Synthesizer geschaffen, der Innovation und Tradition in einem intuitiv bedienbaren Instrument vereint. Die beschriebenen Kritikpunkte sind allesamt Kleinigkeiten, die durch ein Software-Update verbessert werden können. Somit bleibt unter dem Strich ein kompakter und extrem vielseitiger Desktop-Synth, der sicher auch dank des günstigen Preises viele Freunde finden wird.

www.korg.de/www.korgmore.de


Mittlerweile ist mit dem Korg Monologue auch eine monofone Variante des Analogsynth-Konzepts mit redesignter Envelope-Einheit und eineigen weiteren Extras erhältlich. Einen ausführlichen Test zum Monologue wird es in der Ausgabe 1/17 von KEYBOARDS.

 

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